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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §284 Abs1;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991/178;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Oktober 1988, GZ. 6/3 - 3413/88, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, welcher sich selbst als PR-Berater und Journalist bezeichnet, wies in der von ihm vorgelegten Einkommensteuererklärung für 1987 lediglich Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus. Das Finanzamt vertrat jedoch die Ansicht, daß es sich bei den in Rede stehenden Einkünften um solche aus Gewerbebetrieb handle und erließ demgemäß für 1987 neben dem Einkommensteuer- auch einen Gewerbesteuerbescheid.
Innerhalb offener Frist erhob der Beschwerdeführer am 9. Mai 1988 gegen diese Bescheide mit der Begründung Berufung, daß er lediglich Einkünfte aus selbständiger Arbeit beziehe.
Über Vorhalt des Finanzamtes legte er Kopien eines Werkvertrages zwischen ihm und dem Fachverband X, eines Konsulentenvertrages zwischen ihm und der A-GesmbH sowie der Rechnung über die 1987 an das letztgenannte Unternehmen verrechneten Leistungen des Beschwerdeführers vor.
Hinsichtlich anderer Auftraggeber, wie z.B. der Y-GesmbH, teilte der Beschwerdeführer mit, daß es in diesen Fällen keine schriftlichen Verträge gebe. Er brachte jedoch Kopien der Rechnungen mit Leistungsbeschreibungen bei.
Als Schwergewicht seiner Tätigkeit für seine Auftraggeber gab der Beschwerdeführer die Verfassung von Zeitungsartikeln und Beschreibungen des Aufgabenbereiches des betreffenden Kunden an. Zweck dieser Schriften sei die Erweckung des Verständnisses für die Anliegen der durch Umweltschutzbewegungen ins Schußfeld öffentlicher Kritik geratenen chemischen Industrie.
In der Folge machte der Beschwerdeführer dann auch noch Ausgaben für die Bewirtung von Geschäftsfreunden und Geschenke an sie im Ausmaß von S 17.200,-- als Aufwand geltend.
Erstmals mit Eingabe vom 30. August 1988 beantragte der Beschwerdeführer die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde.
Laut einem Aktenvermerk vom 5. Oktober 1988 wurde hierauf dem Beschwerdeführer sinngemäß zur Kenntnis gebracht, daß sein Antrag auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß gestellt worden sei, und er aufgefordert, verschiedene weitere Unterlagen beizubringen.
Nachdem der Beschwerdeführer diesem Ersuchen nachgekommen war, änderte die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die mit Berufungen bekämpften erstinstanzlichen Bescheide ab und führte begründend im wesentlichen folgendes aus:
1. ABHALTUNG EINER MÜNDLICHEN BERUFUNGSVERHANDLUNG:
Die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung könne nur in der Berufung oder, nach erfolgter Berufungsvorentscheidung, in einem Antrag auf Vorlage des Rechtsmittels an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung beantragt werden. Da ein diesbezüglicher Antrag vom Beschwerdeführer in der Berufung nicht gestellt worden sei - eine Berufungsvorentscheidung sei nicht ergangen - und seitens des Vorsitzenden oder der Beisitzer eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erschienen sei, sei dem Begehren des Beschwerdeführers vom 30. August 1988 nicht nachzukommen gewesen.
2. ART DER TÄTIGKEIT FÜR DEN FACHVERBAND X:
Der diesbezügliche Werkvertrag zähle in seinem Punkt 1 Agenden von einer Art auf, "wie sie dem § 22 EStG 1972 unmöglich zu subsumieren sind und daher entsprechend den Bestimmungen des § 23 EStG 1972 Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellen".
Punkt 2 des genannten Vertrages regle die "publizistischen Leistungen". Das Jahreshonorar sei mit S 132.000,-- festgesetzt; über den Liquidationsmodus finde sich im Vertragstext ausdrücklich nichts. Es fände sich allerdings die Regelung, daß sämtliche Steuern, Gebühren und Abgaben, welche mit der Bezahlung von Honorar und Pauschalspesenersatz anfielen, vom Beschwerdeführer aus eigenem zu tragen seien. Das heiße aber nichts anderes, "als daß der Werkvertrag selbst beide Aufgabenbereiche" - offenbar meint die belangte Behörde die im Punkt 1 und Punkt 2 des Werkvertrages genannten - "verknüpft". Daß aber die Entlohnung des Beschwerdeführers nicht für seine (eventuelle) eigene journalistische Tätigkeit erfolge, "sondern nur ganz allgemein für seine PR-Arbeit" gehe aus dem Werkvertrag "klar" hervor; denn gemäß Punkt 2.1 desselben habe der Beschwerdeführer für die anfallenden journalistischen Leistungen zu SORGEN. Es sei demnach vertraglich nicht festgelegt, ob er diese Arbeiten selbst besorge "oder den Spesenersatz angreifend besorgen läßt".
3. BEWIRTUNGSSPESEN:
Bewirtungsspesen seien zufolge des eindeutigen Gesetzestextes und der entsprechenden Judikatur als Betriebsausgaben steuerlich nicht absetzbar. Auch Blumen- und Weihnachtsgeschenke stellten nichtabzugsfähige Repräsentationsaufwendungen dar.
4. HONORARNOTE ÜBER DIE IM ZEITRAUM JULI BIS SEPTEMBER 1987
ERBRACHTEN PR-LEISTUNGEN "IM SINNE DER TEILWEISEN REALISIERUNG
DES PROJEKTES 'WERKFÜHRUNGEN IN DER ÖSTERREICHISCHEN
C-INDUSTRIE' LAUT AUFTRAG DER Y-GESMBH VOM 9.6.1987":
Hiezu solle nach Angabe des Beschwerdeführers ein schriftlicher Vertrag nicht existieren. "Es ist aber naheliegend", daß der Beschwerdeführer auch hier als PR-Berater tätig geworden sei. Er werde für seine Tätigkeit wohl nach einem Stundensatz entlohnt worden sein. Da zu unterstellen sei, daß der Beschwerdeführer die Entlohnung für seine PR-Tätigkeit erhalten habe, "liegen keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern solche aus Gewerbebetrieb vor".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. ABHALTUNG EINER MÜNDLICHEN BERUFUNGSVERHANDLUNG:
Gemäß § 284 Abs. 1 BAO hat über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es der Vorsitzende des Senates für erforderlich hält, wenn es der Senat auf Antrag eines Berichters beschließt oder wenn es eine Partei beantragt. Dieser Antrag ist in der Berufung, in der Beitrittserklärung oder in einem Antrag gemäß § 276 Abs. 1 zu stellen.
Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Stoll, Bundabgabenordnung, Wien 1980, Seite 676 f und die dort angeführte hg. Judikatur) verschafft nur ein rechtzeitig (und zwar in der Berufungsschrift, in der Beitrittserklärung oder im Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz) gestellter Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung der Partei einen Rechtsanspruch auf Anberaumung und Abhaltung einer solchen Verhandlung.
Aus dem diesbezüglich eindeutigen Akteninhalt ergibt sich, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufungsschrift vom 6. Mai 1988 - im Beschwerdefall wurde weder eine Beitrittserklärung noch ein Antrag gemäß § 276 Abs. 1 BAO gestellt - keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde stellte. Dieser ist daher im Sinne der obigen Ausführungen beizustimmen, wenn sie die Ansicht vertritt, daß der Beschwerdeführer dadurch, daß er in einem lange nach Einbringung der Berufung vorgelegten Schriftsatz eine Verhandlung beantragte, keinen Rechtsanspruch auf deren Anberaumung und Abhaltung erwarb.
In dem Umstand, daß die belangte Behörde im Streitfall keine mündliche Verhandlung durchführte, kann daher von diesem Standpunkt aus eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erblickt werden.
2. ART DER TÄTIGKEIT FÜR DEN FACHVERBAND X:
Während die belangte Behörde in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, daß die vom Beschwerdeführer aus der genannten Tätigkeit erzielten Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb seien, ist der Beschwerdeführer der Auffassung, daß es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit handle. In der Beschwerde wird gerügt, daß die von der belangten Behörde vertretene "Meinung in der Form", wie sie sie "dargetan hat, unüberprüfbar ist", weil keinerlei Begründung hiefür gegeben werde.
Diesen Ausführungen kommt im wesentlichen Berechtigung zu. Mangelt es doch den entsprechenden Darlegungen der belangten Behörde an konkreten Ausführungen, welche, ausgehend von der Feststellung der tatsächlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers, die maßgebenden Schlußfolgerungen der belangten Behörde eindeutig und klar nachvollziehen lassen. Statt dessen verliert sich die belangte Behörde in Behauptungen und Annahmen, ohne für diese die entsprechenden bestimmten Grundlagen zu liefern. So wäre z.B. von der belangten Behörde im Detail zu prüfen gewesen, ob der Beschwerdeführer, welcher laut Werkvertrag für die anfallenden journalistischen Leistungen zu sorgen hat, diese Leistungen selbst oder nicht selbst erbringt. Der bloße Hinweis auf diese Vertragsbestimmung ohne Klärung dieser Frage vermag die von der belangten Behörde vertretene Auffassung jedenfalls nicht ausreichend zu stützen. Schon aus diesem Grund erweist sich daher der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
3. BEWIRTUNGSSPESEN:
Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 dürfen Repräsentationsaufwendungen, wie insbesondere Aufwendungen anläßlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.
Wie der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1983, Zlen. 83/14/0008, 0015, 0016), hat der Gesetzgeber mit der zitierten Norm Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden ohne jede Einschränkung den steuerlich nicht abzugsfähigen Repräsentationsaufwendungen zugeordnet. Den Gründen, welche einen Abgabepflichtigen veranlassen, einen derartigen Aufwand zu tragen, kommt daher keine Bedeutung zu. Es ist aber auch unmaßgeblich, ob sich der Abgabepflichtige der Bewirtung von Geschäftsfreunden entziehen kann bzw. ob die Bewirtung ausschließlich im betrieblichen Interesse liegt oder ob dies nicht der Fall ist.
Als Repräsentationsaufwendungen gemäß § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 gelten aber nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung auch Blumenspenden und gelegentliche Geschenke an Kunden oder Klienten zu besonderen Anlässen (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 20 EStG 1972, Tz 5).
Aus den eindeutigen Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Eingabe vom 8. Juli 1988 geht hervor, daß es sich bei den in Streit stehenden Aufgaben um solche für Bewirtung von Geschäftspartnern und für Blumen- und Weihnachtsgeschenke an diese Personen handelt.
Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde mit Erfolg nicht entgegengetreten werden, wenn sie den betreffenden Aufwendungen des Beschwerdeführers die steuerliche Abzugsfähigkeit gemäß § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG1972 versagte.
4. HONORARNOTE ÜBER DIE IM ZEITRAUM JULI BIS SEPTEMBER 1987
ERBRACHTEN PR-LEISTUNGEN IM SINNE DER TEILWEISEN REALISIERUNG
DES PROJEKTES "WERKFÜHRUNGEN IN DER ÖSTERREICHISCHEN
C-INDUSTRIE" LAUT AUFTRAG DER Y-GESMBH VOM 9.6.1987:
Auch in diesem Zusammenhang vertritt die belangte Behörde - im Gegensatz zum Beschwerdeführer - die Ansicht, daß dieser aus der vorliegenden Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht solche aus selbständiger Arbeit erzielte.
Ebenso wie im Rahmen des oben angeführten Punktes 2 wird aber auch hier zu Recht gerügt, daß sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit der konkreten vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall ausgeübten Tätigkeit nicht in ausreichendem Maß wirklich auseinandersetzte. Statt dessen gründet sie ihre Schlußfolgerungen lediglich auf Vermutungen und Annahmen (es sei NAHELIEGEND, daß der Beschwerdeführer sich als PR-Berater angeboten und als solcher akzeptiert worden sei; es sei zu UNTERSTELLEN, daß er für seine PR-Beratung nach einem Stundensatz entlohnt worden sei etc.).
Mangels einer entsprechenden schlüssigen Begründung erweist sich der angefochtene Bescheid daher auch in diesem Punkt mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Eine Auseinandersetzung mit der im angefochtenen Bescheid auch angeschnittenen Frage des Konsulentenvertrages des Beschwerdeführers mit der A-GesmbH konnte unterbleiben, weil nach den unbestrittenen Ausführungen der belangten Behörde dieser auf die Besteuerung des Beschwerdeführers im Streitjahr keinen Einfluß hatte.
Im Hinblick auf das oben unter den Punkten 2 und 4 Angeführte war der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren auf Ersatz der Umsatzsteuer war abzuweisen, weil diese bereits im Pauschale des Schriftsatzaufwandes berücksichtigt ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989130002.X00Im RIS seit
03.10.1990