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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art140 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des A, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 10. Oktober 1986, Zl. VIa-780/1/1/86, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung wegen Übertretung des Preisgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. August 1985 einer Verwaltungsübertretung gemäß § 11b Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 PreisG schuldig erkannt. Diese Strafverfügung hat der Beschwerdeführer am 27. September 1985 eigenhändig übernommen.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erst am 20. März 1986 erhobene Einspruch wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 14. Mai 1986 gemäß § 49 Abs. 1 VStG 1950 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 10. Oktober 1986 abgewiesen. Dem Berufungsvorbringen, Art. 6 MRK stelle unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht dar und es hätte daher dem Beschwerdeführer die Strafverfügung in seiner Muttersprache zugestellt werden müssen, hielt die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides entgegen, daß die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik Österreich sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser hat mit Beschluß vom 4. März 1987, B 1085/86-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie mit weiterem Beschluß vom 6. Mai 1987, B 1085/86-5, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in seinem "Recht auf ordnungsgemäße Rechtsbelehrung (§ 13a AVG), Recht auf Beiziehung eines Dolmetschers (§ 39a AVG), Recht auf ordnungsgemäße Rechtsbelehrung (§ 61 iVm § 39a AVG), Recht auf ein faires Strafverfahren (Art. 6 EMRK)" sowie in seinem "Recht auf Nichtbestrafung wegen Fehlens der Strafvoraussetzung (wegen irrtümlicher Nichtbestrafung des allein strafbaren Geschäftsführers)" verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zum geltend gemachten Beschwerdepunkt ist vorweg zu bemerken, daß die materiell-rechtliche Frage der Bestrafung des Beschwerdeführers als solche nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, in dem es lediglich um die Zurückweisung des Einspruches gegen die Strafverfügung als verspätet geht. Im übrigen leuchtet aus dem Beschwerdevorbringen mit hinreichender Deutlichkeit hervor, daß sich der Beschwerdeführer in Wahrheit primär in seinem Recht verletzt erachtet, daß sein Einspruch gegen die Strafverfügung nicht zurückgewiesen, sondern meritorisch behandelt werde.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Strafverfügung sei nicht in einer für ihn verständlichen Sprache verfaßt gewesen. Sie habe auch weder die erforderlichen Rechtsbelehrungen noch eine in der Sprache des Beschwerdeführers abgefaßte Rechtsmittelbelehrung enthalten. Sowohl in der Unterlassung der Übersetzung der Strafverfügung in die türkische Sprache (der Beschwerdeführer sei türkischer Staatsbürger und spreche "nur einigermaßen" Deutsch) als auch insbesondere in der unterlassenen Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung seien Verletzungen des Art. 6 MRK sowie des Rechts auf Beigebung eines Dolmetschers zu erblicken. Eine wissentlich nicht in der Sprache des Beschuldigten abgefaßte Rechtsmittelbelehrung sei einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung gleichzuhalten. Eine solche falsche Rechtsmittelbelehrung dürfe nicht zu Lasten des Beschuldigten ausschlagen; er bringe demnach sein Rechtsmittel rechtzeitig ein, wenn er dies, gerechnet vom Datum der "Kenntnisnahme von der Rechtsmittelmöglichkeit", binnen der Rechtsmittelfrist ordnungsgemäß tue.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Zu sämtlichen vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem gleichfalls die Zurückweisung eines Einspruches desselben Beschwerdeführers gegen eine Strafverfügung betreffenden Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 87/04/0223, in welchem der Beschwerdeführer durch denselben Rechtsanwalt wie hier vertreten war, Stellung genommen. Er hat dort insbesondere ausgeführt, daß sich die Behörden gemäß Art. 8 B-VG der deutschen Sprache als Amtssprache zu bedienen haben; daß auch aus der Bestimmung des § 39a Abs. 1 AVG 1950 keine gesetzliche Verpflichtung der Behörde abzuleiten ist, eine Strafverfügung bzw. deren Rechtsmittelbehrung in die Muttersprache eines der deutschen Sprache nicht kundigen Beschuldigten übersetzen zu müssen; ferner, daß die Regelung über die Rechtsmittelbelehrung einer Strafverfügung nach § 61 Abs. 1 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 48 Abs. 1 Z. 7 und 49 VStG 1950 als die spezielle Vorschrift im Verhältnis zu § 13a AVG 1950 anzusehen ist; und schließlich, daß aus der Bestimmung des § 13a AVG 1950 auch nicht abzuleiten ist, die Behörde hätte Belehrungen über die materielle Rechtslage zu erteilen. Im Sinne des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG genügt es daher, auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses hinzuweisen.
Insoweit der Beschwerdeführer in der Unterlassung der Übersetzung der Strafverfügung in die türkische Sprache wie auch insbesondere in der unterlassenen Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung eine Verletzung des Art. 6 MRK erblickt, ist ihm zu erwidern, daß der Vorbehalt Österreichs zu Art. 5 MRK auch die Anwendung des Art. 6 MRK für den Bereich der Verwaltungsverfahrensgesetze ausschließt. Selbst wenn also Art. 6 MRK grundsätzlich als eine unmittelbar anzuwendende Norm anzusehen wäre, käme dieser Umstand auf Grund des genannten Vorbehalts für den österreichischen Rechtsbereich im Verwaltungsstrafverfahren nicht zum Tragen (vgl. hiezu sinngemäß auch das Erkenntnis vom 11. Jänner 1989, Zl. 88/01/0187). Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte im Sinne des Art. 144 Abs. 1 B-VG ist es jedoch dem Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Z. 1 B-VG verwehrt, auf ein derartiges Vorbringen einzugehen (vgl. hiezu nochmals das bereits zitierte Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 87/04/0223).
Soweit der Beschwerdeführer schließlich auf ein Erkenntnis des deutschen Bundesverfassungsgerichtes Bezug nimmt, ist dazu zu sagen, daß einem solchen Erkenntnis im Bereich der österreichischen Rechtsordnung keine Bedeutung zukommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987170227.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.07.2009