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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §367 Z12 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. November 1989, Zl. VerkR-11.943/1-1989-II/Aum, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Juli 1989 wurde der Beschwerdeführer unter anderem (Pkt. 1 des Straferkenntnisses) schuldig erkannt, er habe nach Verlegung der Betriebe seiner konzessionierten Gewerbe zumindest vom 1. Jänner 1989 bis 8. Mai 1989 das Mietwagengewerbe mit drei Omnibussen, das Taxigewerbe mit zwei Personenkraftwagen sowie das Mietwagengewerbe mit einem Personenkraftwagen im neuen Standort X, A-Straße, gewerbsmäßig ausgeübt, indem er Mietwagen- und Taxifahrten von diesem Standort aus durchgeführt habe, ohne die hiefür erforderliche Bewilligung gemäß § 49 Abs. 2 GewO 1973 erlangt zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 12 in Verbindung mit § 49 Abs. 2 GewO 1973 begangen. Die Behörde verhängte über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von je S 500,-- (zusammen S 1.500,--) und Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden (zusammen 36 Stunden). Zur Begründung führte die Behörde unter anderem aus, der Beschwerdeführer besitze im Standort X, B-Straße, Konzessionen zur Ausübung des Mietwagengewerbes mit drei Omnibussen, des Taxigewerbes mit drei Personenkraftwagen und des Mitwagengewerbes mit einem Personenkraftwagen. Von einer Nachbarin seien zeitweise Aufzeichnungen über Ab- und Zufahren der im Mietwagen- und Taxigewerbe verwendeten Fahrzeuge zur Liegenschaft des Beschwerdeführers A-Straße geführt und der Behörde übergeben worden. Der Beschwerdeführer behaupte, daß er seine Gewerbe im Rahmen der erteilten Bewilligung ausübe. In den Jahren 1971/1972 habe er die Liegenschaft A-Straße erworben und nütze auch diese seither gewerblich. Es werde mit den Fahrzeugen zu- und abgefahren und es werden die Fahrzeuge dort auch ab- und eingestellt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es würden keine gewerblichen Fahrten in der Form geführt, daß Fahrgäste zur oder von der A-Straße befördert werden, sei nicht geeignet, den Übertretungstatbestand zu entkräften. Entscheidend sei lediglich, daß die gewerbsmäßigen Mietwagen- und Taxifahrten vom Beschwerdeführer in seiner Wohnung in der A-Straße aufgenommen werden (Fahrtenausgangspunkt) und er nach Beendigung einer Fahrt wieder zum Fahrtausgangspunkt zurückkehre. Er gebe zu, daß er sich nach Beendigung einer Fahrt in seine Wohnung in der A-Straße (Hauptwohnsitz) zurückkehre und sich dort solange aufhalte, bis er den nächsten Einsatz erhalte. Ein weiteres Indiz, daß der Beschwerdeführer seine Gewerbe in diesen neuen Standort verlegt (habe) und von dort aus ausübe, sei die Einschaltung im Amtlichen Telefonbuch für Oberösterreich 1988/1989, die laute "N, Reisen, Taxi, A-Straße, Tel. nnnn". Daß diese Einschaltung irrtümlich erfolgt sei, wie der Beschwerdeführer behaupte, habe er zu verantworten. Ein weiterer Beweis für die Gewerbeausübung in dem neuen Standort sei, daß die Gewerbebehörde am 27. April 1989 in der Zeit von 10.55 bis 11.15 Uhr (also 20 Minuten) mehrmals erfolglos versucht habe, das Unternehmen des Beschwerdeführers in der B-Straße zu erreichen, wogegen auf Anruf in der A-Straße (Wohnhaus) sofort abgehoben worden sei. Daß am genehmigten Standort B-Straße niemand erreichbar sei, bestätige der Beschwerdeführer mit der Aussage, es sei ihm keine Bestimmung bekannt, wonach ein Taxi- und Mietwagenunternehmen ein eigenes Büro betreiben und zur Fahrtenvermittlung eine Bürokraft beschäftigen müsse. Auf Grund des angeführten Sachverhaltes sei für die Behörde erwiesen, daß der Beschwerdeführer seine "Taxi- und Mietwagenkonzessionen" verlegt und im neuen Standort ohne die erforderlichen Bewilligungen ausübe.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Der Landeshauptmann von Oberösterreich wies mit Bescheid vom 6. November 1989 die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis bezüglich seines Punktes 1 sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe (Gesamtstrafe). Zur Begründung seines Bescheides führte der Landeshauptmann unter anderem aus, bei der Übertretung des § 49 Abs. 2 in Verbindung mit § 367 Z. 12 GewO 1973 handle es sich nunmehr um ein Dauerdelikt, "weshalb tatbestandgemäße Einzelhandlungen bis zur Erlassung eines Straferkenntnisses nur als eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu bedenken" seien, solange der Täter nicht nach außenhin erkennbar seine deliktische Tätigkeit aufgegeben habe. Bezüglich der Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere im Hinblick auf den vorgeworfenen Zeitraum, werde auf die Ausführungen des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde vom 8. Mai 1989 verwiesen, wonach er angegeben habe, daß er seit l972 "auch die Liegenschaft A-Straße genauso gewerblich genützt" habe. Es werde mit den Fahrzeugen zu- und abgefahren sowie vorübergehend würden die Fahrzeuge dort abgestellt. Der Inhaber einer Konzession bedürfe, sofern nicht hinsichtlich des betreffenden konzessionierten Gewerbes etwas anderes bestimmt sei, zur Verlegung des Betriebes einer besonderen Bewilligung. Mit der Verlegung des Betriebes erlange der Konzessionsinhaber das Recht zur Ausübung der Konzession im neuen Standort und damit gehe das Recht des Konzessionsinhabers, das Gewerbe im bisherigen Standort auszuüben, unter. Werde demnach die gesamte bei einem Unternehmen des Personenbeförderungsgewerbes in dessen Standort auszuübende Tätigkeit nach einem anderen Standort verlegt, so sei der Tatbestand des § 49 Abs. 2 GewO 1973 erfüllt. Mit der tatsächlichen, wenn auch (noch) nicht bewilligten Verlegung des Betriebes könne die im neuen Standort entfaltete Tätigkeit nicht mehr den früheren Standort und damit der für diesen verliehenen Konzession zugerechnet werden. Auf Grund des von der Erstbehörde in ihrem Straferkenntnis angeführten Sachverhaltes werde auch von der Berufungsbehörde als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer - zumindest teilweise - den Standort für das Taxi- und das Mietwagengewerbe von X, B-Straße, nach X, A-Straße, verlegt habe, ohne bisher die erforderliche Bewilligung gemäß § 49 Abs. 2 GewO 1973 einzuholgen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichte Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht wegen der ihm zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden. In Ausführung dazu trägt der Beschwerdeführer zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, es liege die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung schon deswegen nicht vor, weil von einer Standortverlegung im Sinne des § 49 GewO 1973 nur dann gesprochen werden könne, wenn gleichzeitig mit der Betriebsaufnahme im neuen Standort der Betrieb im bisherigen Standort eingestellt werde. Dieser Meinung sei auch die belangte Behörde, wenn sie in der Begründung ihres Bescheides ausführe, daß der Tatbestand des § 49 Abs. 2 leg. cit. erfüllt sei, wenn die gesamte bei einem Unternehmen des Beförderungsgewerbes in dessen Standort auszuübenden Tätigkeit nach einem anderen Standort verlegt werde. Die belangte Behörde habe überdies in weiterer Folge lediglich als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer zumindest teilweise den Standort verlegt habe, ohne bisher die erforderliche Bewilligung einzuholen. Eine teilweise Standortverlegung - wie von der belangten Behörde angenommen - hinsichtlich ein und desselben Gewerbes sei nach § 49 GewO 1973 nicht möglich.
Der Beschwerdeführer ist schon mit diesem Einwand im Ergebnis im Recht.
Gemäß § 367 Z. 12 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer nach Verlegung des Betriebes eines konzessionierten Gewerbes in einen anderen Standort ohne die gemäß § 49 Abs. 2 erforderliche Bewilligung das konzessionierte Gewerbe im neuen Standort ausübt.
Gemäß § 49 Abs. 2 GewO 1973 gelten für die Verlegung des Betriebes eines konzessionierten Gewerbes in einen anderen Standort die Bestimmungen des § 46 Abs. 2 und 4 sinngemäß. Demgemäß bedarf der Inhaber einer Konzession (§ 5 Z. 2), sofern nicht hinsichtlich des bestreffenden konzessionieten Gewerbes anderes bestimmt ist, zur Verlegung des Betriebes einer besonderen Bewilligung der Behörde (§ 341 Abs. 4), für die nach Maßgabe des Abs. 2 des § 46 die Vorschriften für die Erteilung der Konzession gelten.
In Ansehung von Gewerben, die im wesentlichen Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die außerhalb von Betriebsstätten verrichtet werden, ist unter "Standort" jene Betriebsstätte als ständige Einrichtung zu verstehen, wo sich zumindest in der Regel der Verkehr des Unternehmens mit seinen Kunden abspielt, wo und über welche Betriebsstätte das Unternehmen also für die Kunden erreichbar ist und wo auch gleichzeitig die Mehrzahl der internen Geschäftsvorgänge abgewickelt wird (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 1970, Slg. Nr. 7741/A, und vom 8. April 1988, Zl. 88/18/0027). Wird demnach die von einem Unternehmen des Personenbeförderungsgewerbes in dessen Standort vorzunehmende Tätigkeit in ihrer Gesamtheit nicht am Standort, auf den die Konzession lautet, ausgeübt, sondern in einem anderen Standort entfaltet und mit der Betriebsaufnahme im aufgezeigten Sinne im neuen Standort der Betrieb im bisherigen Standort eingestellt, dann wurde der Betrieb des Gewerbes in einen anderen Standort verlegt und ist der Tatbestand des § 49 Abs. 2 GewO 1973 erfüllt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1983, Zl. 81/04/0026). Wird hingegen der Betrieb des Gewerbes in dem Standort, auf den die Konzession lautet, nicht aufgegeben und werden in diesem Standort ungeachtet dessen, daß das Gewerbe (auch) in einem anderen Standort betrieben wird, Tätigkeiten des Personenbeförderungsgewerbes ausgeübt (etwa regelmäßige Entgegennahme von Bestellungen und Durchführung der Aufträge von diesem Standort aus, das Abstellen von Kraftfahrzeugen), kann von einer Verlegung des Betriebes im Sinne des § 49 Abs. 2 GewO 1973 nicht ausgegangen werden. In dem Umstand, daß das Gewerbe auch in einem anderen Standort ausgeübt wird, kann allenfalls die Verletzung anderer gewerberechtlicher Vorschriften, etwa in Ansehung weiterer Betriebsstätten, gelegen sein, was jedoch im Beschwerdefall nicht zu untersuchen war.
Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde, wenn sie davon ausging, daß der Beschwerdeführer die Übertretung des § 367 Z. 12 in Verbindung mit § 49 Abs. 2 GewO 1973 zu verantworten habe, weil er zumindest teilweise den Standort verlegt hat. Sie brachte damit selbst zum Ausdruck, daß vom Beschwerdeführer nach wie vor gewerbliche Tätigkeiten auf Grund der ihm erteilten Konzessionen in dem Standort ausgeübt werden, auf den die Konzessionen lauten, und daß der Betrieb dort jedenfalls nicht zur Gänze eingestellt wurde, was der Beschwerdeführer stets behauptet hat. Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift bemerkt, daß mit der Formulierung "zumindest teilweise verlegt" lediglich gemeint gewesen sei, es könne nicht zur Gänze ausgeschlossen werden, daß keine Fahrten mehr zum alten Standort durchgeführt werden, ist ihr zu entgegnen, daß diese Meinung weder mit der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach der Tatbestand des § 49 Abs. 2 GewO 1973 erfüllt sei, wenn "die gesamte bei einem Unternehmen des Personenbeförderungsgewerbes in dessen Standort auszuübende Tätigkeit nach einem anderen Standort verlegt" wird, in Einklang zu bringen ist, noch in der Aktenlage eine Deckung findet. Nach dem den Verwaltungsstrafakten angeschlossenen und von der Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides angeführten Aktenvermerk vom 11. August 1988 über eine an diesem Tage durchgeführte Überprüfung der Abstellplätze für das Mietwagengewerbe des Beschwerdeführers befinden sich im Standort X, B-Straße, zwei Garagen und zwei Abstellplätze zum Abstellen von Fahrzeugen. Unbestritten ist ferner, daß in diesem Standort für den Beschwerdeführer ein Telefonanschluß besteht. Desweiteren befindet sich dort nach der von der belangten Behörde nicht widerlegten Behauptung des Beschwerdeführers "im Erdgeschoß dieses Stockhauses" auch ein "Schreibtisch für die Gewerbeausübungen". Aus dem Umstand, daß vom Beschwerdeführer - von ihm gar nicht in Abrede gestellt - AUCH die Liegenschaft X, A-Straße, gewerblich genützt wird, worauf sich vor allem die Erstbehörde stützte, kann nicht zwingend geschlossen werden, daß im Standort, auf den die Konzessionen lauten, keine gewerbliche Tätigkeit mehr entfaltet wird. Das Vorhandensein eines Telefonanschlusses und die Tatsache, daß in diesem Standort regelmäßig vom Beschwerdeführer bei Ausübung der ihm zustehenden Gewerbeberechtigungen verwendete Fahrzeuge abgestellt werden, spricht vielmehr gegen die Annahme der belangten Behörde. Der erfolglos gebliebene Versuch der Behörde, mit dem Unternehmen des Beschwerdeführers am genehmigten Standort telefonisch in Kontakt zu treten, ist schon deswegen kein ausreichender Beweis für die Annahme der belangten Behörde, weil dieser Versuch lediglich an einem (einzigen) Tag innerhalb nur kurzer Zeit (etwa in 20 unmittelbar aufeinanderfolgenden Minuten) unternommen wurde. Schließlich mag die Einschaltung im Amtlichen Telefonbuch für Oberösterreich 1988/1989 ein Indiz dafür sein, daß vom Beschwerdeführer die in Rede stehenden Gewerbe auch im Standort A-Straße betrieben werden, was aber ohnehin unbestritten ist, sie läßt jedoch keine zwingenden Schlüsse auf eine Nichtausübung der Gewerbe im genehmigten Standort zu.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, was zu dessen Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führte, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030317.X00Im RIS seit
24.10.1990