TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/18 90/09/0078

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Veröffentlicht am 18.10.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;

Norm

AVG §37;
KOVG 1957 §4 Abs1;

Betreff

N gegen Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. Februar 1990, Zl. Ob. 115-291.112-009, betreffend Beschädigtenrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 13. März 1990 wies das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland (LIA) den Antrag des am 31. Mai 1937 geborenen Beschwerdeführers auf Anerkennung der Leiden "hoher Blutdruck, Angstgefühle, Depressionen, Kopfschmerzen" als Dienstbeschädigung im Sinne des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957) und auf Gewährung einer Beschädigtenrente nach diesem Gesetz ab. Das LIA stützte sich dabei begründend auf die von ihm eingeholten Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin Dr. A und des Facharztes für Neurologie Dr. R, wonach das vom Beschwerdeführer behauptete kriegsbedingte Schockerlebnis (Konfrontation mit Besatzungssoldaten im Jahre 1945) in keinen Kausalzusammenhang mit den vom Beschwerdeführer nunmehr geltend gemachten Leiden zu bringen sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er könne nicht beurteilen, ob seine Leiden "aus diesem Ereignis stammen", ganz sicher gingen sie jedenfalls vom Kopf aus. Die Leiden wären mit Sicherheit "nicht wieder zum Ausbruch gekommen", wenn nicht die Behörden im Zusammenhang mit der Scheidung des Beschwerdeführers gegen diesen so brutal vorgegangen wären. Sowohl bei dem vom Beschwerdeführer als Kind erlebten Schockereignis als auch bei der zwangsweisen Räumung im Zuge der Scheidung seien beim Beschwerdeführer Bewußtseinslücken aufgetreten, es müsse daher "mit diesen beiden Ursachen ein Zusammenhang bestehen".

Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren zwei weitere Gutachten aus den Fachgebieten der Neurologie (Dr. E) und der Inneren Medizin (Dr. K) ein. Die zusammenfassende Beurteilung unter Einbeziehung des neurologischen Fachgutachtens nahm der internistische Sachverständige Dr. K vor. Sie ging dahin, daß die subjektiven Empfindungen des Beschwerdeführers, wie Angstgefühle, Depressionen und Kopfschmerzen, Folgen akausaler, persönlichkeitsbedingter und schicksalhafter Entwicklungen seien, die nicht auf das im Krieg durchgemachte Angsterlebnis zurückzuführen seien. Auch der erst relativ spät aufgetretene Bluthochdruck sei nicht auf dieses Ereignis zurückzuführen. Es liege daher beim Beschwerdeführer keine Dienstbeschädigung nach dem KOVG 1957 vor. Ein Angsterlebnis könne nur eine passagere, ereignisunmittelbare Blutdruckerhöhung, aber keine nachhaltigen Folgen bewirken.

Zu diesen Ermittlungsergebnissen gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Parteiengehör. In seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 1989 führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, er wäre noch gesund, wenn nicht von Seiten der Gendarmerie und des Gerichtes gegen ihn so grausam und gewalttätig vorgegangen worden wäre. Seine Krankheit stamme von den Geschehnissen während seiner Kinderzeit (Kriegszeit) her.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 1990 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Begründend gab die belangte Behörde den bisherigen Verfahrensverlauf und den Inhalt der von ihr eingeholten Gutachten wieder. Diese Gutachten seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden. Gestützt auf diese Gutachten und auf die Bestimmungen der §§ 2 und 4 Abs. 1 KOVG 1957 sei die belangte Behörde der Ansicht, daß es sich bei den vom Beschwerdeführer angegebenen subjektiven Empfindungen um Folgen akausaler, persönlichkeitsbedingter und schicksalhafter Entwicklungen handle, welche nicht ursächlich auf das im Kriege durchgemachte Angsterlebnis zurückzuführen seien. Die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vorgebrachten Einwendungen seien nicht geeignet gewesen, die Beweiskraft der ärztlichen Sachverständigengutachten zu mindern, weil es sich um Behauptungen handle, welche die auf ärztliches Fachwissen gegründeten Gutachten nicht zu entkräften vermögen. Insbesondere sei zu entgegnen, daß die im erstinstanzlichen Verfahren und die von der belangten Behörde im Berufungsverfahren zugezogenen Gutachter zu dem gleichen Begutachtungsergebnis gekommen seien, sodaß von einer Erweiterung des Beweisverfahrens abgesehen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung einer Beschädigtenrente nach dem KOVG 1957 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor, die belangte Behörde habe das Ermittlungsverfahren mangelhaft gestaltet und habe die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt, weil zwei vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeuginnen nicht befragt worden seien, obwohl sie über das vom Beschwerdeführer durchgemachte Schockerlebnis entscheidende Angaben hätten machen können. Durch die Einvernahme dieser Zeuginnen hätte sich ein Kausalzusammenhang zwischen den beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden und dem Kriegserlebnis herstellen lassen. Die Frage der Kausalität könne keinesfalls nur aus medizinischer Sicht gelöst werden.

Dazu ist den vorgelegten Akten zu entnehmen, daß die beiden in der Beschwerde genannten Zeuginnen im Verfahren vor dem LIA einvernommen worden sind, jedoch übereinstimmend angegeben haben, sie könnten zu dem vom Beschwerdeführer behaupteten Vorfall keine Angaben machen, weil sie sich an eine solche Begebenheit nicht erinnern könnten. Aber auch abgesehen davon ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß sämtliche vom LIA und von der belangten Behörde beigezogenen medizinischen Sachverständigen bei ihrer Beurteilung der Kausalitätsfrage ohnehin von den Angaben des Beschwerdeführers über sein als Kind erlittenes "Schockerlebnis" ausgegangen sind. Die Sachverständigen sind jedoch selbst unter der Annahme des Zutreffens dieser Angaben des Beschwerdeführers übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, erst viele Jahre nach diesem Erlebnis und ohne Brückensymptome aufgetretenen Gesundheitsschädigungen in keinem medizinisch nachweisbaren Zusammenhang mit diesem Erlebnis stünden, sondern sich unabhängig davon beim Beschwerdeführer persönlichkeits- und schicksalsbedingt entwickelt hätten. Diesen übereinstimmenden Ergebnissen der medizinischen Beurteilung des vom Beschwerdeführer behaupteten Kausalzusammenhanges ist der Beschwerdeführer nur mit seinen eigenen Behauptungen, nicht aber mit anders lautenden Gutachten begegnet.

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben und die Begründung des angefochtenen Bescheides verfehlt wäre. Daß es bei diesem Beweisergebnis zu keinem Zuspruch einer Beschädigtenrente nach dem KOVG 1957 an den Beschwerdeführer kommen konnte, ist rechtlich unbedenklich, sodaß sich der angefochtene Bescheid auch nicht als inhaltlich rechtswidrig erweist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Ursächlicher Zusammenhang und Wahrscheinlichkeit Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090078.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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