Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch zeitweilige Untätigkeit der belangten Behörde; Abtrennung von Almgrundstücken vom Vollerwerbsbetrieb des Übergebers - keine denkunmögliche Verweigerung der grunderwerbsbehördlichen Zustimmung zum SchenkungsvertragSpruch
Die Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. H Sch ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebes in Salzburg, Bezirk Tamsweg, bestehend unter anderem aus den Almgrundstücken ..., EZ ..., KG O, im Gesamtausmaß von 1,338.412 m2. Mit dem Bescheid der Grundverkehrskommission für den politischen Bezirk Tamsweg vom 29. August 1985 wurde dem Schenkungsvertrag vom 4. Juni 1985, mit dem die oben genannten Almgrundstücke an die Schwester des Grundeigentümers und nunmehrige Bf. H R übertragen wurden, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.
Die gegen diesen Bescheid von H R erhobene Berufung wies die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg mit Bescheid vom 24. Februar 1987 ab.
2. Gegen diesen Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Die Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
3. Die bel. Beh. beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und begehrte Kostenersatz in der Höhe von
S 2.760,--.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der angefochtene Bescheid wird im wesentlichen auf §4 Abs1 des (aufgrund des §22 Abs2 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73/1986, hier noch anzuwendenden) Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1974, LGBl. 8/1974, (in der Folge: GVG 1974) gestützt. Nach dieser Bestimmung darf die grundverkehrsbehördliche Zustimmung nur erteilt werden, wenn ein Rechtsgeschäft dem allgemeinen Interesse der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder, soweit dies nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Zu dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach §4 Abs1 GVG 1974 wegen der darin verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriffe im Hinblick auf das Legalitätsprinzip des Art18 Abs1 B-VG verfassungswidrig sei, verweist der VfGH auf die zur - im wesentlichen gleichlautenden - Bestimmung des §4 Abs1 OÖ GVG 1975 wiederholt zum Ausdruck gebrachte Auffassung (vgl. zB 9727/1976, 8095/1977, 8309/1978, 8766/1980, 9313/1982, 9454/1982, 10566/1985) über die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit dieser Gesetzesbestimmung. Der VfGH sieht keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzugehen.
2. Die Bf. erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch verletzt, daß die bel. Beh. unter Verletzung der 6-monatigen Erledigungsfrist solange zugewartet hätte, bis sie in der vorliegenden Verwaltungssache als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag entscheiden konnte und der Bf. dadurch die Möglichkeit der Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde habe abschneiden können.
Selbst wenn die Behauptungen der Bf. zuträfen, läge die (vermeintliche) Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Behörde (bloß) in ihrer zeitweiligen Untätigkeit, die ausschließlich mit den von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten besonderen Rechtsbehelfen gegen die Säumigkeit von Verwaltungsbehörden bekämpft werden kann, nicht aber im Inhalt ihrer späteren Entscheidung; durch deren Fällung wird nämlich ein in einer allenfalls absichtlichen Verzögerung liegendes rechtswidriges Verhalten der Behörde insofern beendet, als die Behörde dem Anspruch der Partei auf Bescheiderlassung Rechnung trägt (vgl. zB VfSlg. 7597/1975, 8482/1979 und 9951/1984). Es liegt somit insoweit kein Verstoß gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte der Bf. vor.
3.a) Der angefochtene Bescheid wird im wesentlichen wie folgt begründet:
"Wie die Berufungswerberin selbst ausführt, befand sich der land- und forstwirtschaftliche Betrieb ihres Bruders laufend in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen, sodaß sie, um den Weiterbestand des Anwesens überhaupt erst zu ermöglichen, auf ihren Erbteil verzichtete und darüberhinaus den Bruder immer wieder finanziell unterstützen mußte. Obwohl die vorgelegten Belege Zuwendungen nur bis etwa 1973 erkennen lassen, ist die Angabe der Einschreiterin durchaus glaubwürdig, daß sie zum Großteil den Ankauf der gegenständlichen Alm durch ihren Bruder mitfinanziert hatte. Mit diesen Zuwendungen an den Nebenerwerbsbetrieb mit einem Ausmaß von 13,6 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 9 ha Wald hat sie sicherlich zur Erhaltung und zuletzt mit der finanziellen Förderung des Almankaufes zu einer Stärkung des landwirtschaftlichen Betriebes und somit eines leistungsfähigen Bauernstandes beigetragen. Durch den Almankauf hat der Betrieb nämlich eine wertvolle Besitzaufstockung, weiters eine Vergrößerung der Futterbasis sowie zusätzliche Einnahmemöglichkeiten aus der Jagdverpachtung erfahren. Der Bruder selbst hat seinen Antrag an die Agrarbehörde damit begründet, daß der Erwerbsvorgang geeignet sei, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zu heben. Der Umstand, daß er diesen Antrag - offenbar nur im Hinblick auf das mit der Förderung verbundene Veräußerungsverbot - zurückgezogen hat und daß er die Alm in seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht 'eingegliedert' habe, schmälert keinesfalls die Bedeutung des Grunderwerbs für die damit bestehende Möglichkeit zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Auch wenn der Grundeigentümer zum Beispiel die Vergrößerung der Futterbasis vorerst nicht nützt oder aus der Jagdverpachtung momentan vorläufig keine oder nur geringe Einnahmen erzielt, ist damit die künftige, für den Betrieb durchaus vorteilhafte Verwertung des Almgrundstückes nicht ausgeschlossen.
Durch die Schenkung des Almgrundstückes an die Schwester würde aber dieser zum Teil eingetretene oder aber immerhin greifbare wirtschaftliche Erfolg wieder zunichte gemacht. Es ist geradezu denkunmöglich, daß durch eine unentgeltliche Abtretung von Grundstücken ein leistungsfähiger Bauernstand erhalten und sogar gestärkt werden kann. Die Schenkung läßt sich somit keinesfalls mit der nach §4 Abs1 GVG kumulativ geforderten Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes vereinbaren."
b) Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz könnte die Bf. bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides nur verletzt worden sein, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte (vgl. zB VfSlg. 10566/1984).
Die Bf. begründet die behauptete Gleichheitsverletzung im wesentlichen damit, daß sie daran gehindert werde, am rechtsgeschäftlichen Verkehr über Liegenschaften teilzunehmen, insbesondere deshalb, weil sie kein Land- und Forstwirt sei. Zum Versagungsgrund des §4 Abs1 GVG 1974 führt die Bf. aus, daß die vertragsgegenständlichen Grundstücke als Eigenjagd eine eigene land- und forstwirtschaftliche Betriebseinheit darstellten, deren Ertrag bescheiden sei und deren Erwerb durch ihren Bruder mit seiner Tätigkeit als Landwirt in keinerlei Zusammenhang gestanden sei. Die Bf. sei als Jägerin imstande, die Grundstücke im Sinne der Bestimmungen des Salzburger Jagdgesetzes 1977 zu bewirtschaften.
Es trifft zu, daß - wie der VfGH bereits mehrmals ausgesprochen hat (vgl. VfSlg. 5683/1968, 9727/1976) - Art6 Staatsgrundgesetz verbietet, eine bevorrechtete Klasse der Landwirte dadurch zu schaffen, daß diesen - ohne Rücksicht darauf, ob es die nach dem Gesetz zu schützenden Grundverkehrsinteressen erfordern - nur deswegen, weil sie bereits Landwirte sind, gegenüber Personen, auf die dieses Kriterium nicht zutrifft, das vorzugsweise (oder gar ausschließliche) Recht eingeräumt wird, landwirtschaftlichen Grundbesitz zu erwerben. Personen, die zwar fähig sind, die landwirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, dies aber im Zeitpunkt der Erwerbung des Grundstückes nicht tun, dürfen im Hinblick auf das Gleichheitsgebot im gegebenen Zusammenhang nicht schlechter gestellt werden, als Personen, die diese Tätigkeit im genannten Zeitpunkt tatsächlich ausüben.
Wie aber aus den Ausführungen unter Punkt a) hervorgeht, wurde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung dem vorliegenden Rechtsgeschäft nicht mit der Begründung versagt, ein Landwirt sei beim Erwerb des Grundstückes zu bevorzugen, sondern ausschließlich wegen Fehlens der im §4 Abs1 GVG 1974 angeführten Voraussetzungen.
Daß der Wegfall von Almflächen im Ausmaß von ca. 133 ha von einem land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen von insgesamt ca. 155 ha umfassenden bäuerlichen Betrieb eine Maßnahme darstellt, die keine Stärkung der Lebensfähigkeit dieses Betriebes mit sich bringt, bedarf wohl keiner näheren Erörterung. Daran vermag auch die von der Bf. vorgebrachte Behauptung, daß der Übergeber die Almgrundstücke seinem Betrieb noch nicht "eingegliedert" habe, nichts zu ändern, da ungeachtet dessen bei Abtretung dieser Grundstücke denkmöglich von einer Schwächung des landwirtschaftlichen Betriebes des Schenkers insgesamt ausgegangen werden kann.
Es kann daher der bel. Beh., wenn sie bei der im vorliegenden Rechtsgeschäft vorgesehenen Abtrennung der Grundstücke vom Vollerwerbsbetrieb des Übergebers zur Auffassung gelangt ist, daß das Rechtsgeschäft den allgemeinen Interessen an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes widerspricht, nicht eine Fehlerhaftigkeit zum Vorwurf gemacht werden, die mit einer - Willkür indizierenden - Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Die Bf. ist daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden.
4. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes ist von der Bf. nicht behauptet worden und im Verfahren vor dem VfGH auch nicht hervorgekommen.
Da ferner - wie ausgeführt - gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, ist die Bf. auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Kosten an die bel. Beh. als Ersatz des Aufwandes für die Vorlage des Verwaltungsaktes sowie für die Einbringung der Gegenschrift waren nicht zuzusprechen, da dies im VerfGG nicht vorgesehen ist (§27 erster Satz VerfGG).
Schlagworte
Verwaltungsverfahren, Grundverkehrsrecht, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B356.1987Dokumentnummer
JFT_10119774_87B00356_00