TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/18 90/09/0065

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Veröffentlicht am 18.10.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
64/03 Landeslehrer;

Norm

LDG 1984 §62 Abs2;
LDG 1984 §66 Abs1 Z2;
LDG 1984 §66 Abs3;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde N gegen den Bescheid der Leistungsfeststellungsoberkommission für Landeslehrer beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 9. Juni 1989, Zl. LOK-7/2-1989, betreffend Leistungsfeststellung für das Schuljahr 1987/88, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Salzburg. Im Beurteilungszeitraum (Schuljahr 1987/88) war sie an der Hauptschule T als Lehrerin in den Fächern Deutsch, Geschichte, Leibesübungen und bildnerische Erziehung tätig.

Am 14. Jänner 1988 unterfertigte die Beschwerdeführerin ihrem Schulleiter gegenüber nachstehende Erklärung:

"Ich bestätige, daß mich am Montag, dem 11.1.1988, der Leiter der HS T, HD R, in die Direktion gebeten und mir seine Beobachtungen über meinen Unterricht vorgelesen hat. In dem folgenden Gespräch hat er mir erklärt, daß dieser Unterricht die dienstliche Leistung 'den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht erbracht' bedeuten würde.

Ich erhielt von HD R folgende Weisungen:

1. Mindestens 10 Minuten vor dem Unterrichtsbeginn in der Schule zu sein,.

2. im LÜ Unterricht nicht die Straßenkleidung anzulassen, sondern einen Trainingsanzug zu verwenden. Weiters sollte ich die Knaben in allen Sparten der LÜ unterrichten (z.B. Geräteturnen, Bodenturnen, Schilauf, Schwimmen, Leichtathletik).

3. Im GS Unterricht soll mit anderen Methoden gearbeitet werden (Darbietung des Lehrstoffes durch die Lehrkraft, Verwendung von Lehrmitteln, Entwicklung von gut gegliederten, überschaubaren Merktexten, Hinweis auf das Buch 'Der Merkstoff im Sachunterricht').

4. Ich sollte mehr auf Disziplin in der Klasse achten. Verhält sich ein Schüler nicht richtig, kann ich ihn zum Schulleiter schicken, das wird keineswegs als Schwäche empfunden.

5. Die Vorführung von Unterrichtsfilmen sollte eingeschränkt werden. 'So viel Filme als nötig vorführen, nicht so viele als möglich!' Die Filme sind vorzubereiten und zu besprechen. Ich nehme die Ermahnung, derzeit 'den zu erwartenden

Arbeitserfolg nicht erbracht' zu haben, zur Kenntnis."

Am 28. Oktober 1988 erstattete der Schulleiter

nachstehenden Bericht über die dienstlichen Leistungen der Beschwerdeführerin im Schuljahr 1987/88:

"Vermittlung des im Lehrplan vorgeschriebenen Lehrstoffes gemäß dem Stand der Wissenschaft sowie unter Beachtung der dem Unterrichtsgegenstand entsprechenden didaktischer und methodischen Grundsätze: Lehrstoff nicht dem Lehrplan entsprechend, keine übersichtliche Darstellung des Merkstoffes, große Schwierigkeiten mit der Disziplin während der Stunden, viele Kopien statt gut vorbereiteter Tafelbilder (oft am Beginn der Stunde gemacht) Erzieherisches Wirken: Kann nicht beurteilt werden, doch kümmert sich die Kollegin wenig um Ordnung in Klassen und BE Raum, Unterrichtsverlauf nicht planvoll, und zügig, keine annähernde Schulschrift in die Heften.

Die für die Unterrichts- und Erziehungstätigkeit

erforderliche Zusammenarbeit mit den anderen Lehrern sowie mit den Erziehungsberechtigten: Ist kaum gegeben, keine Zusammenarbeit mit dem D-Koordinator, in BE große Probleme mit den anderen Kolleginnen (Unordnung, Zeichenblöcke verschwinden ...) Erfüllung übertragener Funktionen (wie Klassenvorstand, Abteilungsvorstand, administrative Aufgaben): Kann nicht beurteilt werden, da der Kollegin keine Funktionen übertragen wurden. Zusammenfassend wird vom Leiter berichtet, daß der Landeslehrer im Schuljahr 1987/88 den zu erwartenden Arbeitserfolg

trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen

hat."

Diesem Bericht fügte der Schulleiter eine Abschrift der der Beschwerdeführerin erteilten Ermahnung, von der Beschwerdeführerin nicht unterfertigte Berichte über weitere Gespräche mit ihr vom 13. Juni 1988 und vom 1. Juli 1988 sowie einen mit 20. Oktober 1988 datierten Ergänzungsbericht an den Bezirksschulrat über das Verhalten der Beschwerdeführerin an einzelnen Tagen des Beurteilungszeitraumes hinzu, dessen Entgegennahme die Beschwerdeführerin verweigert hatte. Am B. November 1988 erstattete ferner der zuständige Bezirksschulinspektor nachstehenden Bericht:

"Aus folgen Gründen stimmt der Bezirksschulinspektor dem Bericht des Direktors zu:

1. HL N wurde am 28.9.1987, also im Berichtszeitraum, in einer GS-Stunde der 4 B/II-Klasse der HS St. Gilgen inspiziert. Die Lehrerin führte dabei 2 Filme vor: 'Was ist der dritte Stand?' und 'Schichtwechsel in Europa'. Beide Filme passen zum Lehrstoff der

3. Klasse, gemäß damals gültigem Lehrplan hätte die 4. Klasse mit dem Wiener Kongreß zu beginnen gehabt. Im Hinblick auf die Stoffmenge der 4. Klasse (Wiener Kongreß bis Gegenwart:) bedeutet der Umstand, daß zu Beginn der 3. Schulwoche noch Filme zum Stoff des Vorjahres gezeigt werden, einen Beweis für ungenügende Vorbereitung und Planlosigkeit. Dieser Vorwurf muß im Hinblick auf das Bedenkjahr 1988 noch verstärkt erhoben werden, da der Schwerpunkt des GSUnterrichtes in diesem Schuljahr besonders auf NS-Zeit, 2. Weltkrieg und 2. Republik zu legen war. Frau HL N wurde am 28.9.1987 in Gegenwart des Direktors ausführlich belehrt und aufgefordert, den Lehrplan zu beachten und für eine gründliche Vorbereitung zu sorgen.

2. Bereits in den Vorjahren wurde immer

wieder festgestellt, daß die Lehrerin den Lehrplan ignoriert und Zeit durch das Vorführen nicht zum Lehrstoff passender Filme vertrödelt. Aus dem Bericht des Direktors ist zu entnehmen, daß es in dieser Hinsicht auch während des Schuljahres 1987/88 zu keiner Besserung kam.

3. Auch die übrigen Kritikpunkte im Bericht des Direktors werden nicht zum erstenmal erhoben, sondern decken sich weitgehend mit Beobachtungen aus der Zeit ab Schuljahr 1983/84 bis Schuljahr 1986/87 (HS S, PL Z, HS H).

Der Bezirksschulinspektor stellt daher fest, daß HL N im Schuljahr 1987/88 den zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen hat."

Sowohl zum Bericht des Schulleiters als auch zu jenem des Bezirksschulinspektors erstattete die Beschwerdeführerin schriftliche Stellungnahmen, in welchen sie ausführlich auf die gegen sie erhobenen Vorwürfe einging und diese Vorwürfe bestritt. Zur betreffenden Gegenstellungnahme ergänzte der Bezirksschulinspektor seinen Bericht durch eine weitere schriftliche Stellungnahme vom 29. November 1988.

Auf Grund dieser Beweismittel stellte die Bezirks-Leistungsfeststellungskommission für Landeslehrer bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (BLK) mit Bescheid vom 29. Dezember 1988 auf Grund der §§ 61 bis 68 des Landesiehrerdienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 idgF (LDG) fest, daß die Beschwerdeführerin "für das Schuljahr 1987/88 den von ihr zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen" habe. In der Begründung dieses Bescheides ging die BLK davon aus, daß die von der Beschwerdeführerin unterschriebene Erklärung vom 14. Jänner 1988 als ausreichend für eine schriftliche Ermahnung im Sinn des Gesetzes zu erachten sei. Nach wörtlicher Wiedergabe des Leiterberichtes sowie des Beiblattes hiezu vom 20. Oktober 1988, des Berichtes des Bezirksschulinspektors sowie der schriftlichen Stellungnahmen der Beschwerdeführerin zu den Berichten des Schulleiters und des Bezirksschulinspektors hielt die BLK fest, daß sie Beweis erhoben habe "durch die Wahrnehmung des Direktors und die Überprüfung des Bezirksschulinspektors". Danach sei als erwiesen anzunehmen, daß der Schulleiter nach nachweislicher Ermahnung der Beschwerdeführerin über diese einen negativen Bericht erstattet habe und daß der Bezirksschulinspektor am 28. Oktober 1987 durch eigene Wahrnehmungen festgestellt habe, daß ein nicht zum Lehrstoff der 4. Klasse passender Film ("Was ist der dritte Stand?") vorgeführt worden und ein zweiter Film ("Schichtwechsel in Europa") zum Einsatz vorbereitet gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe dies zwar hinsichtlich des zweiten Filmes bestritten, doch sei ihre Darstellung dadurch widerlegt, daß sie sowohl in der Landesbildstelle als auch in der Hauptschule T als Entlehnerin ausgewiesen sei. Die ungenügende Bewältigung des Lehrstoffes ergebe sich auch aus den eigenen handschriftlichen Eintragungen der Lehrerin im Klassenbuch. Zum erzieherischen Wirken zeige die Bemerkung "Dich prüfe ich, bis du auf Nichtgenügend stehst" die Mängel der Beschwerdeführerin an erzieherischer Qualität. Die Disziplinschwierigkeiten seien vom Bezirksschulinspektor wahrgenommen und vom Leiter mehrfach festgestellt und auch von der Beschwerdeführerin zugegeben worden. Mangelhafter Ordnungssinn ergebe sich aus dem Leiterbericht. Gleiches gelte auch für die ungenügende Zusammenarbeit. Der Gegendarstellung halte der Fachkoordinator (gemeint offenbar für das Fach Deutsch) entgegen, daß die Beschwerdeführerin sich wiederholt nicht an vereinbarte Termine gehalten habe. Weiters habe sie eine Kollegin vor den Kindern der Lüge bezichtigt. Nachlässigkeit in der Erfüllung übertragener Aufgaben ergebe sich ebenfalls aus den Leiterberichten, wonach die Beschwerdeführerin am 7. April 1988 die ihr anvertraute Gruppe am Schihang verlassen und sich vor die Schihütte gesetzt habe. Für die BLK seien die Feststellungen des Direktors sowie des Bezirksschulinspektors maßgeblich gewesen. Diesen müsse eine größere Beweiskraft zugemessen werden als den Gegendarstellungen der Beschwerdeführerin, welche die gegen sie erhobenen, auf dienstlichen Wahrnehmungen der zuständigen Organe beruhenden Feststellungen bzw. Erhebungen weniger bestritten "als vielmehr herunterzuspielen" getrachtet habe. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie zu allen gegen sie erhobenen Vorwürfen ausführlich Stellung nahm. So begründete sie die Vorführung des Filmes "Was ist der dritte Stand?" am Beginn des Schuljahres in einer 4. Klasse damit, daß Wissenslücken der Schüler hinsichtlich der für den Lehrstoff des begonnenen Schuljahres notwendigen Vorkenntnisse zutage getreten seien, eine Wiederholung daher sinnvoll und notwendig gewesen sei. Den Film "Schichtwechsel in Europa" habe sie überhaupt nicht vorgeführt. Klassenbucheintragungen seien ihr nie vorgehalten worden; sie habe entgegen der Feststellung im erstinstanzlichen Bescheid den Unterrichtsstoff in allen Klassen bewältigt. Sie bestritt ferner, eine Äußerung wie "Dich prüfe ich, bis du auf Nichtgenügend stehst" jemals gemacht zu haben.

Disziplinschwierigkeiten seien bei ihr nicht in höherem Maße als bei anderen Lehrkräften aufgetreten. Der Vorwurf mangelnden Ordnungssinnes sei unberechtigt. Mangelnde Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Koordinator liege nicht vor, weil eine Besprechung von diesem nie angeordnet worden sei. Es sei auch nicht richtig, daß sie vor Kindern eine Kollegin der Lüge bezichtigt habe. Sie habe auch nie Schüler beim Schifahren unbeaufsichtigt gelassen, sondern nur einmal wegen enormer Kniegelenksschmerzen eine Kollegin für eine Abfahrt um Beaufsichtigung ihrer Gruppe ersucht. Die Beschwerdeführerin machte ferner geltend, der Bezirksschulinspektor sei als Mitglied der in erster Instanz eingeschrittenen Behörde befangen gewesen. Eine schriftliche Ermahnung der Beschwerdeführerin habe am 14. Jänner 1988 stattgefunden, danach seien die beanstandeten Mängel nicht mehr aufgetreten und der Beschwerdeführerin auch erst im negativen Leiterbericht vom Herbst 1988 zur Kenntnis gebracht worden. Vorwürfe im Sinne der Details laut dem ergänzenden Leiterbericht seien der Beschwerdeführerin nie gemacht worden, sie könne dazu nach so langer Zeit nicht mehr im einzelnen Stellung nehmen. Die negative Wertung durch den Bezirksschulinspektor sei völlig unverständlich, es habe sie dieser nur einmal, Ende September 1987, inspiziert. Im Frühjahr 1988 habe der Schulleiter dem Bezirksschulinspektor mitgeteilt, daß nun mit der Beschwerdeführerin alles in Ordnung sei. Positive Leistungen seien bei der Beurteilung der Beschwerdeführerin völlig außer Betracht geblieben. Sie habe den zu erwartenden Arbeitserfolg jedenfalls aufgewiesen.

Die belangte Behörde hielt im Berufungsverfahren eine mündliche Verhandlung ab, bei welcher der Bezirksschulinspektor, der Schulleiter und die Beschwerdeführerin einvernommen wurden. Die Beschwerdeführerin gab dabei u.a. an, ihre Schwierigkeiten mit Schulleitern und Kollegen seien wahrscheinlich auch auf wiederholte Krankenstände durch psychosomatische Beschwerden zurückzuführen; sie vermute, daß derartige Konflikte auf eine bei ihr gesehene Arroganz und betonte Selbständigkeit zurückzuführen seien. Dieser Eindruck sei von ihr nicht beabsichtigt gewesen, sondern vermutlich sogar als eine Art "Selbstschutz" entstanden. Der Schulleiter gab u. a. an, er habe bisher noch nie einen Bericht "auf Unternorm" erstattet. Bei Gesprächen mit der Beschwerdeführerin über ihre Leistungen habe er einerseits Kritik im Sinne seiner Aufzeichnungen vom 20. Oktober 1988 geübt, anderseits habe er in Teilbereichen seine Zufriedenheit geäußert. Gegen Ende des Schuljahres habe er mit der Beschwerdeführerin "kritische Gespräche führen müssen und geführt". Im übrigen verwies der Zeuge auf seine schriftlichen Darlegungen und auf Mitteilungen aus dem Kollegenkreis, bzw. der Schüler und Eltern. Der Bezirksschulinspektor berief sich auf seinen Klassenbesuch am 28. September 1987, der allerdings nur ca. 5 Minuten lang gedauert habe, sowie auf Kontakte mit dem Schulleiter und mit der Beschwerdeführerin im Frühjahr 1988. Seine Befürchtung, die Beschwerdeführerin würde im Geschichtsunterricht nicht "ganz zurande" kommen, sei eingetreten; dies sei sicher kein Einzelfall, aber auch dann nicht voll zu akzeptieren. Die Beschwerdeführerin ergänzte ihre Aussage mit dem Hinweis, ihr Verhalten habe sich nach der Ermahnung vom 14. Jänner 1988 (im positiven Sinne) geändert.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Juni 1989 hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß 66 AVG 1950 in Verbindung mit § 4 des Salzburger Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes und mit § 62 LDG als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde eine ausführliche Darstellung des ihrer Entscheidung vorangegangenen Verfahrens in erster und in zweiter Instanz. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde vorerst auf die behauptete Befangenheit des Bezirksschulinspektors ein, verwarf aber den diesbezüglichen Berufungsvorwurf mit der Begründung, daß die Mitgliedschaft des Bezirksschulinspektors bei der in erster Instanz eingeschrittenen Behörde im Gesetz vorgesehen sei. Aus den aufgenommenen Beweisen ergebe sich, "daß die Ausführungen des Berufungswerbers in der Berufung vom 13.1.1989 eigentlich in allen Punkten ins Leere gehen". Der Bezirksschulinspektor habe die Beschwerdeführerin zwar nur einmal fünf Minuten lang inspiziert, doch habe er sich über den gesamten Berichtszeitraum auch in Gesprächen mit dem Schulleiter ein ausführliches Bild über die Leistungen der Beschwerdeführerin verschafft. Der Schulleiter habe die Beschwerdeführerin permanent beobachtet und kontrolliert und habe auch über das ganze Jahr an Hand konkreter Aufzeichnungen Gespräche mit der Beschwerdeführerin geführt. Im Hinblick darauf, daß dies sein erster Leistungsfeststellungsantrag auf "Unternorm" sei, könne ein ausgewogener Maßstab bei der Beschreibung angenommen werden. Im Zusammenhang mit den Aussagen über die Prüfung des Schülers M komme die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß hier wohl eine mangelnde Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen und der Verordnung über die Leistungsbeurteilung durch eine Hauptschullehrerin zutage trete. Prüfungen in fremden Stunden bzw. die Nichtzurückweisung eines Ansinnens auf eine Prüfung zwei Tage vor der Zeugnisverteilung und damit nach der Beurteilungskonferenz ließen auf eine "tiefgreifende Unkenntnis der Bestimmungen des Schulunterrichtsgesetzes und der damit zusammenhängenden Verordnungen" schließen. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin in ihrer Aussage selbst bestätigt, daß sie während der letzten Jahre keine Gelegenheit zur persönlichen berufsbezogenen Fortbildung wahrgenommen habe und offenbar auch nicht habe wahrnehmen wollen. Zum Verhältnis der Beschwerdeführerin zur Kollegenschaft und besonders zum Fachkoordinator sei die belangte Behörde der Meinung, daß es zu einem guten Verhältnis und zu einer guten kollegialen Zusammenarbeit und Koordination beider Seiten bedürfe.

Der bisherige Berufsweg der Beschwerdeführerin sowie die vorliegenden Unterlagen und Aussagen ergäben weiters folgendes Bild:

Die Beschwerdeführerin habe zu ihrem Beruf, ihren Kollegen und den Schulleitern ein schwieriges bis gestörtes Verhältnis, welches sich aus einer weitgehenden egozentrischen Sicht ihrer Aufgaben ergebe. Es zeige sich eindeutig, daß sie weder selbst den Versuch unternommen habe, sich entsprechend zu integrieren und weiterzubilden, noch auf entsprechende Ratschläge und Ermahnungen des Leiters angemessen reagiert habe. So habe sie zu keiner Zeit erwogen, ihren Wohnsitz in den Bereich der Schule zu verlegen, sie habe vielmehr ohne triftige familiäre Gründe belastende und lange Anfahrtswege mit allen damit verbundenen zeitlichen und technischen Unsicherheiten und Ablenkungen in Kauf genommen. Sie räume selbst ein, daß sie auf Grund gewisser gesundheitlicher (psychosomatischer) Schwierigkeiten für andere kompliziert sei, ohne dies selbst zu registrieren. Daß dieser Umstand auch auf die Dienstleistung Rückwirkungen habe, verstehe sich von selbst. Unbestritten sei geblieben, daß während der Tätigkeit der Beschwerdeführerin eine Vielzahl von konkreten Mängeln in der Aufsicht über die Schüler erfolgt seien. Für die Leistungsfeststellung sei nicht die Selbsteinschätzung durch den Lehrer, sondern der objektive Sachverhalt maßgeblich. Dieser sei durch entsprechende Berichte vor allem des Schulleiters und durch die Aussagen über den gesamten Beurteilungszeitraum im einzelnen belegt. Die Beschwerdeführerin habe diese Umstände im wesentlichen gar nicht bestritten, sondern nur subjektiv anders bewertet. Die belangte Behörde sei in eingehenden Beratungen zu der einhelligen Auffassung gelangt, daß die Entscheidung der Behörde erster Instanz zutreffend sei.

Diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG bekämpft, deren Behandlung dieser Gerichtshof jedoch mit Beschluß vom 27. Februar 1990, Zl. B 837/89, abgelehnt hat; gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf Unterbleiben einer negativen Leistungsfeststellung für das Schuljahr 1987/88 sowie in ihrem Recht auf ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend geführtes Verwaltungsverfahren verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das LDG findet unter anderem auf die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu den Ländern stehenden Lehrer (Landeslehrer) für Hauptschulen Anwendung

1). Die Bestimmungen über die Leistungsfeststellung sind im Abschnitt VI (§§ 61 bis 68) des LDG geregelt.

Nach § 63 Abs. 1 Z. 2 LDG hat der Leiter über den Landeslehrer zu berichten, wenn er der Meinung ist, daß der Landeslehrer im vorangegangenen Schuljahr den zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen hat.

Nach § 64 Abs. 1 LDG hat der Leiter die Absicht, einen Bericht zu erstatten, dem Landeslehrer mitzuteilen und mit diesem die Gründe seines Vorhabens zu besprechen. Erstattet der Leiter den Bericht, so hat er vor Weiterleitung dem Landeslehrer Gelegenheit zu geben, binnen zwei Wochen zum Bericht Stellung zu nehmen. Nach § 64 Abs. 2 LDG ist der Bericht unter Anschluß der Stellungnahme des Landeslehrers im Dienstweg der zur Leistungsfeststellung berufenen Behörde zu übermitteln. Die im Dienstweg befaßten Vorgesetzten haben sich im Falle einer abweichenden Meinung zum Bericht zu äußern. Dem Landeslehrer ist von der Behörde Gelegenheit zu geben, zu den Äußerungen binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Gegen den Bescheid der zur Leistungsfeststellung berufenen Behörde steht dem Landeslehrer gemäß § 67 Abs. 1 LDG das Recht zu, binnen zwei Wochen an die zur Berufungsentscheidung zuständige Behörde zu berufen.

Die Mitglieder der von der Landesgesetzgebung (hier: §§ 2 und 4 des Salzburger Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes 1987, LBGl. Nr. 83/1987) zur Durchführung der Leistungsfeststellung vorgesehenen Kommissionen sind gemäß § 68 LDG (Verfassungsbestimmung) in Ausübung dieses Amtes selbständig und unabhängig.

Im Beschwerdefall wird nicht gerügt, daß das Verfahren etwa einer der angeführten Organisations- und Verfahrensbestimmungen nicht entsprochen hätte. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist nach ihrem Vorbringen vielmehr im Bereich der Sachverhaltsfeststellung und im Bereich der rechtlichen Wertung der festgestellten Beurteilungsmerkmale gelegen.

Die für die Leistungsfeststellung maßgebenden Beurteilungsmerkmale regelt der § 62 LDG. Nach dessen Abs. 1 sind für die Leistungsfeststellung der Umfang und die Wertigkeit der Leistungen des Landeslehrers maßgebend. § 62 Abs. 2 LDG legt für die Beurteilung der Leistungen der Landeslehrer folgende Merkmale für die Erstellung der Berichte zum Zwecke der Leistungsfeststellung fest:

1. Vermittlung des im Lehrplan vorgeschriebenen Lehrstoffes gemäß dem Stand der Wissenschaft sowie unter Beachtung der dem Unterrichtsgegenstand entsprechenden didaktischen und methodischen Grundsätze,

2.

erzieherisches Wirken,

3.

die für die Unterrichts- und Erziehungstätigkeit erforderliche Zusammenarbeit mit den anderen Lehrern sowie mit den Erziehungsberechtigten, bei den Berufsschulen überdies mit den Lehrberechtigten,

              4.              Erfüllung übertragener Funktionen (wie Klassenvorstand, Kustos) im Sinne des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 139/1974, sowie der administrativen Aufgaben.

Gemäß dem nach § 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes auch im Verfahren betreffend Leistungsfeststellungen anzuwendenden § 60 AVG 1950 sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Der Verwaltungsgerichtshof stimmt der Beschwerde darin zu, daß der angefochtene Bescheid diesen Voraussetzungen einer dem Gesetz gemäßen Bescheidbegründung nicht entspricht. Im angefochtenen Bescheid werden zwar die diesem vorangegangenen Verfahrensschritte in aller Breite wiedergegeben, doch kann dem Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides nur in einem sehr geringen Ausmaß entnommen werden, welchen Sachverhalt die belangte Behörde ihrer rechtlichen Würdigung der im § 62 LDG genannten Beurteilungsmerkmale zugrunde gelegt hat, und welche für ihre Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen sie dabei angestellt hat. So macht die Beschwerde mit Recht geltend, daß dem angefochtenen Bescheid nicht in einem den Ausspruch einer

negativen Leistungsbeurteilung tragenden Maße entnommen werden kann, ob und inwieweit die Beschwerdeführerin nun im Sinne des § 62 Abs. 2 Z. 1 LDG den vorgesehenen Lehrstoff in den von ihr betreuten Fächern zu vermitteln imstande war, bzw. weiche Resultate ihr in § 62 Abs. 2 Z. 2 LDG für die Leistungsfeststellung bedeutsames erzieherisches Wirken gezeitigt hat. Hinsichtlich der Lehrstoffvermittlung enthält der angefochtene Bescheid nur einen Hinweis auf die Inspektionstätigkeit des Bezirksschulinspektors, auf vom Schulleiter mit der Beschwerdeführerin geführte "Gespräche", auf die Prüfung des Schülers M und auf die fehlende Bereitschaft der Beschwerdeführerin zur berufsbezogenen Fortbildung. Mängel der Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Sinne des § 62 Abs. 2 Z. 1 und 2 LDG sind damit nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshof nicht ausreichend dargetan. So hat die Inspektionstätigkeit des Bezirksschulinspektors c unbestritten nur fünf Minuten einer Unterrichtsstunde in Geschichte zu Beginn des Schuljahres umfaßt, wobei der Bezirksschulinspektor den Vorwurf, es seien zwei Filme zum Stoff des Vorjahres vorgeführt worden, nur hinsichtlich eines Filmes aufrecht erhalten konnte. Mit der Argumentation der Beschwerdeführerin, sie habe zu Beginn des Schuljahres für dessen Lehrstoff erforderliche Grundkenntnisse der betroffenen Klasse auffrischen müssen, setzt sich der angefochtene Bescheid überhaupt nicht auseinander. Über den Inhalt von vom Leiter mit der Beschwerdeführerin geführten Gesprächen fehlen konkrete, die negative Leistungsbeurteilung tragende Feststellungen. Auch eine allfällige Unkenntnis einzelner Prüfungsbestimmungen und die fehlende Bereitschaft, (unverbindlich angebotene) Fortbildungskurse zu besuchen, stellen noch keine für die negative Leistungsfeststellung zureichende Umstände dar. Wenn die belangte Behörde ferner meint, es habe sich um den ersten Leistungsfeststellungsantrag des Schulleiters auf "Unternorm" gehandelt, weshalb ein ausgewogener Maßstab bei der Beschreibung angenommen werden könne, wird dadurch der Mangel konkreter, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin objektivierender Feststellungen nicht behoben.

Was die erforderliche Zusammenarbeit der Beschwerdeführerin mit den anderen Lehrern und mit den Erziehungsberechtigten anlangt (§ 62 Abs. 2 Z. 3 LDG), enthalten die Erwägungen im angefochtenen Bescheid wieder nur den allgemeinen Hinweis, zu einem guten Verhältnis bedürfe es des entsprechenden Verhaltens auf beiden Seiten. Woran es dabei konkret bei der Beschwerdeführerin gemangelt hätte, wird nicht festgestellt. Mit der Argumentation der Beschwerdeführerin, der Fachkoordinator für Deutsch habe seinerseits eine Zusammenarbeit nicht gesucht, läßt der angefochtene Bescheid jede Auseinandersetzung vermissen. Eine Beurteilung der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihr übertragener Funktionen ist schon im Leiterbericht unterblieben, weil der Beschwerdeführerin solche Funktionen gar nicht übertragen worden sind.

Darüber hinaus macht die Beschwerdeführerin mit Recht noch geltend, daß es an konkreten Feststellungen gemäß § 62 Abs. 2 LDG insbesondere für die Zeit NACH der der Beschwerdeführerin unbestritten am 14. Jänner 1988 erteilten Ermahnung fehlt. Diesen Begründungsmängeln im angefochtenen Bescheid konnte auch durch die abschließenden allgemeinen Erwägungen der belangten Behörde nicht abgeholfen werden. Das Nichtverlegen des Wohnsitzes ist für die Leistungsfeststellung irrelevant. Die Vorwürfe einer "egozentrischen Sicht ihrer Aufgaben" sowie "gewisser gesundheitlicher (psychosomatischer Schwierigkeiten)" hat die belangte Behörde nicht auf nachvollziehbare Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gestützt; zu den Ausführungen über ihren Gesundheitszustand weist die Beschwerdeführerin überdies mit Recht darauf hin, daß diesbezüglich weitere Ermittlungen schon deshalb erforderlich gewesen wären, weil gemäß § 63 Abs. 2 LDG ein Leiterbericht dann nicht zu erstatten ist, wenn der Landeslehrer den zu erwartenden Arbeitserfolg ohne sein Verschulden vorübergehend nicht aufweist.

Wenn auch - wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0028, und die dort angeführte Vorjudikatur) - eine Leistungsfeststellung ein Werturteil darstellt, das der Gerichtshof als solches auf seine Richtigkeit nicht überprüfen kann, müssen diesem Werturteil doch ausreichende Ermittlungen und darauf gegründete Sachverhaltsfeststellungen vorangehen. Es wären daher im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Kontrolltätigkeit überprüfbare Sachverhaltsfeststellungen erforderlich gewesen, bevor die rechtliche Beurteilung des Beschwerdefalles durch die belangte Behörde einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit des behördlichen Vorgehens zugänglich war. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 18. Oktober 1990

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090065.X00

Im RIS seit

05.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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