TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/18 90/09/0035

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Veröffentlicht am 18.10.1990
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

ADV §1;
ADV §3 Abs1;
BDG 1979 §36;
BDG 1979 §43 Abs1;
HDG 1985 §2 Abs1 Z1 idF 1988/342;
WehrG 1990 §1 Abs3 Z3;

Betreff

A gegen Disziplinarvorgesetzten (Kommandant des Kommandobataillons) vom 22. Jänner 1990, Zl. 346-3170/01/90, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist Soldat im Sinn des § 1 Abs. 2 Z. 2 des Heeresdisziplinargesetzes 1985 (HDG), BGBl. Nr. 294 in der Fassung des Art. III Z. 2 des Wehrrechtsänderungsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 342. Seine Dienststelle ist die X-Kompanie des Kommandobataillons, bei der er auf dem Arbeitsplatz "Wirtschaftsunteroffizier/Verpflegung" diensteingeteilt ist.

Mit Bescheid des Kommandanten der X-Kompanie des Kommandobataillons vom 8. Jänner 1990 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 48 Abs. 2 in Verbindung mit § 61 Abs. 1 HDG die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von S 2.500,-- verhängt, weil er im Monat Oktober 1989 entgegen der Militärwirtschaftsvorschrift Verpflegung (im folgenden MWV-V) als "WiUO/Vpf" gearbeitet und somit gegen § 43 Abs. 1 BDG 1979 sowie § 3 Abs. 1 ADV verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 2 Abs. 1 HDG begangen habe. Aus der Begründung des Bescheides der Disziplinarbehörde erster Instanz ergibt sich, daß dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, er habe es als eingeteilter Verpflegsstandesführer im Kalendermonat Oktober 1989 grob fahrlässig unterlassen, die täglich geforderte Erstellung des Verpflegsstandessummars sowie die Eintragung in den Verpflegsstandesnachweis vorzunehmen und das Kostteilnehmersummar zu führen. In der Begründung wurde unter anderem auch als Erschwerungsgrund angeführt, der Beschwerdeführer habe damit Dienstpflichten nicht erfüllt, die er schriftlich durch seinen Fachvorgesetzten am 17. Jänner 1989 übertragen erhalten habe.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es sei zutreffend, daß sein Fachvorgesetzter anläßlich einer Besprechung im Jänner 1989 festgelegt habe, daß der Beschwerdeführer an Stelle des bisher damit betrauten OStv W das Verpflegsstandessummar sowie den Verpflegsstandesnachweis hätte führen sollen. Auf Grund der dem Beschwerdeführer gegenüber abgegebenen Erklärung des W., er werde mit dem Vorgesetzten sprechen, daß er wie bisher Verpflegsstandessummar und -nachweis führen werde sowie der Führung dieser Unterlagen durch W. habe der Beschwerdeführer keine Bedenken gehabt, daß das Gespräch mit dem Vorgesetzten stattgefunden habe und dieser mit der von W. vorgeschlagenen Vorgangsweise einverstanden gewesen sei. Ferner bestritt der Beschwerdeführer, das Kostteilnehmersummar (soweit er sich nicht im Kalendermonat Oktober auf Urlaub befunden habe) nicht täglich geführt zu haben: Den voraussichtlichen Kostteilnehmerstand habe er mit Bleistift erstellt und ihn Vizeleutnant N übermittelt. Den tatsächlichen Kostteilnehmerstand habe er direkt und rechtzeitig dem jeweiligen Schichtführer der Truppenküche bekanntgegeben. Da eine schuldhafte Handlung bzw. Unterlassung nicht vorliege, fehle es an der Voraussetzung einer disziplinären Bestrafung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Jänner 1990 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 36 Abs. 2 HDG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid der Behörde erster Instanz.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens (soweit dies für die vorliegende Beschwerde von Bedeutung ist) aus, die Zeugenaussage des (Fachvorgesetzten) Olt. H, des N. und W. hätten eindeutig bestätigt, daß der Beschwerdeführer als Verpflegsstandesführer seiner Pflicht im Kalendermonat Oktober 1989 in keiner Weise nachgekommen sei. W. stehe nicht bzw. sei auch nicht in einem Untergebenenverhältnis zum Beschwerdeführer gestanden: Der Beschwerdeführer habe somit nicht das Recht gehabt, Arbeiten an ihn zu delegieren, ganz gleich, ob W. dazu bereit gewesen sei oder nicht. Die am 13. November 1989 infolge eines Krankenstandes des Beschwerdeführers zur Fertigstellung der Verpflegsakten notwendige Öffnung seines Schreibtisches habe einen chaotischen Ordnungszustand ergeben. Nach mehreren Stunden Recherchierens sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer weder das tägliche Verpflegsstandessummar erstellt noch die aktuellen Tagesdaten in den Verpflegsstandesnachweis eingetragen habe. N. habe außerdem gemeldet, daß ihm das täglich schriftlich zu erstellende Kostteilnehmersummar nie übermittelt worden sei. Der Aussage des Beschwerdeführers, er wäre im Oktober zeitweise in Urlaub gewesen, habe keine Bedeutung beigemessen werden können, denn ab 3. November 1989 bis 7. November 1989, dem letzten Tag seiner Erkrankung, hätte der Beschwerdeführer seine Arbeiten spielend vollziehen können. Obgleich sein Verteidiger nach wie vor die Meinung des Beschwerdeführers vertrete, habe er jedoch festgestellt, daß es sich bei den durch den Beschwerdeführer begangenen Unterlassungen, wenn überhaupt, lediglich um einen Fall von Fahrlässigkeit handeln habe können. Es stehe daher eindeutig fest, daß der Beschwerdeführer seinen Dienstpflichten im Kalendermonat Oktober 1989 aus Fahrlässigkeit nicht nachgekommen sei, was somit ein Festhalten an der verhängten Strafe eindeutig gerechtfertigt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer seinem gesamten Vorbringen nach in dem Recht verletzt, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG disziplinär zur Verantwortung gezogen zu werden. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, er sei seit September 1972 als Wirtschaftsunteroffizier/Verpflegung bei seiner Dienststelle eingeteilt. Die Aufgaben eines Wirtschaftsunteroffiziers/Verpflegung seien im Punkt 9.72 der MWV-V (berichtigte Ausgabe: Erlaß des Bundesministeriums für Landesverteidigung, Zl. 50.419/26-4.7/86-Stand: Jänner 1986) geregelt.

Aus Punkt 9.71 der MWV-V gehe aber hervor, daß die Führung und Ablage des Verpflegs-Standessummars sowie die Erstellung und Ablage des Kostteilnehmersummars dem Kochstellenleiter obliege. Als Kochstellenleiter war und sei nach wie vor Vizeleutnant N. eingeteilt. Ein Anwendungsfall des Punktes 9.72, in dem die Aufgaben des Kochstellenleiters vom Wirtschaftsunteroffizier/Verpflegung zu besorgen sei, sei im Kalendermonat Oktober 1989 während seiner dienstlichen Anwesenheit nicht erfolgt. Da der Beschwerdeführer nach der MWV-V nicht die Aufgabe eines Kochstellenleiters wahrzunehmen habe und er auch keinerlei Weisung gehabt habe, in der Zeit seiner Anwesenheit im Kalendermonat Oktober 1989 den im Dienst befindlichen Kochstellenleiter zu vertreten, könne er nicht die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen begangen haben.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG, BGBl. Nr. 294/1985 in der Fassung des Art. III Z. 4 des Wehrrechtsänderungsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 342, sind Soldaten (die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zu diesem Personenkreis ist unbestritten gegeben) disziplinär wegen Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten zur Verantwortung zu ziehen.

Auf den Beschwerdeführer, der Beamter in Unteroffiziersfunktion ist (§ 1 Abs. 3 Z. 3 des Wehrgesetzes, BGBl. Nr. 305/1990) findet mangels einer abweichenden Vorschrift das BDG 1979 Anwendung. Damit gelten für den Beschwerdeführer auch die die Dienstpflichten des Beamten regelnden Bestimmungen der §§ 43 ff BDG 1979.

Nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach § 1 der Verordnung der Bundesregierung vom 9. Jänner 1979 über die Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV), BGBl. Nr. 43 gelten die Allgemeinen Dienstvorschriften für alle Soldaten. Für Soldaten, die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören, gelten die Allgemeinen Dienstvorschriften jedoch nur insoweit, als in den dienstrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Der Soldat hat auf Grund seiner Verantwortung für eine erfolgreiche Landesverteidigung jederzeit bereit zu sein, mit allen seinen Kräften den Dienst zu erfüllen. Er hat alles zu unterlassen, was das Ansehen des Bundesheeres und das Vertrauen der Bevölkerung in die Landesverteidigung beeinträchtigen könnte (§ 3 Abs. 1 ADV).

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob der Beschwerdeführer verpflichtet war, bestimmte Aufgaben, deren Nichterfüllung ihm im Monat Oktober 1989 zur Last gelegt wurde, wahrzunehmen, ob diese also zu seinen dienstlichen Aufgaben gehören. Der Beschwerdeführer, der unbestritten als Wirtschaftsunteroffizier/Verpflegung tätig ist, bestreitet dies unter Hinweis auf die Bestimmungen der MWV-V, die diese Aufgaben dem Kochstellenleiter, nicht aber dem Wirtschaftsunteroffizier/Verpflegung zuweisen.

Dienstliche Aufgaben sind alle mit dem Arbeitsplatz des Beamten (§ 36 BDG 1979) verbundene Aufgaben. Ihre Festlegung erfolgt in der Regel durch generelle bzw. individuelle Weisungen.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß

1. die MWV-V (ein Erlaß des Bundesministeriums für Landesverteidigung) bestimmte aufgezählte Aufgaben der Verpflegswirtschaft, die von Unteroffizieren und Bediensteten der Heeresverwaltung wahrgenommen werden können, zu bestimmten Funktionseinheiten zusammenfaßt,

2. die MWV-V unter anderem die Funktionen "Kochstellenleiter" (Punkt 9.71) und "Wirtschaftsunteroffizier/Verpflegung" (Punkt 9.72) unterscheidet und

3. die im Beschwerdefall strittigen Aufgaben (deren Nichterfüllung dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werden) nach Punkt 9.71 MWV-V zu den Aufgaben des Kochstellenleiters gehören ("Verpflegs-Standessummar, Führung und Ablage"; "Verpflegs-Standesnachweis, Führung"; "Kostteilnehmersummar, Erstellung und Ablage"), während dem Wirtschaftsunteroffizier/Verpflegung neben verschiedenen anderen Aufgaben (die sich von denen des Kochstellenleiters unterscheiden) die "Aufgaben des Kochstellenleiters außerhalb ortsfester Küchenanlagen" zugewiesen werden.

Aus der MWV-V allein läßt sich aber im Beschwerdefall für den Beschwerdeführer nichts gewinnen. Schon aus den Eingangsworten des Punktes 9.7 dieser Vorschrift ("Die Unteroffiziere und Bediensteten der Heeresverwaltung haben im Rahmen ihrer Dienstverwendung bei der Verpflegswirtschaft nachstehende Aufgaben: ....") geht deutlich hervor, daß der Dienstverwendung des angesprochenen Personenkreises entscheidende Bedeutung zukommt. Damit wird auf den jeweiligen Arbeitsplatz verwiesen. Im Beschwerdefall hat nach den Verwaltungsakten der Leiter der Wirtschaftsstelle, Olt. H., die konkrete Verteilung der Aufgaben der Verpflegswirtschaft in einer Besprechung am 17. Jänner 1989 auf Vizeleutnant N., den Beschwerdeführer und OStv W. vorgenommen. Nach dem schriftlich festgehaltenen Ergebnis dieser Besprechung kommen dem Beschwerdeführer folgende Aufgaben zu:

"VZLT. A:

Kostteilnehmerstandesführung, Führung des Verpflegsstandes-Summar, Erstellung der Verpflegsgebühren-Aufrechnung, Erstellung des Gesamt-Gebarungserfolges, Unterstützung des Vzlt. N, Augenmerk auf Reinhaltung der Küche."

Vzlt. N hat demnach folgende Aufgaben zu besorgen:

"VZLT. N:

Verantwortung der Betriebsordnung, Wareneinkauf, Warenübernahme, Warenlagerung, Warenausgabe, Führung des Warenausgabescheines, Nachweisung in Warenkartei und Führung der Belege und Warenkartei, Führung der Verpflegs-Tagesabrechnung, Diensteinteilung des Küchenpersonals."

Die Behörde erster Instanz hat sich auch auf dieses Besprechungsprotokoll vom 17. Jänner 1989 berufen; der Beschwerdeführer selbst hat es in seiner Berufung ausdrücklich als zutreffend bezeichnet, daß ihm auf Grund dieser Besprechung die Führung des Verpflegsstandessummars und Verpflegsstandesnachweises als (neue) Aufgabe zugewiesen wurde. Daß die Führung des Kostteilnehmersummars nicht zu seinen dienstlichen Aufgaben gehört habe, hat der Beschwerdeführer erstmals in seiner Beschwerde vorgebracht.

Ausgehend von dem Arbeitsplatz des Beschwerdeführers kann es aber keinem Zweifel unterliegen, daß die im Beschwerdefall strittigen Aufgaben zu den dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers gehörten, zu deren Besorgung er verpflichtet war. Ohne Bedeutung ist es dabei, daß diese Aufgaben nach der MWV-V einen Teilbereich der dem Funktionsträger "Kochstellenleiter" abstrakt zugewiesenen Aufgaben darstellt,

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall von einer Verletzung der dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten, nämlich der Erfüllung bestimmter von ihm zu besorgender Aufgaben, ausging. Im Rahmen des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Beschwerdepunktes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG liegt demnach kein Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers vor.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090035.X00

Im RIS seit

18.10.1990

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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