TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/24 90/03/0154

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Veröffentlicht am 24.10.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §8;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs6;
StVO 1960 §5 Abs7;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. April 1990, Zl. 9/01-32.336/5-1990, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 leg. cit. bestraft, weil er am 13. März 1989 gegen 21.20 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW an einem näher bezeichneten Ort in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, welcher Fahruntüchtigkeit bewirkt habe, gelenkt habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Den Feststellungen der belangten Behörde über die Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers liegt der Blutalkoholbefund des medizinisch-chemischen Zentrallaboratoriums der Landeskrankenanstalten Salzburg zugrunde, demzufolge sich in der der Untersuchungsanstalt vorliegenden Blutprobe des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Untersuchung eine Äthylalkoholkonzentration von 1,02 Promille befunden habe. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei die Blutabnahme um 23 Uhr des Tattages im Unfallkrankenhaus erfolgt. Der Beschwerdeführer habe beim Lenken des PKWs zur Tatzeit durch Vornahme eines verkehrsgefährdenden Umkehrmanövers einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verschuldet und sei hiefür auch gerichtlich verurteilt worden.

In der Beschwerde wird unter anderem geltend gemacht, daß die Voraussetzungen für eine Blutabnahme nicht vorgelegen seien, weil der beim Unfall verletzte Beifahrer des Beschwerdeführers zwar Prellungen, jedoch keine erheblichen Verletzungen im Sinne des § 5 Abs. 6 StVO 1960 erlitten habe.

Dazu ist folgendes auszuführen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. November 1979, Slg. 9975/A) dürfen die Ergebnisse einer Blutalkoholuntersuchung zur Erbringung des Nachweises der Begehung einer Verwaltungsübertretung gegen einen Verkehrsteilnehmer als Beschuldigten, dem ohne dessen Verlangen oder Zustimmung das Blut abgenommen worden ist, im Verwaltungsstrafverfahren nur unter der Voraussetzung verwertet werden, daß die Blutabnahme nicht gegen § 5 Abs. 6 StVO 1960 verstoßen hat. Gemäß § 5 Abs. 6 StVO 1960 hat die Untersuchung, wenn der Vorgeführte im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist, eine Blutabnahme zu umfassen, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist. Dem angefochtenen Bescheid läßt sich nicht entnehmen, daß der Beschwerdeführer eine Blutabnahme verlangt oder einer solchen zugestimmt hätte. Daß der Beschwerdeführer eine Unzurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt der Blutabnahme nicht behauptet habe und daß konkrete Hinweise für eine gegen seinen Willen erfolgte Blutabnahme nicht hervorgekommen seien, läßt entgegen der in der Gegenschrift zum Ausdruck gebrachten Ansicht der belangten Behörde noch keineswegs den ZWINGENDEN Schluß zu, daß die Blutabnahme mit Zustimmung des Beschwerdeführers erfolgt sei. Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält auch keine Feststellungen, die eine Beurteilung dahin ermöglichen, ob die vom Beifahrer des Beschwerdeführers beim Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen erheblich im Sinne des § 5 Abs. 6 StVO 1960 sind. Hiefür hätte es der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens darüber bedurft, welche Folgen (Dauer der Gesundheitsstörung, Dauer der Schmerzen, erforderliche medizinische Behandlung etc.) mit der Verletzung für den Verletzten verbunden waren (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1987, Zl. 85/03/0027, und vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0225). Die im Beschwerdefall fehlende Aufnahme eines solchen Beweises kann durch den Hinweis in der Gegenschrift auf die die Verletzungen des Beifahrers betreffenden Feststellungen im Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 8. Jänner 1990 nicht ersetzt werden.

Wegen dieser Verfahrensmängel ist eine abschließende Prüfung der Frage der Zulässigkeit der Verwertung der Ergebnisse der Blutalkoholuntersuchung nicht möglich, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer Sachverständiger Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Blutabnahme Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt rechtswidrig gewonnener Beweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990030154.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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