TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/25 89/06/0010

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Veröffentlicht am 25.10.1990
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Tir 1978 §3 Abs9 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §6 Abs4 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §7 idF 1989/010;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. November 1988, Zl. Ve-550-1494/1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister; 2. AA und RA), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 25. März 1988 beantragten die Zweitmitbeteiligten die Baubewilligung zur Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses auf der Gp Nr. nn/n der Katastralgemeinde M. Bei der am 2. Mai 1988 durchgeführten mündlichen Bauverhandlung, zu der er unter Hinweis auf die Säumnisfolgen des § 42 AVG 1950 geladen worden war, erhob der Beschwerdeführer als Nachbar Einwendungen: Der Abstand des (geplanten) Hauses zur anrainenden Gemeindestraße sei unrichtig bemessen; bei einer (dem Beschwerdeführer vorschwebenden) Korrektur wäre überdies genügend Platz vorhanden, die PKW-Stellplätze (zu ergänzen: von der südlichen, an die Liegenschaft des Beschwerdeführers angrenzenden Grundgrenze weg) auf die Südwestseite (Straßenseite) zu verlegen und dadurch Rückwirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu vermeiden. Die Grundteilung der Baufläche sei gesetzwidrig erfolgt, weshalb das Bauvorhaben auf dieser Baufläche unzulässig sei.

Mit Bescheid vom 31. Mai 1988 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Zweitmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung,

die jedoch mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 20. September 1988 abgewiesen wurde.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 43/1978 in der hier anzuwendenden Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 19/1984 lautete:

"(4) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde über diese Einwendung abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen (§ 31 Abs. 8) erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften gestützt werden, die die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken vorschreiben oder die Festlegungen über die Bauweise, die Bauhöhe, die Abstände von Gebäuden, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz zum Inhalt haben."

Der Beschwerdeführer macht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im wesentlichen drei Punkte im Sinne seiner bereits im Bauverfahren gemachten Einwendungen geltend, nämlich, die Nichteinhaltung des nach Auffassung des Beschwerdeführers erforderlichen Abstandes von der Verkehrsfläche (Gemeindestraße) im Sinne des § 6 Abs. 4 TBO, die Situierung von Autoabstellplätzen unmittelbar an seiner Grundgrenze und (angeblich) fehlende Genehmigungen zu jener in der Vergangenheit liegenden Grundabteilung, aus der der nunmehr streitgegenständliche Bauplatz der Zweitmitbeteiligten hervorgegangen ist.

Hinsichtlich des (behauptetermaßen unzureichenden) Abstandes des geplanten Zweifamilienhauses von der öffentlichen Verkehrsfläche macht der Beschwerdeführer schon deshalb keine ihm zustehende subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung iSd § 30 Abs. 4 TBO geltend, weil (wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 8. Februar 1977, Slg. Nr. 9245/A, ausgesprochen hat), § 6 Abs. 4 nicht dem Schutz jedes, sondern (ähnlich zu § 7 TBO) nur dem Schutz des jeweils angrenzenden Nachbarn dient. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung jener Abstandsvorschriften, die zu einer Verkehrsfläche in Beziehung stehen, steht daher (nur) dem Eigentümer eines dem Bauplatz gegenüberliegenden und von diesem durch die öffentliche Verkehrsfläche getrennten Grundes zu. Dies trifft jedoch auf den Beschwerdeführer, dessen Liegenschaft südlich an den Bauplatz der zweitmitbeteiligten Parteien angrenzt, unbestrittenermaßen nicht zu. Mit dem Beschwerdevorwurf, auf Gemeindeebene sei der für die Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 6 Abs. 4 TBO in Betracht kommende (westlich an die Gemeindestraße angrenzende) Nachbar nicht beigezogen worden, macht der Beschwerdeführer ebenfalls nicht eigene, sondern allenfalls - Rechte Dritter geltend, sodaß sich ein Eingehen auf die mit dieser Frage zusammenhängenden Beschwerdeausführungen insgesamt erübrigt.

Gemäß § 7 Abs. 5 erster Satz TBO gelten die sich aus den im Abs. 1 festgesetzten Mindestabständen ergebenden Abstandsflächen nicht für bauliche Anlagen, die eine bestimmte Höhe nicht übersteigen, wozu gemäß dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle u.a. auch Garagen zählen, soweit dadurch keine erheblich nachteiligen Rückwirkungen auf das Orts- und Straßenbild zu erwarten sind. Autoabstellplätze sind daher grundsätzlich (d.h. auch wenn sie nicht in Garagenform errichtet werden) in Abstandsflächen gemäß § 7 Abs. 5 TBO zulässig. Mit dem Hinweis auf die seiner Meinung nach "übermäßige Belastung" macht der Beschwerdeführer dem Sinne nach einen Immissionsschutz geltend, der gemäß § 12 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4, idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 38/1984, im Wohngebiet in dieser Form jedoch nicht besteht: Nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle dürfen im Wohngebiet Wohnbauten mit den dazugehörigen Nebenanlagen (somit auch ein Zweifamilienwohnhaus mit den dazugehörigen Stellplätzen) errichtet werden, ohne daß auf die mit derartigen baulichen Anlagen in der Regel verbundenen Auswirkungen auf die Nachbarschaft bedacht zu nehmen wäre. Aber auch durch die - nach Auffassung des Beschwerdeführers rechtswidrig zustandegekommene - Grundabteilung, aus welcher der Bauplatz der Zweitmitbeteiligten hervorgegangen ist, kann der Beschwerdeführer in keinem Recht hinsichtlich der Bauführung der mitbeteiligten Bauwerber verletzt worden sein: Gemäß § 3 Abs. 9 TBO ist Bauplatz ein Grundstück (u.a.) im Bauland. Grundstück ist nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung eine im Grundsteuer- oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnete Grundfläche. Soweit die Bezeichnung einer Grundfläche mit einer Nummer als Ergebnis eines Grundabteilungsverfahrens somit erfolgt ist, knüpft das Gesetz daran unmittelbar die Eigenschaft als Bauplatz, wenn - wie hier - die Voraussetzungen im Flächenwidmungsplan (z.B. Lage im Bauland) dafür vorliegen. Auf die Frage der Rechtmäßigkeit des Zustandekommens einer solchen Eintragung in die genannten Kataster kommt es daher nicht an. Der Vollständigkeit halber sei auch darauf verwiesen, daß die vom Beschwerdeführer vermißte gemeindebehördliche Grundabteilungsbewilligung gemäß § 12 Abs. 1 TBO (soweit für den vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung) nur in jenen Gebieten erforderlich ist, in denen ein Bebauungsplan besteht. Dies trifft nach der Aktenlage auf das Gemeindegebiet der erstmitbeteiligten Partei nicht zu.

Da die in der Beschwerde geltend gemachten Rechtsverletzungen somit nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Durch die Erledigung der Beschwerde wurde eine Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entbehrlich.

Schlagworte

Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989060010.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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