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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, in der Beschwerdesache des N gegen den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Fernmeldeangelegenheit, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Fernmeldebehörde I. Instanz vom 23. Jänner 1986 wurde der Beschwerdeführer wegen der Übertretungen des § 26 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Fernmeldegesetzes, BGBl. Nr. 170/1949, bestraft. Gleichzeitig wurde die am 23. Oktober 1985 vorläufig beschlagnahmte Funkanlage KF 161 dig X 6W, Nr. 0520401, gemäß § 28 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes zu Gunsten des Bundes (Post- und Telegraphenverwaltung) für verfallen erklärt.
Dieses Straferkenntnis wurde auf Grund der vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachten Berufung mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung als oberste Fernmeldebehörde) mit Bescheid vom 23. April 1986 behoben.
Mit Bescheid der Fernmeldebehörde I. Insstanz vom 3. November 1987 wurde der Beschwerdeführer neuerlich der vorstehend angeführten Übertretungen des Fernmeldegesetzes schuldig erkannt und gemäß § 28 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes der Verfall der vorläufig beschlagnahmten Funkanlage ausgesprochen.
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Da über diese Berufung nicht innerhalb der Frist des § 51 Abs. 5 VStG von der Berufungsbehörde entschieden wurde, wurde das Verfahren eingestellt und dem Beschwerdeführer hievon Mitteilung gemäß § 45 Abs. 2 VStG 1950 gemacht.
Mit Bescheid vom 21. März 1989 sprach die Fernmeldebehörde I. Instanz aus, daß das am 23. Oktober 1985 vorläufig beschlagnahmte - vorstehend näher beschriebene - Sprechfunkgerät zu Gunsten des Bundes (Post- und Telegraphenverwaltung) gemäß § 17 Abs. 3 VStG 1950 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes für verfallen erklärt wird.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer ebenfalls mit Berufung.
Mit der vorliegenden Beschwerde wird Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung) geltend gemacht, weil über die Berufung nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden wurde.
Mit hg. Verfügung vom 18. Juni 1990 wurde über die Säumnisbeschwerde das Vorverfahren eingeleitet.
Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß Art. 132 zweiter Satz B-VG ist in Verwaltungsstrafsachen eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nicht zulässig (die von dieser Regelung ausgenommenen Fälle der Privatanklage- und Finanzstrafsachen kommen im Beschwerdefall nicht zum Tragen). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff "Verwaltungsstrafsachen" im Art. 132 B-VG umfassend und schließt auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, ein. Er erstreckt sich auf alle "Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen" (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 25. Februar 1985, Slg. Nr. 11622/A, vom 29. Jänner 1987, Zl. 86/02/0179, vom 20. September 1989, Zl. 89/03/0221, und vom 27. Juni 1990, Zl. 90/03/0160) und davon sind auch Bescheide betreffend die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen und deren Ausfolgung im Sinne des § 39 VStG 1950 erfaßt (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 8. April 1987, Zl. 86/01/0276).
Bei dem gegenständlichen, auf § 17 Abs. 3 VStG 1950 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes gestützten Abspruch handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid, der im Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung steht, die in Hinsicht auf § 51 Abs. 5 VStG 1950 nicht (mehr) verfolgt werden kann. Im Ausspruch des Verfalles nach § 28 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes ist - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 12. September 1984, Slg. Nr. 11506/A, ausgesprochen hat (nur Rechtssatz) - keine bloße Strafmaßnahme, sondern eine die Ordnung des Funkverkehrs betreffende Sicherheitsmaßnahme zu erblicken, die nach § 17 Abs. 3 VStG 1950 auch ungeachtet einer etwa eingetretenen Verfolgungsverjährung vorgenommen werden darf.
§ 17 Abs. 3 VStG 1950 ermächtigt die Behörde, den Verfall als selbständige Maßnahme (objektiver Verfall) auszusprechen, wenn der Tatbestand einer in ihre Zuständigkeit zur Strafverfolgung fallenden Verwaltungsübertretung gegeben ist - dies trifft nach Lage der Akten ungeachtet dessen, daß das Verwaltungsstrafverfahren auf Grund des § 51 Abs. 5 VStG 1950 gemäß § 45 leg. cit. eingestellt wurde, zu -, eine bestimmte Person jedoch aus welchen Gründen immmer nicht verfolgt werden kann, also Umstände vorliegen, die - so etwa das Vorliegen der Verjährung oder wie im Beschwerdefall der Ablauf der Frist des § 51 Abs. 5 VStG 1950 - die Verfolgung ausschließen (vgl. dazu auch Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, Wien 1954, II, Seite 173 f, und Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, 2. Band, Wien 1990, Seite 59). Der umfassende Begriff "Verwaltungsstrafsachen" im Art. 132 B-VG schließt demnach auch den gemäß § 17 Abs. 3 VStG 1950 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes ausgesprochenen Verfall ein, hinsichtlich dessen eine Beschwerdeführung nach der angeführten Gesetzesstelle ausgeschlossen ist.
Der Beschwerde steht somit die offenbare Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes entgegen. Sie war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinRechtskraft Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrechtliche BescheideVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990030152.X00Im RIS seit
05.03.2001Zuletzt aktualisiert am
14.06.2010