TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/30 90/04/0080

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Veröffentlicht am 30.10.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
GewO 1973 §356 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Dezember 1989, Zl. 312.107/1-III-3/89, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Parteien: AA und AB), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. April 1989 wurde dem Beschwerdeführer die gewerbebehördliche Genehmigung zur Erweiterung seiner bereits genehmigten Schottergrube in X durch Abbau auf näher bezeichneten Grundparzellen unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen genehmigt. Gleichzeitig wurden die Berufungen der mitbeteiligten Parteien zum Teil zurückgewiesen.

Über die Berufungen der mitbeteiligten Parteien gegen diesen Bescheid hob der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheit mit dem Bescheid vom 21. Dezember 1989 den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. April 1989 und den diesem zugrunde liegenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 21. Mai 1987 im Grunde des § 356 Abs. 3 GewO 1973 in Verbindung mit § 13a AVG 1950 auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß die Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. April 1989 als verspätet zurückgewiesen werde. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter anderem vor, die belangte Behörde habe außer acht gelassen, daß sie wegen verspäteter Einbringung der Berufung nicht berechtigt gewesen wäre, den angefochtenen Bescheid zu erlassen. Die Berufung sei trotz einer dem Gesetz entsprechenden Rechtsmittelbelehrung bei einer unzuständigen Behörde, nämlich der Behörde zweiter Instanz, eingebracht und erst nach Ablauf der Berufungsfrist an die zuständige Behörde weitergeleitet worden, weshalb sie als verspätet zurückgewiesen hätte werden müssen. Davon abgesehen enthalte die gegenständliche Berufung keinerlei Berufungsantrag, weshalb ihr der Charakter einer dem Gesetz entsprechenden Berufung fehle. Auf eine verspätete Berufung hin sei in die Sache nicht einzugehen, sie sei von der Berufungsbehörde zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer habe einen Rechtsanspruch darauf, daß über die verspätet eingebrachte Berufung der Nachbarn gegen den Bescheid des Landeshauptmannnes nicht mehr sachlich entschieden werde.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Der in Rede stehende Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. April 1989 enthält die (dem Gesetz entsprechende) Rechtsmittelbelehrung, daß gegen diesen Bescheid "binnen zwei Wochen ab Zustellung bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung schriftlich, telegraphisch oder fernschriftlich die Berufung eingebracht werden" könne. Die Berufung habe den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen, einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten und sei mit S 120,-- zu vergebühren. Dieser Bescheid wurde beiden mitbeteiligten Parteien jeweils am 28. April 1989 zugestellt. Die zweiwöchige Berufungsfrist endete somit am 12. Mai 1989. Die mitbeteiligten Parteien sandten ihre mit 10. Mai 1989 datierte und am 11. Mai 1989 zur Post gegebene Berufung gegen diesen Bescheid an das "Amt der Salzburger Landesregierung", wo sie am 12. Mai 1989 einlangte und am 16. Mai 1989 "gemäß § 63 Abs. 5 in Verbindung mit § 6 AVG 1950" an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung weitergeleitet wurde. Dort langte die Berufung am 17. Mai 1989 ein.

Gemäß § 33 Abs. 3 AVG 1950 werden die Tage des Postenlaufes in die Berufungsfrist nicht eingerechnet. Wird jedoch ein eine Frist wahrendes Schriftstück mit der Post an eine unrichtige Stelle gesendet, so ist der Postenlauf in die Frist einzurechnen (vgl. das hg. Erkenntis vom 23. September 1966, Slg. N.F. Nr. 6999/A). Nur wenn in einem solchen Fall das fristwahrende Schriftstück noch innerhalb der Frist von der unzuständigen Stelle an die zuständige Stelle weitergeleitet wird, so sind die Tage dieses Postenlaufes nicht in die Frist einzurechnen. Wird somit ein Rechtsmittel bei der unzuständigen Behörde eingebracht, so ist die Frist nur gewahrt, wenn die unzuständige Behörde das Rechtsmittel zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1978, Slg. N.F. Nr. 9563/A) oder der zuständigen Stelle übergibt.

Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil die in Rede stehende Berufung vom (zur Einbringung dieser Berufung unzuständigen) Amt der Salzburger Landesregierung erst nach Ablauf der Berufungsfrist an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung weitergeleitet wurde.

Die Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. Mai 1989 erweist sich damit als verspätet.

Da die belangte Behörde dies verkannte und über die Berufung eine materielle Entscheidung erließ, anstelle sie gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als verspätet zurückzuweisen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen ohne unnötigen Aufschub

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040080.X00

Im RIS seit

30.10.1990

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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