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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AAV §84 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. August 1989, Zl. 3/07-7048/3-1989, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See (BH) vom 14. März 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Geschäftsführer der Firma "RL Handelsges.m.b.H."
zu verantworten - wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 10. Aufsichtsbezirk festgestellt worden sei -, daß im Bereich des Tanklagers bzw. Werkstättengebäudes (Betriebsstandort) den Arbeitnehmern entgegen den Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung vier verschiedene, im einzelnen bezeichnete Einrichtungen nicht zur Verfügung gestanden seien. Er habe dadurch vier Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 1, 86 Abs. 1 und 87 Abs. 1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) in Verbindung mit § 31 Abs. 2 lit. h und § 31 Abs. 3 lit. b und c Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) begangen und werde hiefür gemäß den zuletzt genannten Paragraphen des ASchG mit Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) bestraft.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Salzburg (die belangte Behörde), nach Durchführung eines Lokalaugenscheines im Beisein des Beschwerdeführers, mit Bescheid vom 17. August 1989 "gemäß § 51 VStG 1950 in Verbindung mit den §§ 85 Abs. 1, 84 Abs. 1, 87 Abs. 1 und 86 Abs. 1" keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis vollinhaltlich.
Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für die Erledigung der Beschwerde von Belang - zusammengefaßt aus, die Verwaltungsübertretungen hätten vom Beschwerdeführer weder widerlegt noch entkräftet werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht wegen der Übertretungen der §§ 84 bis 87 der AAV bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz unter Verweisung "auf die ausführliche Begründung des angefochtenen Bescheides" beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird zunächst vom Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß der angefochtene Bescheid mit sich selbst deshalb in Widerspruch stehe, weil der Bescheid im Betreff die "Firma L Betriebsges.m.b.H., B", anführe, im Spruch des Bescheides jedoch den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der "Firma RL Handelsges.m.b.H."
verantwortlich mache. Tatsächlich sei der Beschwerdeführer Geschäftsführer der RL Handelsgesellschaft m.b.H., nicht aber der L Betriebsgesellschaft m.b.H., welche ihrerseits in der gegenständlichen Rechtssache verantwortlich zeichne. Handels- und gewerberechtliche Geschäftsführerin der
L Betriebsgesellschaft m.b.H. sei WS. Zum Beweis für diese Behauptungen legte der Beschwerdeführer eine Verfügung des Landes- als Handelsgericht Salzburg vom 3. Februar 1987 sowie eine Kontoaufstellung der Salzburger Gebietskrankenkasse vor. Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, die belangte Behörde hätte auf eine eindeutige Klärung der Verantwortlichkeit hinwirken müssen, da für sie erkennbar gewesen sei, daß es im gegenständlichen Fall um zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten gehe. Das Verfahren sei daher mangelhaft geblieben.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht. Zum besseren Verständnis bedarf es einer näheren Darstellung des Verfahrensverlaufes. Aus den Verwaltungsakten ist folgendes zu entnehmen.
Das Arbeitsinspektorat erstattete am 12. Oktober 1988 Anzeige gegen die "Firma L Betriebsges.m.b.H." in B. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20. Dezember 1988 erging an den Beschwerdeführer persönlich, ohne Anführung einer Gesellschaft, als deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer die angeführten Verwaltungsübertretungen zu verantworten habe. Im bereits eingangs wiedergegebenen Straferkenntnis der BH wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe die ihm angelasteten Übertretungen "als Geschäftsführer der Firma RL Handelsges.m.b.H." zu verantworten. Die Niederschrift über den von der belangten Behörde durchgeführten Lokalaugenschein vom 11. Mai 1989 enthält zur Rubrik Gegenstand der Amtshandlung den Vermerk "RL Geschäftsführer der Firma L-Betriebsges.m.b.H.". In derselben Niederschrift hat der Beschwerdeführer folgendes zur Protokoll gegeben: "Als Geschäftsführer der L HandelsgmbH, B, B-Straße 6, vertrete ich die Ansicht, daß alle bescheidmäßig erteilten Auflagen erfüllt sind". In der Aufforderung zur Stellungnahme an das Arbeitsinspektorat Bregenz vom 16. Mai 1989 ist unter Betreff wieder die "Firma L Betriebsges.m.b.H. in B" genannt. Auch die Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 3. Juli 1989 führt die "Firma L BetriebsgmbH in B" unter Betreff an.
Wie der Verfahrensverlauf zeigt, wurde der Beschwerdeführer schon von der Behörde erster Instanz als Geschäftsführer der RL Handelsgesellschaft m.b.H. für Tatbestände ohne jeden erkennbaren Grund zur Verantwortung gezogen, die laut Anzeige des Arbeitsinspektorates in den Verantwortungsbereich der L Betriebsges.m.b.H. fielen. Trotzdem dies für die belangte Behörde klar erkennbar war und der Beschwerdeführer sich überdies im Verfahren immer nur als Geschäftsführer der RL Handelsges.m.b.H. bezeichnet hat, wurde von der belangten Behörde das Straferkenntnis der BH, ohne auf die Frage, in welcher Eigenschaft den Beschwerdeführer die Verantwortlichkeit für die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen trifft, einzugehen, vollinhaltlich bestätigt. Der maßgebliche Sachverhalt ist daher insoweit aufklärungsbedürftig geblieben. Überdies fehlen Feststellungen darüber, wer Arbeitgeber der auf dem beanstandeten Betriebsobjekt beschäftigten Arbeitnehmer war und zu welchem Unternehmen das Betriebsobjekt gehörte. Dadurch, daß die belangte Behörde zu diesen Fragen - deren Klärung schon anläßlich des Lokalaugenscheines durch entsprechende Befragung des Beschwerdeführers leicht möglich gewesen wäre - keine Ermittlungen angestellt hat, und sich überdies in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt hat, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der Verwaltungsgerichtshof übersieht dabei nicht, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren niemals ausdrücklich bestritten hat, Geschäftsführer der
L Betriebsges.m.b.H. zu sein. Dieser Umstand kann ihm aber deshalb nicht als Verletzung seiner auch im Verwaltungsstrafverfahren bestehenden Mitwirkungspflicht angelastet werden, da die belangte Behörde ebenso wie die Behörde erster Instanz das Verfahren gegen ihn niemals für ihn erkennbar als Geschäftsführer der L Betriebsgesellschaft m.b.H. geführt haben.
Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht ArbeiterschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190106.X00Im RIS seit
08.10.1990