TE Vwgh Beschluss 1990/10/11 90/06/0074

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Veröffentlicht am 11.10.1990
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Index

L10107 Stadtrecht Tirol;
L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BauO Tir 1989 §31 Abs8;
B-VG Art132;
Statut Innsbruck 1975 §18;
Statut Innsbruck 1975 §41;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, in der Beschwerdesache des N gegen den Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Einwendungen gegen eine straßenrechtliche Baubewilligung), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde hat der Beschwerdeführer am 9. Februar 1989 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 24. Jänner 1989 betreffend den geplanten Ausbau des A-Weges und den Neubau der B-Straße Berufung erhoben, ohne daß darüber entschieden worden ist. Die belangte Behörde brachte dagegen vor, daß das dem Verfahren zugrundeliegende Bauansuchen infolge massiver Einsprüche sowohl der am Verfahren beteiligten Parteien als auch anderer Gemeindebewohner im Rahmen des Berufungsverfahrens zurückgezogen worden sei.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Im vorliegenden Fall stützt sich die Säumnisbeschwerde ausschließlich auf die Säumnis der Berufungsbehörde, das ist im konkreten Fall der Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck. Gemäß § 41 des Stadtrechtes der Landeshauptstadt

Innsbruck 1975, LGBl. Nr. 53, ist wohl gegen die Entscheidung des Stadtsenates kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig; der Stadtsenat übt auch die in den verfahrensrechtlichen Bestimmungen oberbehördlichen Befugnisse aus. Gemäß § 28 Abs. 1 des genannten Stadtrechtes ist der Stadtsenat zur Vorberatung in allen der Beschlußfassung des Gemeinderates unterliegenden Angelegenheiten berufen, soweit dafür nicht besondere Ausschüsse bestellt sind oder der Gemeinderat die Angelegenheit nicht unmittelbar in Behandlung nimmt. Die in der im Abs. 2 dieser Bestimmung (in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 30/1986) enthaltene Aufzählung der weiters dem Stadtsenat zur selbständigen Erledigung bzw. Beschlußfassung vorbehaltenen Angelegenheiten betrifft keine oberbehördlichen Befugnisse.

Gemäß § 18 Abs. 1 des Stadtrechtes ist der Gemeinderat in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches das oberste beschließende Organ der Stadt. Er ist zur Beschlußfassung und zur Überwachung der Vollziehung in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde berufen, soweit die Beschlußfassung nicht durch Gesetz ausdrücklich einem anderen Organ zugewiesen ist.

Daraus ergibt sich jedoch, daß auch dem Gemeinderat oberbehördliche Befugnisse gegenüber dem Stadtsenat zukommen. Solcherart obliegt dem Gemeinderat auch die Entscheidung im Fall des Überganges der Entscheidungspflicht gemäß dem § 73 Abs. 2 AVG 1950 (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 16. Oktober 1973, Slg. Nr. 8483/A, vom 12. September 1978, Slg. Nr. 9628/A, und vom 4. September 1980, Slg. Nr. 10.209/A, zur Tiroler Gemeindeordnung sowie etwa das Erkenntnis vom 11. Februar 1981, Zl. 2440/80, u.a. zum Statut für die Landeshauptstadt Linz (zitiert nach Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 215)).

Da der Beschwerdeführer den Gerichtshof wegen der Säumnis einer anderen als der obersten Gemeindebehörde angerufen hat, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird jedoch darauf hingewiesen, daß der Stadtsenat entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Ansicht sehr wohl dadurch säumig geworden ist, daß auf Grund der Zurückziehung des Bauansuchens, hinsichtlich dessen bereits eine (im Berufungsweg angefochtene) Baubewilligung vorlag, den Berufungen gegen diese baubehördliche Bewilligung nicht stattgab und den erstinstanzlichen Bescheid aufhob (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 87/05/0084, BauSlg. 1039).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG, insbesondere den § 51, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeAnspruch auf Sachentscheidung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990060074.X00

Im RIS seit

14.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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