TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/30 90/04/0059

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Veröffentlicht am 30.10.1990
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Index

L71093 Automatenverkauf Niederösterreich;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AutomatenverkaufsV Horn 1987 litb Z1;
AutomatenverkaufsV Horn 1987 litd Z5;
GewO 1973 §367 Z15;
GewO 1973 §52 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Juli 1989, Zl. V/1-St-87222, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem als Ersatzbescheid für den durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1989 aufgehobenen Bescheid vom 26. April 1988 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Juli 1989 wurde der Beschwerdeführer im verwaltungsstrafrechtlichen Instanzenzug schuldig erkannt, er habe am 1. Juni 1987 den Verkauf von Süßigkeiten, Kaugummi und Spielzeug mittels Automaten, die für die Selbstbedienung durch Kunden bestimmt seien, in den nachstehend angezeigten Standorten durchgeführt:

a) mit einem Automat um 13.30 Uhr in Horn, B-Straße (ehem. V-Laden), das sei 50 m vom Kinderspielplatz B-Straße,

b) mit zwei Automaten um 13.45 Uhr in Horn, C-Gasse 18 (Gartenzaun), das sei 160 m von Kindergarten Horn, C-Gasse 4;

c) mit fünf Automaten um 13.55 Uhr in Horn D-Straße (Buch- und Zeitschriftenkiosk der "Firma" A), das sei 30 m vom Bundesgymnasium Horn, E-Gasse 21, und

d) mit drei Automaten um 14.00 Uhr in Horn, E-Gasse 17 (Gartenzaun), das sei 150 m vom Bundesgymnasium Horn, E-Gasse 21,

obwohl mit Verordnung der Stadtgemeinde Horn vom 13. Mai 1987 diese gewerbliche Tätigkeit mittels Automaten

1. im Standort a) gemäß lit. D Z. 5 im Umkreis von 200 m vom Kinderspielplatz B-Straße (Wohnhausanlage B-Straße),

2. im Standort b) gemäß lit. B Z. 1 im Umkreis von 200 m vom Eingang sowie von Eingängen des Kindergartens Horn, C-Gasse 4,

3. in den Standorten c) und d) gemäß lit. A Z. 4 im Umkreis von 200 m vom Eingang bzw. den Eingängen des Bundesgymnasiums Horn, E-Gasse 21, untersagt worden sei. Es seien dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt worden:

Zu 1a) § 367 Z. 15 in Verbindung mit § 52 Abs. 4 GewO 1973 in Verbindung mit lit. D Z. 5 der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Horn vom 13. Mai 1987;

zu 2b) § 367 Z. 15 in Verbindung mit § 52 Abs. 4 GewO 1973 in Verbindung mit lit. B Z. 1 der genannten Verordnung;

zu 3c und d) § 367 Z. 15 in Verbindung mit § 52 Abs. 4 GewO 1973 in Verbindung mit lit. A Z. 4 der genannten Verordnung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973 jeweils folgende Strafen verhängt:

Zu 1a) S 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden);

zu 2b) S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden);

zu 3c und d) S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage). Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges aus, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei von Gedarmeriebeamten wahrgenommen worden, wobei in der Anzeige die einzelnen Standorte festgestellt worden, ein Bezug zu den entsprechenden Verbotszonen hergestellt und die Tatzeit genau angegeben sowie festgestellt worden sei, daß die Automaten mit Kaugummi, Süßigkeiten bzw. Spielzeug befüllt und betriebsbereit gewesen seien. Aus dem Verwaltungsakt sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer seit 1971 über die Gewerbeberechtigung für den Einzelhandel mit Waren aller Art im Standort Z, F-Gasse 3, verfüge. Er habe bei seiner Vernehmung vom 14. August 1987 selbst angegeben, an den in der Anzeige angeführten Standorten Automaten aufgestellt zu haben. Von den Anzeigelegern sei festgestellt worden, daß die Automaten zur Tatzeit befüllt und betriebsbereit gewesen seien, sodaß dadurch der Einwand hinsichtlich der mangelnden Funktionsbereitschaft der Automaten ins Leere gehe. Der Nachweis einer tatsächlichen Gefährdung von unmündigen Minderjährigen sei nicht zu erbringen gewesen, da dieser Umstand nicht zu den Tatbestandsmerkmalen des § 367 Z. 15 GewO 1973 gehöre. Bei der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 15 GewO 1973 handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 VStG 1950, bei welchem eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Verschuldens eintrete. Dies bedeute, daß der Täter sein mangelndes Verschulden initiativ glaubhaft zu machen habe. Der Beschwerdeführer habe aber keinerlei Beweismittel für seine Schuldlosigkeit angeboten, das Vorliegen eines Irrtums sei nach der Aktenlage nicht anzunehmen. Durch die Standorte in Horn, D-Straße (Buch- und Zeitschriftenkiosk) sowie E-Gasse 17 (Gartenzaun) sei jeweils ein und dieselbe Verbotszone, nämlich im Umkreis von 200 m vom Bundesgymnasium Horn, E-Gasse 21, verletzt worden. Diese beiden strafbaren Handlungen stellten sich als Fortsetzungsdelikt dar, da sie in ihrer Begehungsform gleichartig, unter gleichen Umständen begangen worden seien und in einer zeitlichen Kontinuität stünden. Aus diesem Grund sei die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten in diesen beiden Standorten zu einer Verwaltungsübertretung zusammengefaßt worden. Die Verletzung einer eigenen Verbotszone stelle dagegen jeweils eine eigene Verwaltungsübertretung dar, weshalb auch die Strafbemessung zu den einzelnen Punkten zu erfolgen gehabt habe. Der Beschwerdeführer besitze nach eigenen Angaben den Hälfteanteil eines Wohnhauses in Z, F-Gasse 3. Der Einheitswert dieses Wohnhauses betrage S 616.000,--, wobei das Wohnhaus noch mit S 200.000,-- Bauspardarlehen belastet sei. Außerdem habe der Beschwerdeführer im Betrieb in den letzten Jahren hohe Investitionen "tätigen" müssen, welche noch nicht beglichen seien; zahlenmäßige Beträge habe er hiefür jedoch nicht genannt. Sein monatliches Einkommen betrage ca. S 11.000,--. Der Beschwerdeführer habe Sorgepflichten für die Ehegattin und zwei minderjährige Kinder. Bereits im Straferkenntnis erster Instanz sei bei der Strafbemessung als Milderungsgrund die bisherige Straflosigkeit hinsichtlich Gewerberechtsvorschriften sowie das Geständnis gewertet worden. Bei der Strafbemessung sei im Standort A berücksichtigt worden, daß lediglich ein Automat betrieben und durch diesen auch nur eine Verbotszone verletzt worden sei, beim Standort B sei berücksichtigt worden, daß zwei Automaten in Betrieb gewesen seien und bei den Standorten C und D, daß insgesamt 8 Automaten in Betrieb gewesen seien, wobei die gleiche Verbotszone durch Automaten in zwei verschiedenen Standorten verletzt worden sei. Bei Berücksichtigung dieser Tatsachen sowie der Milderungsgründe des Nichtvorliegens von Erschwerungsgründen und der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei die Berufungsbehörde unter Bedachtnahme auf die eingetretene Gefährdung der vom Gesetz geschützten Interessen - nämlich den Schutz von unmündigen Minderjährigen vor dem durch Automaten besonders geförderten unüberlegten übermäßigen Eingehenn von Kaufgeschäften sowie die Erziehung von Jugendlichen zur Sparsamkeit - und den Grad des Verschuldens davon ausgegangen, daß die Strafen nicht unangemessen hoch seien. Es lägen auch keine rücksichtswürdigen Umstände vor, die Anlaß zu einer Strafmilderung oder zu einer Nachsicht der Strafe gegeben hätten. Dies umso weniger, als die Strafen erheblich unter der Obergrenze des vom Gesetz vorgesehenen Strafrahmens lägen und bei Berücksichtigung des Umstandes, daß die Automaten an Standorten, die von unmündigen Minderjährigen ohne besondere Schwierigkeiten von Schule, Kindergarten oder Spielplatz erreicht werden könnten. Bei diesen Erwägungen sei auch davon auszugehen gewesen, daß der Beschwerdeführer durch die Bestrafung in Hinkunft von gleichartigem strafbaren Verhalten abgehalten und auch eine generalpräventive Wirkung erzielt werden solle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. Februar 1990 abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der gegen ihn erhobene Tatvorwurf sei im Hinblick auf die Bestimmung des § 44a VStG 1950 unvollständig, da kein Bezug darauf genommen werde, "daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat letztlich nur als Gewerbeausübender vorgenommen werden kann". Der angefochtene Bescheid decke sich in wesentlichen Punkten nicht mit dem erstinstanzlichen Bescheid. Es sei daher davon auszugehen, daß der Ersatzbescheid einen vollständig neuen Tatvorwurf darstelle, da die von der belangten Behörde vorgenommenen Änderungen keineswegs eine Richtigstellung und Ergänzung darstellten. Der Tatzeitpunkt sei aber mit 1. Juni 1987 gegeben, sodaß mit dem nunmehr vorliegenden Bescheid der belangten Behörde erstmals ein neuer Tatvorwurf erhoben worden sei und die Voraussetzungen der Verjährung gemäß §§ 31 ff VStG 1950 vorlägen. Es werde dem Beschwerdeführer ein Verstoß gegen die Verordnung der Stadtgemeinde Horn vom 13. Mai 1987 zur Last gelegt, welche nicht mehr "verfahrensgegenständlich" sei, da sie mit Verordnung der Stadtgemeinde Horn vom 30. Juni 1987 vollständig aufgehoben worden sei. Das Verfahren habe keinen Anhaltspunkt erbracht, daß die Automaten tatsächlich durch unmündige Minderjährige benutzt worden seien, auch sei keineswegs der Nachweis dafür erbracht worden, daß die Automaten tatsächlich in Betrieb gewesen seien und auch unmündigen Minderjährigen zur Benützung zur Verfügung gestanden seien. Die Verordnung vom 13. Mai 1987 sei zum Tatzeitpunkt noch nicht in Wirksamkeit gewesen. Auf Grund der Kurzfristigkeit zwischen Erlassung der Verordnung und Tatzeitpunkt sei davon auszugehen, daß für den Beschwerdeführer "jedenfalls keine Kenntnis von der gegenständlichen Forderung zum Vorfallszeitpunkt möglich war und daher die Voraussetzungen eines berechtigten Gesetzesirrtums vorlagen". Bei der Bemessung der Geldstrafen sei die Bestimmung des § 19 VStG nicht beachtet worden. Irgendwelche "Voraussetzungsprüfungen" seitens der Erstbehörde hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des Verschuldensgrades seien nicht erfolgt. Die nunmehr seitens der belangten Behörde vorgenommene Zumessung der einzelnen Geldstrafen für die einzelnen Fakten sei nicht nachvollziehbar und auch durch die Bestimmung des § 19 VStG 1950 nicht gedeckt. Der Tatvorwurf stütze sich allein auf eine kurze Beobachtung von Gendarmeriebeamten. Nähere Überprüfungen bezüglich des Abstandes der Position der Automaten und ihrer tatsächlichen Funktionstüchtigkeit seien nicht vorgenommen worden. Es sei auch keine Prüfung erfolgt, inwieweit diese Automaten tatsächlich mit unmündigen Minderjährigen in Zusammenhang stünden.

In Erwiderung des diesbezüglichen Beschwerdevorbringens ist zunächst darauf hinzuweisen, daß nach den vom Verwaltungsgerichtshof gepflogenen Erhebungen die Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Horn vom 13. Mai 1987 am 18. Mai 1987 durch Anschlag an der Amtstafel der Stadtgemeinde Horn kundgemacht wurde. Diese Verordnung stand daher entgegen dem Beschwerdevorbringen im Tatzeitpunkt in Kraft. Daß diese Verordnung in der Folge durch die Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Horn vom 30. Juni 1987 ersetzt wurde, vermag an der Strafbarkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens nichts zu ändern, zumal auch die Verordnung vom 30. Juni 1987 entsprechende Tatbestände normiert.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei im Tatzeitpunkt eine Kenntnis der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Horn vom 13. Mai 1987 nicht möglich gewesen, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar, weshalb auf dieses Vorbringen nicht weiter einzugehen ist.

Wie bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführte, ist der Umstand, daß die Automaten tatsächlich durch unmündige Minderjährige benutzt wurden, kein Tatbestandselement der von der belangten Behörde herangezogenen Übertretungsnorm, weshalb es keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darstellt, wenn die belangte Behörde entsprechende Ermittlungen und Feststellungen unterließ.

Im Hinblick auf die Umschreibung der Tat im Spruch des angefochtenen Bescheides bedurfte es zur Erfüllung der in § 44a lit. a VStG 1950 normierten Sprucherfordernisse auch nicht eines besonderen Hinweises, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Tat als Gewerbetreibender beging, wird diese Tätigkeit im Spruch doch ausdrücklich "als gewerbliche Tätigkeit" gewertet.

Die belangte Behörde nahm auch entgegen dem Beschwerdevorbringen in den Spruch des angefochtenen Bescheides keine Sachverhaltselemente auf, welche nicht dem Beschwerdeführer bereits im erstbehördlichen Straferkenntnis zur Last gelegt worden wären, sodaß auch der Verjährungseinwand ins Leere geht.

Mit dem weiteren Einwand, der Tatvorwurf stütze sich allein auf eine "Kurzbeobachtung von Gendarmeriebeamten" vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil er im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens die Richtigkeit des ihm zur Last gelegten Sachverhaltes nicht nur niemals bestritt, sondern ausdrücklich anerkannte, an den in Rede stehenden Standorten Automaten zu betreiben.

Der Vorwurf schließlich, die belangte Behörde habe bei Bemessung der Geldstrafen die Bestimmung des § 19 VStG nicht beachtet und sich mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers sowie dem Verschuldensgrad nicht auseinandergesetzt, steht im Widerspruch zu dem oben wiedergegebenen diesbezüglichen Inhalt des angefochtenen Bescheides.

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als nicht begründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040059.X00

Im RIS seit

30.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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