TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/30 90/04/0057

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Veröffentlicht am 30.10.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/04 Berufsausbildung;

Norm

BAG 1969 §13 Abs1 lita;
BAG 1969 §13 Abs1 litd;
BAG 1969 §13 Abs1;
BAG 1969 §28 Abs3;
BAG 1969 §7 Abs1 litb;
BAG Ersatz Lehrabschlußprüfung Lehrzeit;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des Rechtsanwaltes N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Jänner 1990, Zl. MA 63-J 162/89, betreffend Verweigerung der Eintragung eines Lehrvertrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Lehrlingsstelle der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien vom 29. September 1989 wurde die Eintragung des Lehrvertrages abgeschlossen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Lehrling A, geb. 29. Februar 1972, im Lehrberuf "Bürokaufmann", gemäß § 20 Abs. 3 lit. a Berufsausbildungsgesetz (BAG) verweigert. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß die bisher zurückgelegte Zeit beginnend mit 1. April 1989 bis zur Rechtskraft dieses Bescheides gemäß § 20 Abs. 5 BAG im vollen Ausmaß auf die Lehrzeit im Lehrberuf "Bürokaufmann" angerechnet werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 13. April 1989 den Lehrvertrag zur Protokollierung eingereicht, wobei vereinbarungsgemäß der 1. April 1989 als Lehrzeitbeginn und der 31. März 1992 als Lehrzeitende aufscheine. Im Zuge des gegenständlichen Vertragsüberprüfungsverfahrens durch die Lehrlingsstelle sei festgestellt worden, daß damit entgegen den Bestimmungen des § 28 BAG eine nicht entsprechende Lehrzeitdauer vereinbart worden sei. Aus dem im vorgelegten Lehrvertrag gemachten Angaben gehe hervor, daß im gegenständlichen Fall der Lehrling die 2. Klasse Handelsakademie positiv abgeschlossen habe. Auf Grund dieses Umstandes sei nach den angeführten gesetzlichen Bestimmungen im Lehrberuf "Bürokaufmann" lediglich eine über die Schule hinausgehende zweijährige Lehrzeit zu vereinbaren. Diese Rechtsansicht finde auch im Erlaß des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Juni 1989 seine Deckung. Dem in der Folge seitens der Lehrlingsstelle erteilten Auftrag gemäß § 20 Abs. 2 BAG, den Lehrvertrag im obigen Sinne - das Lehrzeitende auf den 31. März 1991 zu verbessern -, sei innerhalb offener Frist nicht Folge geleistet bzw. eine solche Vorgangsweise mit Schreiben vom 13. September 1989 dezidiert abgelehnt worden. Im Hinblick auf den Stand der Ausbildung des im Lehrvertrag genannten Lehrlings habe die Anrechnung des im § 20 Abs. 5 BAG genannten Zeitraumes vorgenommen werden können. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien sei gemäß § 19 Abs. 6 BAG verständigt worden.

Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 10. Jänner 1990 mit der Maßgabe keine Folge, daß der erste Satz des Spruches des erstbehördlichen Bescheides zu lauten habe:

"Die Eintragung des zwischen Herrn Rechtsanwalt Dr. N und dem Lehrling A, geboren am 29. Februar 1972, betreffend den Lehrberuf 'Bürokaufmann' abgeschlossenen Lehrvertrages (Lehrzeitbeginn: 1. April 1989, Lehrzeitende: 31. März 1992), wird gemäß § 20 Abs. 3 lit. a Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 13 Abs. 1 lit. a dieses Gesetzes und im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 3. Juli 1985 über den Ersatz der Lehrabschlußprüfung und der Lehrzeit auf Grund schulmäßiger Ausbildung, BGBl. Nr. 356/1985, in der geltenden Fassung, verweigert."

Dieser Ausspruch wurde damit begründet, gemäß der zitierten Verordnung, mit der die Lehrberufsliste erlassen worden sei, betrage die Lehrzeit im Lehrberuf "Bürokaufmann" drei Jahre. Im § 13 Abs. 1 BAG werde der Grundsatz aufgestellt, daß das Lehrverhältnis für die für den Lehrberuf festgesetzte Dauer der Lehrzeit abzuschließen sei. Die festgesetzte Lehrzeit dürfe somit grundsätzlich weder über- noch unterschritten werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz werde im zweiten Satz des § 13 Abs. 1 leg. cit. normiert. In den Fällen des § 13 Abs. 1 lit. a bis d dürfe eine kürzere Lehrzeit vereinbart werden. Das Ausmaß der Verkürzung ergebe sich im Falle des Lehrzeitersatzes auf Grund schulmäßiger Ausbildung aus § 13 Abs. 1 lit. a leg. cit. Diese Bestimmung berücksichtige u.a. eine gemäß § 28 dieses Gesetzes anrechenbare schulmäßige Ausbildung, wobei gemäß § 28 Abs. 3 der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie (nunmehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) mit Verordnung festzulegen habe, ob die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlußprüfung gemäß § 28 Abs. 1 BAG oder in welchem Ausmaß die Dauer der Lehrzeit in einem Lehrberuf durch den Besuch einer Schule gemäß § 28 Abs. 2 leg. cit. ersetzt werde (sofern die gesamte Lehrzeit durch den Besuch einer Schule ersetzt werde, sei es selbstverständlich nicht erforderlich, vor Antritt der Lehrabschlußprüfung einen Lehrvertrag ohne Lehrzeitdauer abzuschließen). Damit werde das Ausmaß der auf die Lehrzeit anzurechnenden Zeit einer schulmäßigen Ausbildung eindeutig fixiert. Das Ausmaß des Lehrzeitersatzes und damit die anrechenbare schulmäßige Ausbildung müsse ausschließlich aus der Regelung der gemäß § 28 BAG erlassenen Verordnung entnommen werden, sodaß in dieser Hinsicht kein Raum für eine Disposition der Parteien bleibe. Im vorliegenden Fall sei aktenkundig, daß der Lehrling die zweite Klasse der Handelsakademie mit Erfolg absolviert habe. Gemäß der vorzitierten Verordnung müsse daher ein Jahr auf die Dauer der für den Lehrberuf "Bürokaufmann" festgesetzten Zeit angerechnet werden, weil die Schulbildung des Lehrlings ein Jahr dieser Lehrzeit ersetze. Da die Vertragspartner in Kenntnis dieser Tatsache den Lehrvertrag nicht in der Weise abgeändert hätten, daß das Lehrzeitende mit 31. März 1991 festgesetzt worden sei, habe der erstbehördliche Bescheid bestätigt werden müssen, weil der Aufnahme des Lehrlings für ein Lehrverhältnis in der Dauer von drei Jahren (statt für die Dauer von zwei Jahren) ein in diesem Bundesgesetz begründetes gesetzliches Hindernis entgegenstehe. Die Abänderung des ersten Satzes des Spruches des erstbehördlichen Bescheides diene der deutlicheren Umschreibung der in Verhandlung stehenden Angelegenheit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtverweigerung der Eintragung des in Rede stehenden Lehrvertrages verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, obwohl der Lehrling die zweite Klasse der Handelsakademie erfolgreich absolviert habe, sei zwischen diesem und ihm als Lehrherrn vereinbart worden, daß infolge der spezifischen Ausbildung in einer Rechtsanwaltskanzlei mit einer Lehrzeit von bloß zwei Jahren nicht das Auslangen gefunden werden könne und es sei der Lehrling beim Vorstellungsgespräch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß eine Anrechnung der erfolgreich absolvierten Schulzeit auf die Lehrzeit in seiner Kanzlei nicht vorgenommen werden könne. Damit habe sich der Lehrling und in der Folge auch sein gesetzlicher Vertreter ausdrücklich einverstanden erklärt und es sei im Lehrvertrag als Lehrzeitbeginn der 1. April 1989 und als Lehrzeitende der 31. März 1992, somit eine dreijährige Ausbildung, vereinbart worden. Dieser Vertrag sei der Lehrlingsstelle zur Genehmigung vorgelegt worden. Mit Verbesserungsauftrag vom 5. September 1989 sei ihm der vorgelegte Lehrvertrag mit dem Hinweis rückübermittelt worden, daß im Hinblick auf den positiven Abschluß der 2. Klasse der Handelsakademie eine Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr vorzunehmen sei, widrigenfalls die Eintragung des Lehrvertrages mit Bescheid abgelehnt werden müsse. Mit Begleitschreiben vom 13. September 1989 sei von ihm der Lehrvertrag unverbessert wieder vorgelegt und darauf hingewiesen worden, daß die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen eine Anrechnungsmöglichkeit vorsähen, eine zwingende Anrechnung jedoch nicht normiert sei. Im § 13 Abs. 11 (offenbar richtig: Abs. 1) BAG werde festgelegt, daß das Lehrverhältnis für die für den Lehrberuf festgesetzte Dauer der Lehrzeit abzuschließen sei, wonach die festgelegte Lehrzeit somit grundsätzlich weder über- noch unterschritten werden dürfe, wovon aber im § 13 Ausnahmen normiert würden. Insoweit werde dem angefochtenen Bescheid durchaus gefolgt. Der zweite Satz des § 13 Abs. 1 BAG laute jedoch wörtlich: "Eine kürzere als diese Zeit darf nur vereinbart werden, wenn ..." Bereits daraus sei ersichtlich, daß es sich um eine Kann-Bestimmung handle, daß also - in den weiters festgesetzten Fällen - zwischen den lehrvertragschließenden Teilen eine kürzere Lehrzeit vereinbart werden könne. Ein solcher Fall der möglichen Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr auf zwei Jahre liege im Beschwerdefall sicher vor, es sei jedoch - im Einvernehmen zwischen den Vertragspartnern - von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht worden. Bezüglich der Anrechenbarkeit von zurückgelegten Schulausbildungen auf die Lehrzeit verweise § 13 Abs. 1 lit. a BAG auf § 28 leg. cit., jedoch unter dem Überbegriff des Abs. 1 und somit der bereits zitierten "Kann-Bestimmung". Die Verordnungsermächtigung des § 28 Abs. 3 BAG ermächtige den Bundesminister, die entsprechend anrechenbaren Schulausbildungen bzw. Schultypen festzulegen. Diese Verordnungsermächtigung habe sich selbstverständlich im Rahmen des § 28 bzw. in weiterer Folge im Rahmen des (auf den § 28 verweisenden) § 13 BAG zu bewegen. Es könne eine derartige Verordnung, wie im angefochtenen Bescheid offensichtlich zum Ausdruck gebracht werde, ein Gesetz keinesfalls abändern. Die auf Grund der Ermächtigung des § 28 leg. cit. ergangenen Verordnungen hätten lediglich die entsprechenden Schultypen usw. festzulegen, in einer derartigen Verordnung könne jedoch keinesfalls die dispositive Bestimmung des § 13 in eine zwingende abgeändert werden, sodaß auch nach Erlassung derartiger Verordnungen für Parteiendispositionen sehr wohl Raum bleibe. Die diesbezüglichen Verordnungen legten lediglich fest, in welchen genau umrissenen Fällen (nach welchem Schulbesuch) eine Anrechnung erfolgen könne. Habe der Lehrling eine Schule besucht, welche in dieser Verordnung nicht aufscheine, dann könne nicht einmal angerechnet werden; habe er eine solche Schule besucht, dann könne, müsse aber nicht angerechnet werden. Wie bereits im Berufungsvorbringen ausgeführt, legten die angeführten gesetzlichen Bestimmungen lediglich den Rahmen, also die Ober- und Untergrenzen der Lehrzeit fest, innerhalb dieser Grenzen sei jedoch eine Parteiendisposition - wenn sie auf Grund des § 28 und der einschlägigen Verordnungen zulässig sei - möglich. Wie im angefochtenen Bescheid selbst zum Ausdruck gebracht werde, werde das Ausmaß des Lehrzeitersatzes und damit die anrechenbare schulmäßige Ausbildung der Regelung der gemäß § 28 BAG erlassenen Verordnung entnommen. Der Berufungsbescheid zitiere selbst das Wort "anrechenbare", womit wiederum ein dispositives Recht zum Ausdruck gebracht werde, denn andernsfalls müßte es wohl lauten "anzurechende". Aus der wörtlichen Auslegung des § 13 ("darf") und des § 28 leg. cit. ("anrechenbare") ergebe sich bereits der Rechtsstandpunkt der Beschwerde. Man dürfe dem Gesetzgeber nicht unterstellen, sich über die Bedeutung der von ihm gewählten Worte nicht klar zu sein. Hätte der Gesetzgeber eine zwingende Anrechnung gewollt, dann hätte er nicht eine Muß-Bestimmung aufgenommen. Weder eine Auslegung noch Verordnung könne den klaren, sich aus der wörtlichen Auslegung bereits ergebenden Sinn des Gesetzes und die Absicht des Gesetzgebers ändern. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf zu verweisen, daß der erstbehördliche Bescheid sich auf einen Erlaß des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Juni 1989 beziehe, welcher einerseits überhaupt erst nach Registrierungsantrag des gegenständlichen Lehrvertrages erlassen worden sei, und andererseits wohl kaum geeignet sei, ein Gesetz abzuändern.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 20 Abs. 3 lit. a BAG hat die Lehrlingsstelle die Eintragung eines Lehrvertrages mit Bescheid zu verweigern, wenn der Aufnahme des Lehrlings ein in diesem Bundesgesetz begründetes Hindernis entgegensteht.

Nach § 13 Abs. 1 BAG ist der Lehrvertrag für die für den Lehrberuf festgesetzte Dauer der Lehrzeit (§ 7 Abs. 1 lit. b), bei gleichzeitiger Ausbildung in zwei Lehrberufen für die sich aus § 6 Abs. 2 ergebende Zeit, abzuschließen. Eine kürzere als diese Zeit darf nur vereinbart werden, wenn a) der Lehrling bereits eine gemäß Abs. 2 für den Lehrberuf anrechenbare Lehrzeit oder eine gemäß § 28 dieses Bundesgeseztes anrechenbare schulmäßige Ausbildung oder eine gemäß § 29 dieses Bundesgesetzes anrechenbare Zeit zurückgelegt hat, jedoch höchstens für die auf die festgesetzte Lehrzeitdauer fehlende Zeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 BAG ersetzt der erfolgreiche Besuch einer Schule, in der die Schüler in einem Lehrberuf fachgemäß ausgebildet und, soweit es der betreffende Lehrberuf erfordert, auch praktisch unterwiesen werden, die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlußprüfung, wenn den Schülern während des Besuches der Schule die in den betreffenden Lehrberufen erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem solchen Ausmaß vermittelt werden, daß die Schüler in der Lage sind, die in diesem Lehrberuf eigentümlichen Tätigkeiten selbst fachgerecht auszuüben. Nach Abs. 2 ist, wenn die Lehrabschlußprüfung nicht nach Abs. 1 ersetzt werden kann, der erfolgreiche Besuch von mindestens zwei Schuljahren einer der im Abs. 1 genannten Schulen auf die für den Lehrberuf festgesetzte Lehrzeit anzurechnen, jedoch nur insoweit, als die Lehrlinge während des noch zurückzulegenden Teiles der Lehrzeit in den für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnissen unterwiesen werden können, um die dem Lehrberuf eigentümlichen Tätigkeiten selbst fachgerecht ausführen zu können. Handelt es sich um eine durch Abs. 1 nicht erfaßte Schule, so gilt dies sinngemäß mit der Maßgabe, daß der erfolgreiche Besuch mindestens der zehnten Schulstufe nachgewiesen werden muß. Bei der Feststellung des erfolgreichen Besuches einer Schule haben jene Unterrichtsgegenstände außer Betracht zu bleiben, deren Kenntnis für die Ausübung des Lehrberufes nicht erforderlich ist. Nach Abs. 3 hat der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie (nunmehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) mit Verordnung festzulegen, ob die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlußprüfung gemäß Abs. 1 oder in welchem Ausmaß die Dauer der Lehrzeit in einem Lehrberuf durch den Besuch einer Schule gemäß Abs. 2 ersetzt wird; hiebei ist maßgebend: a) bei öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen, an denen auf Grund ordnungsgemäß kundgemachter Lehrpläne unterrichtet wird, die Gestaltung des Lehrplanes, und

b) bei sonstigen Schulen die Gestaltung des Lehrplanes und die vermittelten Fertigkeiten und Kenntnisse.

Eine auf Grund des § 28 Abs. 3 BAG ergangene Verordnung bildet daher die rechtliche Grundlage für eine im Sinne des § 13 Abs. 1 lit. a BAG tatbestandsmäßig anrechenbare schulmäßige Ausbildung. Damit ist aber auch in Ansehung der Bestimmung des § 13 Abs. 1 lit. a BAG der normative Regelungsbereich einer derartigen Verordnung bestimmt. Als entsprechende Verordnung stellt sich aber auch die im angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang zitierte Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 3. Juli 1985 über den Ersatz der Lehrabschlußprüfung und der Lehrzeit auf Grund schulmäßiger Ausbildung, BGBl. Nr. 356/1985, dar, wobei diesbezüglich vom Beschwerdeführer ausdrücklich zugestanden wird, daß, bezogen auf die zurückgelegte Schulausbildung des Lehrlings, danach jedenfalls eine Grundlage für die Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr auf zwei Jahre gegeben wäre.

Strittig ist somit im Beschwerdefall ausschließlich, ob der zweite Satz der Bestimmung des § 13 Abs. 1 BAG in Verbindung mit dessen lit. a zwingend eine Verkürzung der Lehrzeit bei Zutreffen der dort angeführten Voraussetzungen normiert, oder aber lediglich - wie der Beschwerdeführer vermeint - eine derartige, in die Parteiendisposition gestellte "Möglichkeit" vorsieht.

Dieser Rechtsmeinung des Beschwerdeführers vermag sich der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Überlegungen nicht anzuschließen

Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz BAG ist - wovon im übrigen auch der Beschwerdeführer selbst ausgeht - der Lehrvertrag grundsätzlich für die für den Lehrberuf festgesetzte Dauer der Lehrzeit (§ 7 Abs. 1 lit. b) abzuschließen. Von diesem Grundsatz wird im zweiten Satz eine Ausnahme dahingehend normiert, daß eine kürzere als diese Zeit nur vereinbart werden "darf", wenn die in der Folge angeführten Voraussetzungen - lit. a bis d - zutreffen. Daraus ergibt sich aber, daß der erste Teil des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle nicht losgelöst von den hiefür - in weiterer Folge angeführten - Tatbestandsvoraussetzungen für eine derartige Verkürzung gesehen werden kann. Dementsprechend folgt in Ansehung der im Beschwerdefall in Betracht kommenden Anordnung der lit. a, daß eine derartige Verkürzung - bei Zutreffen der weiteren in diesem Zusammenhang normierten Tatbestandsvoraussetzungen - "höchstens" für die auf die festgesetzte Lehrzeitdauer fehlende Zeit vorgenommen werden kann. Nur in diesem Umfang "darf" daher entgegen der grundsätzlichen Anordnung des ersten Satzes dieses Paragraphen eine Verkürzung der vorgesehenen Lehrzeit vorgenommen werden, woraus aber unter Beachtung dessen zwingenden Regelungsinhaltes bei Erfüllung der angeführten Tatbestandsvoraussetzungen des zweiten Satzes auch eine entsprechende Einschränkung der Parteiendisposition in Ansehung des zulässigen Inhaltes eines Lehrvertrages folgt.

Eine entgegenstehende Annahme in Ansehung der Anordnung des § 13 Abs. 1 lit. a BAG ergibt sich aber auch nicht aus den weiteren Ausnahmebestimmungen des zweiten Satzes des Abs. 1 des § 13 BAG, da - abgesehen von den andere Sachverhalte betreffenden Regelungsinhalten der lit. b und c - auch im Falle der lit. d ein nach Nichtbestehen der Lehrabschlußprüfung abgeschlossener Lehrvertrag wohl eine kürzere Lehrzeit, jedoch "höchstens" für die Dauer von sechs Monaten vorsehen kann und weiters der § 28 leg. cit. den hievon zu unterscheidenden oben dargestellten Regelungsinhalt aufweist.

Da weiters die belangte Behörde ihren normativen Bescheidabspruch nicht etwa (auch) auf den im erstbehördlichen Bescheid zitierten Ministerialerlaß - der sich als solcher lediglich als Verwaltungsverordnung darstellen würde - stützte, kann im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes eine den dargestellten normativen Grundlagen nicht entsprechende Rechtsanwendung durch die belangte Behörde nicht erkannt werden, weshalb sich auch die Beschwerde als unbegründet erweist. Diese war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040057.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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