TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/27 90/16/0026

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Veröffentlicht am 27.09.1990
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Index

32/06 Verkehrsteuern;
98/01 Wohnbauförderung;

Norm

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
WFG 1968 §2 Abs1 Z9;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/16/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr,

Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde 1. CH,

2. LH, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich je vom 13. Dezember 1989, Zlen. ad 1.) 543/1-9/St-1989, ad 2.) 542/1-9/St-1989, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 3. Februar 1984 erwarben die Beschwerdeführer den Anspruch auf Übereignung je eines Hälfteanteiles eines inländischen Grundstückes. In den darüber erstatteten Abgabenerklärungen wurde jeweils Grunderwerbsteuerbefreiung wegen Errichtung einer Arbeiterwohnstätte begehrt. Der Erwerbsvorgang blieb zunächst unbesteuert.

Nachdem der Erstbeschwerdeführer eine Anfrage des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz vom 3. Februar 1988 hinsichtlich der Errichtung einer Arbeiterwohnstätte beantwortet und das Finanzamt in den von der Baubehörde beigeschafften Bauplan Einsicht genommen hatte, setzte es mit getrennt ausgefertigten Bescheiden je vom 21. April 1989 gegenüber den Beschwerdeführern für den oben genannten Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer zuzüglich Verspätungszuschlag fest. In der Begründung dieser Bescheide heißt es übereinstimmend, die Vorschreibung sei gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 wegen Überschreitung des zulässigen Nutzflächenausmaßes von 130 m2 erfolgt. Der Windfang im Erdgeschoß sowie der Hobbyraum im Kellergeschloß seien bei der Berechnung der Nutzfläche berücksichtigt worden.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer getrennt Berufung und führten darin aus, der im Bescheid angeführte Hobbyraum diene lediglich als Kellerraum und sei auch so ausgestattet.

Am 6. Juni 1989 führte das Finanzamt einen Augenschein zwecks Überprüfung der Wohnnutzfläche des mittlerweile errichteten Einfamilienhauses durch. In der Niederschrift darüber heißt es:

    "... Im Hause R 72 wurde eine Wohneinheit im Ausmaß von

125,70 m2 (ohne Windfang = Stiegenhaus) errichtet.

    Der Windfang = Stiegenhaus (5,64 m2) ist durch eine

Abschlußtür von der Wohneinheit getrennt, niveaugleich mit

d. EG-Wohnung.

Vom Windfang gelangt man ins Dachgeschoß und Kellergeschoß (siehe Plan) ....

HOBBYRAUM = Lagerraum bzw. Werkraum

Ausstattung: Schacht-Kellerfenster aus Beton

Estrichboden, Rohrleitungen auf Putz verlegt,

keine Heizung

Einrichtung: Werkbank, Stellagen für Werkzeug ...."

Der erwähnte Hobbyraum weist laut der im Verwaltungsakt erliegenden Kopie des Bauplanes eine Fläche von 18,17 m2 auf.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom 31. August 1989 wies das Finanzamt die Berufungen als unbegründet ab. In der Begründung dieser Bescheide heißt es übereinstimmend, zu einem wie im vorliegenden Fall situierten "Windfang" sei folgendes zu bemerken: In einem Einfamilienhaus finde man in der Regel kein Treppenhaus (das sei ein von der übrigen Wohnfläche deutlich abgetrennter Teil der Gebäudes, der auch die waagrechten Verbindungen der Treppe selbst umfasse). Im Einfamilienhaus würden diese waagrechten Verbindungsflächen unter besonderer Anordnung der Treppen, die die Verbindung von einem Stockwerk zum anderen darstellten, zu Vorräumen erweitert, von denen aus die eigentlichen Wohnräume sowie die übrigen Räume des Hauses betreten werden könnten. Wie diese Vorräume bezeichnet seien, sei nicht ausschlaggebend. Jedenfalls hätten diese Räume die gleiche Funktion zu erfüllen wie Vorzimmer in einer Wohnung z.B eines Miethauses oder einer Eigentumswohnung.

In ihren getrennt erstatteten Vorlageanträgen brachten die Beschwerdeführer übereinstimmend vor, der in der Begründung der Berufungsvorentscheidung angeführte Windfang sei nicht als solcher anzusehen, sondern diene nur als Stiegenpodest, das die Verbindung zwischen Dachbodenaufgang und Kellergeschoßabgang darstelle und als solcher nicht als Wohnraum zu bezeichnen sei. Somit werde die Wohnnutzfläche vom 130 m2 nicht überschritten.

Mit den angefochtenen, getrennt ausgefertigten, jedoch wörtlich übereinstimmenden Bescheiden gab die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich den Berufungen nur hinsichtlich des Verspätungszuschlages, nicht jedoch auch wegen der Grunderwerbsteuer folge. Der Auffassung der Beschwerdeführer, der "Windfang" sei nur ein Stiegenpodest und gehöre deshalb nicht zur Wohnnutzfläche, könne nicht gefolgt werden, da dieser Raum niveaugleich mit der Erdgeschoßwohnung sei und neben der Funktion eines Stiegenhauses auch noch die Funktion eines Windfanges erfülle. Allein damit wäre schon die Höchstgrenze von 130 m2 für eine Arbeiterwohnstätte überschritten. Außerdem sei nach Ansicht der belangten Behörde der im vorgelegten Bauplan im Kellergeschoß ausgewiesene "Hobbyraum" samt Gang und Vorraum zur Wohnnutzfläche zu rechnen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, von beiden Beschwerdeführern gemeinsam erstattete Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Grunderwerbsteuerbefreiung verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955, das gemäß § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 auf den vorliegenden Fall noch anzuwenden ist, ist beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen. Diese Befreiungsvorschrift gilt auch für die Schaffung bloß einer Arbeiterwohnstätte, somit auch eines Einfamilienhauses. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, darf eine Arbeiterwohnstätte, den Wohnbauförderungsrichtlinien, insbesondere dem im Zeitpunkt des vorliegenden Erwerbsvorganges noch geltenden Wohnbauförderungsgesetz 1968 folgend, eine Nutzfläche von 130 m2 nicht überschreiten. Die besondere Ausnahme von der Besteuerung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 ist schon dann nicht mehr anwendbar, wenn durch die Einreichung der Baupläne manifestiert wird, keine Arbeiterwohnstätte zu errichten (vgl. hiezu zuletzt etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0208, und vom 12. Juli 1990, Zl. 90/16/0142, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Hiebei führt - entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Auffassung - JEGLICHE Überschreitung des mit 130 m2 bestimmten Höchstausmaßes zum Verlust der Steuerbefreiung (Erkenntnisse vom 19. Mai 1988, Zlen. 87/16/0165, 0166, und vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/16/0115).

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der sogenannte "Windfang" im Flächenausmaß vom 5,64 m2 sowie der "Hobbyraum" im Ausmaß von 18,17 m2 der Nutzfläche hinzuzurechnen sind oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/16/0115, weiters die Erkenntnisse vom 17. Mai 1990, Zl. 89/16/0210, und vom 12. Juli 1990, Zlen. 89/16/0086, 0087) ist ein Windfang, der sich in einem abgeschlossenen Wohnungsverband befindet, der Wohnnutzfläche zuzurechnen. Unter einem Windfang ist ein (Vor)raum zu verstehen, dessen Zweck darin besteht, die Wohnräume vor Wind, aufgewirbeltem Laub, Regen, Schnee und Kälte zu schützen (vgl. die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1988, Zlen. 88/16/0142, 0143, und 12. Oktober 1989, Zlen. 88/16/0207, 0208; weiters auch Koepf, Bildwörterbuch der Architektur2, S. 415).

Wie sich aus der bereits erwähnten Kopie des Bauplanes ergibt, liegt im Beschwerdefall kein Windfang im oben dargestellten Sinne vor. Bei der im Bauplan irreführend mit "WF" bezeichneten Bodenfläche handelt es sich vielmehr um den mit dem Erdgeschoß niveaugleichen, ebenen Teil des Stiegenhauses, was auch aus den Worten "Windfang = Stiegenhaus" in der Niederschrift über den Ortsaugenschein vom 6. Juni 1989 hervorgeht. Diese Teilfläche des Stiegenhauses dient in erster Linie als Durchgang zwischen der Haustür und der eigentlichen Wohnung; sie ist damit als Vorraum anzusehen und muß sohin zur Wohnnutzfläche gerechnet werden.

Der dem hg. Erkenntnis vom 17. November 1988, Zl. 87/16/0153 zugrundeliegende Fall war insofern anders gelagert, als dort nach dem Vorbringen des damaligen Beschwerdeführers das Dachgeschoß zum Ausbau für einen zweiten Nutzungsberechtigten (zweite Wohneinheit) vorgesehen war und deshalb das Stiegenhaus als gesonderte Einheit betrachtet werden konnte.

Da unter Einbeziehung der oben genannten Teilfläche die Wohnnutzfläche im Beschwerdefall 130 m2 übersteigt, war bereits aus diesem Grunde die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß es noch auf die Nutzfläche des "Hobbyraumes" im Keller ankam.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Stiegenhaus

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990160026.X00

Im RIS seit

28.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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