TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/5 90/18/0030

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Veröffentlicht am 05.10.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin

Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Dezember 1989, Zl. VerkR-12.287/1-1989-II/M, betreffend Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 8. August 1989 wurde der Beschwerdeführer unter anderem schuldig erkannt, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug auf einer näher bezeichneten Straße ohne gültige Lenkerberechtigung gelenkt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 erster Satz, erster Halbsatz und § 134 Abs. 1 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt wurde.

Der gegen diese Bestrafung erhobenen Strafberufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 15. Dezember 1989 keine Folge und bestätigte die mit der Strafverfügung verhängte Strafe. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, die Berufungsbehörde sei zur Ansicht gelangt, daß die Erstbehörde bei der Bemessung der Strafe die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der Rechtsschutzinteressen und die sonstigen nachteiligen Folgen als Grundlage richtig angenommen habe. Bei der Überprüfung der Strafhöhe seien das Ausmaß des Verschuldens und auch der Umstand, daß dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommen, gewertet und somit die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (kein Einkommen, kein Vermögen) und das Nichtvorliegen von Sorgepflichten berücksichtigt worden. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkerberechtigung gehöre zu den schwerwiegendsten Übertretungen des KFG 1967, sodaß bei Verhängung der Strafe ein strengerer Maßstab angelegt werden müsse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1950 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach der Anordnung des zufolge § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 60 AVG 1950 sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1950 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1980, Slg. N.F. Nr. 10077/A).

Diesem Begründungserfordernis kommt der angefochtene Bescheid insoferne nicht nach, als darin zwar allgemein auf die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der Rechtschutzinteressen und die sonstigen nachteiligen Folgen als Grundlage der Strafbemessung hingewiesen wird, ohne daß die belangte Behörde jedoch in sachverhaltsmäßiger Hinsicht dartut, von welcher Art dieser Kriterien sie bei Bemessung der Strafe ausgegangen ist. Auch weist die belangte Behörde auf das Ausmaß des Verschuldens als Determinante der Strafbemessung hin, ohne jedoch dieses Ausmaß des Verschuldens konkret darzustellen.

Durch diese Unterlassung belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180030.X00

Im RIS seit

05.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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