Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art89 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 18. April 1990, Zl. 8 V-1642/1/90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 bestraft, weil er am 17. August 1988 um 23.05 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in Villach auf der Tauernautobahn im Oswaldibergtunnel zwischen Bau-km 174 und 176 in Fahrtrichtung Knoten Villach gelenkt und dabei die mittels Vorschriftszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um ca. 60 km/h überschritten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Kundmachung der 4,5 km langen Geschwindigkeitsbeschränkung sei nach Ansicht des Beschwerdeführers gesetzwidrig, weil bei den Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z. 10a StvO 1960 die gemäß § 51 Abs. 1 leg. cit. in Verbindung mit Art. II Abs. 2 der 10. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 174/1983, vorgeschriebenen Zusatztafeln fehlten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Darin vertrat sie den Standpunkt, daß aus § 51 Abs. 1 StVO 1960 nicht unbedingt abgeleitet werden könne, daß bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung, die für eine Straßenstrecke von mehr als 1 km gelte, beim betreffenden Vorschriftszeichen eine Zusatztafel nach § 54 Abs. 5 lit. b StVO 1960, die die Länge des Verbotsbereiches angebe, anzubringen sei. Der Gesetzgeber gehe nämlich bei einer "Verbotsstrecke" bis 1 km offenbar davon aus, daß es nicht erforderlich sei, die Verkehrsteilnehmer auf die Länge eines Verbotes aufmerksam zu machen. Nach der Intention des Gesetzgebers müßte daher eine dem Gesetz entsprechende Kundmachung eines sich über eine Straßenstrecke von mehr als 1 km erstreckenden Verbotsbereiches auch dann vorliegen, wenn das betreffende Vorschriftszeichen spätestens nach 1 km wiederholt werde bzw. wenn bei einem sich über mehrere Kilometer erstreckenden Verbotsbereich die jeweiligen zwischen den Vorschriftszeichen liegenden Strecken maximal 1 km betrügen. Aus der Sicht der Verkehrssicherheit müsse die Kundmachung eines über eine längere Strecke geltenden Verbotsbereiches durch Aufstellen von Wiederholungszeichen überdies als effektiver angesehen werden, als die bloße Anführung der Länge der Verbotsstrecke in einer Zusatztafel. In Beantwortung einer entsprechenden Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 24. September 1990 ferner mit, "daß die die verordnete 100 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung kundmachenden Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Ziff. 10a StVO 1960 zum Tatzeitpunkt nicht mit Zusatztafeln gemäß § 54 Abs. 5 lit. b StVO 1960 versehen waren."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung bedarf gemäß § 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 StVO 1960 der Erlassung einer Verordnung, deren gehörige Kundmachung der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 89 Abs. 1 B-VG selbst zu prüfen berechtigt ist.
§ 51 Abs. 1 StVO in der Fassung der für den Beschwerdefall maßgebenden 10. Novelle, BGBl. 1983/174, hat folgenden Wortlaut:
"Die Vorschriftszeichen sind vor der Stelle, für die sie gelten, anzubringen. Gilt die Vorschrift für eine längere Straßenstrecke, so ist das Ende der Strecke durch ein gleiches Zeichen, unter dem eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'ENDE' anzubringen ist, kenntlich zu machen, sofern sich aus den Bestimmungen des § 52 nichts anderes ergibt. Innerhalb dieser Strecke ist das Zeichen zu wiederholen, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Gilt ein Überholverbot oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung über eine Straßenstrecke von mehr als 1 km, so ist bei den betreffenden Vorschriftszeichen die Länge der Strecke mit einer Zusatztafel nach § 54 Abs. 5 lit. b anzugeben; dies gilt für allfällige Wiederholungszeichen sinngemäß."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 24. Februar 1988, Zl. 87/03/0160) ergibt sich aus § 51 Abs. 1 StVO 1960 eindeutig, daß bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Straßenstrecke von mehr als 1 km - wie dies auch gegenständlich der Fall ist - alle die Geschwindigkeitsbeschränkung anzeigenden Vorschriftszeichen, auch die Wiederholungszeichen (sofern die restliche Strecke vor dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung noch mehr als 1 km beträgt) mit einer Zusatztafel nach § 54 Abs. 5 lit. b StVO 1960 zu versehen sind. Fehlt die Zusatztafel, so liegt keine gesetzmäßige Kundmachung vor.
Die Ausführungen in der Gegenschrift sind nicht geeignet, den Verwaltungsgerichtshof zu einem Abgehen von dieser Rechtsprechung zu veranlassen. Der klare Wortlaut der angeführten Gesetzesbestimmung stellt das Erfordernis der Anbringung von Zusatztafeln auf die Länge der - gesamten - Straßenstrecke, für die ein Überholverbot oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung gilt, nicht aber auf die Entfernung zwischen den Vorschrifts(Wiederholungs)zeichen ab. Daran gehen die Ausführungen in der Gegenschrift und die dort angestellten Zweckmäßigkeitsüberlegungen vorbei.
Im Beschwerdefall ist aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens der Parteien davon auszugehen, daß die zur Kundmachung der für eine Straßenstrecke von mehr als 4,5 km verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung aufgestellten Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 nicht mit Zusatztafeln gemäß § 54 Abs. 5 lit. b leg. cit. versehen waren. Da die Kundmachung somit nicht dem Gesetz entsprach, durfte der Beschwerdeführer nicht wegen der Übertretung dieser Geschwindigkeitsbeschränkung bestraft werden.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990030139.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
14.10.2009