Index
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §1 Abs2;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 172;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. April 1986, Zl. 6/2-3283/2/1982, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1977 bis 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verlegte Mitte 1977 seinen Wohnsitz von der Bundesrepulik Deutschland nach Österreich. Bis dahin war er in Österreich nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Vom 1. Juli 1977 bis August 1979 betrieb er in H. einen Handel mit Verpackungs- und Getränkemaschinen. Im September 1979 verlegte er seinen Betrieb nach G., wo er auch seinen Wohnsitz hat. Mit Wirkung ab 1. Jänner 1980 brachte er seinen Betrieb gemäß Art. III Strukturverbesserungsgesetz in eine GmbH ein.
Für die Jahre 1977 bis 1979 fand beim Beschwerdeführer eine Betriebsprüfung statt, bei der der Prüfer u.a. folgende Feststellungen traf:
1. Der Beschwerdeführer habe im Ausland vor seiner Wohnsitzverlegung ins Inland verschiedene Reisen unternommen, mit denen seine spätere betriebliche Tätigkeit im Inland vorbereitet werden sollte. Die durch diese Reisen veranlaßten Kosten (S 30.918,40) seien nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen gewesen, weil der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt dieser Reisen noch keine inländischen Einkünfte erzielt habe.
2. Der Beschwerdeführer habe in G. ein Einfamilienhaus errichtet, das unbestritten zu 52,5 % betrieblichen und zu 47,5 % privaten Zwecken diene. Der betrieblich genutzte Gebäudeteil betreffe die Kellerräume, die im Jahr 1979 fertiggstellt worden seien. Der Beschwerdeführer habe von den gesamten Errichtungskosten des Kellergeschosses
(= S 487.000,--) eine 25%ige vorzeitige Abschreibung geltend gemacht. Diese vorzeitige Abschreibung sei aber nur von dem dem betrieblich genutzten Gebäudeteil entsprechenden Anteil der Baukosten (= 52,5 %) zulässig gewesen, weil das Gebäude eine Einheit darstelle und nicht in verschiedene Betriebs- und Wohnräume zerlegt werden könne.
3. Im Zuge der Einbringung des Betriebes in die GmbH sei das Gebäude wieder bis zu den Herstellungskosten aufgewertet worden. Als Folge der geringer angesetzten vorzeitigen Abschreibung habe sich dabei auch ein entsprechend geringerer Aufwertungsgewinn ergeben.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ (zum Teil im wiederaufgenommenen Verfahren) ensprechende Abgabenbescheide.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Die Reisen im Ausland seien zwecks Vorbereitung der betrieblichen Tätigkeit im Inland durchgeführt worden. Gemäß § 4 Abs. 4 EStG seien Betriebsausgaben nicht nur Aufwendungen während eines laufenden Betriebes, sondern auch solche, die vor Eröffnung des Betriebes zum Zwecke seiner Vorbereitung erwachsen. Gemäß § 102 Abs. 1 EStG seien bei der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger Betriebsausgaben nur insoweit zu berücksichtigen, als sie mit inländischen Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Dies müsse umsomehr für einen unbeschränkt Steuerpflichtigen gelten.
Zur vorzeitigen Abschreibung betreffend das errichtete Gebäude sei zu sagen, daß für die betrieblich genutzten Kellerräume einerseits und den Wohntrakt andererseits getrennte Bauaufträge erteilt worden seien. Im Zuge der Umstrukturierung sei das gesamte Gebäude in die GmbH eingebracht worden, weil nunmehr auch der Wohntrakt als Dienstwohnung des Geschäftsführers Betriebsvermögen darstelle. Hätte der Beschwerdeführer nicht bereits von den Teilherstellungskosten im Jahr 1979 die vorzeitige Abschreibung geltend gemacht, so wäre die GmbH berechtigt gewesen, nach der Einbringungsmaßnahme von den gesamten Herstellungskosten des Gebäudes eine vorzeitige Abschreibung vorzunehmen. Davon abgesehen sei es unrichtig, die gesamten Herstellungskosten eines sowohl betrieblich als auch privat genutzten Gebäudes entsprechend dem Nutzflächenverhältnis in einen betrieblichen und einen privat veranlaßten Aufwand aufzuteilen, weil die Wohnräume in der Regel besser und daher aufwendiger ausgestattet seien. Eine Zuordnung der einzelnen Räume (Bauteile) des Gebäudes und der auf diese entfallenden Herstellungskosten entspreche eher den Grundsätzen betrieblicher Aktivierungspflicht. Auch nach dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 werde bei Ermittlung des Nutzwertes der unterschiedlichen Ausstattung der einzelnen Gebäudeteile Rechnung getragen.
In seiner Stellungnahme führte der Betriebsprüfer aus, es sei unbestritten, daß auch vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht und vor einer im Inland ausgeübten betrieblichen Tätigkeit Betriebsausgaben erwachsen könnten. Diese führten zu Verlusten im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht. Verluste, die vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht erwachsen seien, könnten aber nach Lehre und Rechtsprechung im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt werden.
Der Umstand, daß das Gebäude später zur Gänze in die GmbH eingebracht worden sei, sei für die steuerliche Beurteilung des zulässigen Ausmaßes einer vorzeitigen Abschreibung beim vorangegangenen Einzelunternehmen bedeutungslos.
Im Jahr 1979 habe zunächst die Absicht des Beschwerdeführers bestanden, ein Gebäude zu errichten, das teilweise betrieblichen und teilweise privaten Zwecken dienen sollte. Es habe daher nur der Anteil des Gebäudes ins Betriebsvermögen aufgenommen werden können, der betrieblichen Zwecken zu dienen bestimmt gewesen sei. Gebäudeteile, wie Keller, Fundamente, Senkgrube, Sickergrube, Wasserversorgung und Heizraum, die nach Fertigstellung des Gebäudes sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken dienten, könnten nicht im Stadium ihrer Errichtung zu 100 % dem Betriebsvermögen zu gerechnet werden, nur weil die Wohnräume noch nicht errichtet seien. Anderenfalls müßte der Privatanteil des Gebäudes dem Baufortschritt entsprechend immer wieder neu ermittelt werden. Eine 100%ige Zurechnung des Kellers zum Betriebsvermögen wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ursprünglich nicht die Absicht bestanden hätte, über dem Keller Wohnräume für den Beschwerdeführer zu errichten, sodaß das ganze Gebäude als Betriebsvermögen anzusehen gewesen wäre.
Die gesonderten Bauaufträge für Keller einerseits und Wohntrakt andererseits seien damit zu erklären, daß der Beschwerdeführer die Errichtung eines Fertighauses beabsichtigt habe und noch nicht festgestanden sei, welche Firma damit beauftragt werden sollte.
Der Beschwerdeführer ergänzte seine Berufung wie folgt:
Würde man die Kosten für die "vorbereitenden Reisen" nicht als Betriebsausgaben berücksichtigen, so würde dies "eine besondere Härte" darstellen. Diesfalls würde nämlich ein beschränkt Steuerpflichtiger bessergestellt werden als ein unbeschränkt Steuerpflichtiger.
In der Frage der vorzeitigen Abschreibung von den Teilherstellungskosten des Gebäudes bestätigte der Beschwerdeführer die Auffassung des Betriebsprüfers, daß für die getrennten Bauauftragserteilungen die Absicht maßgebend gewesen sei, ein Fertigteilhaus zu errichten.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab und begründete dies im wesentlichen mit den Argumenten der Abgabenbehörde erster Instanz.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. REISEKOSTEN WÄHREND DES ZEITRAUMES DER BESCHRÄNKTEN
STEUERPFLICHT:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die Reisekosten während eines Zeitraumes angefallen sind, währenddessen er noch beschränkt steuerpflichtig war.
Gemäß § 39 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat, soweit nicht nach § 41 eine Veranlagung unterbleibt. Hat die Steuerpflicht nicht während des vollen Veranlagungszeitraumes bestanden, so wird das während der Dauer der Steuerpflicht bezogene Einkommen zugrunde gelegt. Unter Steuerpflicht im Sinne der zitierten Bestimmung ist die unbeschränkte Steuerpflicht zu verstehen. Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz während eines Kalenderjahres ins Inland und wird er dadurch unbeschränkt steuerpflichtig, so müssen für den Zeitraum der BESCHRÄNKTEN Steuerpflicht und für den der unbeschränkten Steuerpflicht zwei getrennte Veranlagungen durchgeführt werden (vgl. auch Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 3 zu § 39). Dabei sind der Veranlagung für den Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht die inländischen Einkünfte zugrundezulegen, soweit bei diesen die Steuer nicht bereits durch Steuerabzug abgegolten ist (§ 1 Abs. 2 im Zusammenhang mit § 98 und § 102 Abs. 1 und 4 EStG).
Der Veranlagung für den Zeitraum der UNBESCHRÄNKTEN Steuerpflicht ist das Einkommen zugrundezulegen, das der Steuerpflichtige in diesem Zeitraum bezogen hat. Eine gemeinsame Veranlagung für das ganze Kalenderjahr kommt deswegen nicht in Betracht, weil sowohl hinsichtlich der Erfassung und Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen als auch hinsichtlich ihrer Besteuerung unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen zwischen beschränkt Steuerpflichtigen und unbeschränkt Steuerpflichtigen vorgesehen sind (vgl. diesbezügliche insbesondere die §§ 98 bis 102 EStG).
Aus der Notwendigkeit, die Besteuerungsgrundlagen für beide Zeiträume getrennt zu ermitteln, folgt u.a. auch, daß Betriebsausgaben, die im Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht angefallen sind, nur bei der Veranlagung für diesen Zeitraum, nicht aber bei der Veranlagung für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht Berücksichtigung finden können. Daraus folgt weiters, daß Verluste, die vor Eintritt der unbeschränkten Steuerpflicht erlitten wurden - um solche Verluste geht es im Beschwerdefall -, bei Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt werden können (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1950, Zl. 1864/48, Slg. Nr. 192/F). Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt als unbegründet.
2. VORZEITIGE ABSCHREIBUNG:
Dient ein Gebäude sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken, so ist es grundsätzlich nur mit dem seiner betrieblichen Nutzung entsprechenden Anteil Betriebsvermögen. Dabei ist das Gebäude als bauliche Einheit zu sehen. Die Aufteilung in den betrieblichen und den privat genutzten Gebäudeanteil erfolgt in jenem Verhältnis, in dem die betrieblichen und die privat genutzten Nutzflächenanteile zueinander stehen, wobei auch allfällige unterschiedliche Wertkomponenten Berücksichtigung zu finden haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, Zl. 85/13/0041).
Eine gesonderte, von der Zurechnung des Gebäudes abweichende bzw. von dieser losgelöste Betrachtungsweise kommt nur bei Gebäudeinvestitionen in Betracht, die ihrer Art nach ausschließlich einzelnen Gebäudeteilen zugerechnet werden können, wie z.B. eine nur für einen bestimmten Gebäudeteil installierte Zentralheizung oder eine andere Sonderausstattung von Gebäudeteilen, die eindeutig von den sonstigen gesamten Baukosten abgrenzbar ist. Es ist hingegen nicht zulässig, Bauteile, die dem Gesamtgebäude dienen, wie etwa Fundamente, Keller, tragendes Mauerwerk, Dachstuhl und Eindeckung ausschließlich einer der beiden Nutzungen und damit entweder zur Gänze dem Betriebsvermögen oder zur Gänze dem Privatvermögen zuzuordnen.
Auf den Beschwerdefall angewendet bedeutet dies, daß die belangte Behörde zu Recht die Auffassung vertreten hat, daß das vom Beschwerdeführer selbst ermittelte Verhältnis zwischen betrieblich und privat genutztem Gebäudeteil (52,5 % bzw.47,5 %) auf die gesamten Errichtungskosten des Gebäudes anzuwenden war, sodaß auch von den auf das Kellergeschoß entfallenden Errichtungskosten nur der Anteil von 52,5 % der betrieblichen Sphäre zugerechnet werden konnte.
Daran ändert es nichts, daß das Gebäude in späterer Folge durch Einbringung in die GmbH bei dieser zur Gänze Betriebsvermögen wurde, weil im Beschwerdefall nur über die Zurechnung des Gebäudes zum Betriebsvermögen des Beschwerdeführers zu entscheiden war.
Die beiden vom Beschwerdeführer aufgestellten Fiktionen, wonach im Falle der Unterlassung einer vorzeitigen Abschreibung von den Teilherstellungkosten durch den Beschwerdeführer die Nachfolge-GmbH in der Lage gewesen wäre, bei Fertigstellung des Gebäudes die volle vorzeitige Abschreibung geltend zu machen, bzw. wonach bei Begründung von Wohnungseigentum für das Kellergeschoß eine andere rechtliche Beurteilung hätte Platz greifen müssen - ob dies tatsächlich zutreffen würde, kann dahingestellt bleiben - vermögen der Beschwerde schon deswegen nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der Besteuerung der tatsächlich verwirklichte und nicht ein möglicher, anders gestalteter Sachverhalt zugrundezulegen ist.
Der geringere Aufwertungsgewinn anläßlich der Einbringung des Betriebes des Beschwerdeführers in die GmbH war Folge der Herabsetzung des Ausmaßes der zulässigen vorzeitigen Abschreibung und läßt daher ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen.
Damit erweist sich die Beschwerde in ihrer Gesamtheit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1986130104.X00Im RIS seit
26.09.1990