Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Mai 1990, Zl. 149 035/11-IV/10/90, betreffend Einrechenbarkeit von Zeiten in den ordentlichen Zivildienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, insoweit, als mit ihm die Nichteinrechnung des 28. Jänner 1990 in die Zeit der Leistung des Grundzivildienstes festgestellt wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit (Zuweisungs)Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. März 1989 einer näher bezeichneten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes vom 1. Juni 1989 bis 31. Jänner 1990 zugewiesen.
Vom 15. Jänner 1990 an blieb der Beschwerdeführer der Einrichtung fern und belegte das Fernbleiben über Aufforderung des Vorgesetzten mit einer am 15. Jänner 1990 ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbestätigung für die Zeit vom 15. bis zum 27. Jänner 1990.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 15 Abs. 3 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) festgestellt: "Die Tage vom 28.1. - 31.1.1990, das sind 4 Tage, sind in die ...... Zeit der Leistung des Grundzivildienstes ...... nicht einzurechnen."
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 15 Abs. 2 Z. 2 ZDG wird in die Zeit des ordentlichen Zivildienstes die Zeit, während der der Zivildienstpflichtige aus anderen Gründen als einer Haft oder sonstigen behördlichen Anhaltung, die er selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat, keinen Zivildienst geleistet hat, nicht eingerechnet. Gemäß § 15 Abs. 3 ZDG hat der Bundesminister für Inneres die nach Abs. 2 nicht einrechenbaren Zeiten festzustellen.
1. Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, daß der 28. Jänner 1990 ein Sonntag gewesen sei. Laut Diensteinteilung der in Rede stehenden Einrichtung habe er an einem Sonntag keinen Dienst zu verrichten gehabt. Ihm könne daher nicht vorgeworfen werden, er habe am 28. Jänner 1990 aus seinem Verschulden keinen Zivildienst geleistet. Die belangte Behörde entgegnet auf dieses Beschwerdevorbringen in ihrer Gegenschrift, daß bei der Beurteilung von nicht einrechenbaren Tagen vom Gesamtzeitraum der Dienstleistungsverpflichtung des Zivildienstleistenden auszugehen sei. Eine Differenzierung der Zeit des ordentlichen Zivildienstes nach Werk-, Feier- oder Sonntagen sei dem Gesetz fremd. Sinn der Bestimmung über die Nichteinrechnung von Zeiten sei es, den jeweiligen Trägerorganisationen des Zivildienstes die Gestaltung der Dienstzeit nach den Erfordernissen der jeweiligen Verwendung offenzuhalten. Es komme daher in keinem Fall dem einzelnen Zivildienstleistenden zu, von sich aus ungeprüft annehmen zu können, es bestünde für ihn an einem bestimmten Tag keine Diensteinteilung. Mangels eines entsprechenden Vorbringens des Beschwerdeführers habe für die belangte Behörde nicht der geringste Anlaß bestanden, nochmals zu erheben, ob der Beschwerdeführer am 28. Jänner 1990 allenfalls aus einem anderen Grunde, als dem von ihm im Verwaltungsverfahren geltend gemachten, berechtigt gewesen sein könnte, dem ordentlichen Zivildienst fernzubleiben. Der in Rede stehenden, erstmals in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufgestellten Behauptung stehe daher eine Präklusionswirkung entgegen.
Entgegen der Behauptung der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen betreffend den 28. Jänner 1990 nicht präkludiert. Die belangte Behörde hätte den Umstand, daß ein Tag der im angefochtenen Bescheid für nicht einrechenbar erklärten Zeit ein Sonntag gewesen ist, von Amts wegen wahrzunehmen gehabt. Eines ausdrücklichen Hinweises des Beschwerdeführers darauf vor Erlassung des angefochtenen Bescheides bedurfte es nicht. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer seine Abwesenheit von der Einrichtung für den gesamten Zeitraum mit einer anderen Begründung zu rechtfertigen versuchte, enthob die belangte Behörde nicht der Verpflichtung zur Berücksichtigung dieses notorischen Umstandes (§ 45 Abs. 1 AVG 1950).
Davon, daß der Beschwerdeführer am 28. Jänner 1990 aus eigenem Verschulden (vorsätzlich oder grob fahrlässig) keinen Zivildienst geleistet hat, kann nach der Aktenlage nicht ausgegangen werden. Er hätte vielmehr nach dem letzten Tag seines Krankenstandes, dem 27. Jänner 1990, der Diensteinteilung bei jener Einrichtung, der er zugewiesen war, entsprechend, seinen Dienst erst am Monatg, dem 29. Jänner 1990, antreten müssen. Die Berücksichtigung des 28. Jänner 1990 bei Festsetzung der nicht einzurechnenden Zeit ist daher rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2. Der Beschwerdeführer behauptet weiters, daß er nach dem 27. Jänner 1990 deswegen nicht schuldhaft vom Dienst fern geblieben ist, weil ihm für geleistete Überstunden Zeitausgleich gewährt worden sei.
Diese bereits im Verwaltungsverfahren aufgestellte Behauptung veranlaßte die belangte Behörde, bei der Einrichtung, der der Beschwerdeführer zugewiesen worden war, nachzufragen. Die Einrichtung führte in ihrem Antwortschreiben vom 18. April 1990 aus, daß die in Rede stehende Behauptung des Beschwerdeführers unrichtig sei. Der Beschwerdeführer sei vielmehr fernmündlich aufgefordert worden, nach Beendigung des Krankenstandes seinen Dienst wieder anzutreten.
Es ist zwar richtig, daß dieses im angefochtenen Bescheid verwertete Schreiben dem Beschwerdeführer vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zur Kenntnis gebracht wurde und insoferne ein Verfahrensmangel vorliegt. Im diesbezüglichen Beschwerdevorbringen führt der Beschwerdeführer zwar aus, daß es ihm bei Gewährung des Parteiengehörs möglich gewesen wäre, die Behauptung der Einrichtung zu widerlegen. Er unterläßt es aber, in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof darzutun, mit welchem Vorbringen, allenfalls mit welchen Beweisanträgen er seiner Meinung nach im Verwaltungsverfahren hätte erfolgreich sein können. Er hat damit die Wesentlichkeit des der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels nicht dargetan, sodaß der Verfahrensmangel nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG führen konnte.
Dies gilt im übrigen auch für die gerügten, aber nicht näher konkretisierten Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides.
Die Beschwerde war daher im übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil unter dem Titel "Bundesstempel" nur ein Betrag von S 420,-- (S 240,-- für zwei Beschwerdeausfertigungen, S 120,-- für die Vollmachtsurkunde und S 60,-- für die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zugesprochen werden konnte.
Schlagworte
Parteiengehör offenkundige notorische TatsachenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990110121.X00Im RIS seit
04.07.2001