TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/10 90/03/0098

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Veröffentlicht am 10.10.1990
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Februar 1990, Zl. II b 2-V-7766/5-1989, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Soweit der Beschwerdeführer der Übertretung nach § 7 Abs. 1 StVO schuldig erkannt und dafür bestraft wurde (Spruchpunkt II) wird der Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Februar 1990 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, und soweit der Beschwerdeführer der Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO schuldig erkannt und dafür bestraft wurde (Spruchpunkt IV) wird dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, und zwar jeweils einschließlich des diesbezüglichen Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz und des Ausspruches über die Kosten des Berufungsverfahrens, soweit er sich anteilsmäßig auf die Übertretungen nach § 7 Abs. 1 und nach § 4 Abs. 5 StVO bezieht, aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchpunkte II bis IV; der Spruchpunkt I ist nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe am 4. Februar 1989, gegen 02.30 Uhr, einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem bestimmten Siedlungsgebiet auf einer bestimmten Straßenstrecke gelenkt und sei bei einer bestimmten Pension auf die linke Fahrbahnseite und auf den Parkplatz der Pension geraten. Dort sei der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug gegen einen vorschriftsmäßig abgestellten PKW geraten. Dieser sei dann gegen zwei weitere PKWs geschleudert worden, welche ebenfalls beschädigt worden seien. Nach diesem Verkehrsunfall habe der Beschwerdeführer insofern an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, als er sich von der Unfallsstelle entfernt habe. Auch habe er diesen Verkehrsunfall nicht ohne unnötigen Aufschub der Gendarmerie bzw. dem Geschädigten gemeldet. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen 1. nach § 7 Abs. 1 StVO (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides),

2. nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO (Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides) und 3. nach § 4 Abs. 5 StVO (Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides) begangen. Zu

1. wurde gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage), zu 2. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) und zu 3. gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitstrafe vier Tage) verhängt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wie bereits in der anläßlich der Erhebungen der Gendarmerie aufgenommenen Niederschrift vom 4. Februar 1989 und in der Stellungnahme vom 12. Mai 1989, so hielt der Beschwerdeführer in seiner gegen das erstbehördliche Straferkenntnis erhobenen Berufung neuerlich fest, er sei infolge eines Ausweichmanövers ins Rutschen und von der Straße abgekommen; dieses Ausweichmanöver sei durch zwei Fußgänger verursacht worden. Die belangte Behörde unterließ es, sich mit diesem für die Frage des Verschuldens (siehe hiezu das in der Beschwerde zitierte hg. Erkenntnis vom 19. November 1964, Slg. N.F. Nr. 6496/A) erheblichen Vorbringen auseinanderzusetzen. Auch die Erstbehörde war auf das betreffende Vorbringen nicht eingegangen. In den im erstbehördlichen Straferkenntnis enthaltenen bloßen Hinweisen etwa darauf, daß ein Zeuge am 6. April 1989 ausgesagt habe, bei der gegenständlichen Fahrt hinter dem Fahrzeug des Beschwerdeführers gefahren zu sein und daß der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme durch die Gendarmerie zugegeben habe, daß ihn am Verkehrsunfall die Alleinschuld treffe, sind keine auf das Sachverhaltsvorbringen betreffend ein Ausweichmanöver gegenüber zwei Fußgängern abgestellten Darlegungen zu erblicken. Da auch die belangte Behörde auf dieses Sachverhaltsvorbringen nicht einging, verletzte sie ihre Begründungspflicht in einem wesentlichen Punkt.

2. Wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, weil er insofern an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt habe, als er sich von der Unfallsstelle entfernt habe. Die Beschwerdeausführungen über den Konsum von Tee mit Rum gehen an der solcherart festgestellten und von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Tat vorbei. Die belangte Behörde durfte davon ausgehen, daß insbesondere zur Aufklärung des Unfallsherganges und zur Klärung der Frage der Verkehrstüchtigkeit des Lenkers, der am Verkehrsunfall ursächlich beteiligt war, eine Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Sachverhaltserhebung am Unfallsort erforderlich gewesen wäre. Mit dem Beschwerdevorbringen, der Sachverhalt sei ohne weiteres erkennbar gewesen und sei vom Beschwerdeführer auch unter Anerkennung des Alleinverschuldens geschildert worden, wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Ansehung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO dargetan (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1986, Zl. 84/03/0196).

3. Hinsichtlich der inhaltlichen Rechtswidrigkeit einer auf § 4 Abs. 5 StVO gestützten Bestrafung einer Person, die an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt war, wegen Unterlassung der Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder ("bzw.") des Nachweises der Identität gegenüber dem Geschädigten wird gemäß § 43 Abs. 2, zweiter Satz, VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 11. September 1985, Zl. 85/03/0034, und ferner auf das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1985, Zl. 85/02/0051, und die dort angeführte weitere Vorjudikatur verwiesen.

Aus den dargelegten Gründen war der Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Februar 1990 in dem vorstehend im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft das Ausmaß des für Schriftsatzaufwand vorgesehenen Pauschalbetrages.

Schlagworte

Mitwirkung und Feststellung des Sachverhaltes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990030098.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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