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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §13 Abs1;Betreff
A-GmbH & Co KG gegen Landesarbeitsamt Vorarlberg vom 2. September 1988, Zl. III/6712, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei, die in E eine Gärtnerei betreibt, beantragte mit Schreiben vom 13. April 1988 als Arbeitgeber beim Arbeitsamt Feldkirch für die türkische Staatsangehörige G für die berufliche Tätigkeit als Hilfskraft ohne spezielles Bildungserfordernis die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG). Als Entlohnung für die beantragte Saisonbeschäftigung wurden S 45,-- pro Stunde brutto angegeben.
Mit Bescheid vom 16. Mai 1988 lehnte das Arbeitsamt Feldkirch diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG im wesentlichen mit der Begründung ab, der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung stünden arbeitsmarktpolitische Gründe entgegen, weil beim Arbeitsamt für die berufliche Tätigkeit als Hilfskraft geeignete österreichische Arbeitskräfte vorgemerkt seien bzw. ausländische Vorzugspersonen (Bezieher von Arbeitslosengeld) vermittelt werden könnten.
Gegen diesen Bescheid erhob die nunmehr anwaltlich vertretene beschwerdeführende Partei binnen offener Frist Berufung. Sie brachte darin im wesentlichen vor, dem Arbeitsamt sei es - entgegen den im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Feststellungen - bisher nicht gelungen, geeignete Arbeitskräfte bzw. Vorzugspersonen zu vermitteln. Soweit Ersatzkräfte überhaupt hätten vermittelt werden können, habe sich herausgestellt, daß diese für die Arbeit zum Kollektivvertragslohn nicht geeignet seien. Es sei nicht zumutbar, wochenlang zuwarten zu müssen, um eine Arbeitskraft vermittelt zu bekommen, die Priorität genieße und in der Lage sei, die Arbeit auf Grund der geistigen und körperlichen Eigenschaften auszuführen. Im übrigen sprächen auch - von der beschwerdeführenden Partei näher ausgeführte - humanitäre Gründe für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung.
Mit Schreiben vom 21. Juni 1988 teilte die belangte Behörde mit, die von der beschwerdeführenden Partei angebotene Entlohnung von S 45,-- brutto je Stunde entspreche den kollektivvertraglichen Anforderungen. Der Kollektivvertragslohn sei für eine solche Hilfskraft nämlich mit S 44,20 brutto je Stunde festgesetzt. Der beschwerdeführenden Partei sei allerdings von der Behörde erster Instanz telefonisch mitgeteilt worden, daß es auf Grund der Marktverhältnisse kaum möglich sei, geeignete inländische Personen oder ausländische Vorzugspersonen zu diesen finanziellen Konditionen zur Arbeitsaufnahme zu bewegen. Die beschwerdeführende Partei habe allerdings eine Erhöhung des "Einstell-Lohnes" abgelehnt. Das Arbeitsamt Feldkirch habe entsprechende Vermittlungsbemühungen eingeleitet, die auch durchaus zielführend gewesen wären, wenn der "Einstell-Lohn" die ortsübliche bzw. branchenübliche Höhe von etwa S 50,-- bis S 55,-- pro Stunde betragen hätte. So sei etwa Frau M auf dieses Stellenangebot hin vermittelt worden, die dieses allerdings eben auf Grund des niedrigen Lohnangebotes abgelehnt habe. Im Unterausschuß des Vermittlungsausschusses beim Arbeitsamt Feldkirch sei dann auch von den Sozialpartnern die Ansicht vertreten worden, daß in diesem konkreten Fall von der Verhängung einer Ausschlußfrist gemäß § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz Abstand zu nehmen sei, weil auf Grund des niedrigen Lohnangebotes der beschwerdeführenden Partei eine Nachsicht im Sinne dieser Vorschrift zu gewähren sei. Für die von der beschwerdeführenden Partei nachgefragte Tätigkeit könnten aber auch bestimmte, namentlich genannte Personen vermittelt werden, wenn die Lohnbedingungen den üblichen Marktverhältnissen entsprechen würden. Im übrigen nahm die belangte Behörde zu den von der beschwerdeführenden Partei zugunsten der beantragten Ausländerin vorgebrachten humanitären Gründen Stellung. Abschließend kam die belangte Behörde zum Ergebnis, daß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auch aus rein sozial-humanitären Überlegungen derzeit nicht in Betracht käme. Nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz dürfe ferner eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die Gewähr der Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen gegeben erscheine, wozu im konkreten Fall auch eine marktgerechte Entlohnung gehöre. Die beschwerdeführende Partei wurde ersucht, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens zu den angeführten Fakten Stellung zu nehmen.
In einem von einem Organwalter der belangten Behörde gefertigten Aktenvermerk vom 5. August 1988 ist der Inhalt eines mit dem Beschwerdevertreter der beschwerdeführenden Partei am 2. August 1988 geführten Telefonates festgehalten. Nach diesem Aktenvermerk sei das Schreiben der belangten Behörde vom 21. Juni 1988 irrtümlich an die beschwerdeführende Partei geschickt worden. Der Beschwerdevertreter habe jedoch den Erhalt dieses Schreibens vor ca. einer Woche bestätigt und um eine Fristerstreckung ersucht. Der Aktenvermerk enthält folgenden Hinweis: "Stellungnahme bis 10.8.88". Nach der Aktenlage hat die beschwerdeführende Partei (auch nicht durch ihren Beschwerdevertreter) keine Stellungnahme abgegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. September 1988 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid, dessen Spruch jedoch insofern geändert wurde, "als die Gesetzesstelle, auf die sich die Ablehnung stützt, zusätzlich auch gemäß § 4 Abs. 3 Zi. 4 Ausl.BG. zu lauten hat". Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 4 Abs. 1 AuslBG und allgemeinen Erörterungen über die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der wichtigen öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen aus, die beschwerdeführende Partei sei mit Schreiben vom 21. Juni 1988 im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens um Stellungnahme zum Lohnniveau, das nicht den derzeit marktüblichen Erfordernissen entspreche, und zu den daraus resultierenden Vermittlungshindernissen ersucht worden. Abgesehen davon, daß den Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung zum Entscheidungszeitpunkt kein aktueller Vermittlungsauftrag bzw. kein aktuelles Stellenangebot vorgelegen sei, sei trotz des niedrigen Einstellohnes abgeklärt worden, welche KONKRETEN Ersatzkräfte bei der beschwerdeführenden Partei in Beschäftigung gebracht werden könnten. Die belangte Behörde verweist im folgenden auf die in ihrem Schreiben vom 21. Juni 1988 namentlich genannten Personen, insbesondere auf Frau M aus E hin, die für die vorgesehene Tätigkeit hätten vermittelt werden können, wenn die Lohnbedingungen den üblichen Marktverhältnissen entsprochen hätten. Der Ablehnung der Beschäftigung durch Frau M auf Grund des niedrigen Lohnangebotes sei vom Unterausschuß des Vermittlungsausschusses beim Arbeitsamt Feldkirch zum Anlaß genommen worden, von der Verhängung einer Ausschlußfrist gemäß § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes Abstand zu nehmen, weil auf Grund des derzeitigen Lohnangebotes der beschwerdeführenden Partei eine Nachsicht vom Ausschluß des Arbeitslosengeldes zu gewähren gewesen sei. Die auf Grund des Verschweigens der beschwerdeführenden Partei trotz gewährtem Parteiengehör als erwiesen anzusehende Tatsache, daß die Besetzung des Arbeitsplatzes mit vorgemerkten Ersatzkräften sehr wohl möglich wäre und daher kein zwingender Bedarf an der beantragten ausländischen Arbeitnehmerin bestehe, widerspreche den Ausführungen in ihrem Berufungsantrag und lasse den Schluß zu, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im konkreten Fall der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin entgegenstehe. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Judikatur klargestellt, daß schon bei Vorhandensein geeigneter Ersatzkräfte kein Anspruch des Arbeitgebers auf eine individuell bevorzugte ausländische Arbeitskraft bestehe. In der Folge führte die belangte Behörde in der Begründung näher aus, warum die in der Berufung vorgebrachten angeführten sozial-humanitären Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hätten werden können. Nach Wiedergabe des § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG vertrat die belangte Behörde ferner die Auffassung, für den Fall daß die Lohn- und Arbeitsbedingungen besser als die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Mindesterfordernisse seien, sei auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Wie bereits ausgeführt sei ein Dienstverhältnis nicht nur mangels aktuellen Stellenangebotes, sondern auch wegen des niedrigen Lohnniveaus, das nicht den derzeitigen tatsächlichen Verhältnissen entsprochen habe, nicht zustande gekommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, entgegen der Auffassung der belangten Behörde stelle § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG ausschließlich auf jene Lohn- und Arbeitsbedingungen ab, die den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Mindesterfordernissen entsprechen. Halte der Arbeitgeber diese ein, dürfe eine Beschäftigungsbewilligung nicht nach dieser Bestimmung versagt werden, wenn auf dem Markt höhere Löhne bezahlt werden würden. Aber selbst dann, wenn im Hinblick auf § 8 AuslBG auf die tatsächlichen Lohn- und Arbeitsbedingungen abzustellen wäre, käme es auf die Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht einzelner Arbeitnehmer, sondern der Mehrzahl der bezüglich der Leistung und Qualifikation vergleichbaren inländischen Arbeitnehmer an. Auch dafür fehlten im Beschwerdefall konkrete und nachvollziehbare Feststellungen, die den von der belangten Behörde gezogenen Schluß zuließen. Nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei entsprächen die angebotenen Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht nur den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Mindesterfordernissen, sondern auch den derzeitigen auf dem Arbeitsmarkt für die gesuchte Tätigkeit gebotenen Lohn- und Arbeitsbedingungen. Jedenfalls reiche es nicht aus, die Ablehnung unter anderem darauf zu stützen, Frau M habe die Beschäftigung auf Grund des niedrigen Lohnangebotes abgelehnt. Ob das Lohnangebot den angeführten Kriterien entsprochen habe, sei nicht geprüft worden.
Im Beschwerdefall ist das Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Fassung der am 1. Juli 1988 in Kraft getretenen Novelle, BGBl. Nr. 231/1988, anzuwenden.
Nach § 4 Abs. 1 ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach § 4 Abs. 3 der genannten Rechtsvorschrift darf die Beschäftigungsbewilligung weiters nur erteilt werden, wenn die in den Ziffern 1 bis 14 abschließend aufgezählten Voraussetzungen gegeben sind. Nach Ziffer 4 dieser Bestimmung ist dies dann der Fall, wenn die Gewähr gegeben erscheint, daß der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält.
Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß das Lohnangebot der beschwerdeführenden Partei im maßgeblichen Zeitpunkt über dem kollektivvertraglichen Mindestlohn für die in Aussicht genommene Tätigkeit der beantragten Ausländerin lag. Ausschlaggebend war für die belangte Behörde jedoch, daß ihrer Auffassung nach (das Zutreffen dieser Sachverhaltsannahme wird von der beschwerdeführenden Partei jedoch bestritten) das Lohnangebot der beschwerdeführenden Partei unter dem üblichen für diese Tätigkeit in Vorarlberg tatsächlich bezahltem Lohn gelegen sei. Davon ausgehend stützt die belangte Behörde ihre Entscheidung auf zwei Gründe:
a) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1 AuslBG erste Tatbestandsvoraussetzung) stünde der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung entgegen, weil für den offenen Arbeitsplatz geeignete namentlich bezeichnete Ersatzkräfte zur Verfügung gestanden seien, die vermittelt hätten werden können, wenn der von der beschwerdeführenden Partei angebotene Lohn den üblichen in Vorarlberg bestehenden Marktverhältnissen entsprochen hätte.
b) Mit ihrem Lohnangebot erfülle die beschwerdeführende Partei auch nicht die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 Z. 4:
Seien die Lohn- und Arbeitsbedingungen am Arbeitsmarkt nämlich besser als die gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegten Mindesterfordernisse, sei auf die tatsächlichen Lohn- und Arbeitsbedingungen abzustellen.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Da Gegenstand des Berufungsverfahrens die Frage war, ob die Nichterteilung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Bewilligung nach dem AuslBG durch die Behörde erster Instanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, konnte die belangte Behörde die Versagung dieser Bewilligung nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 auch auf andere Gründe als die Behörde erster Instanz stützen. Sie war daher berechtigt, bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzung die Versagung - insofern über die Behörde erster Instanz hinausgehend - auch auf § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG zu stützen.
§ 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG regelt nicht, welchen Lohn- und Arbeitsbedingungen (einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften) der ausländische Arbeitnehmer unterliegt. Diese Bestimmung knüpft vielmehr an allen einschlägigen in Betracht kommenden Rechtsvorschriften an, die diesen Gegenstand regeln.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, bedeutet das rechtserhebliche Tatbestandsmerkmal des "Gegebenerscheinens der Gewähr", daß keine Umstände vorliegen dürfen, die nach der Überzeugung der Behörde für das in Aussicht genommene Beschäftigungsverhältnis die künftige Einhaltung der in Betracht kommenden allgemeinen und besonderen lohn- und arbeitsrechtlichen Vorschriften (seit Novelle BGBl. Nr. 231/1988 auch der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften), insbesondere der gesetzlichen, satzungsgemäßen und kollektivvertraglichen Bestimmungen sowie jener der Arbeitsverfassung und des Arbeitnehmerschutzes, als zweifelhaft erscheinen lassen. Der Begriff "Arbeitsbedingungen" ist weit zu verstehen. Er erfaßt nicht bloß die Hauptleistungen aus dem Arbeitsvertrag, also insbesondere das Entgelt und andere aus dem Arbeitsverhältnis entspringende Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien, wie Arbeitszeit, Freizeit, Feiertagsarbeit, sondern überhaupt jede Frage, welche die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb oder Unternehmen betrifft (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0090 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Das österreichische Arbeitsrecht räumt im allgemeinen mangels einer entsprechenden Differenzierung ausländischen Arbeitnehmern einen Anspruch auf die gleichen Lohn- und Arbeitsbedingungen wie inländischen Arbeitnehmern ein (vgl. dazu SCHNORR, Kommentar zum Ausländerbeschäftigungsgesetz,
2. Auflage, Erl 5.3. zu § 4, Seite 51). Dies bedeutet - die Anwendbarkeit österreichischen Rechts auf das Arbeitsverhältnis des beantragten Ausländers ist im Beschwerdefall unbestritten gegeben - daß der Ausländer jedenfalls Anspruch auf die in den einschlägigen Rechtsvorschriften (einschließlich Kollektivvertrag) festgelegten Mindestlohn- oder Arbeitsbedingungen hat (vgl. dazu SCHNORR, a.a.O., Erl 5.3.3., Seite 52).
Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall unbestritten erfüllt.
Bietet der Arbeitgeber jedoch dem beantragten ausländischen Arbeitnehmer für die beabsichtigte Tätigkeit den durch Rechtsvorschriften gebotenen Mindestlohn an, so erfüllt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand, daß hiefür auf dem (maßgeblichen) Arbeitsmarkt höhere Entgelte bezahlt werden, nicht den Versagungstatbestand nach § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß nach § 8 Abs. 1 AuslBG die Beschäftigungsbewilligung mit der Auflage zu verbinden ist, daß der Ausländer nicht zu schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen beschäftigt wird, als sie für die Mehrzahl der bezüglich der Leistung und Qualifikation vergleichbaren inländischen Arbeitnehmern des Betriebes gelten. Wenn die bei Erteilung der Beschäftigungsbewilligung festgesetzten Auflagen (§ 8; damit ist auch der Absatz 1 dieser Bestimmung erfaßt) nicht erfüllt werden, kann die Beschäftigungsbewilligung nach § 9 Abs. 2 lit. c AuslBG widerrufen werden.
Aus diesem im § 8 Abs. 1 AuslBG normierten Gleichbehandlungsgebot, das die Einräumung besserer, das heißt über dem rechtlich sonst gebotenen Mindeststandard liegender Lohn- und Arbeitsbedingungen sicherstellt, und seiner Bedeutung für die Beschäftigungsbewilligung läßt sich jedoch für die Rechtsauffassung der belangten Behörde, § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG erfasse die am Arbeitsmarkt bestehenden (günstigeren als die rechtlich gebotenen Mindeststandards) Lohn- und Arbeitsbedingungen nichts gewinnen: § 8 Abs. 1 AuslBG stellt nämlich auf die Betriebsverhältnisse des (antragstellenden) Arbeitgebers, nicht aber auf die Verhältnisse am Arbeitsmarkt schlechthin ab.
Die belangte Behörde hat der beschwerdeführenden Partei im angefochtenen Bescheid auch nicht vorgehalten, daß die Beschäftigung der beantragten Ausländerin zu den angebotenen Lohnbedingungen dem betrieblichen Gleichbehandlungsgebot im Sinne des § 8 Abs. 1 AuslBG zuwiderlaufe. Vor dem Hintergrund der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde kann es daher dahingestellt bleiben, ob ein Verstoß gegen das betriebliche Gleichbehandlungsgebot im Bewilligungsverfahren zu prüfen ist und nach § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG zur Versagung zu führen hat oder ob die Einhaltung des betrieblichen Gleichbehandlungsgebotes ausschließlich durch die Auflagenerteilung nach § 8 Abs. 1 in Verbindung mit der Widerrufsmöglichkeit nach § 9 Abs. 2 lit. c AuslBG zu wahren ist. Auf dem Boden des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes konnte sie die Versagung der Beschäftigungsbewilligung rechtmäßig nicht auf § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG stützen.
Dies führt die Beschwerde aber noch nicht zum Erfolg: Hat doch die belangte Behörde (wie bereits auch die Behörde erster Instanz) die Versagung der Bewilligung auch noch auf § 4 Abs. 1 erstes Tatbestandselement AuslBG gestützt.
Zu dem auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützten Versagungsgrund ist folgendes zu bemerken:
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist vorrangig (das heißt vor der zweiten - negativen - Tatbestandsvoraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG) zu prüfen, ob die "Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes" (erste Tatbestandsvoraussetzung nach der zitierten Bestimmung) die konkrete Beschäftigung des beantragten Ausländers zuläßt. Dies wird immer dann zu bejahen sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder ein im gegebenen Zusammenhang einem Inländer gleichzustellender oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die Beschäftigung zu den vom antragstellenden Arbeitgeber gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung erübrigt sich nur dann, wenn seitens des Arbeitsgebers die Stellung JEDER Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1989, Zl. 87/09/0279 sowie das Erkenntnis vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0030 und die dort jeweils angeführte Vorjudikatur).
Der Verwaltungsgerichtshof hat damit zum Ausdruck gebracht, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigung dann zuläßt, wenn der Arbeitgeber seine Nachfrage nach einer Arbeitskraft für eine bestimmte Beschäftigung aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht aus dem Arbeitskräfteangebot bestimmter Personen (Inländer, gleichgestellte oder begünstigte Ausländer) decken kann. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof immer auf die Bedeutung der Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere des Arbeitsrechtes, hingewiesen. Auch für das Arbeitsrecht gilt (in rechtlicher Hinsicht) die Vertragsfreiheit, die neben der Abschluß- und Beendigungsfreiheit vor allem die auf die inhaltliche Ausgestaltung abzielende Gestaltungsfreiheit umfaßt (vgl. dazu z.B. SPIELBÜCHLER in Spielbüchler/Floretta (Herausgeber), Arbeitsrecht Band I3, Seite 75), soweit sie nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften eingeschränkt ist. Unbeschadet des durch das AuslBG bewirkten Eingriffes in die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0057, vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/09/0085 und vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0148), die sich primär auf die Abschlußfreiheit auswirkt, hat es der Verwaltungsgerichtshof (vor dem Hintergrund der obigen Überlegungen) als Recht jedes Arbeitgebers bezeichnet, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt. Finden diese Anforderungen auch in objektiven Notwendigkeiten des Betriebes des Arbeitgebers ihre Grundlage, gehören sie zu den (gesetzlich) zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die von der Behörde bei der Prüfung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 leg. cit. zugrunde zulegen sind (vgl. in diesem Sinne z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1987, Zl. 87/09/0177 sowie vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0161). Das Erfordernis der sachlichen Berechtigung des Anforderungsprofiles beugt der Möglichkeit vor, durch beliebig aufgestellte Behauptungen eine scheinbar begründete Ablehnung von Ersatzkräften wegen deren Nichteignung hintanzuhalten, während in Wahrheit ausschließlich ein Interesse an dem in Aussicht genommenen Ausländer besteht, das eine ernsthafte Prüfung der Beschäftigung vorhandener Ersatzkräfte von vornherein ausschließt.
Auch die Höhe des Entgeltes für die nachgefragte Arbeitsleistung steht - unter Beachtung der rechtlichen Einschränkungen - zur Disposition des Arbeitgebers. Daß der Gesetzgeber bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzung "Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes" die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers über die in der Rechtsordnung (insbesondere im Arbeitsrecht) vorgesehenen Beschränkungen hinausgehend in dem von der belangten Behörde vertretenen Sinn einschränken wollte, (Beachtlichkeit der am Arbeitsmarkt bezahlten über den Mindestlöhnen liegenden Entgelte) läßt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aus dieser Bestimmung nicht ableiten. Die belangte Behörde konnte daher die Abweisung der Beschäftigungsbewilligung im Beschwerdefall auch nicht darauf stützen, daß Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung entgegenstünden: War es nämlich zulässig, ungeachtet der tatsächlich am Arbeitsmarkt für die nachgefragte Tätigkeit gezahlten Löhne ein Entgelt anzubieten, das knapp über dem hiefür bestehenden kollektivvertraglichen Mindestlohn in Vorarlberg lag, konnte die Behörde die mangelnde Bereitschaft an sich in Frage kommender namentlich genannter Ersatzkräfte, zu diesen Lohnbedingungen zu arbeiten, nicht als durch eine gesetzlich unzulässige Bedingung der beschwerdeführenden Partei (Arbeitgeber) ausgelöste Verhaltensweise ansehen, die dieser zurechnen war, und daher auch nicht den Schluß ziehen, die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes stünde der beantragten Beschäftigung entgegen, weil geeignete Arbeitskräfte (unter der Voraussetzung der Zahlung eines entsprechenden marktüblichen Entgelts) zur Verfügung stünden.
Im Beschwerdefall bleibt damit noch zu prüfen, ob der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt, bei dessen rechtlich zutreffender Würdigung die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht entgegenstand, nicht nach der zweiten Tatbestandsvoraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG (entgegenstehende wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen) im Beschwerdefall die Versagung der Bewilligung deckt.
Bei der Ermittlung der unbestimmten Gesetzesbegriffe "wichtige öffentliche Interessen" oder "gesamtwirtschaftliche Interessen" im Sinn des § 4 Abs. 1 AuslBG ist (nach der im Hinblick auf Art. 18 Abs. 1 B-VG gebotenen verfassungskonformen Interpretation) auf jene normativ konkretisierten Tatbestände des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zurückzugreifen, die mit dieser Bestimmung in Zusammenhang stehen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1987, Zl. 87/09/0029, vom 20. Oktober 1988, Zl. 88/09/0115 sowie vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0010). Dabei handelt es sich vor allem um die Bestimmungen der §§ 4 Abs. 3, 13 und 14 AuslBG. Die im § 13 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 AuslBG vorgesehenen Maßnahmen (vgl. zu letzteren Abs. 2 leg. cit.) können bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen sowohl für das gesamte Bundesgebiet als auch für einen oder mehrere Landesarbeitsamtsbereiche verfügt werden. Daraus leitet der Verwaltungsgerichtshof ab, daß (jedenfalls) das Vorliegen entgegenstehender wichtiger öffentlicher Interessen auch dann, wenn sie auf einen territorial begrenzten Bereich beschränkt sind, zur Versagung der Beschäftigungsbewilligung führt (vgl. in diesem Sinne bereits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0010).
Nach § 8 Abs. 2 erster Satz AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung weiters mit der Auflage zu verbinden, daß zur Erhaltung der Arbeitsplätze inländischer Arbeitnehmer im Falle
a) der Verringerung der Anzahl der Arbeitsplätze die Beschäftigungsverhältnisse der Ausländer vor jenen der inländischen Arbeitnehmer zu lösen sind;
b) von Kurzarbeit im Sinne des Arbeitsmarktförderungsgesetzes vor deren Einführung die Beschäftigungsverhältnisse der Ausländer zu lösen sind, wenn dadurch Kurzarbeit auf längere Sicht verhindert werden könnte.
Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß im Fall der Betriebseinschränkung bzw. drohenden Kurzarbeit ausländische Arbeitnehmer vor inländischen Arbeitnehmern zu kündigen sind. Damit bringt der Gesetzgeber einen bedeutsamen Schutzzweck des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nämlich die Erhaltung der Vollbeschäftigung inländischer Arbeitnehmer, deutlich zum Ausdruck, dessen Wahrung ein wichtiges öffentliches Interesse im Sinn des § 4 Abs. 1 zweiter Tatbestand darstellt. Diesem Schutzzweck würde es zuwiderlaufen, wenn in einer Branche ausländische Arbeitnehmer, die zum Mindestlohn beschäftigt werden sollen, inländische Arbeitnehmer frei setzen, weil diese zu einem höheren Lohnniveau beschäftigt werden. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, daß dabei nicht jede Beeinträchtigung der Vollbeschäftigung inländischer Arbeitskräfte geeignet ist, die im Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zu tragen: Vielmehr muß es sich um nachhaltige (drohende oder bereits eingetretene) wesentliche Beeinträchtigungen durch Freisetzen bisher Beschäftigter handeln. Dies ist aus den die besondere Bedeutung der geschützten Interesse allgemein umschreibenden Wendungen im § 4 Abs. 1 ("WICHTIGE öffentliche Interessen oder GESAMTWIRTSCHAFTLICHE Interessen") abzuleiten. Bei Vorliegen einer wie oben umschriebenen nachhaltigen Verdrängungssituation am Arbeitsmarkt lägen wichtige öffentliche Interessen vor, die zur Versagung einer beantragten Beschäftigungsbewilligung zu führen haben.
Der im Beschwerdefall von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt reicht für sich allein aber nicht aus, die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 1 zweites Tatbestandselement AuslBG zu stützen, fehlt doch in ihm jeder Hinweis darauf, daß eine derartige Verdrängungssituation auf dem Vorarlberger Arbeitsmarkt in bezug auf die beantragte Beschäftigung besteht.
Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil sie der beantragten Beschäftigungsbewilligung - ausgehend von einer unrichtigen Auslegung der von ihr herangezogenen Versagungstatbestände (§ 4 Abs. 3 Z. 4 und § 4 Abs. 1 erstes Tatbestandselement AuslBG) - versagt hat und auf dem Boden ihrer Sachverhaltsfeststellung diese Versagung auch nicht auf einen anderen Versagungstatbestand gestützt werden kann. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Verfahrensmängel.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988090142.X00Im RIS seit
31.07.2001Zuletzt aktualisiert am
17.05.2009