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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
PVG 1967 §1 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 9. Februar 1987, Zl. 52.350/75-4.9/86, betreffend Reisegebühren gemäß §§ 4 ff RGV 1955, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das 3. Heeresaufklärungsbataillon, Garnisonsort Mistelbach.
Aus Anlaß der für 30. Juli 1986 angesetzten Kommandoübergabe über die 3. Panzergrenadierbrigade, zu der der Truppenteil des Beschwerdeführers gehört, in feierlicher Form in Mautern enthielt die Umschreibung der Teilnehmer am Festakt im Punkt 4.1.7. des Brigadebefehls vom 21. Juli 1986 (im folgenden Brigadebefehl) folgende Anordnung:
"4.1.7. ABORDNUNGEN PRO KL VERB (ausgen. PzStbG 3, jedoch incl. NTIKp/PzStbB 3)
4.1.7.1. BKdt bzw. Vertreter
4.1.7.2. drei weitere Offz
4.1.7.3. ein Mitglied des (der) zuständigen DA
4.1.7.4. ein Soldatenvertreter ZS
4.1.7.5. je Einh zwei weitere UO (ein 'älterer' und ein 'jüngerer')
4.1.7.6. je Einh ein Soldatenvertreter GWD und ein weiterer
GWD
4.1.7.7. Die BKdt (ausgenommen Kdt PzStbB 3) werden angewiesen, daß sie die Vertreter der zuständigen DA ersuchen, im Block 'Abordnungen' mit der entsprechenden Adjustierung einzutreten."
Punkt 7.2. dieses Befehles lautete:
"Dienstreisen fallen nicht an, da Voraussetzung nur für Übungsgebühr gegeben."
Der Beschwerdeführer, der Personalvertreter ist, wurde vom Dienststellenausschuß Mistelbach für diese Teilnahme an der militärischen Feier bestimmt. Die An- und Rückreise des Beschwerdeführers zu dieser Feier erfolgte gemeinsam mit anderen Teilnehmern in einem heereseigenen Kleinbus.
Mit Eingabe vom 6. August 1986 ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßige Erledigung seines Reisegebührenanspruches. Er vertrat die Auffassung, es liege eine Dienstreise nach § 2 Abs. 1 RGV 1955 vor, für die er in seiner Reiserechnung die Reisezulage (Tagesgebühr) geltend gemacht habe. Mit Befehl des Kommandanten des Heeresaufklärungsbataillons vom 25. Juli 1986 sei ein Vertreter des Dienststellenausschusses Mistelbach zur feierlichen Kommandoübergabe nach Mautern befohlen worden. Er sei mit Beschluß des Dienststellenausschusses Mistelbach dorthin entsandt worden.
Das Kommando der ersten Panzergrenadierdivision (Dienstbehörde erster Instanz) teilte dem Beschwerdeführer hierauf - soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist - in Wahrung des Parteiengehörs mit, er habe den Garnisonsort in geschlossener Formation verlassen.
In seiner Stellungnahme vom 9. Oktober 1986 brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er sei mit Beschluß des Dienststellenausschusses als Vertreter entsandt worden (Auftrag). Die Dienstreise sei aus Einsparungsgründen mit dem Dienst-Kfz erfolgt (ein Platz wäre im VW-Bus frei gewesen).
Mit Bescheid vom 20. November 1986 stellte die Dienstbehörde erster Instanz auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 6. August 1986 fest, daß die Dienstverrichtung des Beschwerdeführers keine Dienstreise im Sinn des § 2 Abs. 1 RGV 1955 sei, sondern § 72 RGV 1955 (Übungsgebühr) zum Tragen komme. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer den Garnisonsort Mistelbach in einer geschlossenen Formation, jedoch nicht länger als 24 Stunden verlassen habe. Träfen alle Merkmale der Regelung des § 72 RGV 1955 bis auf das Moment der Dauer zu, habe der Gesetzgeber keine Leistung vorsehen wollen.
In seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, mit Schreiben vom 25. Juli 1986 habe das Kommando des Heeresaufklärungsbataillons angeordnet, daß der Beschwerdeführer neben anderen Bediensteten der an der Kommandoübergabe über die 3. Panzergrenadierbrigade teilnehmenden Abordnung des Heeresaufklärungsbataillons angehöre. Dieser Weisung sei der Beschwerdeführer nachgekommen, indem er gemeinsam mit anderen Bediensteten die Reise nach Mautern mit einem Heereskraftfahrzeug angetreten habe. Für diese Reise bestehe Anspruch auf Leistungen gemäß Abschnitt II der RGV 1955 und nicht auf Übungsgebühr gemäß § 72 leg. cit. Dies aus zwei Gründen:
1. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege eine geschlossene Formation im Sinn des § 72 RGV 1955 schon deshalb nicht vor, weil diese Dienstverrichtung (Teilnahme an einer Feier) nicht Übungs-, Ausbildungs- oder Einsatzzwecken gedient habe.
2. Selbst wenn dies aber zu bejahen sei, könne er dieser Formation jedenfalls nicht angehört haben. Er habe an der Kommandoübergabe als Vertreter des Dienststellenausschusses teilgenommen und sei daher gemäß § 25 Abs. 1 des Personalvertretungsgesetzes (PVG) nicht weisungsgebunden gewesen. Deshalb habe er nicht einer unter einem bestimmten Befehl stehenden Truppe angehört, sondern sei aus Zweckmäßigkeitserwägungen mit anderen Angehörigen des Bundesheeres mitgefahren, ohne dieser Formation jedoch angehört zu haben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab. Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer "gemäß Punkt 4.1.7.3. zu Befehl Kdo/3. PzGrenBrig vom 21. Juli 1986, Zl. 4.000-2310/01/86, den Auftrag, an der feierlichen Kdo-Übergabe über die 3. PzGrenBrig am 30. Juli 1986 gemeinsam mit mehreren Angehörigen Ihres Truppenkörpers und auch anderer Truppenkörper in der Raab-Kaserne, MAUTERN, teilzunehmen" erhalten habe. Nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der §§ 2 Abs. 1 und 72 Abs. 1 RGV 1955 führte die belangte Behörde weiters aus, der Beschwerdeführer habe fraglos unter dem Kommando der Abordnung seines Truppenkörpers zusammen mit mehreren Angehörigen seines Verbandes den Garnisonsort Mistelbach für weniger als 24 Stunden verlassen, um an einer militärischen Feier teilzunehmen. Träfen (wie im Beschwerdefall) alle Merkmale der Regelung des § 72 RGV 1955 bis auf das Moment der Dauer zu, so habe (nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) der Gesetzgeber keine Leistung vorsehen wollen. Im Beschwerdefall seien die Tatbestandsmerkmale der Dienstreise im Sinn der oben zitierten Gesetzesstelle deshalb nicht erfüllt worden, weil der Beschwerdeführer keinen selbständigen Auftrag zu erfüllen gehabt, sondern die befohlene Dienstverrichtung unter dem Kommando des jeweils eingeteilten Kommandanten auszuführen gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe dieselben Dienstverrichtungen wie alle übrigen Angehörigen der Abordnung auszuführen gehabt. Sein Argument, daß er gemäß den Bestimmungen des § 25 Abs. 1 PVG als Personalvertreter an keine Weisungen gebunden gewesen sei, komme nicht zum Tragen. Es gehöre nicht zu den funktionsbezogenen Pflichten eines Personalvertreters, an militärischen Feiern teilzunehmen. Der Beschwerdeführer habe keine Veranlassung gehabt, in seiner Funktion als Personalvertreter einzuschreiten oder Handlungen zu setzen. Mit dem bereits zitierten Befehl des Brigadekommandos habe lediglich sichergestellt werden sollen, daß eine repräsentative Abordnung jedes der
3. Panzergrenadierbrigade unterstellten Truppenkörpers bei der Kommandoübergabe anwesend sei. Dazu gehöre auch der Vertreter des Dienststellenausschusses. Da im Brigadebefehl nur "ein Mitglied des (der) zuständigen DA" genannt gewesen sei, sei der Dienststellenausschuß als Kollegialbehörde verpflichtet gewesen, einen Vertreter zu entsenden. Der Dienststellenausschuß habe sich auf die Person des Beschwerdeführers geeinigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen.
Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV 1955) haben Beamte nach Maßgabe dieser Verordnung Anspruch auf den Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen durch eine Dienstreise erwächst.
Nach § 2 Abs. 1 RGV 1955 liegt eine Dienstreise im Sinne dieser Verordnung vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als 2 Kilometer beträgt (erster Satz).
Bei Dienstreisen gebührt dem Beamten die Reisekostenvergütung (Z. 1) sowie die Reisezulage (Z. 2 des § 4 RGV 1955).
§ 69 RGV 1955 ordnet an, daß für die Berufsoffiziere und die Beamten der Heeresverwaltung an die Stelle des Dienstortes (§ 2 Abs. 5) der Garnisonsort (erster Satz) tritt.
Der Anspruch auf Zuteilungsgebühr und Trennungsgebühr entfällt für die Zeit, für die ein Anspruch auf Übungs- oder Einsatzgebühr besteht (§ 71 RGV 1955).
Verläßt ein Berufsoffizier oder ein Beamter der Heeresverwaltung in einer geschlossenen Formation den Garnisonsort für länger als 24 Stunden, so erhält nach § 72 RGV 1955 für je 24 Stunden der Abwesenheit als Übungsgebühr
a) der ledige Offizier (Beamte) die um 25 v.H. gekürzte Tagesgebühr nach Tarif II;
b) der verheiratete Offizier (Beamte) die Tagesgebühr nach Tarif II,
in beiden Fällen abzüglich des jeweils geltenden Verpflegssatzes.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Reisegebühren nach dem II. Abschnitt (§§ 4 ff) der RGV 1955 durch unrichtige Anwendung des § 72 leg. cit. sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG 1950) verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bestreitet der Beschwerdeführer - wie bereits im Verwaltungsverfahren -, daß § 72 RGV 1955 in seinem Fall zur Anwendung kommt. § 72 RGV 1955 kenne eine "Übungsgebühr" (Abs. 1) und eine "Einsatzgebühr" (Abs. 2): damit werde auf den Übungs- oder Einsatzzweck abgestellt. Die Teilnahme an einer Feier erfülle diese Zwecke nicht. Auch der Begriff "Formation" in § 72 RGV 1955 sei untrennbar mit dem Übungs- oder Einsatzzweck verbunden. Formation sei (wenigstens in diesem Sinn) ein militärischer Begriff, der seinen bestimmenden Inhalt vom militärtypischen Zusammenwirken bei militärtypischen Tätigkeiten ableite. Die Teilnahme an einer Übergabsfeier gehöre dazu nicht; daß eine Feier im militärischen Bereich auch militärisches Gepräge habe, sei kein für die Reisegebühren maßgebender Gesichtspunkt. Auch in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff "geschlossene Formation" im Sinn des § 72 RGV 1955 würden die Merkmale der "militärischen Verrichtung" innerhalb einer zu einer unter einem bestimmten Befehl stehenden "Truppe" genannt. Im Beschwerdefall sei weder eine militärische Verrichtung ausgeführt worden, noch sei der Personenkreis, mit dem der Beschwerdeführer die Dienstreise gemeinsam ausgeführt habe, eine "Truppe" gewesen. Außerdem mangle es - jedenfalls in bezug auf den Beschwerdeführer - am Erfordernis des gemeinsamen Befehls. Er habe an der Feier als Personalvertreter teilgenommen und sei auch von einem Personalvertretungsorgan (nämlich dem Dienststellenausschuß) für diese Teilnahme bestimmt worden. Allein im Hinblick darauf hätte nicht vorausgesetzt werden können, daß der Beschwerdeführer einem "Befehl" unterstanden sei; vielmehr habe er einen Dienstauftrag, der ihn in seiner spezifischen Eigenschaft als Personalvertreter betroffen habe und der für ihn jedenfalls nicht die Einbindung in eine Befehlsstruktur habe bewirken können, ausgeführt. Da diese Gegebenheiten von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt worden seien, hätte sie - unbeschadet der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers - bei zutreffender rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis gelangen müssen, daß im Beschwerdefall nicht § 72 RGV 1955 anzuwenden gewesen sei, sondern die allgemeinen Bestimmungen der §§ 4 ff RGV 1955 maßgebend gewesen seien.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe keine Feststellungen zu ihrer Annahme, der Beschwerdeführer habe fraglos unter dem Kommando der Abordnung seines Truppenkörpers zusammen mit mehreren anderen Angehörigen seines Verbandes den Garnisonsort verlassen, getroffen. Sie gestehe sogar selbst zu, daß der Brigadebefehl auf "ein Mitglied des zuständigen Dienststellenausschusses" gelautet habe und daß sich der Dienststellenausschuß auf seine Person geeinigt habe. Die Bescheidbegründung hinsichtlich der Frage des in bezug auf den Beschwerdeführer bestehenden Kommando sei nicht schlüssig. Es seien dazu auch keine ausreichenden Erhebungen unter Gewährung des Parteiengehörs gepflogen worden.
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, daß der von ihm geltend gemachte, auf die Teilnahme an der Übergabsfeier vom 30. Juli 1986 gestützte Gebührenanspruch nicht unter den Anwendungsbereich des § 72 RGV 1955 fällt. Im Beschwerdefall ist nämlich (abgesehen von der Dauer) ein vom Gesetz gefordertes (weiteres) Tatbestandselement, nämlich das Verlassen des Garnisonsortes "in einer geschlossenen Formation" nicht gegeben.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, wird eine "geschlossene Formation" immer dann als gegeben anzunehmen sein, wenn mehrere Angehörige des Bundesheeres zum Zwecke einer militärischen Verrichtung zu einer unter einem bestimmten Befehl stehenden Truppe zusammengefaßt werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 1971, Zl. 1877/70 = Slg. N.F. Nr. 7988/A, vom 9. September 1977, Zl. 1308/77, vom 20. Oktober 1982, Zl. 82/09/0084 = Slg. N.F. Nr. 10865/A - nur Leitsatz - sowie vom 21. Mai 1990, Zl. 89/12/0151).
Der Begriff "geschlossene Formation" beinhaltet daher zwei Komponenten:
a) ein organisatorisches Element (Zusammenfassung eines bestimmten Personenkreises zu einer unter einem bestimmten Befehl stehenden Truppe) und
b) ein Zweckmoment, das sich aus der Art der zu besorgenden militärischen Verrichtungen ergibt.
Die belangte Behörde bejaht das Vorliegen der organisatorischen Komponente auf Grund des Punktes 4.1.7.3. des Brigadebefehls, aus dem sich (in Verbindung mit den übrigen Punkten des Abschnittes 4.1.7. des Befehls) für den Beschwerdeführer im Beschwerdefall die gemeinsame Teilnahme mehrerer Angehöriger des Truppenkörpers (und auch anderer Truppenkörper) ergeben habe und verneint, daß die Teilnahme des Beschwerdeführers in seiner Funktion als Personalvertreter erfolgt sei.
Dieser Schluß kann jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Brigadebefehl nicht gezogen werden. Wie sich aus Punkt 4.1.7.3. in Verbindung mit 4.1.7.7. des Brigadebefehles unzweifelhaft ergibt, erfolgte nämlich die Teilnahme des Mitgliedes des Dienststellenausschusses als dessen Vertreter. Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß die Auswahl des Vertreters dem jeweils zuständigen Dienststellenausschuß zustand und auch tatsächlich (jedenfalls im Beschwerdefall) von diesem vorgenommen wurde. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde läßt sich aber aus dem Brigadebefehl keine Pflicht des Dienststellenausschusses auf Entsendung (Benennung) eines Vertreters oder in Verbindung mit einem derartigen Beschluß des Dienststellenausschusses eine Verpflichtung des vom Dienststellenausschuß entsandten Vertreters auf Teilnahme ableiten. Dies folgt aus folgender Überlegung:
Aus dem an die Bataillonskommandanten gerichteten Brigadebefehl (arg.: "Die Bkdt: .... werden ANGEWIESEN"), die Vertreter der zuständigen Dienststellenausschüsse zu ERSUCHEN, an der Feier in einer bestimmten Adjustierung teilzunehmen, geht im Hinblick auf die unterschiedliche Wortwahl klar hervor, daß der Brigadebefehl dem Vertreter des Dienststellenausschusses weder eine entsprechende Adjustierung vorschrieb noch die Bataillonskommandanten ermächtigte, dies zu tun. Wenn aber auf Grund des Brigadebefehls eine Pflicht zur Entsendung eines Teilnehmers durch den Dienststellenausschuß und in der Folge eine Pflicht des Entsandten zur Teilnahme bestanden hätte, wäre dieses die Adjustierung betreffende Ersuchen widersinnig. Sinnvoll und vom Wortlaut des Brigadebefehls nicht ausgeschlossen ist nur die Annahme, daß auch bezüglich der Teilnahme des Vertreters (Mitgliedes) des Dienststellenausschusses keine Pflicht durch den Brigadebefehl selbst bzw. in Verbindung mit dem Entsendungsbeschluß des Dienststellenausschusses begründet werden sollte.
Abgesehen davon, daß der Dienststellenausschuß kein Teil eines Truppenkörpers (im Sinne einer militärischen Organisationseinheit im Rahmen des Bundesheeres), sondern ein Organ der Personalvertretung (vgl. § 3 Abs. 1 lit. b PVG) ist, die (grundsätzlich) BEI jeder Dienststelle (vgl. dazu die Definition im § 1 Abs. 4 PVG) zu bilden ist (§ 4 Abs. 1 erster Satz PVG), ohne dadurch ein Teil derselben zu werden, geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:
Entspricht der Dienststellenausschuß dem im Brigadebefehl zum Ausdruck kommenden Ersuchen, ein Vertreter des Dienststellenausschusses möge an der militärischen Übergabsfeier teilnehmen, so kann - vor dem Hintergrund des § 25 Abs. 1 PVG - im Zweifel nicht angenommen werden, daß dem teilnehmenden Personalvertreter eine Weisung (Auftrag) erteilt wurde.
Der Brigadebefehl läßt seinem Wortlaut nach die oben wiedergegebene Auslegung zu: Diese Auslegung des Brigadebefehls entspricht auch dem Gebot, im Zweifel jeden Rechtsakt (welcher Stufe auch immer) gesetzeskonform auszulegen und ihm nicht einen rechtswidrigen Inhalt zu unterstellen.
Dies bedeutet im Beschwerdefall auf dem Boden des von der belangten Behörde festgestellten (und insoweit auch unbestritten gebliebenen) Sachverhaltes, daß der Beschwerdeführer nicht auf Grund des Brigadebefehls in Verbindung mit einem Beschluß seines Dienststellenausschusses verpflichtet war, an der Kommandoübergabe teilzunehmen, sondern an ihr als Personalvertreter in Vertretung des Dienststellenausschusses teilgenommen hat.
Daraus folgt jedoch in bezug auf den vom Beschwerdeführer geltend gemachten reisegebührenrechtlichen Anspruch weiter, daß es - jedenfalls hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers - an der organisatorischen Komponente der "militärischen Formation" im Sinn des § 72 RGV 1955 mangelte, unterstand doch der Beschwerdeführer im Hinblick auf die ihm im Beschwerdefall gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz PVG zukommende Weisungsfreiheit nicht einer (allenfalls) unter einem bestimmten Befehl stehenden Truppe zu der mehrere Angehörige des Bundesheeres zusammengefaßt sind.
War aber schon deshalb die Anwendbarkeit des § 72 RGV 1955 (abgesehen vom Moment der Dauer) im Beschwerdefall nicht gegeben, dann ist auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, ob die Teilnahme an einer militärischen Feier überhaupt eine militärische Verrichtung darstellt, die dem Begriff der geschlossenen Formation im Sinn des § 72 RGV 1955 zu unterstellen ist, nicht weiter einzugehen.
Die Nichtanwendbarkeit des § 72 Abs. 1 RGV 1955 bedeutet jedoch für sich allein noch nicht zwingend, daß dem Beschwerdeführer der von ihm geltend gemachte reisegebührenrechtliche Anspruch auch zusteht. Maßgebend hiefür ist, ob der Beschwerdeführer eine Dienstreise im Sinn des § 2 Abs. 1 RGV 1955 durchgeführt hat; im Beschwerdefall ist entscheidend, ob der Beschwerdeführer an der militärischen Feier in Ausführung eines ihm dahingehend erteilten Dienstauftrages teilgenommen hat oder nicht.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde diesbezüglich die Auffassung vertreten, er habe einen Dienstauftrag ausgeführt, der ihn in seiner speziellen Eigenschaft als Personalvertreter betroffen habe. Da sich die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides ausschließlich auf den Brigadebefehl stützt und der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde (anders als im zum Teil widersprüchlichen Vorbringen im Verwaltungsverfahren) nicht vorgebracht hat, daß er die Erteilung des Dienstauftrages im Befehl des Kommandanten des Heeresaufklärungsbataillons vom 25. Juli 1986 erblickt, ist das Vorliegen eines Dienstauftrages im Sinn des § 2 Abs. 1 RGV 1955 anhand des Brigadebefehls zu prüfen.
Zwar trifft die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde geäußerte Auffassung, das Tatbestandsmerkmal der Dienstreise im Sinn des § 2 Abs. 1 RGV 1955 sei deshalb nicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer keinen selbständigen Auftrag zu erfüllen, sondern die befohlene Dienstverrichtung unter dem Kommando des jeweils eingeteilten Kommandanten auszuführen gehabt habe, schon deshalb nicht zu, weil die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 RGV 1955 ganz allgemein auf einen "Dienstauftrag" abstellt und seinem Wortlaut nicht entnommen werden kann, daß ein "selbständiger Dienstauftrag" vorliegen muß (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1990, Zl. 89/12/0136). Aus den bereits oben dargestellten Gründen läßt sich aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein Dienstauftrag in bezug auf den Beschwerdeführer aus dem Brigadebefehl nicht ableiten; insbesondere ist eine gesetzwidrige Deutung dieses Befehles, nämlich die Erlassung eines Dienstauftrages gegenüber einem Beamten, der in als Personalvertreter als Vertreter des Dienststellenausschusses handelt, weder aus dem Wortlaut noch im Zusammenhang mit Punkt 4.1.7.7. dieses Befehles geboten.
Damit fehlt es jedoch im Beschwerdefall an einer Voraussetzung für den vom Beschwerdeführer auf Grund der RGV 1955 geltend gemachten Reisegebührenanspruch. Der Verwaltungsgerichtshof weist darauf hin, daß im Beschwerdefall die Teilnahme des Beschwerdeführers an der militärischen Feier als Vertreter des Dienststellenausschusses auch keinen Anspruch gemäß § 29 Abs. 2 PVG begründen konnte, weil dieser Vorgang unter keinen der im Gesetz abschließend aufgezählten Tatbestände fällt. Es war daher im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers (wenn auch mit einer anderen Begründung) keine Folge gegeben hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der nach ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Auslegung Diverses VwRallg3/5 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987120051.X00Im RIS seit
11.07.2001