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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-GesmbH gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. November 1989, Zl. 312.421/1-III/5/89, betreffend Konzessionsansuchen und Ansuchen um Genehmigung der Bestelllung eines Geschäftsführers, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. November 1989 gemäß § 25 Abs. 2 GewO 1973 im Zusammenhalt mit § 173 Abs. 1 leg. cit. die beantragte Konzession für das Rauchfangkehrergewerbe gemäß § 172 GewO 1973 im Standort X 250, und die gleichzeitig beantragte Genehmigung der Bestellung des N zum Geschäftsführer für die Ausübung dieses Gewerbes verweigert. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Erteilung einer Bewilligung (Konzession) für die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes sei ein rechtsgestaltender (konstitutiver) Verwaltungsakt. Es sei ständige Rechtsprechung des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes, daß für einen Bescheid, sofern er konstitutiven Charakter trage, jene Vorschriften bestimmend seien, die im Zeitpunkt seiner Erlassung gälten. Dem Zeitpunkt der Einbringung des gegenständlichen Konzessionsansuchens komme somit keine Relevanz zu. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 173 Abs. 1 GewO 1973, in der Fassung BGBl. Nr. 399/1988, dürfe eine Konzession für das Rauchfangkehrergewerbe nur an natürliche Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes, deren persönlich haftende Gesellschafter natürliche Personen seien, erteilt werden, sodaß der Beschwerdeführerin - einer juristischen Person - die angestrebte Konzession habe verweigert werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende
Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem "aus § 173 iVm § 9 GewO erfließenden Recht auf Verleihung einer Rauchfangkehrerkonzession mit dem Standort in X" verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, sie habe am 28. November 1988 den Konzessionsverleihungsantrag eingebracht, wobei gleichzeitig ihr Gesellschafter und "gewerblicher Geschäftsführer" N die für ihn bestehende Rauchfangkehrerkonzession zurückgelegt habe (§ 86 GewO 1973). Die Bezirkshauptmannschaft Zwettl habe es jedoch unterlassen, den Akt zu erledigen und habe lediglich im Jahre 1989 mitgeteilt, daß auf Grund der mit 1. Jänner 1989 geänderten Bestimmungen der GewO 1973 der Akt dem Amt der NÖ Landesregierung weitergereicht worden sei. Zu betonen sei in diesem Zusammenhang, daß gemäß § 73 AVG 1950 die Verwaltungsbehörden unverzüglich über Anträge der Parteien zu entscheiden hätten, sodaß diese Unterlassung ihr jedenfalls nicht zum Nachteil gereichen könne. Es hätte daher die erstinstanzliche Behörde (Landeshauptmann von Niederösterreich) nicht auf Grund der Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung, sondern auf Grund der Rechtslage im Zeitpunkt der Überreichung ihres Antrages bei der Bezirkshauptmannschaft Zwettl zu entscheiden gehabt, zumal in diesem Antrag alle Voraussetzungen für die Konzessionserteilung bereits dargetan gewesen seien, die auch wirklich bestanden hätten. Ebenso hätte die belangte Behörde auf diesen Umstand Rücksicht nehmen und dementsprechend der Berufung Folge geben müssen. Sollte der Verwaltungsgerichtshof aber auf dem Standpunkt stehen, daß für die Entscheidung die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen oder gar des Berufungsbescheides maßgeblich sei, so werde die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 173 Abs. 1 GewO 1973 angeregt. Hiezu werde ausgeführt, daß gemäß Art. 6 StGG jeder Staatsbürger das Recht habe, unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerb auszuüben. Das Gewerbe, auch das Rauchfangkehrergewerbe, sei geradezu der Prototyp jener Rechte, die von der Erwerbsfreiheit im Sinne des Art. 6 StGG betroffen seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stünden Grundrechte im allgemeinen, insbesondere aber das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit, auch den juristische Personen zu, die einen Inlandssitz hätten. Wenn nun tatsächlich nicht die Rechtslage vor dem Wirksamwerden der Gewerberechtsnovelle 1988 mit 1. Jänner 1989 maßgeblich sei, ergebe sich, daß die zitierte Bestimmung präjudiziell sei und ferner, daß diese Bestimmung, die juristischen Personen von der Erlangung der Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe ausschließe, aus den angeführten Gründen dem Art. VI StGG widerspreche. Der Verwaltungsgerichtshof möge daher in diesem Fall wegen der im Sinne des Art. 89 B-VG bestehenden Bedenken beim Verfassungsgerichtshof den ersten Absatz des § 173 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, anfechten.
Gemäß § 173 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399 - in diesem Umfang gemäß Art. 6 Abs. 1 leg. cit. in Kraft getreten mit 1. Jänner 1989 -, darf die Erteilung der Konzession für das Rauchfangkehrergewerbe nur an natürliche Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes, deren persönlich haftende Gesellschafter natürliche Personen sind, erfolgen.
Auszugehen ist davon, daß § 173 Abs. 1 GewO 1973 im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides mangels einer davon abweichenden ausdrücklichen Übergangsregelung - die Übergangsbestimmungen des § 376 Z. 28 Abs. 3 bis 5 kommen im Beschwerdefall tatbestandsmäßig nicht in Betracht - in dieser durch die Gewerberechtsnovelle 1988 normierten Fassung auch im Beschwerdefall anzuwenden war. Danach kann aber keine rechtswidrige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde erkannt werden, wenn sie im Hinblick auf die dargestellte Gesetzeslage zur Abweisung des Konzessionsansuchens und des hiemit im Zusammenhang stehenden Ansuchens um Genehmigung der Geschäftsführerbestellung gelangte.
Insofern aber die Beschwerdeführerin von der Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Regelung des § 173 Abs. 1 GewO 1973 ausgeht und sich in diesem Zusammenhang schlechthin auf Art. 6 StGG beruft, so ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof aus den in Ansehung des hier angefochtenen Bescheides ergangenen Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes (§ 19 Abs. 3 Z. 1 VerfGG) vom 12. Juni 1990, B 98/90-7, dargelegten Gründen sich dieser Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin nicht anzuschließen vermag.
Die Beschwerde erweist sich daher im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990040025.X00Im RIS seit
30.10.1990