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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §364;Betreff
A u B gegen Bundesminister für Bauten und Technik vom 3. September 1985, Zl. 890.882/5-III/11a-85, betreffend Enteignung für Zwecke einer Bundesstraße (mitbeteiligte Partei:
Bund-Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Oberösterreich)
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund als Rechtsträger, in dessen Namen die Behörde in der Beschwerdesache gehandelt hat, Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und dem Bund-Bundesstraßenverwaltung als mitbeteiligter Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Verordnung vom 15. Mai 1981, BGBl. Nr. 262, hat der Bundesminister für Bauten und Technik in Handhabung des § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung der Bundesgesetze Nr. 239/1975 und 294/1978 den Straßenverlauf der B 131 im Bereich der Gemeinde C bestimmt.
Auf Antrag der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, entschied der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 6. Dezember 1984, daß gemäß § 17 und 20 Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1971 in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 für den Ausbau der B 131 im Baulos "F" das dauernde und lastenfreie Eigentum an den näher angeführten Grundflächen - darunter von Grundflächen der Beschwerdeführer - einschließlich des darauf befindlichen Bewuchses und der darauf befindlichen baulichen Anlagen, unbeschadet der genauen Vermessung in der Natur für die Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, im Wege der Enteignung nach Maßgabe der näher bezeichneten Planunterlagen in Anspruch genommen werde. Im Bescheid werden die Einwendungen der Beschwerdeführer "gegen das Projekt sowie der Antrag derselben auf Resteinlösung des Grundstückes Nr. 290 einschließlich des Gebäudes" als unbegründet abgewiesen, die für die enteigneten Grundflächen zu leistenden Entschädigungen festgesetzt und noch sonstige Bestimmungen getroffen, die für die Beschwerde ohne Belang sind.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Berufung.
Darüber entschied der Bundesminister für Bauten und Technik mit Bescheid vom 3. September 1985 dahin, daß die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 zweiter Satz des Bundesstraßengesetzes 1971 als unbegründet abgewiesen wird.
Zur Begründung wird - in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen - im wesentlichen ausgeführt, in der mündlichen Enteignungsverhandlung habe der technische Amtssachverständige dargelegt, daß das gegenständliche Projekt die beschwerdeführenden Grundeigentümer an zwei markanten Stellen berühre. Die erste sei das Wohnhaus bei "Profil 39 links" und die zweite "die zwischen Profil 41-42 vorgesehene Zufahrt zum Betriebsgelände". Durch die Neuanlage der Bundesstraße rücke die Fahrbahn der neuen Trasse um 5,7 m näher an das Wohnhaus heran. Zwischen dem nordwestlichen Hauseck und dem linken Fahrbahnrand der Bundesstraße verblieben 1,8 m. Diese Enge sei jedoch nur punktförmig gegeben, weil durch die schräge Lage des Hauses zur Achse der Bundesstraße der Abstand rasch größer werde. Innerhalb dieser Entfernung solle der dort geplante Gehsteig mit 1,5 m Breite errichtet werden. Laut Projekt sei das Objekt einzulösen, weil durch den ca. 70 cm tiefer als das Gelände liegenden Gehsteig die herzustellende Böschung in das Objekt hineinrage. Der Sachverständige habe diesem Argument der Planer nicht folgen können. Anstelle der Böschung könne mit geringerem technischem und finanziellem Aufwand auch eine Mauer zur Sicherung des Objektes hergestellt werden. Die Kosten der Mauer, die mit rund S 75.000,-- veranschlagt würden, stünden in keinem Verhältnis zu den mit ca. S 1,000.000,-- veranschlagten Kosten für die Hausablöse. Bei der mit ca. 70 km/h laut Projekt vorgesehenen Ausbaugeschwindigkeit betrage der Anhalteweg 76 m. "Bei Stehenlassen des Objektes" sei eine Sichtweite von 110 m vorhanden. Auch aus diesem Grunde könne die Einlösung des Objektes nicht erfolgen, weil die erforderlichen Sichtweiten vorhanden seien. Der Sachverständige könne daher die Notwendigkeit zur Einlösung des Objektes nicht "bestätigen". Zum Betrieb der Beschwerdeführer (Betonwerk) finde ein sehr reger Lkw-Verkehr statt, sodaß die im Projekt vorgesehene Einbindung der Zufahrt (öffentliche Straße) eine arge Behinderung des Verkehrs vom und zum Betonwerk der Beschwerdeführer darstelle. Die Anbindung der Zufahrt (Ortschaftsweg) sei daher nicht wie geplant bei Profil 41-42 herzustellen, sondern bei den Profilen 46-47. Die bei der ursprünglichen Einbindungsstelle vorgesehenen Linksabbiegespuren seien zu dieser neuen Einbindungstelle zu verlegen. Die Linksabbiegerelationen seien hier bedeutend öfter als bei der verbleibenden Kreuzung mit der alten Trasse der Bundesstraße bei Profil 41-42. Diese Verkehrsbeziehung werde bereits an der Kreuzung mit der Bezirksstraße (alte Bundesstraßentrasse) bei Profil 67 hergestellt. Durch die Verlegung der Kreuzung könnten die südlich der Bundesstraßentrasse vorgesehenen Nebenanlagen (Profil 40 bis 46) entfallen. Da auch die Linksabbiegespuren zur Kreuzung Profil 46-47 verlegt würden, vergrößere sich der Abstand des Fahrbahnrandes vom Wohnhaus bei Profil 39 durch Wegfall der Breite der Abbiegespur. Der Höhenunterschied zum Wohnhaus könne dann auch mit einer Böschung überwunden werden. Die dort gegebenen Sichtverhältnisse würden dadurch auch verbessert. Die während der Verhandlung auf Grund der Projektsänderung neu ermittelten und von der Bundesstraßenverwaltung zur Einlösung beantragten Grundflächen aus dem Besitz der Beschwerdeführer seien für die Ausführung des Straßenbauvorhabens erforderlich. Ihre Einlösung sei notwendig. Zu der in der Berufung geltend gemachten Verpflichtung der Bundesstraßenbehörde zur Berücksichtigung des nach § 21 Abs. 2 Bundesstraßengesetz 1971 vorgeschriebenen Bauverbotsbereiches von 15 m beiderseits der Bundesstraße sei zu bemerken, daß diese Bestimmung im Gesetz unter "IV Schutz der Straßen" behandelt werde und, im Gegensatz zu der in der Berufung vertretenen Meinung, keine Vorschrift darstelle, durch welche der Gesetzgeber aus immissionstechnischen Gründen die Anrainer einer Bundesstraße vor Immissionen habe schützen wollen. Es verhalte sich vielmehr so, daß diese Bestimmung ausdrücklich für den Schutz der Straßen vorgesehen sei; sie sollte verhindern, daß durch ein näheres Heranbauen an die Bundesstraßen die Funktionsfähigkeit dieser Straßen bzw. die Leistungsfähigkeit dieser Verkehrsflächen für den örtlichen Verkehr beeinträchtigt werde. In diesem Zusammenhang sehe auch § 7a des Bundesstraßengesetzes 1971 keinesfalls eine Verpflichtung zu einer Gesamteinlösung vor, sondern gebe der Bundesstraßenverwaltung lediglich die Möglichkeit, im Falle der unzumutbaren Beeinträchtigung der Benützbarkeit eines auf einem Grundstück oder Grundstücksteil bestehenden Gebäudes dieses einzulösen. Ein rechtlich verfolgbarer Anspruch auf Einlösung eines Gebäudes sei im Gesetz jedoch nicht vorgesehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1986, B 774/85-12, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem "Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung" und in ihrem Recht auf "Gesamteinlösung des in ihrem Eigentum stehenden Grundstückes Parzelle 290 KG F, Baufläche," verletzt. Die Beschwerdeführer beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 17 Abs. 1 erster Satz des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung der Bundesstraßengesetz-Novelle 1983, BGBl. Nr. 63, kann für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den zugehörigen baulichen Anlagen sowie aus Verkehrsrücksichten das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten (insbesondere Nutzungs- und Bestandrechten) an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden.
Nach § 20 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde (§ 32) unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, in der geltenden Fassung, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Nach Abs. 3 erster Satz dieser Gesetzesstelle ist gegen die Entscheidung des Landeshauptmannes über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung die Berufung an das Bundesministerium für Bauten und Technik - nunmehr Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten (Art. I Z. 1 der Bundesstraßengesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 159) - zulässig.
§ 18 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung der Bundesstraßengesetz-Novelle 1983, BGBl. Nr. 63, lautet:
"(1) Dem Enteigneten gebührt für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile Schadloshaltung (§ 1323 ABGB). Bei Bemessung der Entschädigung hat jedoch der Wert der besonderen Vorliebe und die Werterhöhung außer Betracht zu bleiben, den die Liegenschaft durch die straßenbauliche Maßnahme erfährt. Hingegen ist auf die Verminderung des Wertes eines etwa verbleibenden Grundstücksrestes Rücksicht zu nehmen. Ist dieser Grundstücksrest unter Berücksichtigung seiner bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar, so ist auf Verlangen des Eigentümers das ganze Grundstück einzulösen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 4. Mai 1976, Slg. N. F. Nr. 9049/A, unter Bezugnahme auf das zum Bundesstraßengesetz 1948 ergangene hg. Erkenntnis vom 8. November 1971, Slg. N. F. Nr. 8103/A, ausgeführt hat, ist der strittige Anspruch auf Einlösung durch das Gesetz nur den von einer Enteignungsmaßnahme betroffenen Grundeigentümern und nicht etwa auch solchen Eigentümern eingeräumt, die zu der geplanten Bundesstraße nur in einem örtlichen Naheverhältnis stehten. Daraus ist zu folgern, daß nach dem Willen des Gesetzgebers nur für solche Rechtsgüter in Gestalt der Pflicht zur Einlösung Ersatz geleistet werden soll, deren Verlust oder weitgehende Schmälerung eine Folge der Enteignung ist. Nicht sollen hingegen solche Rechtsgüter auf diese Weise ersetzt werden, deren Verlust durch ein bloßes Nachbarschaftsverhältnis zur neugeschaffenen Bundesstraße bewirkt wird. Dies ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus der systematischen Stellung der den Einlösungsanspruch gewährleistenden Norm im Rahmen der Regelung der für die Enteignung zu leistenden Entschädigung. Unter Beachtung dieser Beschränkung des Anspruches ist auch der Begriff "zweckmäßig nutzbar" mit einem Inhalt zu versehen. Als ein nicht mehr zweckmäßig nutzbarer Grundstücksrest kann sohin nur eine solche nach einer Teilenteignung verbleibende Grundfläche angesehen werden, die durch die Zwangsabtretung in ihrer Gestalt und Größe so verändert wurde, daß sie ihrem ursprünglichen Zweck, sei es infolge des geringen Ausmaßes oder einer die bisherige Nutzung erheblich beeinträchtigenden ungünstigen Konfiguration des Restgrundes, aber auch durch dessen Abschneidung von einer ausreichenden Verkehrsverbindung, nicht mehr zu dienen geeignet ist. Hingegen kann eine Grundfläche nicht schon deshalb als nicht mehr zweckmäßig nutzbar gelten, weil durch den Bau und durch den Betrieb der Straße Nachteile für ihre zweckmäßige Nutzung bewirkt werden.
Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt.
Die Beschwerdeausführungen stützten sich weitgehend auf die Beeinträchtigung des Wohnhauses der Beschwerdeführer durch den künftigen Straßenbetrieb, also einen Umstand, der nicht unmittelbar durch die Enteignung verursacht wird. Die Beschwerdeführer vermeinen nun, ihren Anspruch auf Gesamteinlösung des beschwerdegegenständlichen Grundstückes auf § 7a des Bundesstraßengesetzes - in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung anzuwendenden Fassung der Bundesstraßengesetz-Novelle 1983, BGBl. Nr. 63 - stützen zu können.
Der § 7a leg. cit. lautet:
"(1) Bei der Planung und beim Bau von Bundesstraßen ist vorzusorgen, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf der Bundesstraße so weit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Bundesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist. Subjektive Rechte werden hiedurch nicht begründet.
(2) Die Vorsorge wegen Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf der Bundesstraße (Abs. 1) kann auch dadurch erfolgen, daß auf fremden Grundstücken mit Zustimmung des Eigentümers geeignete Maßnahmen gesetzt werden, insbesondere Baumaßnahmen an Gebäuden, Einbau von Lärmschutzfenstern udgl., sofern die Erhaltung und allfällige Wiederherstellung durch den Eigentümer oder einen Dritten sichergestellt ist.
(3) In Fällen, in denen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand durch Maßnahmen nach Abs. 1 und Abs. 2 kein entsprechender Erfolg erzielt werden kann, können mit Zustimmung des Eigentümers Grundstücke oder Grundstücksteile vom Bund (Bundesstraßenverwaltung) nach den Grundsätzen des § 18 und der §§ 4 bis 8 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, eingelöst werden, sofern durch den zu erwartenden Verkehr auf der Bundesstraße die Benützung eines auf diesem Grundstück oder Grundstücksteil bestehenden Gebäudes unzumutbar beeinträchtigt wird.
(4) Für Maßnahmen gegen Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Verkehr (Abs. 1 bis Abs. 3) auf bestehenden Bundesstraßen sind mindestens 1 von 100 der jährlichen für den Ausbau und die Erhaltung der Bundesstraßen zweckgebundenen Einnahmen aus der Mineralölsteuer zu verwenden. Die Verfügung über diese Mittel obliegt dem Bundesminister für Bauten und Technik. Soweit sie für diese Zwecke nicht verbraucht werden, sind sie für den Bau und die Erhaltung von Bundesstraßen zu verwenden".
Es ist davon auszugehen, daß der § 7a leg. cit. Maßnahmen zum Inhalt hat, die (allgemein) dem Schutz der Nachbarn, die zu der geplanten Bundesstraße in einem örtlichen Naheverhältnis stehen, und nicht (nur) dem Schutz der von einer Enteignungsmaßnahme betroffenen Grundeigentümern dienen. Mit anderen Worten: Die Regelungen des § 7a leg. cit. stellen auf den Schutz aller in derselben Weise betroffenen Nachbarn und nicht nur derer ab, die - was von Zufälligkeiten abhängen kann - projektbedingt enteignet werden. Schon auf Grund der insoweit klaren systematischen Trennung - aus dem Schutzzweck in seinem normativen Gefüge - verbietet sich aus der Sicht des Beschwerdefalles eine Heranziehung der Bestimmungen des § 7a leg. cit. - und auch dessen Abs. 3 - im Rahmen des Enteignungsverfahrens (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 1986, Zl. 85/06/0173) bzw. für die hier streitentscheidende Frage des nach § 18 Abs. 1 letzter Satz des Bundesstraßengesetzes 1971 zu beurteilenden Anspruches auf Gesamteinlösung (vgl. in diesem Zusammenhang weiters das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1981, Zl. 06/2713/80, zur - dem § 7a Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1971 in der Fassung der Bundesstraßengesetz-Novelle 1983 weitgehend wörtlich identen - Regelung des § 7 Abs. 2 Bundesstraßengesetz 1971 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 239/1975).
In diesem Sinne vermag der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen, daß durch die Einfügung des § 7a durch die Bundesstraßengesetz-Novelle 1983 der Begriff "zweckmäßig nutzbar" im § 18 Abs. 1 letzter Satz Bundesstraßengesetz 1971 einen anderen (neuen) Begriffsinhalt erhalten hätte. Hat sich doch daran nichts geändert, daß der strittige Anspruch auf "Gesamteinlösung" nur den von einer Enteignungsmaßnahme betroffenen Grundeigentümern eingeräumt ist. Daraus ist - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 8. November 1971, Slg. N.F. Nr. 8103/A, dargelegt hat - zu folgern, daß nach dem Willen des Gesetzgebers nur für solche Rechtsgüter in Gestalt der Pflicht zur Einlösung Ersatz geleistet werden soll, deren Verlust oder weitgehende Schmälerung eine Folge der Enteignung ist, nicht aber eine solche, deren Verlust oder Beeinträchtigung durch ein bloßes Nachbarschaftsverhältnis zur neugeschaffenen Bundesstraße bewirkt wird.
An dieser Sicht vermag auch nichts zu ändern, daß durch die Bundesstraßengesetz-Novelle 1983 im § 18 Abs. 1 letzter Satz die Worte "unter Berücksichtigung seiner bisherigen Verwendung" eingefügt wurden. Daß der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen wäre, läßt sich dabei auch nicht aus den Gesetzesmaterialien schließen. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 1204 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XV GP, S 16, bringen vielmehr unmißverständlich zum Ausdruck, es sollte lediglich eine Klarstellung getroffen werden, daß für die Beurteilung, ob der Grundstücksrest in Hinkunft einer zweckmäßigen Verwendung zugeführt werden könne, auf die bisherige Verwendung abzustellen sei. Diese Auslegung sei auch bisher in Praxis und Judikatur getroffen worden, doch habe es kritische Gegenstimmen gegeben, die eine Klarstellung wünschenwert gemacht hätten.
Durch welche Maßnahmen nach § 7a leg. cit. eine unzumutbare Lärmbelästigung herabgesetzt werden wird, war im Rahmen des Enteignungsverfahrens nicht näher zu erörtern (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 1986, Zl. 85/06/0173). Insoweit gehen daher auch die im Zusammenhalt mit der Handhabung des § 7a leg. cit. in der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen ins Leere.
In der Beschwerde wird es weiters unternommen, mittels induktiver Methode einen allgemeinen Rechtsgrundsatz aus den "Bestimmungen und Regelungsinhalten" des § 364 Abs. 1 und 2 ABGB und des § 21 Bundesstraßengesetz 1971 abzuleiten, der in seinem Kern auf einen im öffentlichen Recht begründeten Anspruch auf (Gesamt-) Einlösung eines Grundstückes bei nachbarschaftsbedingten Nachteilen durch den Bau und den Betrieb einer Straße abzielt. Einem derartigen Versuch der Lückenfüllung durch Analogie vermag der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht zu folgen, weil der Gerichtshof das Vorliegen einer Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts nicht zu erkennen vermag. Auch wird diesbezüglich in der Beschwerde nichts vorgebracht. Über die Frage eines rechtsPOLITISCHEN Regelungsdefizits hat der Gerichtshof jedoch nicht zu befinden.
Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof gestellten Prüfungsaufgabe vermag nicht erkannt zu werden, daß der beschwerdegegenständliche Grundstücksrest - durch die Abschneidung einer 70 m2 großen Fläche von der (ursprünglich) 756 m2 großen Baufläche - unter Berücksichtigung seiner bisherigen Verwendung (Wohnhaus mit Garten) nicht mehr zweckmäßig nutzbar im Sinne der oben dargelegten Rechtslage des § 18 Abs. 1 letzter Satz Bundesstraßengesetz 1971 sei. Soweit in der Beschwerde bloß schlagwortartig der Entfall bestehender Immissionsschutzeinrichtungen und die Unmöglichkeit der Neuaufführung solcher Einrichtungen gerügt wird, werden bloß Umstände geltend gemacht, die zu einer Wertminderung der Restliegenschaft führen können (vgl. OGH vom 9. Dezember 1975, 5 Ob 230/75 = Österreichische Richterzeitung 1976, S 157). Daß aber das beschwerdegegenständliche Wohnhaus deshalb im Sinne des Gesetzes nicht mehr zweckmäßig nutzbar sei, vermag von den Beschwerdeführern damit nicht aufgezeigt zu werden. Soweit ebenfalls bloß schlagwortartig "die faktische Unmöglichkeit der Weiterbenützung des Gartens" sowie die "im Hinblick auf die alte Bausubstanz des Hauses zu erwartenden Gefährdungen für die Bausubstanz anläßlich der Bauführung selbst" geltend gemacht werden, so zielt dieses Vorbringen auf Beeinträchtigungen durch den künftigen Straßenbetrieb bzw. Straßenbau und nicht auf Umstände als unmittelbare Folge der Enteignung ab.
Letztlich vermag aber auch der Hinweis auf "die völlige Unbenützbarkeit des Hausbrunnens" nicht durchzudringen, wird doch daran nicht einmal die Behauptung geknüpft, daß der beschwerdegegenständliche Grundstücksrest unter Berücksichtigung seiner bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar sei.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987170176.X00Im RIS seit
11.07.2001