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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §113 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Domittner und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der Josefine N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. April 1990, Zl. R 1/V-89181, betreffend Baueinstellung und Abtragungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 28. März 1989 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin den Auftrag, die auf ihrem Grundstück Nr. 368/3 EZ 457 KG Y vorgenommenen Bauarbeiten einzustellen und das bereits errichtete Mauerwerk zu entfernen. Nach einem Aktenvermerk des Bürgermeisters vom 5. April 1989 wurden die Bauarbeiten nach Übernahme des Bescheides vom 28. März 1989 weitergeführt. In ihrer Berufung gegen den Bescheid vom 28. März 1989 brachte die Beschwerdeführerin vor, daß es sich bei dem Bauvorhaben um einen Geräteschuppen handle, den sie im Rahmen ihrer Land- und Forstwirtschaft unbedingt benötige. Die Errichtung der Mauer diene nur der Instandsetzung und sei daher weder bewilligungsnoch anzeigepflichtig. Mit Schreiben vom 20. Juni 1989 teilte die NÖ Straßenbauabteilung der mitbeteiligten Gemeinde mit, daß der von der Beschwerdeführerin auf dem Grundstück Nr. 368/3, ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Schuppen auf einer straßenrechtlich bewilligten Trassenkorrektion entlang der LH 109 gemäß dem Detailprojekt Y liege.
In der Berufungsverhandlung vom 4. August 1989 wurde festgestellt, daß der Einstellschuppen nicht, wie im erstinstanzlichen Bescheid angeführt, auf Parzelle Nr. 368/3, sondern auf jenem Teil des Grundstückes Nr. 368/4 liege, der nach dem Flächenwidmungsplan als Verkehrsfläche festgelegt ist. Der bautechnische Amtssachverständige stellte in der Verhandlung fest, daß es sich bei dem auf Parzelle Nr. 368/4 errichteten Einstellschuppen um einen Neubau im Sinne des § 92 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1976 handle, da Fundamente, das dreiseitige Umfassungsmauerwerk und die Dachkonstruktion samt der Dacheindeckung neu errichtet worden seien. Der angeblich an dieser Stelle ehemals bestandene Schuppen sei nicht mehr vorhanden, es seien jedoch alte Holzbretter und das Tor zur Verschalung wieder angebracht worden. Der Vertreter (Sohn) der Beschwerdeführerin erklärte in der Verhandlung, daß er im Jahre 1988 die schuppennahe, zirka 2 m hohe Außenwand errichtet habe, die restlichen Arbeiten seien im Jahre 1989 ausgeführt worden, weil der Schuppen durch einen umgestürzten Baum beschädigt worden sei. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom 11. September 1989 die Berufung der Beschwerdeführerin ab, die Niederschrift der Verhandlung vom 4. August 1989 wurde zum Bescheidbestandteil erklärt. Als Frist für den Abschluß der Abbrucharbeiten wurde der 31. Dezember 1989 festgelegt.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aus den Ausführungen des Amtssachverständigen in der Verhandlung vom 4. August 1989 gehe zweifelsfrei hervor, daß es sich bei dem Einstellschuppen um einen Neubau handle. Daß der alte Schuppen ohne bescheidmäßigen Titel - sei es infolge eines baupolizeilichen Abbruchauftrages oder einer erwirkten Abbruchbewilligung - abgetragen worden sei, sei für die baurechtliche Beurteilung des Neubaues ohne Belang. Da sich der neu errichtete Schuppen auf einem im derzeit gültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als Verkehrsfläche ausgewiesenen Grundstück befinde, stehe einer allfälligen baubehördlichen Bewilligung die Unzulässigkeit nach dem Flächenwidmungsplan entgegen; da es sich um eine im Flächenwidmungsplan ausgewiesene Verkehrsfläche handle, sei auf die Frage der Erforderlichkeit des Baues zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht weiter einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei unbestritten, daß sich an der Stelle, an der sich der gegenständliche Schuppen befinde, seit Jahrzehnten ein Gebäude mit identen Ausmaßen befunden habe. Es habe sich hiebei um ein landwirtschaftliches Gebäude gehandelt, das entsprechend ausgestattet gewesen sei. Dem Erfordernis der Zeit entsprechend sei dieses Gebäude in seiner Ausstattung adaptiert worden. Diese Adaptierungsarbeiten seien in dem durch die Schadhaftigkeit des Gebäudes erforderlichen Ausmaß durchgeführt worden. Weder die Baubehörde noch die belangte Behörde hätten ausgeführt, worin sie den Grund erblicken, daß es sich bei den Maßnahmen um solche nach § 92 NÖ Bauordnung und nicht um solche nach § 95, nämlich um Instandsetzungs- oder Erhaltungsarbeiten handle. Das bestehende Gebäude sei konsensgemäß errichtet worden, die Behörde hätte bei der Änderung des Flächenwidmungsplanes auf diesen Altbestand Rücksicht nehmen müssen.
Gemäß § 109 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1976 hat die Baubehörde die Fortsetzung der Arbeiten zu untersagen, wenn ein Vorhaben, das einer Bewilligung bedarf, ohne Bewilligung ausgeführt wird. Kann eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt werden, so hat die Baubehörde die Herstellung des ursprünglichen Zustandes zu verfügen. Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a leg. cit. hat die Baubehörde den Abbruch einer Baulichkeit anzuordnen, wenn für die Baulichkeit keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist. Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. bedürfen Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden und nach Z. 4 die Instandsetzung und Abänderung von Baulichkeiten, wenn die Festigkeit tragender Bauteile, die Brandsicherheit, die sanitären Verhältnisse, das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten, einer Bewilligung der Baubehörde. Arbeiten zur Erhaltung, Instandsetzung oder Verbesserung von Baulichkeiten, auf welche die Voraussetzungen des § 92 Abs. 1 Z. 4 nicht zutreffen, sind weder bewilligungs- noch anzeigepflichtig (§ 95 leg. cit.).
Aus dem Gutachten, das der Amtssachverständige in der Verhandlung vom 4. August 1989 erstellt hat, geht zweifelsfrei hervor, daß Fundamente, das dreiseitige Umfassungsmauerwerk und die Dachkonstruktion samt Dacheindeckung des Schuppens neu errichtet wurden. Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat in der Verhandlung erklärt, daß diese Arbeiten teils 1988, teils 1989 durchgeführt wurden. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund dieses Gutachtens, das durch die Zeitangaben des Vertreters der Beschwerdeführerin noch erhärtet wurde, davon ausging, daß es sich bei dem Schuppen um einen bewilligungspflichtigen Neubau handelt. Mit dem Abbruch wesentlicher Teile des alten Gebäudes ist jedenfalls eine allenfalls bis dahin bestehende Baubewilligung untergegangen, sodaß sich ein näheres Eingehen auf die Frage, ob der Altbestand tatsächlich bewilligt war, erübrigte. Zu Recht hat die belangte Behörde auch ausgeführt, daß von einer nicht einer Bewilligung der Baubehörde bedürftigen Renovierung bei bloßer Verwendung von Teilen des abgetragenen Schuppens zur Verschalung keine Rede sein kann.
Nach dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde aus dem Jahre 1976 liegt der Schuppen auf einem als Verkehrsfläche erkenntlich gemachten Grundstück. Da der Einstellschuppen der Beschwerdeführerin nicht zu den im § 18 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 angeführten Einrichtungen zählt, ist seine Errichtung auf dieser Verkehrsfläche unzulässig. Die belangte Behörde handelte somit nicht rechtswidrig, wenn sie ausführte, daß einer allfälligen baubehördlichen Bewilligung des Schuppens deren Unzulässigkeit nach dem Flächenwidmungsplan entgegenstand.
Da die zur Durchführung der vorgenommenen Arbeiten erforderliche Baubewilligung nicht vorlag und auch nicht erteilt werden konnte, erging sowohl der auf § 109 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1976 gestützte Auftrag zur Baueinstellung als auch der Abbruchauftrag gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a leg. cit. somit zu Recht.
Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes hegt der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des Beschwerdevorbringens schon deshalb nicht, weil im Flächenwidmungsplan auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses keine Trassenfestlegung erfolgen kann. Landesstraßen sind im Flächenwidmungsplan gemäß § 15 Abs. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes nur kenntlich zu machen. Auf den Weiterbestand eines konsensgemäßen Gebäudes sowie dessen Instandsetzung im Sinne des § 95 NÖ Bauordnung 1976 hätte die Kenntlichmachung dieses Grundstückes als Verkehrsfläche bis zur Verwirklichung des Straßenbauvorhabens auch keine Auswirkungen gehabt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990050112.X00Im RIS seit
11.07.2001