TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/22 90/19/0008

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Veröffentlicht am 22.10.1990
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Index

L92056 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
SHG Stmk 1977 §42;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde der N Gesellschaft m.b.H. gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. April 1989, Zl. 9-18 Ko 45-1988/1, betreffend Rückersatz für Krankenhilfeleistungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem mit 21. Oktober 1986 datierten, beim Magistrat der Stadt Graz am 23. Oktober 1986 eingelangten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin die Übernahme von Pflegegebühren in der Höhe von S 2.706,-- und führte aus, G. K. habe sich in der Zeit vom

2. bis 4. September 1986 in stationärer Behandlung des Landes-Sonderkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie befunden. Der Patient habe angegeben, in Graz, Tändelwiese 34, zu wohnen, Tapezierer zu sein und "AG" vom Arbeitsamt Graz zu beziehen. Diese Angaben hätten sich in der Folge als unrichtig herausgestellt. Es habe kein Kostenträger ermittelt werden können. Die Stmk. Gebietskrankenkasse habe die Bezahlung der Pflegegebühren abgelehnt, da der Patient nicht zur Versicherung gemeldet sei (kein Arbeitslosengeldbezug). Rechnungslegung und Mahnung an den Patienten seien erfolglos geblieben. Auch die Rechtsabteilung 9 der Stmk. Landesregierung habe die Übernahme der Kosten abgelehnt.

Der Bürgermeister der Stadt Graz wies mit Bescheid vom 19. November 1987 den Antrag der Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung ab, die Hilfsbedürftigkeit von G. K. sei durch die Beschwerdeführerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden und habe auch durch den Sozialhilfeträger trotz umfangreicher Erhebungen nicht festgestellt werden können. G. K. sei in Graz polizeilich nicht gemeldet, die von ihm der Beschwerdeführerin gegenüber angegebene Adresse existiere nicht. Die Ausforschung des Patienten sei ebenso erfolglos geblieben wie alle Anfragen an Gebietskrankenkasse und Arbeitsamt.

Mit Bescheid vom 26. April 1989 gab die Stmk. Landesregierung (belangte Behörde) der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den von ihr angefochtenen Bescheid. In der Begründung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 42 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes (SHG) aus, die erwiesene Hilfsbedürftigkeit sei eine unabdingbare Voraussetzung für den Anspruch auf Rückersatz. Der Magistrat der Stadt Graz habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. Mai 1987 zur Nachreichung der erforderlichen Unterlagen für die Hilfsbedürftigkeit des Patienten aufgefordert. Da die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, sei von ihr die Hilfsbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 42 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (SHG) hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfsbedürftigen Hilfe geleistet hat, unter näher genannten Voraussetzungen Rückersatz zu leisten. Hilfsbedürftig im Sinne dieses Gesetzes ist, wer den Lebensbedarf für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält (§ 4 Abs. 1 SHG). Gemäß § 7 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 10 Abs. 1 lit. c SHG zählt die Untersuchung, Behandlung und Pflege in Krankenanstalten zum Lebensbedarf.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich strittig, ob die Beschwerdeführerin der ihr obliegenden Verpflichtung, die Hilfsbedürftigkeit des Patienten glaubhaft zu machen, in ausreichender Weise nachgekommen ist oder nicht. Dies wird von der belangten Behörde allein deshalb verneint, weil die Beschwerdeführerin auf ein Schreiben der Behörde erster Instanz, mit dem ihr bekanntgegeben wurde, daß auch die behördlichen Ermittlungen über die Vermögensverhältnisse des Patienten keine Ergebnisse gezeitigt hätten, und sie gleichzeitig ersucht wurde, "die Hilfsbedürftigkeit von G. K. zum Zeitpunkt der Anstaltsunterbringung in geeigneter Weise glaubhaft zu machen", nur geantwortet habe, es wären auch ihr nähere Daten nicht bekannt. Die Beschwerdeführerin ist hingegen der Ansicht, sie habe durch die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses ihrer Nachforschungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und den Verbleib des Patienten in hinreichender Weise Umstände dargelegt, die die Hilfsbedürftigkeit des Patienten im Zeitpunkt der Hilfeleistung glaubhaft machten. Sie ist damit aus folgenden Erwägungen im Recht:

Maßgebend für die Berechtigung des geltend gemachten Ersatzanspruches gemäß § 42 SHG ist, ob es sich bei dem Hilfeempfänger im Zeitpunkt der Hilfeleistung um einen Hilfsbedürftigen im Sinne des SHG gehandelt hat, d. h. ob der Patient im Zeitpunkt der stationären Behandlung deren Kosten nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen konnte und auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhielt (siehe § 4 Abs. 1 SHG). Dies hätte die belangte Behörde gemäß den auch in diesem Verfahren mangels Bestehens von Sondernormen geltenden §§ 37 und 39 AVG 1950 von Amts wegen zu klären gehabt. Den ersatzberechtigten Dritten trifft diesbezüglich keine Beweislast, er hat die Notlage des Hilfeempfängers nur glaubhaft zu machen (vgl. dazu u. a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 1989, Zl. 88/11/0182, und vom 25. April 1989, Zl. 89/11/0001). Die von der Beschwerdeführerin behaupteten und von der belangten Behörde festgestellten Tatsachen, daß die Rechnungslegung und Mahnung an den Patienten erfolglos geblieben sind, daß sich seine Angaben über seine Wohnadresse und über sein Einkommen als unrichtig erwiesen haben, und daß Anfragen ergeben haben, daß der Patient weder sozialversichert gewesen noch ein Arbeitslosengeld (wie von ihm fälschlich behauptet worden ist) bezogen hat, und daß schließlich nicht einmal seine Wohnadresse eruierbar war, stellen zwar noch keinen Beweis für die Hilfsbedürftigkeit des Patienten im Zeitpunkt der Hilfeleistung dar, doch lassen sich daraus bei objektiver Betrachtung genügend Hinweise im Sinne der geforderten Glaubhaftmachung entnehmen, zumal sich aus dem Akteninhalt nicht der geringste Anhaltspunkt für die Annahme, es sei Vermögen vorhanden gewesen, ergibt. Der von der belangten Behörde erhobene Vorwurf, die Beschwerdeführerin habe die Hilfsbedürftigkeit des Patienten nicht glaubhaft gemacht, besteht daher nicht zu Recht.

Es kann aber auch der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden, daß sie auf die Aufforderung durch die Behörde erster Instanz zur weiteren Glaubhaftmachung nur darauf verwiesen hat, daß ihr weitere Daten nicht bekannt seien. Aus dem Verfahrensverlauf ist nämlich eindeutig zu entnehmen, daß die Behörde erster Instanz bei ihren Ermittlungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Patienten keinerlei verwertbare Ergebnisse erzielt hat. In diesem Fall geht es aber nicht an, die die Behörde treffende Ermittlungspflicht auf den Antragsteller dadurch zu überwälzen, daß von ihm verlangt wird, im Wege der Glaubhaftmachung neues Vorbringen zu erstatten.

Da weitere geeignete Ermittlungen zur Frage der Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers unterblieben sind, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, zumal auf Grund der Feststellungen der belangten Behörde auch nicht erkannt werden kann, daß der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rückersatzanspruch aus anderen Gründen nicht berechtigt ist.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im angesprochenen Umfang gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190008.X00

Im RIS seit

13.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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