Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der X-GesmbH gegen den Magistrat der Stadt Wels wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch am 29. März sowie am 9., 15. und 25. April 1985 getroffene Anordnungen von Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung und Veranlassung von deren Durchführung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 28. März 1985 flossen ca. 41.000 l Superbenzin aus einem auf der Gleisanlage einer Anschlußbahn im Stadtgebiet von Wels stehenden Kesselwaggon der Österreichischen Bundesbahnen, wovon ein Großteil in den Untergrund versickerte und wodurch es zu einer Grundwasserverunreinigung im Bereich und grundwasserstromabwärts der Stelle dieses Mineralölunfalles kam. Zur Bekämpfung von dessen Folgen sowie zur Hintanhaltung einer weiteren Ausbreitung der Grundwasserverunreinigung ordnete der Magistrat der Stadt Wels am 29. März sowie am 9., 15. und 25. April 1985 verschiedene von der Beschwerdeführerin bzw. auf ihre Kosten durchzuführende Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen an, die zunächst als mündlich verkündete Bescheide verstanden wurden und sich auf die §§ 31 sowie 122 WRG 1959 gründeten und welche, auf Verlangen der Beschwerdeführerin, am 7. März 1986 schriftlich ausgefertigt wurden. Deren Berufung gab sodann der Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem unangefochten gebliebenen rechtskräftigen Bescheid vom 20. Februar 1987, Zl. Wa-12644/2-1986/Sel, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 statt und behob den Bescheid vom 7. März 1986 (ersatzlos); dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die Anordnungen aufgrund des § 31 Abs. 3 WRG 1959 erlassen worden seien, eine behördliche Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle nicht zugleich auf § 122 WRG 1959 gestützt werden könne und es sich bei den getroffenen behördlichen Anordnungen nicht um Entscheidungen mit Bescheidcharakter, sondern um Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gehandelt habe.
Gegen diese erhob die Beschwerdeführerin zunächst eine mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbundene Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 30. September 1987, B 269/87, zwar diesem Antrag stattgab, die Behandlung der Beschwerde aber ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem Gerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht "auf gesetzmäßige Anwendung des WRG 1959, vor allem der Bestimmung des § 31" sowie in dem "Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens" verletzt. Sie macht geltend, die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen sie und auf ihre Kosten sei durch das Gesetz nicht gedeckt, die bekämpften Maßnahmen seien aber auch Ergebnis eines mangelhaften Verfahrens, weil zur Frage, wer im Zeitpunkt des Vorfalles "Anlagenbetreiber" gewesen sei, keine ausreichenden Erhebungen und Feststellungen getroffen worden seien. Es lägen auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung dieser Maßnahmenbeschwerde vor. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtenen Verwaltungsakte für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Zurück- oder Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof keine eigene - in derselben Sache neuerliche - Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin zu treffen hatte, nachdem diesem bereits in bezug auf dieselbe Beschwerde vor deren Abtretung vom Verfassungsgerichtshof stattgegeben worden war (siehe dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1987, Zl. 85/07/0150).
In der Beschwerde wurde als belangte Behörde zu Recht der Magistrat der Stadt Wels angegeben. Denn nach Lage der Verwaltungsakten wurden alle bekämpften Anordnungen namens dieser Behörde - der sie auch im inzwischen aufgehobenen Bescheid vom 7. März 1986 sowie in dem diesen aufhebenden Berufungsbescheid vom 20. Februar 1987 zugerechnet worden war - getroffen (zur Zuständigkeit siehe im übrigen § 48 Abs. 4 des Statutes für die Stadt Wels 1980 sowie die Ausführungen bei Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, I. Halbband, Seite 52).
Daß die angeordneten Maßnahmen nicht in Bescheidform ergangen sind, also auch nicht den Charakter mündlich erlassener Bescheide haben, ist durch den mehrfach erwähnten Rechtsmittelbescheid vom 20. Februar 1987 bindend festgestellt worden. Daraus ergibt sich insbesondere auch, daß es sich bei den bekämpften Maßnahmen NICHT um solche handelt, die nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 von der Wasserrechtsbehörde DEM VERPFLICHTETEN AUFZUTRAGEN sind, was mit Bescheid zu geschehen hätte, SONDERN daß jene nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 - erster Satz, zweiter Tatbestand - wegen Gefahr im Verzug UNMITTELBAR ANGEORDNET wurden, was eine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darstellt (siehe dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1988,
Zlen. 84/07/0047, 0048).
Die erste diesbezügliche Anordnung wurde im Beschwerdefall am 29. März 1985 getroffen und, wie Aktenvermerken vom selben sowie vom folgenden Tag zu entnehmen ist, unverzüglich auch deren Durchführung von der Behörde gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten veranlaßt. In gleicher Weise wurde auch bei den folgenden Anordnungen vom 9., 15. und 25. April 1985 vorgegangen.
Zufolge § 31 Abs. 3 WRG 1959 - erster Satz zweiter Tatbestand - besteht die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt einerseits in der unmittelbaren Anordnung der entsprechenden Maßnahmen, andererseits in der nötigenfalls unverzüglichen Veranlassung ihrer Durchführung; diese letztere erfolgt - bereits von Gesetzes wegen, also unabhängig davon, ob zugleich mit der behördlichen Anordnung die Kostenersatzpflicht ausdrücklich erwähnt und eine bestimmte Person als Verpflichteter bezeichnet wird - gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten.
Die behördliche Anordnung für erforderlich gehaltener Maßnahmen und deren Durchführung richtet sich daher "unmittelbar" nur dann gegen den gemäß § 31 WRG 1959 "Verpflichteten", wenn mit den angeordneten Maßnahmen selbst in seine Rechte eingegriffen wird - beispielsweise dann, wenn ihn eine Duldungspflicht durch Inanspruchnahme seines Grundeigentums trifft oder in seinem Eigentum stehende Objekte entfernt werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1982,
Zlen. 82/07/0156, 0177). Ein so gearteter und zugleich rechtswidriger Eingriff in ihre Rechte ist von der Beschwerdeführerin nicht behauptet worden. Diese hat sich in der Beschwerde auch gar nicht gegen die angeordneten Maßnahmen als solche gewandt, sondern erachtet sich vielmehr dadurch in ihren Rechten verletzt, daß sie als Verpflichtete nach § 31 WRG 1959 bezeichnet wurde. Eine mögliche Berührung von Rechten desjenigen, der als Verpflichteter anzusehen ist, besteht indessen im gegebenen Fall, wie gezeigt, lediglich darin, daß ihn die Pflicht zum Ersatz der Kosten der veranlaßten Maßnahmen trifft. Die Heranziehung zum Kostenersatz erfolgt jedoch gesondert, und zwar mit Bescheid, der vom danach und insofern Verpflichteten sowohl hinsichtlich seiner Heranziehung zum Kostenersatz dem Grunde nach als auch in bezug auf die Höhe der vorgeschriebenen Kosten bekämpft werden kann (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1982, Zl. 82/07/0124, und vom 20. September 1990, Zl. 86/07/0091). Die Heranziehung der Beschwerdeführerin zum Ersatz der Kosten im Bescheid des Magistrates vom 7. März 1986 ist mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 20. Februar 1987 ersatzlos beseitigt worden. Da die Heranziehung einer bestimmten Person als Verpflichtete zum Kostenersatz nicht Gegenstand der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 sein kann, steht der Verpflichtete im Beschwerdefall somit noch nicht fest.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. b B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person behauptet wird; diese kann gemäß Art. 131a B-VG Beschwerde erheben, wenn sie durch die betreffenden Maßnahmen in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet.
Wie dargetan, richtet sich die vorliegende Beschwerde einerseits nicht gegen die unmittelbare Anordnung und Durchführung bestimmter Maßnahmen im Grunde des § 31 Abs. 3 WRG 1959 als solche wegen einer behauptetermaßen darin gelegenen Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin. Eine unmittelbare Heranziehung zum Kostenersatz ist anderseits weder im Gesetz vorgesehen noch im Beschwerdefall erfolgt, ganz abgesehen davon, daß dies mangels Konkretisierung der Kosten im Zeitpunkt der Anordnung und Veranlassung der Maßnahmen auch kaum möglich gewesen wäre. Hiefür ist, wie gezeigt, ein eigenes Verwaltungsverfahren durchzuführen. Was sich aber im Verwaltungsverfahren austragen läßt, kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nach Art. 131a B-VG sein (siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 129, angeführte Rechtsprechung). Eine Beschwerde nach Art. 131a B-VG ist anderseits dann zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt - unabhängig von der Frage ihrer Rechtmäßigkeit - in seinen Rechten gar nicht verletzt sein kann (siehe dazu die bei Dolpm a.a.O., Seite 426, angegebene Rechtsprechung).
Unter diesem Gesichtspunkt mußte daher auch die vorliegende Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückgewiesen werden.
Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG abgesehen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den die in der eben genannten Verordnung festgesetzten Pauschbeträge für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand (Art. I B Z. 4 und 5) übersteigenden Betrag.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987070182.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
14.10.2009