TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/3 86/13/0022

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Veröffentlicht am 03.10.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §21 Abs1;
BAO §284 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §4 Abs4;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 293;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. November 1985, Zl. 6/3-3181/85, betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1979 bis 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer beim Beschwerdeführer durchgeführten Betriebsprüfung wurde auf Grund von Kontrollmaterial festgestellt, daß dieser in den Jahren 1979 bis 1982 Einkünfte aus der Tätigkeit als selbständiger Handelvertreter (Vermittlung von Fenstersanierungen) erzielt hatte. Da der Beschwerdeführer weder Abgabenerklärungen eingereicht noch Aufzeichnungen geführt hatte, wurden die Steuerbemessungsgrundlagen durch Globalschätzung ermittelt. Bezüglich des näheren Sachverhaltes wird auf das hg. Vorerkenntnis vom 27. Februar 1985, Zl. 84/13/0230, verwiesen, mit dem der Gerichtshof den damals angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hat. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickte der Gerichtshof damals darin, daß die belangte Behörde nicht sämtliche Verfahrensergebnisse verwertet und keine schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen hatte. Der Beschwerdeführer hatte vorgebracht, an Kurt H. Subprovisionen in Millionenhöhe bezahlt zu haben. Kurt H. hatte dies niederschriftlich bestätigt. Seine Gegenleistung habe in der Namhaftmachung von Adressen bestanden. Genaue Angaben über die Höhe der Subprovisionen könnten nicht mehr gemacht werden, weil von ihm keine Aufzeichnungen darüber geführt worden seien. Steuererklärungen habe er (Kurt H.) ebenfalls nicht eingereicht.

Die damalige belangte Behörde hatte die Zahlung von Subprovisionen ZUR GÄNZE als unglaubwürdig bezeichnet, und zwar mit der alleinigen Begründung, daß anderenfalls die Lebenshaltungskosten des Beschwerdeführers nicht gedeckt gewesen wären. Es war weder ein äußerer Betriebsvergleich vorgenommen worden, noch konnten den Verwaltungsakten Anhaltspunkte (z.B. Erfahrungswerte betreffend Reingewinnsätze) dafür entnommen werden, wie die belangte Behörde zu dem Schätzungsergebnis gelangt war. Diese Mängel führten, wie bereits erwähnt, zur Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides.

Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde einen äußeren Betriebsvergleich durchgeführt. Der Vergleichsbetrieb betraf die gleiche Tätigkeit und im wesentlichen den gleichen Zeitraum. Die von Jahr zu Jahr schwankenden Reingewinnsätze des Vergleichsbetriebes betrugen zwischen 52 % und 74 % des Nettoumsatzes. Demgegenüber lagen der Schätzung der Betriebsergebnisse des Beschwerdeführers Reingewinnsätze im Ausmaß zwischen 26,7 % und 36,9 % zugrunde.

Der Beschwerdeführer, dem das Ergebnis des äußeren Betriebsvergleiches vorgehalten wurde, teilte der belangten Behörde lediglich mit, er erkläre sich damit "nicht einverstanden". Er habe bei Umsätzen in der Größenordnung von etwa jährlich 2 Mio S keinen Gewinn erzielt. Seine Lebenshaltungskosten habe er durch Kreditaufnahmen finanziert.

In der Folge legte der Beschwerdeführer die Kopie eines Kontoauszuges der Firma St. vor, für die er seine Vermittlungstätigkeit entfaltet hatte. Bei diesem Konto handelte es sich um ein Verrechnungskonto mit dem Beschwerdeführer, auf dem zum Stichtag 31. August 1983 ein Schuldenstand des Beschwerdeführers gegenüber der Firma St. in Höhe von S 1,051.630,31 aushaftete.

Weiters legte der Beschwerdeführer Unterlagen betreffend einen im August 1979 bei einem österreichischen Kreditinstitut aufgenommenen "Anschaffungskredit" im Ausmaß von S 170.000,-- vor. Aus diesen Unterlagen waren auch monatliche Rückzahlungsraten von S 3.689,-- für den Zeitraum 1979 bis 1982 ersichtlich, die der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben bezahlt hatte.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise statt, indem sie bei den Umsatzsteuerveranlagungen für die Jahre 1980 bis 1982 Vorsteuerbeträge berücksichtigte; im übrigen wies sie die Berufung ab.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen den von der belangten Behörde durchgeführten äußeren Betriebsvergleich. Der Vergleichsbetrieb habe offensichtlich eine völlig andere Struktur als seiner. Dies ergebe sich bereits aus der unterschiedlichen Umsatzhöhe. Außerdem seien im Vergleichsbetrieb wesentlich geringere Vorsteuern angefallen als beim Beschwerdeführer.

Zu dieser Rüge ist zunächst zu sagen, daß es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, bereits im Verwaltungsverfahren entsprechend begründete Einwendungen zu erheben. Stattdessen hat sich seine Stellungnahme zu dem ihm vorgehaltenen Ergebnis des äußeren Betriebsvergleiches in dem Satz erschöpft: "Mit dem Ergebnis des äußeren Betriebsvergleiches erkläre ich mich nicht einverstanden." Gründe dafür hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Damit hatte die belangte Behörde aber auch keine Möglichkeit, sich mit solchen Gründen auseinanderzusetzen.

Im Vorerkenntnis hat der Gerichtshof als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften festgestellt, daß die belangte Behörde keine nachvollziehbare und schlüssige Begründung für ihr Schätzungsergebnis gegeben hat. Diesen Mangel hat die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid insoweit beseitigt, als sie darauf hinweist, daß die Reingewinnsätze des Vergleichsbetriebes in allen Jahren weit über jenen liegen, die der Schätzung zugrundegelegt worden sind. Damit hat die belangte Behörde erkennbar dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die ihm erwachsenen Betriebsausgaben Rechnung getragen. Daß sie dabei die Subprovisionen nicht "in der behaupteten Höhe" als Betriebsausgaben berücksichtigte, hat sie damit begründet, daß der Beschwerdeführer sonst trotz der hohen Vermittlungsprovisionen aus seiner Tätigkeit insgesamt einen Verlust erzielt hätte, und daß das "mit den Erfahrungen des Wirtschaftslebens nicht in Einklang zu bringen wäre".

Für diese Auffassung spricht, daß die angeblich an Kurt H. bezahlten Subprovisionen in Millionenhöhe als Gegenleistung für die Namhaftmachung von Adressen bezahlt worden sein sollen, die Kurt H. "von einem Hausverwalter erhalten" hatte. Nun widerspricht es aber tatsächlich wirtschaftlichen Gepflogenheiten, jahrelang Fenstersanierungen zu vermitteln und die dafür erhaltenen Provisionen im Ausmaß von 1 bis 2 Mio S jährlich praktisch zur Gänze an eine Person als Subprovisionen weiterzuleiten, deren Gegenleistung einzig und allein in der Bekanntgabe von Adressen bestand, die wiederum von einem Hausverwalter in Erfahrung gebracht worden sein sollen.

Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, seinen Lebensunterhalt mit Kreditmitteln bestritten zu haben. Zum Beweis dafür hat er Unterlagen vorgelegt, aus denen eine Kreditaufnahme im Jahr 1979 und laufende Rückzahlungsraten von monatlich S 3.689,-- in den Jahren 1979 bis 1982 hervorgehen. Wenn nun der Beschwerdeführer in den Jahren 1979 bis 1982 von Kreditmitteln gelebt haben will, so kann er dies nicht damit beweisen, daß er in diesem Zeitraum einen Kredit in laufenden Monatsraten von S 3.689,-- zurückgezahlt hat. Vielmehr drängt sich die Frage auf, woher die Mittel stammten, die für die Kreditrückzahlung verwendet wurden.

Zu dem ebenfalls vom Beschwerdeführer in Kopie vorgelegten Kontoauszug betreffend sein Verrechnungskonto bei der Firma St., aus dem sich zum 31. August 1983 ein Debetsaldo von S 1,051.630,31 ergibt, ist folgendes zu sagen:

Der Beschwerdeführer begründete diesen Schuldenstand der Firma St. gegenüber einerseits mit überhöhten Provisionen, die er zurückzuzahlen hatte, und andererseits mit "Werbungskosten", die ihm von der Firma St. "angelastet" worden seien. Was die Rückzahlungsverpflichtung von überhöhten Provisionen anlangt, so verweist die belangte Behörde zutreffend darauf, daß der Schätzung die von der Firma St. in den Jahren 1979 bis 1982 TATSÄCHLICH VEREINNAHMTEN Provisionen zugrundegelegt worden seien, und daß eine allfällige im Jahr 1983 festgestellte Rückzahlungsverpflichtung bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG in den Streitjahren nicht zu berücksichtigen war, weil bei der genannten Gewinnermittlungsart grundsätzlich nur die tatsächlich vereinnahmten und verausgabten, nicht aber bloß geschuldete Beträge, zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt für andere Zahlungsverpflichtungen, die auf dem Verrechnungskonto des Auftraggebers aufscheinen, und deren Bezahlung in einem späteren Jahr möglicherweise zu Betriebsausgaben führen könnte.

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde keine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt hat. Es sei zwar richtig, daß der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers verspätet gestellt worden sei; die belangte Behörde hätte aber auch ohne einen solchen Antrag eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen müssen, um sich ein unmittelbares Bild von dem entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu machen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß der für die Abgabenfestsetzung maßgebende Sachverhalt umso leichter und vollständiger ermittelt werden kann, je mehr der Abgabepflichtige seiner Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 119 BAO nachkommt. Von einem Abgabepflichtigen, der jahrelang weder Abgabenerklärungen einreicht, noch ordnungsmäßige Aufzeichnungen führt und auch während des Ermittlungsverfahrens keine Bereitschaft zeigt, Entscheidendes zur Wahrheitsfindung beizutragen, sondern eher bemüht erscheint, sich weiterhin bedeckt zu halten, kann regelmäßig nicht erwartet werden, daß er im Zuge einer mündlichen Berufungsverhandlung seine bisher gezeigte Zurückhaltung aufgibt und die tatsächlichen Verhältnisse offenlegt. Wenn sich daher die belangte Behörde auf Grund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung keine neuen Erkenntnisse versprach, so vermag der Gerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Der Beschwerdeführer führt weiters aus, die belangte Behörde sei zu Unrecht von den Bruttoerlösen (inklusive Umsatzsteuer) ausgegangen und habe somit Umsatzsteuer von der Umsatzsteuer vorgeschrieben. Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen unter das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot fällt, ist es auch unzutreffend. Wie aus dem äußeren Betriebsvergleich eindeutig zu entnehmen ist, hat die belangte Behörde ihrer Schätzung die Nettoumsätze zugrunde gelegt. Dieser Umstand wurde dem Beschwerdeführer auch vorgehalten und war ihm daher bekannt. Die bloße Behauptung, die belangte Behörde sei von den Bruttoumsätzen ausgegangen, erscheint daher aus der Luft gegriffen.

Schießlich bringt der Beschwerdeführer noch vor, daß die belangte Behörde den Ansatz unterschiedlicher Reingewinnsätze (1980: 26,7 %, 1981: 30,9 % und 1982: 36,9 %) nicht begründet hat.

Auch dieser Vorwurf ist unberechtigt. Die belangte Behörde ist bei ihrer Schätzung den Feststellungen des Betriebsprüfers gefolgt, der bei Ermittlung der Betriebsausgaben die vom Beschwerdeführer stets behaupteten und an ihn weiterverrechneten Werbekosten der Firma St. berücksichtigt hat. Diese Werbekosten waren ihrer Höhe nach stark schwankend und betrugen

1979 S 250.000,--

1980 S 624.000,--

1981 S 1,183.000,-- und

1982 S 42.000,--.

Sie erklären auch die unterschiedlichen Reingewinnsätze. Da die genannten Beträge dem Beschwerdeführer bekannt waren, stellt es keinen entscheidungsrelevanten Verfahrensmangel dar, daß sie im angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich zur Begründung der schwankenden Reingewinnsätze angeführt wurden.

Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1986130022.X00

Im RIS seit

03.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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