Index
43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
BDG 1979 §91;Betreff
N gegen Disziplinaroberkommission für Unteroffiziere und Chargen beim Korpskommando I vom 16. März 1990, Zl. 13/2-DOKUOCh I/89, betreffend Bestrafung nach dem Heeresdisziplinargesetz
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Disziplinarkommission für Unteroffiziere und Chargen beim Militärkommando Wien vom 23. November 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe einen dringenden Antrag auf Zahnersatz, den er am 10. April 1989 erhalten habe, erst am 6. Juni 1989 verspätet bearbeitet und weitergeleitet; er habe hiedurch die Bestimmungen der §§ 44 Abs. 1 und 3 des Wehrgesetzes 1978, der §§ 43 Abs. 1 und 44 Abs. 1 BDG 1979 und des § 7 Abs. 1 der Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV) verletzt; ferner habe er entgegen den Bestimmungen erlaßmäßiger Richtlinien für die Bearbeitung von Heil- und Transportkostenrechnungen und sonstigen Rechnungen nicht die unverzügliche fernmündliche Genehmigung des Armeearztes eingeholt. Dadurch habe der Beschwerdeführer Pflichtverletzungen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Heeresdisziplinargesetzes (HDG) begangen, weshalb über ihn die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von S 1.500,-- verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer wegen Schuld und Strafe Berufung ergriffen. Die belangte Behörde hat im Zuge des Berufungsverfahrens eine mündliche Verhandlung abgehalten und unmittelbar Beweise aufgenommen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. März 1990 hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und anstelle des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt entschieden:
"N ist schuldig, daß er einen dringenden Antrag auf Zahnersatz, den er am 10 04 89 erhalten hatte, erst am 03 06 89 verspätet bearbeitet und am 06 06 89 weitergeleitet hat.
Durch dieses Verhalten hat der Beschuldigte die Bestimmungen des § 44 Abs. 1 WG 78 (Allgemeine Pflichten des Soldaten) und des § 43 Abs. 1 BDG 79 (Allgemeine Dienstpflichten) verletzt und eine Pflichtverletzung im Sinne des § 2 Abs. 1 HDG begangen.
Über N wird daher gemäß § 48 Ziff. 2 des Heeresdisziplinargesetzes 1985, BGBl. Nr. 294, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 342/1988 und 599/1988 sowie der Kundmachung BGBl. Nr. 23/1988 - HDG in Verbindung mit § 49 Abs. 2 lit. 1 HDG die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von S 500,-- verhängt.
Gemäß § 38 Abs. 1 HDG hat der Beschuldigte zehn Prozent der festgesetzten Strafe, das sind öS 50,-- als Kostenbeitrag für das Disziplinarverfahren zu leisten.
Hingegen wird der Beschuldigte von der Anschuldigung gemäß Verhandlungsbeschluß, durch sein Verhalten die Bestimmungen des § 44 Abs. 3 WG 78 (Allgemeine Pflichten des Soldaten), des § 44 Abs. 1 BDG 79 (Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten) und des § 7 Abs. 1 ADV (Gehorsam), verletzt zu haben, und die Bestimmungen des BMLV/AK vom 12 01 89, Zl. 52.537/782-3.11/89 (Richtlinien für die Bearbeitung von Heil- und Transportkostenrechnungen und sonstigen Rechnungen Punkt IV, Ziff. 2) nicht befolgt zu haben, freigesprochen."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde ausführlich den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides und der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wieder. Sodann schilderte sie die Vorgänge im Berufungsverfahren und insbesondere den wesentlichen Inhalt der von den Beteiligten in der Berufungsverhandlung abgelegten Aussagen. Wie durch das ergänzende Beweisverfahren im Rahmen der Berufungsverhandlung festgestellt worden sei, habe der Beschwerdeführer als zuständiger Sachbearbeiter des Heeresspitals einen dringenden Antrag auf Zahnersatz für den Gefr. A am Montag, dem 10. April 1989, gegen Mittag durch Boten erhalten. Da er die Dringlichkeit des Antrages erkannt und auch die Bestimmungen der Richtlinien für die Bearbeitung von Heil- und Transportkostenrechnungen und sonstigen Rechnungen gekannt habe, wonach eine fernmündliche Vorausgenehmigung des Armeearztes einzuholen sei, habe der Beschwerdeführer versucht, durch telefonische Rücksprache beim Armeearzt bzw. dessen Sachbearbeiter S eine Aktenbearbeitung einzuleiten, was ihm jedoch, da er keine Verbindung bekam, am 10. April 1989 nicht gelungen sei. An den folgenden Tagen sei eine Verbindungsaufnahme nicht versucht worden. Der Beschwerdeführer habe in weiterer Folge diesen Antrag, für dessen Bearbeitung nach eigenen Angaben ca. eine Stunde Zeitaufwand notwendig gewesen sei, einerseits wegen angeblicher Arbeitsüberlastung, anderseits auf Grund eines vom vertretungsweise amtierenden, schon in Pension befindlichen Dr. T gegebenen Befehls vorerst nicht bearbeitet. Der Akt sei in weiterer Folge erst im Rahmen genehmigter Überstunden am 3. Juni 1989 bearbeitet und am 6. Juni 1989 weitergeleitet worden, wobei das Fehlen entsprechender nötiger Unterlagen des Gesundheitsaktes (die letztlich auch nicht zur Verfügung gestanden, also offensichtlich von Anfang an entbehrlich gewesen seien) sowie die Tatsache, daß der Akt nach dem 10. April 1989 angeblich nicht mehr dringlich gewesen sei, als Rechtfertigung für die verspätete Bearbeitung angeführt worden seien.
Hiezu vertrete die belangte Behörde wie bereits die Behörde erster Instanz die Ansicht, daß der Beschwerdeführer, der grundsätzlich die Dringlichkeit des Antrages erkannt habe, trotz zweifellos verhandener Belastungen und Probleme bei einigem guten Willen sehr wohl imstande gewesen wäre, den von ihm zu bearbeitenden Akt schon früher zu bearbeiten. Darüber hinaus vertrete die belangte Behörde die Ansicht, daß eine Wertung des Aktes hinsichtlich Dringlichkeit und möglicher Konsequenzen nach dem 10. April 1989 dem Beschwerdeführer nicht zugestanden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde hätte der Beschwerdeführer selbst bei Vorliegen des Befehles des Dr. T und sonstiger Probleme im Zweifelsfalle unverzüglich mit dem zuständigen Armeearzt bzw. dessen Vertreter oder mit dem zuständigen Sachbearbeiter Rücksprache halten müssen. Die vom Beschwerdeführer gemachten Aussagen, insbesondere, er habe vor dem 3. Juni 1989 den von ihm grundsätzlich als dringend erkannten Antrag nicht bearbeiten können, seien vom erkennenden Senat, auch unter Berücksichtigung der Pflichten des Beschwerdeführers als Personalvertreter, als "teilweise Schutzbehauptung" gewertet worden. Darüber hinaus sei von der belangten Behörde auch die Aussage des Zeugen Dr. B "teilweise als situationsbedingtes Bemühen um Hilfestellung für einen langjährigen, von ihm geschätzten und ausgezeichnet beurteilten Mitarbeiter, ohne hierin eine falsche Zeugenaussage zu sehen", gewertet worden, wobei die auf Grund der Aktenlage offensichtliche Disharmonie zwischen dem Leiter des Heeresspitales Dr. Z und Dr. B "eine gewisse Rolle gespielt haben" möge.
Es sei daher in Übereinstimmung mit der Erstinstanz dem Beschwerdeführer eine Verletzung der Bestimmungen des § 44 Abs. 1 Wehrgesetz 1978 (wonach der Soldat alles zu tun hat, was den Aufgaben des Bundesheeres förderlich ist, und alles zu unterlassen hat, was dem Ansehen des Bundesheeres abträglich sein könnte) und des § 43 Abs. 1 BDG 1979 (wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen), anzulasten, er habe dadurch eine Pflichtverletzung im Sinne des § 2 Abs. 1 HDG begangen. Als Grad des Verschuldens sei Fahrlässigkeit festgestellt worden, weil der Beschwerdeführer bei Aufbringung der notwendigen Sorgfalt - welche er außer acht gelassen habe und zu der er verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen auch befähigt gewesen sei - wissen habe müssen, wie er sich zu verhalten und was er zu veranlassen habe, nämlich eine rasche Bearbeitung eines dringenden Antrages. Ein bewußtes und gewolltes Nichtbearbeiten schließe die belangte Behörde aus.
In ihren Erwägungen zur Strafbemessung führte die belangte Behörde u.a. aus, die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers werde vor allem darin erblickt, daß dieser qualifiziert ausgebildete, durch langjährige Praxis im Sanitätsdienst erfahrene Unteroffizier mit dem höchsten Dienstgrad, von dem stets Eigeninitiative und Selbständigkeit in der Durchführung seiner Dienstobliegenheiten erwartet werde könne und müsse, im gegenständlichen Fall trotz Erkennen der Dringlichkeit des zu bearbeitenden Antrages eine derartige Säumigkeit gezeigt habe, daß dadurch sowohl die Interessen des Dienstes als auch des Antragstellers gefährdet worden seien, wobei eine Bearbeitung des Antrags, wenn schon nicht am 10. April 1989, so doch zumindest an den darauffolgenden Tagen mit Hinweis auf die Dringlichkeit hätte stattfinden müssen. Der Beschwerdeführer habe bisher sowohl im Inland als auch im Rahmen des UN-Einsatzes im Ausland als Sanitätsoffizier Dienst versehen. Er werde von seinen Vorgesetzten zwar unterschiedlich, aber grundsätzlich als Sanitätsunteroffizier mit entsprechender Praxis und mit Erfahrung beschrieben, der ihr Vertrauen besitze. Im Führungsbuch schienen keine Eintragungen auf. Mildernd sei daher die bisherige Unbescholtenheit, die auf ausgezeichnet lautende Dienstbeurteilung, die am Arbeitsplatz gegebene Situation und die zweifellos teilweise gegebene Arbeitsüberlastung; erschwerend sei hingegen nichts.
Zum teilweisen Freispruch führte die belangte Behörde aus, das Beweisverfahren habe ergeben, daß der Beschwerdeführer im Sinne des oben genannten Erlasses bereits nach Ankündigung des Antrages versucht habe, den benötigen Gesundheitsakt zu beschaffen, was jedoch nicht gelungen sei; er habe auch nach Eintreffen des Antrages am 10. April 1989 noch den Versuch einer telefonischen Kontaktaufnahme mit ADir. S oder dessen Vertreter erfolglos unternommen. Er habe durch diese Handlungsweise vor Ablauf des 10. April 1989 versucht, den Bestimmungen des Erlasses zu entsprechen und danach zu handeln. Er sei deshalb nach dem Grundsatz "im Zweifelsfall für den Beschuldigten" von den Anschuldigungen freizusprechen gewesen, er habe die Bestimmungen dieses Erlasses nicht befolgt und dadurch die Bestimmungen der §§ 44 Abs. 3 Wehrgesetz und 7 Abs. 1 ADV verletzt. Da einerseits ein Befehl eines Vorgesetzten, den gegenständlichen Antrag sofort zu bearbeiten, konkret nicht vorgelegen sei, anderseits durch Dr. T sogar ein gegenteiliger Befehl gegeben worden sei, habe von der belangten Behörde auch sonst keine Verletzung der zuletzt genannten Gesetzesstellen festgestellt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem gesamten Inhalt seiner Beschwerde in dem Recht verletzt, auf Grund des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes nicht wegen einer schuldhaft begangenen Pflichtverletzung disziplinär schuldig erkannt zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Beschwerde weiter nichts ausgeführt. Auch aus der Aktenlage ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, daß die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt oder den Sachverhalt in einem mit Mängeln behafteten Verfahren ermittelt hätte.
Der Beschwerdeführer macht aber mit Recht geltend, daß sich aus dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt kein hinreichender Hinweis auf ein im Sinne des § 2 Abs. 4 HDG schuldhaftes Verhalten bei der Bearbeitung des Antrages des Gfr.A erkennen läßt. Gemäß § 2 Abs. 4 HDG ist disziplinär nur strafbar, wer schuldhaft handelt. Schuldhaft verletzt ein Soldat seine Pflichten nur dann, wenn er ihnen vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt.
Daß der Beschwerdeführer den Antrag des Gfr. A nicht etwa vorsätzlich liegen gelassen und erst verspätet behandelt hat, gesteht ihm die belangte Behörde ausdrücklich zu. Es ist daher die Frage zu klären, ob sein Verhalten als fahrlässig zu beurteilen ist oder ob es sich im Rahmen jener Fehlerquote gehalten hat, wie sie letztlich bei jeder menschlichen Arbeit in Erscheinung tritt. Auch der fähigste und zuverlässigste Beamte macht gelegentlich Fehler und ist gewissen Schwankungen seiner Arbeitskraft unterworfen.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht die Schwierigkeiten, welche eine klare Abgrenzung zwischen einer schlicht fehlerhaften, noch nicht disziplinär zu ahndenden Arbeitsweise eines Beamten einerseits und einem bereits als schuldhaft (fahrlässig) vorwerfbaren Verhalten anderseits mit sich bringt. Es wird die Beantwortung dieser Frage durch die zuständigen Behörden immer von den Umständen des Einzelfalles abhängen, und zwar sowohl hinsichtlich der jeweiligen Täterpersönlichkeit als auch im Hinblick auf die äußeren Begleiterscheinungen des jeweiligen Fehlverhaltens. Keinesfalls reicht es aus, bereits allein aus der Tatsache EINES aufgetretenen Fehlers auf eine schuldhafte Vorgangsweise des Betreffenden zu schließen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0020).
Es war daher Aufgabe der belangten Behörde, im Beschwerdefall zu prüfen, ob und welche Hinweise auf ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers bei der Behandlung des Antrages auf Zahnersatz des A gegeben waren, oder ob allenfalls die im Beschwerdefall vorherrschenden Umstände gegen die Annahme einer Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers bei dieser Erledigung sprachen.
Hinweise auf die Schuld des Beschwerdeführers glaubte die belangte Behörde darin zu erkennen, daß der Beschwerdeführer diesen Antrag trotz erkannter Dringlichkeit nicht bereits am oder unmittelbar nach dem 10. April 1989, sondern erst zu Beginn des Juni 1989 bearbeitet und erledigt hat. Dazu macht der Beschwerdeführer allerdings mit Recht geltend, daß eine Erledigung dieses Antrags zwar am 10. April 1989 überaus dringlich erschien, daß aber Hinweise darauf, warum diese Dringlichkeit auch über den 10. April 1989 hinaus gegeben gewesen sein sollte, fehlen. Der Beschwerdeführer hat dazu unbestritten auf den Inhalt jener Richtlinien verwiesen, deren Beachtung ihm die belangte Behörde im Gegensatz zur Disziplinarbehörde erster Instanz nach Ergänzung des Beweisverfahrens ausdrücklich attestiert hat. Danach ist ein Leistungsanspruch auf Zahnersatz nur dann gegeben, wenn die Notwendigkeit eines solchen während des Präsenzdienstes entstanden ist und mit der Anfertigung noch vor der Entlassung aus dem Präsenzdienst begonnen wird; um den Beginn einer prothetischen Zahnbehandlung bei Zahnschäden von Wehrpflichtigen, deren Entlassung aus dem Präsenzdienst unmittelbar bevorsteht, sicherzustellen, ist die fernmündliche Vorausgenehmigung des Armeearztes einzuholen.
Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß der Präsenzdiener A einen Antrag auf Zahnersatz erst am 4. April 1989 gestellt hat, daß dieser Antrag dem Beschwerdeführer erst zu Mittag des 10. April 1989 zukam und daß A genau an diesem Tage bereits abgerüstet hat. Daß der Beschwerdeführer seinerseits bis zum Ablauf des 10. April 1989 alles versucht hat, um diesen Antrag gemäß der gegebenen Dringlichkeit zu bearbeiten, hat die belangte Behörde ebenso festgestellt wie den Umstand, daß an diesem 10. April 1989 der gewünschte Erfolg trotz der Bemühungen des Beschwerdeführers nicht erreicht werden konnte. War aber die Erledigung des Antrages des A am 10. April 1989 nicht möglich, dann konnte auch mit der Anfertigung (des Zahnersatzes) nicht noch während seines Präsenzdienstes begonnen werden. Nach dem am 10. April 1989 erfolgten Abrüsten des A war dann, geht man vom Inhalt des erwähnten Erlasses aus, eine Übernahme der Kosten seiner Zahnbehandlung durch das Heer nur mehr im Kulanzwege möglich; einer besonders dringenden Behandlung seines Antrages bedurfte es dazu nach dem 10. April 1989 nicht mehr.
War aber entgegen der Annahme der belangten Behörde eine besondere Dringlichkeit für die Erledigung des Antrages des A auf Zahnersatz nach dem 10. April 1989 nicht mehr gegeben, dann kann ihre Nichtbeachtung dem Beschwerdeführer auch nicht mehr zum Vorwurf gemacht werden. Es bleibt nur der dem Beschwerdeführer zu machende ganz allgemein gültige Vorwurf bestehen, für die (an sich nicht besonders zeitaufwendige) Erledigung eines Ansuchens fast zwei Monate gebraucht zu haben. Gewiß wurden damit im Einzelfall die Erwartungen der Allgemeinheit hinsichtlich einer raschen und zweckmäßigen Vorgangsweise der Behörden enttäuscht.
Ob diese lange Erledigungsdauer nun dem Beschwerdeführer im Beschwerdefall als disziplinär zu ahndende Fahrlässigkeit anzulasten ist oder nicht, mußte an Hand der übrigen Umstände des gegebenen Einzelfalles überprüft werden. Dazu ist den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer bisher Dienst geleistet hat, ohne zu Klagen Anlaß zu geben, und daß er bei einer ausgezeichneten Dienstbeschreibung das Vertrauen seiner Vorgesetzten genießt. Darüber hinaus hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer als mildernd u.a. "die am Arbeitsplatz gegebene Situation" und "die zweifellos teilweise gegebene Arbeitsüberlastung" angerechnet und damit zu verstehen gegeben, daß dem Beschwerdeführer damals jedenfalls die Erledigung ALLER angefallener Aufgaben binnen kürzester Frist nicht möglich gewesen ist. Die belangte Behörde hat dazu ferner (im Rahmen der Begründung des Teilfreispruches) die Feststellung getroffen, daß ein Befehl eines Vorgesetzten, den gegenständlichen Antrag sofort zu bearbeiten, nach dem 10. April 1989 nicht vorlag, daß aber anderseits der damalige Vorgesetzte des Beschwerdeführers, Dr. T, ihm den Befehl erteilt hatte, vor der Erledigung des Antrages auf Zahnbehandlung andere, ihm dringender erscheinende Arbeiten durchzuführen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes handelt ein Beamter (Soldat) nicht schuldhaft, wenn er bei gegebener Arbeitsüberlastung und bei Vorliegen eines Befehles, andere Erledigungen vorzuziehen, einen früher eingelangten (und nur am Tage seines Einlangens dringlich gewesenen) Antrag erst nach mehreren Wochen - also objektiv verspätet - erledigt.
Der Beschwerdeführer macht somit, ausgehend von dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalt, mit Recht geltend, daß er bei der Erledigung des Antrages auf Zahnersatz des A keine schuldhafte Pflichtverletzung jener Art begangen hat, die gemäß § 2 HDG seine disziplinäre Bestrafung rechtfertigen würde. Der angefochtene Bescheid erweist sich als mit der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 59 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990090076.X00Im RIS seit
18.10.1990