TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/3 89/13/0152

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Veröffentlicht am 03.10.1990
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §34;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 236;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Juni 1989, GZ. 6/3 - 3125/88, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1983, 1984 und 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin sind seit 1978 je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft Wien X, Y-Gasse, auf welcher sich ein Einfamilienhaus befindet, das vom Beschwerdeführer und seiner Familie bewohnt wird. Dieses Haus wurde 1918 errichtet. Bereits 1911, anläßlich der Genehmigung der "Baustellenabteilung", wurde vom Magistrat der Stadt Wien bescheidmäßig die Auflage erteilt, daß über Verlangen der Stadt Wien jederzeit unentgeltlich eine bestimmte Fläche der in Rede stehenden Liegenschaft an das öffentliche Gut als Straßengrund abzutreten, in den physischen Besitz der Gemeinde Wien zu übergeben und die Höhenlage herzustellen sei. Bis zur Herstellung dieser Straße war das Grundstück des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin nur über ein die Liegenschaft Z-Gasse 11 belastendes Wegerecht erreichbar. Die Anlage dieser Straße, nämlich der Y-Gasse, erfolgte erst 1982. Da das in Rede stehende Grundstück nunmehr über diese Gasse direkt zu erreichen ist, wurde das oben angeführte Wegerecht gelöscht. Im Zuge des Baues der genannten Gasse ergab sich durch Abbaggerung von der Liegenschaft des Beschwerdeführers auf das Niveau der neuen Y-Gasse ein Abfall von ca. 5 m. Der Beschwerdeführer ließ an dieser Stelle eine Stützmauer errichten, in welche auch eine Doppelgarage eingebaut wurde. Die Kosten für die Stützmauer betrugen insgesamt

S 1,403.488,01, welche sich auf die Streitjahre wie folgt aufteilen:

1983:  S 548.219,91

1984:  S 532.450,--

1985:  S 322.818,10.

Diese Beträge machte der Beschwerdeführer in den genannten Jahren jeweils als außergewöhnliche Belastung geltend.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung beim Beschwerdeführer wurde die Auffassung vertreten, daß diese Ausgaben nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien.

Gegen die auf der Basis dieser Ansicht des Betriebsprüfers erlassenen Bescheide erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung dieses Rechtsmittel ab und führte begründend im wesentlichen folgendes aus:

Voraussetzung für die Gewährung der beantragten Steuerermäßigung wäre zum einen der Eintritt eines Vermögensverlustes des Beschwerdeführers und zum anderen der Umstand, daß sich derselbe diesem Vermögensverlust "aus den im Gesetz angeführten tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht hätte entziehen können".

Kein Vermögensverlust wäre vorgelegen, wenn der Bau der Stützmauer "bloß eine notwendige Folge des Straßenbaues gewesen wäre"; denn dann hätte es sich lediglich um nachträgliche Errichtungskosten und sohin um eine Vermögensumschichtung gehandelt. Anders wäre die Situation gelagert, wenn der Bau der Stützmauer nicht schon durch den Straßenbau an sich, sondern durch eine behördliche Fehlleistung bei der Planung oder Ausführung des Straßenbaues erforderlich geworden wäre.

Kein Vermögensverlust wäre auch dann gegeben, wenn durch die in Rede stehenden Baumaßnahmen der Gemeinde Wien und die Errichtung der Stützmauer das betreffende Grundstück - etwa durch den direkten Anschluß an eine öffentliche Straße - eine Werterhöhung erfahren hätte.

Eine Zwangsläufigkeit wäre aber auch dann zu verneinen, wenn der Beschwerdeführer die Folgen, welche der Straßenbau für sein Grundstück nach sich gezogen habe, auch auf andere Weise als den Bau der Stützmauer hätte beseitigen können.

Die belangte Behörde habe aber weder zu prüfen, ob eine behördliche Fehlleistung (Vermessungsfehler) oder ob durch die Baumaßnahme der Gemeinde Wien und den Bau der Stützmauer eine Werterhöhung des Grundstückes erfolgt noch ob der Bau einer Stützmauer überhaupt erforderlich gewesen sei; denn selbst wenn dieser Bau die einzige Möglichkeit gewesen wäre, die durch eine Fehlleistung der Gemeinde beim Straßenbau entstandenen Schäden am Grundstück zu beseitigen, und nach Errichtung der Stützmauer keine Werterhöhung der Liegenschaft erfolgt wäre, läge keine außergewöhnliche Belastung des Beschwerdeführers vor. In einem solchen Fall habe der Beschwerdeführer gegen die Gemeinde Wien nämlich einen Schadenersatzanspruch nach dem Amtshaftungsgesetz. Den vom Beschwerdeführer getätigten Aufwendungen würden demnach Schadenersatzansprüche in gleicher Höhe gegenüberstehen. Dadurch, daß der Beschwerdeführer auf entsprechende rechtliche Schritte gegen die Gemeinde Wien verzichtet habe, hätte er freiwillig auf ihm zustehenden Schadenersatzanspruch verzichtet. In diesem Fall wäre aber der in Rede stehende Aufwand nicht zwangsläufig entstanden.

Zusammenfassend sei demnach zu sagen:

Wenn und soweit ein Vermögensverlust tatsächlich gegeben gewesen sei, sei derselbe von der Gemeinde Wien im Wege der Amtshaftung zu ersetzen gewesen. Läge aber kein Vermögensverlust vor, so wäre von vorneherein auch das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung zu verneinen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1972 werden außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, liegt gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 EStG 1972 zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 34 Abs. 1 EStG 1972, Tz 3 und z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1985, Zl. 82/14/0312) sind unter Aufwendungen im Sinne des § 34 EStG 1972 nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 30. April 1985, Zl. 82/14/0312, auf welches im Streitfall bereits die Behörde erster Instanz zu Recht hinwies) stellt die Anschaffung oder Errichtung eines Eigenheimes eine Vermögensumschichtung dar. Dabei ist es unmaßgebend, ob die Errichtung des Eigenheimes mit Rücksicht auf den gewählten Bauplatz überdurchschnittlich aufwendige Bodenbefestigungen erforderlich macht oder nicht. Ebenso spielt es keine Rolle, ob solche zusätzliche Kosten bereits im Zuge der Anschaffung (Errichtung) des Eigenheimes oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erwachsen. Von Bedeutung ist bloß, daß die erforderlichen baulichen Maßnahmen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung (Errichtung) des betreffenden Gebäudes stehen.

Dies trifft im Beschwerdefall zu, weil der Beschwerdeführer, nach dessen eigenen Angaben einerseits bereits 1911 vom Magistrat der Stadt Wien anläßlich der Genehmigung der Baustellenabteilung die Auflage erteilt wurde, jederzeit über Verlangen eine bestimmte Fläche des in Rede stehenden Grundstückes "an das öffentliche Gut als Straßengrund abzutreten, in den physischen Besitz der Gemeinde Wien zu übergeben und DIE HÖHENLAGE HERZUSTELLEN" und andererseits zum Zwecke der "Herstellung dieser Höhenlage" im Zuge der 1982 erfolgten Anlage der Y-Gasse die Errichtung der strittigen Stützmauer notwendig war, in seiner Eigenschaft als nunmehriger Liegenschaftseigentümer die Kosten dieser Errichtung trägt.

Da demnach davon auszugehen ist, daß es sich bei den in Rede stehenden Aufwendungen um solche im Zusammenhang mit der Anschaffung (Errichtung) des Eigenheimes handelt, stellen dieselben eine Vermögensumschichtung dar. Demzufolge wurden sie von der belangten Behörde zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.

Da sohin die Beschwerde unbegründet ist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989130152.X00

Im RIS seit

03.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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