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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 lita;Betreff
N gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 28. Dezember 1989, Zl. Schu-7633/2-1989-Kle, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung der Berufung
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stand als Landeslehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich.
Der Landesschulrat für Oberösterreich sprach mit Bescheid vom 14. Oktober 1988 über das Ausmaß der Abfertigung der Beschwerdeführerin ab, wobei in der Bescheidbegründung ausgeführt wurde, die Zeit des Karenzurlaubes vom 3. April 1985 bis 31. August 1988 sei für die ruhegenußfähige Dienstzeit nicht anrechenbar.
Mit Bescheid vom 2. November 1988 berichtigte der Landesschulrat für Oberösterreich seinen Bescheid vom 14. Oktober 1988 dahin, daß anstelle des 31. August der 30. Juni 1988 als Ende des Karenzurlaubes treten sollte, weil die Beschwerdeführerin mit Ablauf dieses Tages aus dem Pflichtschuldienst ausgeschieden sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 1. Februar 1990, Zl. 89/12/0113, die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 11. April 1989, betreffend die Bescheidberichtigung, als unbegründet abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Mit Eingabe vom 22. Mai 1989 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist in bezug auf den Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 14. Oktober 1988 bei der genannten Behörde ein. Gleichzeitig holte sie die versäumte Handlung nach. Als Wiedereinsetzungsgrund wird im wesentlichen geltend gemacht, der zuständige Referent der Behörde habe bei einem Telefongespräch der Beschwerdeführerin zugesagt, einen Berichtigungsbescheid zu erlassen und ihr dabei die unrichtige Rechtsauskunft erteilt durch den Berichtigungsbescheid werde auch die Berufungsfrist gegen den Bescheid vom 14. Oktober 1988 neu in Gang gesetzt.
Der Landesschulrat für Oberösterreich wies mit Bescheid vom 30. Juni 1989 den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Dementsprechend wies sie die Berufung der Beschwerdeführerin vom 22. Mai 1989 gegen den Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 14. Oktober 1988, Zl. 1P-20.508/36-88, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als verspätet zurück. In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Bestimmung des § 71 Abs. 1 AVG 1950 im wesentlichen aus, der Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 14. Oktober 1988 habe eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung unter Angabe der rechtmäßigen Rechtsmittelfrist enthalten und sei der Beschwerdeführerin am 18. Oktober 1988 zugestellt worden. Wenn auch dieser Bescheid mit dem Bescheid vom 2. November 1988 berichtigt worden sei, so habe die Beschwerdeführerin jedenfalls die Rechtsmittelfrist gegen den ersten Bescheid im Irrtum über eine weitere Berufungsmöglichkeit im Rahmen der Berufung gegen den Berichtigungsbescheid ungenützt verstreichen lassen. Der Berichtigungsbescheid habe aber nur ein Rechtsmittel gegen die Unzulässigkeit der Berichtigung und die Rechtswidrigkeit des Berichtigungsbescheides im Umfang der durch den Berichtigungsbescheid bewirkten Änderung eröffnet. Die Anwendung der im § 61 Abs. 2 bis 4 AVG 1950 geregelten Fälle, insbesondere der Einräumung einer längeren Rechtsmittelfrist im Bescheid, treffe daher im Gegenstand nicht zu. Diese Fälle würden überdies eine Wiedereinsetzung ausschließen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin in der Berufung, ihr sei der Irrtum über die Möglichkeit der Berufung gegen den Erstbescheid erstmals durch eine Besprechung am 18. Mai 1989 mit ihrem Rechtsvertreter aufgefallen und stelle deshalb ein ohne ihr Verschulden eingetretenes unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, könne ihrem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen, weil ein Rechtsirrtum oder mangelnde Rechtskenntnis keinen Wiedereinsetzungsgrund darstelle. Eine allenfalls falsche Rechtsauskunft über die Anfechtbarkeit - auch von einem Organ der zuständigen Behörde - könne nicht als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden. Da kein Wiedereinsetzungsgrund vorliege, habe die verspätet eingebrachte Berufung zurückgewiesen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG 1950 ist auf Antrag gegen die Versäumung einer Frist der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
a) die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten oder
b) die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.
Gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Woche nach Aufhören des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
Die Beschwerdeführerin machte als Wiedereinsetzungsgrund geltend, ihr sei von einem zuständigen Beamten der Behörde erster Instanz eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt worden. Sie habe infolge dieser unrichtigen Rechtsauskunft die Rechtsmittelfrist versäumt und habe erst durch eine Besprechung in der Kanzlei ihres Rechtsfreundes am 18. Mai 1989 von der Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung und dem Erfordernis eines Wiedereinsetzungsantrages Kenntnis erlangt.
Demgegenüber steht auf Grund des Inhaltes der Akten fest, daß der Bescheid der belangten Behörde vom 11. April 1989, der Gegenstand der Anfechtung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu Zl. 89/12/0113 war, der Beschwerdeführerin am 15. April 1989 zugestellt wurde. Dieser Bescheid enthält in seiner Begründung folgenden Absatz:
"Was jedoch die weiteren Berufungsausführungen anbelangt - diese betreffen allerdings nicht den Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens -, so wird damit der ERSTE Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 14. Oktober 1988 in seiner inhaltlichen Richtigkeit angefochten. Gegen diesen Bescheid, der bereits am 18. Oktober 1988 der Berufungswerberin zugestellt wurde, hätte aber schon zu einem früheren Zeitpunkt das Rechtsmittel der Berufung eingebracht werden müssen."
Schon ab Zustellung dieses Bescheides mußte aber der Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit einer vom zuständigen Beamten allenfalls erteilten Rechtsauskunft über die Verlängerung der Beschwerdefrist durch Erlassung eines Berichtigungsbescheides auffallen. Dem Zeitpunkt der Besprechung der Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsfreund (18. Mai 1989) kommt demnach für den Beginn der einwöchigen Wiedereinsetzungsfrist keine Bedeutung zu.
Davon ausgehend erweist sich zunächst, daß der von der Beschwerdeführerin eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag schon wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist unzulässig war. Damit erweist sich aber auch die Zurückweisung der verspäteten Berufung als richtig.
Im übrigen kann auch der von der Beschwerdeführerin behauptete Sachverhalt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Wiedereinsetzung nicht begründen. Ein Rechtsirrtum stellt grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, sodaß auch ein Irrtum der Beschwerdeführerin über die gesetzliche Berufungsfrist kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellt, das eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnte (vgl. Entscheidungen Nr. 47 ff zu § 71 AVG in Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze).
Selbst die rechtsirrige Auskunft des zuständigen Beamten über die Einbringung eines Rechtsmittels bildet keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund nach § 71 Abs. 1 lit. a AVG 1950 (vgl. E.Nr. 51 a.a.O.).
Davon ausgehend ist es auch für die Beurteilung der Sache ohne rechtliche Bedeutung, ob die Beschwerdeführerin in Österreich oder in der Bundesrepublik Deutschland ihren Wohnsitz genommen hat.
Die Beschwerde mußte daher als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990120107.X00Im RIS seit
27.09.1990