TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/3 90/13/0022

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Veröffentlicht am 03.10.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §240 Abs3;
BAO §281 Abs1;
EStG 1972 §67 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Dezember 1989, Zl. GA 5-2294/89, betreffend Aussetzung einer Berufungsentscheidung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß die Entscheidung über eine Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 281 BAO ausgesetzt werde. Sie begründete diesen Bescheid damit, daß der Ausgang des vor dem Verwaltungsgerichtshof unter der Zl. 89/13/0107 anhängigen Verfahrens von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung sei.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann nach § 281 Abs. 1 BAO die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.

Für die Aussetzung einer Berufungsentscheidung im Hinblick auf eine anhängige Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ist das Tatbestandselement des § 281 Abs. 1 BAO maßgebend, daß vor einem Gericht ein Verfahren schwebt, dessen Ausgang von WESENTLICHER BEDEUTUNG für die Entscheidung über die Berufung ist (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1982, Zl. 14/0207/79, und vom 2. Oktober 1984, Zl. 84/14/0018, 0044).

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die belangte Behörde auf Grund der Berufung der Entscheidung gestellt, wie konkret eine Gehaltsnachzahlung gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1972 zu versteuern ist. Im Beschwerdefall Zl. 89/13/0107 hatte die belangte Behörde einem auf § 67 Abs. 8 EStG 1972 gegründeten Antrag auf Lohnsteuerrückzahlung gemäß § 240 Abs. 3 BAO deshalb nicht stattgegeben, weil die Abgabepflichtige in keiner Weise dargetan habe, warum zu Unrecht zuviel Lohnsteuer einbehalten worden sein sollte. Auf Grund dieser damaligen Entscheidung (Bescheid) und der gegen sie erhobenen Beschwerde konnte sich die belangte Behörde vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr als die (im Erkenntnis vom 20. Juni 1990 dann auch lediglich vorgenommene) Beurteilung der Frage erwarten, ob die Abgabepflichtige, um die es im hg. Verfahren zur Zl. 89/13/0107 ging, ihren Rückzahlungsantrag ausreichend begründet hatte. Eine Antwort auf die nunmehr relevante Frage, wie eine Gehaltsnachzahlung nach § 67 Abs. 8 EStG 1972 konkret zu versteuern ist, durfte sich die belangte Behörde auf Grund des Verfahrens zur hg. Zl. 89/13/0107 hingegen nicht erwarten; dies auch nicht im Hinblick auf die Ausführungen in der zur Zl. 89/13/0107 erstatteten Gegenschrift: Ließen doch diese Ausführungen noch nicht in einer für den Gerichtshof nachprüfbaren Weise erkennen, daß die Lohnsteuerbemessung tatsächlich dem Gesetz (§ 67 Abs. 8 EStG 1972) entsprechend erfolgte (so auch Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/13/0107), sodaß auch diese Ausführungen keinen Anlaß zu Aussagen boten, wie Gehaltsnachzahlungen gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1972 zu versteuern sind. Der Ausgang des hg. Verfahrens zu Zl. 89/13/0107 war daher nicht im Sinne des § 281 Abs. 1 BAO von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die hier in Rede stehende Berufung, sodaß die Aussetzung unberechtigt erfolgte. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit jenen Beschwerdegründen bedurfte, die über den vorstehend abgehandelten Beschwerdegrund hinausgehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990130022.X00

Im RIS seit

03.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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