TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/5 90/18/0088

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Veröffentlicht am 05.10.1990
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Index

L68501 Forst Wald Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
NichtwaldflächenaufforstungsG Bgld 1988 §1 Abs1;
NichtwaldflächenaufforstungsG Bgld 1988 §2 Abs1;
NichtwaldflächenaufforstungsG Bgld 1988 §3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler,

Dr. Degischer, Dr. Domittner und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 23. Jänner 1990, Zl. V/1-8764-1989, betreffend Aufforstung von Nichtwaldflächen (mitbeteiligte Parteien: 1) EW, 2) FS,

3) MS, 4) AV, 5) HH, 6) TK, 7) HW, 8) KW, 9) FK, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 23. Jänner 1990 wurde dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Bewilligung der Aufforstung ihres Grundstückes Nr. 9748 der Katastralgemeinde X gemäß §§ 1 bis 3 des Burgenländischen Landesgesetzes vom 24. November 1988 über die Aufforstung von Nichtwaldflächen, LGBl. Nr. 17, nicht Folge gegeben. Die von der Berufungsbehörde neu gegebene Begründung ging dahin, der in erster Instanz vernommene landwirtschaftliche Amtssachverständige habe ausgeführt, daß bei Einhaltung des derzeitigen Bepflanzungsabstandes von 6 bis 7 m vom Wegrand weg sowie eines daran anschließenden mindestens 2 m breiten Streifens einer Waldrandvegetation oder einer Christbaumkultur die Gefahr der Schattenwirkung für Anrainergrundstücke als zumutbar erscheine. Nun sehe aber § 2 Abs. 1 des zitierten Gesetzes nur die Vorschreibung eines von der Holzvegetation frei zu haltenden Höchstabstandes von 7 m vor. Da nach Ansicht des Sachverständigen ein breiterer Streifen, nämlich 7 plus 2 m, erforderlich sei, könne eine Bewilligung auch unter gesetzlichen Auflagen nicht erteilt werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde sei die Anlage eines "Waldsaumes bzw. einer Christbaumkultur" dem Freihalten eines Streifens von der Holzvegetation gleichzusetzen, da durch diesen forstlichen Bewuchs keine schädigende Auswirkung auf angrenzende landwirtschaftlich genutzte Grundstücke infolge Beschattung erwartet werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des oben zitierten Landesgesetzes dürfen Grundstücke, die nach ihrer Beschaffenheit oder der Art ihrer tatsächlichen Verwendung der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmet sind, und Grundstücke, die an solche Grundstücke angrenzen, nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde aufgeforstet oder zur Anlage von Forstgärten, Forstsamenplantagen oder Christbaumkulturen verwendet werden.

§ 2 Abs. 1 leg. cit. besagt, wenn durch die beabsichtigte Maßnahme für ein angrenzendes landwirtschaftlich genutztes Grundstück Bewirtschaftungsnachteile, insbesondere infolge Durchwurzelung oder Beschattung, zu erwarten sind, ist die Bewilligung mit der Auflage zu erteilen, einen 5 m breiten Streifen entlang der Grenze von der Holzvegetation freizuhalten. Dieser Abstand kann von der Bezirksverwaltungsbehörde je nach der Reichweite der zu erwartenden Einwirkungen der Holzvegetation auf das Nachbargrundstück durch Beschattung oder Durchwurzelung bis 3 m herabgesetzt oder bis 7 m erhöht werden. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen ist die Bewilligung jedoch zu versagen, wenn durch die Kulturumwandlung auch bei Freihaltung eines Streifens von der Holzvegetation für das Nachbargrundstück ein Schaden zu erwarten ist.

Von den Beschwerdegründen erweist sich nur jener

- allerdings irrig unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit ausgeführt - als stichhältig, der die Frage der Vorschreibung eines (weiteren) 2 m breiten Streifens, sei es als Waldrandvegetation oder als Christbaumkultur, gemäß den Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen in Betracht zieht und im Zusammenhang damit zu einer Überschreitung des gesetzlichen Höchstausmaßes des freizuhaltenden Streifens von 7 m kommt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes sind die diesbezüglichen Ausführungen des angefochtenen Bescheides und die ihnen zugrundeliegenden Darlegungen des Amtssachverständigen einerseits unschlüssig, andererseits ergänzungsbedürftig in folgender Richtung:

Der Amtssachverständige sprach von einer Waldrandvegetation, die belangte Behörde von einem Waldsaum, ohne den Inhalt dieser Begriffe in Bezug auf die Schutzvorschriften des anzuwendenden Landesgesetzes

- Hintanhaltung von Bewirtschaftungsnachteilen, insbesondere infolge Durchwurzelung oder Beschattung - darzutun. Die belangte Behörde kam ferner zur Aussage, die Anlage einer Christbaumkultur sei dem Freihalten eines Streifens von der Holzvegetation gleichzusetzen. Diese Aussage konnte sich nicht auf den landwirtschaftlichen Amtssachverständigen stützen; sie steht auch in einem gewissen Widerspruch zu § 1 Abs. 1 des oben zitierten Gesetzes, da die Anlage von Christbaumkulturen ausdrücklich als bewilligungspflichtig angeführt wird. Es muß angenommen werden, daß der Landesgesetzgeber davon ausging, daß auch die Anlage solcher Christbaumkulturen zu Bewirtschaftungsnachteilen im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. führen kann; daher erscheint es nicht einsichtig, eine solche Christbaumkultur einem freigehaltenen Streifen im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. gleichzusetzen. Darüberhinaus wäre der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben gewesen, ihr Aufforstungsprojekt, insbesonders im Hinblick auf die Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen, näher zu erläutern und allenfalls zu modifizieren.

Nur in dieser Richtung ist die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft.

Zu den weiteren Beschwerdegründen ist folgendes zu sagen:

Die Worte "angrenzen, angrenzendes landwirtschaftlich genutztes Grundstück" in den §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des oben zitierten Gesetzes sind nicht im Sinne des Grenzkatasters als unmittelbar angrenzendes Grundstück zu verstehen, sondern dahin, daß es sich um eine solche örtliche Nähe handeln muß, die Bewirtschaftungsnachteile im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. erwarten läßt (vgl. die Auslegung des Begriffes Anrainer in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, z.B. Erkenntnis vom 14. Februar 1978, Slg. N.F. Nr. 9485/A; vom 6. Juli 1982, Zl. 81/07/0146). Es können daher Grundstücke angrenzend im Sinne des oben zitierten Landesgesetzes sein - und damit deren Eigentümer und Nutzungsberechtigte gemäß § 3 leg. cit. Parteistellung genießen -, die mit dem aufzuforstenden Grundstück keine gemeinsame Grenze im Sinne des Grenzkatasters haben.

Die Behauptung der Beschwerde (Punkt III 1 lit. b), der landwirtschaftliche Amtssachverständige habe nur die Vorschreibung eines freizuhaltenden Streifens von 7 m empfohlen, ist aktenwidrig; der Amtssachverständige forderte nämlich, wie die belangte Behörde richtig ausführte, noch einen weiteren mindestens 2 m breiten Streifen einer Waldrandvegetation oder einer Christbaumkultur.

Aus § 2 des oben zitierten Gesetzes ergibt sich, daß es Fallkonstellationen gibt, bei denen trotz Freihaltung von Streifen im gesetzlichen Höchstausmaß noch mit dem Eintritt eines Schadens für das Nachbargrundstück zu rechnen ist (insbesondere Abs. 2 dieses Paragraphen).

Sofern die Beschwerde bemängelt, es sei nicht ersichtlich, der Eintritt welchen Schadens für die angrenzenden Grundstücke zu erwarten sei, so ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde, diesbezüglich zu Recht auf dem Gutachten des Amtssachverständigen aufbauend, von der Gefahr einer Schatteneinwirkung (in den Worten des Sachverständigen: Beschattung) sprach. Daß nun aber Beschattung im Gegensatz zu Sonneneinstrahlung zu Bewirtschaftungsnachteilen führen kann, ist offenkundig.

Auch die Rüge, es sei nicht eindeutig festgestellt worden, ob die Grundstücke der mitbeteiligten Parteien als Hausgärten oder der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmet seien, ist unbegründet, weil bereits aus dem Befund des Amtssachverständigen hervorgeht, daß das aufzuforstende Grundstück am Ortsrand im Anschluß an die Hausgärten liegt und die Felder rundum alle landwirtschaftlich genutzt werden. Auch aus der Erklärung der mitbeteiligten Parteien K ergibt sich eindeutig, daß die LANDWIRTSCHAFTLICHE und keine andere Nutzung nach Ansicht dieser Parteien durch die Aufforstung beeinträchtigt werden würde.

Da somit außer dem eingangs angeführten Beschwerdegrund kein weiterer zu überzeugen vermochte, war der angefochtene Bescheid nur aus dem eingangs angeführten Grund wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil zum verordnungsmäßigen Einheitssatz weder ein 50 %iger Zuschlag noch der Zuspruch der Umsatzsteuer gebührt; letztere ist im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand bereits enthalten.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180088.X00

Im RIS seit

17.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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