TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/18 90/09/0105

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Veröffentlicht am 18.10.1990
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §44 Abs2;
BDG 1979 §44 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 26. April 1990, GZ. 1/5-DOK/90, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle im maßgebenden Zeitpunkt war die im Bundesministerium für Landesverteidigung errichtete Heeresbild- und Funkinformationsstelle (Bundesheer-Schulungssender). Der Beschwerdeführer war Sendeleiter und Leiter des Sachgebietes n.

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung den Beschwerdeführer nach durchgeführter mündlicher Verhandlung mit Erkenntnis vom 22. November 1989 schuldig erkannt, er hätte in Mißachtung der ihm bekannten, nicht strafgesetzwidrigen und vom zuständigen Vorgesetzten mit Dienstzettel der Heeres-Bild- und Informationsstelle vom 16. Mai 1989, Zl. 17/89, erteilten Weisung: "Jegliche Auskünfte über das SG n bzw. jegliche Personal- oder Materialentscheidung behält sich der Ltr HBF vor. Jeder dieser Punkte ist mit dem Ltr HBF rechtzeitig abzustimmen" eine für den Leiter der Heeres-Bild- und Funkinformationsstelle bestimmte Stellungnahme vom 12. Juli 1989 absichtlich ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Leiters der genannten Dienststelle oder dessen Stellvertreters direkt an die Abteilung Presse- und Informationsdienst weitergeleitet. Der Beschwerdeführer hätte dadurch gegen die im § 44 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), aufgezeigte Dienstpflicht der Befolgung von Weisungen verstoßen und somit eine Dienstpflichtverletzung iSd § 91 leg. cit. begangen. Gemäß § 126 Abs. 2 iVm § 92 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 hatte die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt.

Die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt als Disziplinarbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. April 1990 der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die Annahme einer Dienstpflichtverletzung deshalb als rechtswidrig bezeichnete, weil er in Hinsicht darauf, daß der Leiter der Heeres-Bild- und Funkinformationsstelle anläßlich eines Gespräches kein einziges der vom Beschwerdeführer gegen die vom (überprüfenden) Kontrollbüro des Bundesministeriums für Landesverteidigung in Aussicht genommene Einstellung des Bundesheer-Schulungssenders erhobenen Sachargumente entkräftet und auch nicht auf seine Weisung im Dienstzettel vom 16. Mai 1989 verwiesen habe, die Weisung als zurückgezogen betrachtet habe, keine Folge. Zur Begründung führte die Rechtsmittelbehörde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, sowohl die Tatsache, daß eine Weisung des Vorgesetzten vorgelegen habe, als auch der Umstand, daß der Vorgesetzte zur Erteilung dieser Weisung zuständig gewesen sei, seien unbestritten. Wenn sich der Beschwerdeführer nunmehr auf ein ihm zukommendes Remonstrationsrecht iSd § 44 Abs. 3 BDG 1979 berufe, so sei dem entgegenzuhalten, daß Voraussetzung für ein solches Recht des Beamten, seine Bedenken gegen die Befolgung einer Weisung vorzubringen, wäre, daß er die Weisung für rechtswidrig gehalten habe. Dies sei weder im Verfahren vor der Disziplinarbehörde erster Instanz noch in der Berufung behauptet worden und es sei auch nach Beurteilung des Falles durch die belangte Behörde objektiv nicht erkennbar. Vielmehr stelle sich der Sachverhalt so dar, daß der Beschwerdeführer die Meinung vertreten habe, die Weisung sei unzweckmäßig gewesen. Bei seiner solchen Einschätzung der Weisung durch den Beschwerdeführer könne aber § 44 Abs. 3 BDG 1979 nicht zur Anwendung gelangen, zumal schon den Erläuternden Bemerkungen zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 zu entnehmen sei, daß der Beamte Weisungen, die er für unzweckmäßig halte, zu befolgen habe, ohne daß ihm das in der angeführten Bestimmung erwähnte Instrumentarium zur Verfügung stünde (Hinweis auf Zach, Beamten-Dienstrechtsgesetz, Anm. 11 zu § 44). Auch in der einschlägigen Literatur werde das Recht des Beamten, seine Bedenken mitteilen zu können, bei bloßen Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit einer Weisung verneint (Hinweis auf Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S. 257).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete zur Beschwerde eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht einer Dienstpflichtverletzung für schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, er habe in seiner Berufung ausgeführt, daß er auf Grund eines Gespräches mit dem Vorgesetzten sehr wohl davon ausgehen mußte, daß seine Weisung rechtswidrig und nicht, wie die belangte Behörde vermeine, unzweckmäßig gewesen sei. Wenn er daher seinem Vorgesetzten berichtet habe, daß der Bericht des Kontrollbüros nicht korrekt sei, so habe er diesem damit zweifelsohne den Verdacht einer möglichen Dienstpflichtverletzung gemeldet. Die Weisung des Vorgesetzten, der Beschwerdeführer möge sich aus dieser Sache "heraushalten", sei ihm als rechtswidrig erschienen, sodaß er um die schriftliche Ausfertigung der Weisung ersucht habe, die jedoch nicht gegeben worden sei.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Der die Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides bildende § 44 BDG 1979 lautet:

"§ 44 (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung eines vorgesetzten Beamten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt."

Diese Bestimmung regelt in spezieller Weise das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen.

Der Punkt 4. der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden und vom Leiter der Heeres-Bild- und Funkinformationsstelle dem Beschwerdeführer mit Dienstzettel Nr. 17/89 am 16. Mai 1989 schriftlich erteilten Weisung, deren Nichtbeachtung dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wird, lautet:

"Jegliche Auskünfte über das SG n bzw. jegliche Personal-, oder Materialentscheidung behält sich der Ltr HBF vor. Jeder dieser Punkte ist mit dem Ltr HBF rechtzeitig abzustimmen."

Diese verbindliche Anordnung des Vorgesetzten ist klar und unmißverständlich. Nach der oben wiedergegebenen Fassung des § 44 Abs. 3 BDG 1979 kommt das "Remonstrationsrecht" (vgl. hiezu Rebhahn, Weisungen im Universitätsbereich, 1982; Waas,

Das Remonstrationsrecht-Theorie und Praxis, in Der öffentliche Dienst 1/1984, 30; Waas, Remonstrationspflicht und -recht des öffentlich Bediensteten, in "Arbeitsleben und Rechtsordnung", Festschrift für Gerhard Schnorr, 1988, S. 601 ff; Wagner, Zur Gehorsamspflicht in der staatlichen Verwaltung, ZfV 1987/2, S. 125 ff) lediglich bei Bedenken wegen (schlichter) Rechtswidrigkeit (arg.: .... "aus einem anderen Grund ....") zum Tragen.

Bedenken gegen die RECHTMÄSZIGKEIT dieser von seinem Vorgesetzten schriftlich ausgesprochenen dienstlichen Anordnung hat der Beschwerdeführer nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens weder im Administrativverfahren vorgetragen noch vermag er solche im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof darzulegen. Die konkrete Anordnung eines Vorgesetzten, er behalte sich - aus gegebenem Anlaß - sämtliche Auskünfte und Entscheidungen hinsichtlich eines bestimmten Sachgebietes selbst vor, betrifft den dienstlichen Aufgabenbereich und ist rechtmäßig. Verweigert der solcherart angewiesene Beamte den Gehorsam, ohne so zu verfahren, und leitet er, wie im Beschwerdefall, bei urlaubsbedingter Abwesenheit des Vorgesetzten eine selbst verfaßte Stellungnahme zu einem Kontrollbericht an eine andere Abteilung weiter, so handelt er pflichtwidrig.

Der belangten Behörde ist daher keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung als gegeben annahm. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes liegt damit nicht vor. In Hinsicht darauf kommt der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe seine in der Berufung dargestellte Argumentation nicht hinreichend gewürdigt und den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, keine für die Entscheidungsfindung erforderliche Wesentlichkeit zu.

Da die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkannt werden konnte, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090105.X00

Im RIS seit

18.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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