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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VII, vom 27. Dezember 1989, Zl. 6/3-3181/89-09, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer besaß 50 % der Anteile an einer Aktiengesellschaft, bei der er auch bis zum 8. Februar 1985 Vorsitzender des Vorstandes war. Über das Vermögen dieser Aktiengesellschaft wurde am 12. Februar 1985 ein Insolvenzverfahren (Ausgleich mit Anschlußkonkurs) eröffnet. Der Beschwerdeführer meldete im Insolvenzverfahren unter anderem Forderungen aus Pensionsansprüchen an. Auf den im Insolvenzverfahren kapitalisierten, laut Beschwerdeergänzung allein beschwerdegegenständlichen Pensionsanspruch bezahlte der Masseverwalter im Jahre 1987 2 Mio S und im Jahre 1988 1 Mio S aus. Der Beschwerdeführer kann auch mit einer weiteren Restquotenzahlung rechnen.
Für die Zahlung des Jahres 1987 machte der Beschwerdeführer, der, wie er auch in der Beschwerdeergänzung ausführt, seinen Gewinn im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt, den ermäßigten Steuersatz des § 37 Abs. 1 EStG 1972 geltend.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde diese Begünstigung mit der Begründung, die fraglichen Einkünfte wären nicht ausnahmsweise und einmalig in einem bestimmten Jahr, sondern verteilt auf mehrere Jahre angefallen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den angefochtenen Bescheid beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde, doch lehnte dieser Gerichtshof deren Behandlung mit Beschluß vom 7. März 1990, B 155/90-3, ab. Zu der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die schon erwähnte Beschwerdeergänzung ein, in der er inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend macht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund der Beschwerde (Beschwerdeergänzung) geht es allein darum, ob Einkünfte, bezüglich derer zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht in Streit steht, daß sie unter § 37 Abs. 2 (Z. 1 oder 4) EStG 1972 fallen, des ermäßigten Steuersatzes nach Abs. 1 der Gesetzesstelle auch dann teilhaft werden, wenn sie nicht in einem, sondern in mehreren Jahren anfallen und zu versteuern sind. Mit dieser Frage hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt und besonders eingehend in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1984, Zlen. 83/14/0081, 0082, auseinandergesetzt. Er brachte darin unter Anführung seiner (ständigen) älteren Rechtsprechung zum Ausdruck, die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes erschöpften sich nicht darin, daß es sich der Art nach um Einkünfte handelt, die in der taxativen Aufzählung der Ziffern 1 bis 5 des § 37 Abs. 2 EStG 1972 enthalten sind, sondern es muß diesen Einkünften darüber hinaus in jedem konkreten Fall die vom Gesetz für die Anwendung des Steuersatzes des § 37 EStG 1972 sowohl in dessen Absatz 1 wie nochmals in dessen Absatz 2 ausdrücklich hervorgehobene Eigenschaft des "Außerordentlichen" zukommen. Diese "Außerordentlichkeit" hat der Verwaltungsgerichtshof, wie das zuletzt angeführte Erkenntnis weiters darlegt, in jahrzehntelanger einheitlicher Rechtsprechung dann als gegeben angesehen, wenn die Einkünfte ausnahmsweise und einmalig in EINEM bestimmten Jahr angefallen sind, während bei einem auf mehrere Jahre verteilten Zufließen die angestrebte Tarifbegünstigung nicht in Frage kommen kann.
Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in weiterer Folge beibehalten (Erkenntnisse vom 21. Februar 1984, Zl. 83/14/0228, und vom 17. Oktober 1984, Zl. 84/13/0054). In seinem Erkenntnis vom 28. April 1987, Zl. 86/14/0175, wiederholte der Gerichtshof seine Ansicht, daß die gegenständliche Tarifbegünstigung nur dann zum Tragen kommt, wenn es sich um die Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungsjahr handelt. Denn der einzig erkennbare Zweck der Vorschrift des § 37 Abs. 1 EStG 1972 sei die Herbeiführung einer Progressionsmilderung, die dann Platz greifen soll, wenn es eben zu einer solchen Zusammenballung kommt. Es muß sich bei den Einkünften des § 37 Abs. 2 EStG 1972 um solche handeln, die ausnahmsweise und einmalig in einem bestimmten Jahr anfallen.
Auch aus den hg. Erkenntnissen vom 26. April 1989, Zl. 89/14/0074, und vom 30. Mai 1990, Zl. 86/13/0044, geht deutlich hervor, daß im Hinblick auf den einzig erkennbaren Zweck der Vorschrift des § 37 Abs. 1 EStG 1972, eine Progressionsmilderung herbeizuführen, die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur gerechtfertigt wäre, wenn es zu einer (regelmäßig progressionswirksamen) Zusammenballung von Einkünften in einem einzigen Veranlagungsjahr kommt.
Der Verwaltungsgerichtshof findet keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzurücken. Er kann daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe seiner Vorjudikatur verweisen und sich auf folgende Bemerkungen zur Beschwerdeergänzung beschränken:
Da eine Progressionsmilderung regelmäßig schon durch die TATSACHE eintritt, daß Einkünfte nicht zusammengeballt in einem einzigen Veranlagungsjahr anfallen, kommt der Frage, aus welchen Gründen (Motiven) es zu keinem zusammengeballten Anfall kam, aus der Sicht der aufgezeigten Zielsetzung des § 37 Abs. 1 EStG 1972 keine maßgebliche Bedeutung zu.
Die Überlegungen des Beschwerdeführers bezüglich einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1972 bzw. den Übergang auf eine solche Gewinnermittlung können auf sich beruhen, weil auch er nicht behauptet, daß eine solche Gewinnermittlung in seinem Fall zum Zug gekommen wäre, sondern selbst darlegt, daß dies nicht der Fall war. Der Besteuerung konnten aber nur die tatsächlich bestehenden Verhältnisse zugrunde gelegt werden. Das aufgeteilte Zufließen der fraglichen Einkünfte im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ließ die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht zu. Dies erweist sich nicht deshalb als rechtswidrig, weil eine Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972 allenfalls die Möglichkeit der Steuerermäßigung geboten hätte: Die Steuerermäßigung wäre dann eben im Hinblick auf die zusammengeballte Besteuerung der Einkünfte anzuwenden gewesen.
Seine Auffassung, nur bei zusammengeballtem Anfall von Einkünften wäre § 37 EStG 1972 anzuwenden, hält der Verwaltungsgerichtshof aus den dargelegten Gründen nicht nur für gesetzmäßig, sondern auch für sachlich gerechtfertigt und für verfassungsrechtlich unbedenklich. Daß der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde, in der der Beschwerdeführer seine verfassungsrechtlichen Bedenken ausführlich dargelegt hatte, ablehnte, ist bereits festgehalten.
Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Seine Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990130088.X00Im RIS seit
24.10.1990Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008