Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. April 1990, Zl. MA 70-10/1986/89/Str, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 6. November 1987 um 8.50 Uhr mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw an einem näher genannten Ort zwei Übertretungen der StVO 1960 (Überfahren einer Sperrlinie - § 9 Abs. 1 - und Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit - § 20 Abs. 2) begangen. Über ihn wurden zwei Geldstrafen (Ersatzarreststrafen) verhängt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde nahm die Begehung der Taten durch den Beschwerdeführer als erwiesen an, weil der Meldungsleger als Zeuge den Inhalt der von ihm verfaßten Anzeige bestätigt und dahin ergänzt hat, daß ihm bei der Beschreibung des Pkw's hinsichtlich der Type ein Verwechslungsfehler mit einer anderen ähnlich aussehenden Type desselben Herstellers unterlaufen sei; im übrigen habe er die richtige Farbe des Fahrzeuges angegeben. Auch hinsichtlich der Tatzeit sei ein Irrtum auszuschließen; er habe an dem in Rede stehenden Tag von 7.00 Uhr bis 10.00 Uhr Außendienst gehabt.
Der Beschwerdeführer behauptet, die beiden Taten nicht begangen zu haben. Zur Tatzeit habe sich das Fahrzeug zur Vornahme von Servicearbeiten in einer Reparaturwerkstätte befunden. Er bekämpft damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde. In dieser Hinsicht ist die verwaltungsgerichtliche Kontrollbefugnis dahingehend beschränkt, daß der Verwaltungsgerichtshof lediglich zu prüfen hat, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Die belangte Behörde hat über Antrag des Beschwerdeführers sechs Zeugen einvernommen, und zwar den Zulassungsbesitzer des betreffenden Kraftfahrzeuges, der angab, es dem Beschwerdeführer am Tag vor der Tat zur Durchführung von Servicearbeiten überlassen zu haben, und fünf Arbeitnehmer des vom Beschwerdeführer angegebenen Werkstättenunternehmens, in dem er selbst einmal gearbeitet hat. Einer dieser Arbeitnehmer, der Zeuge V, gab an, daß er am 6. November 1987 in der Zeit von ungefähr 8.30 Uhr bis 9.30 Uhr gemeinsam mit einem weiteren Arbeitnehmer Servicearbeiten an dem in Rede stehenden Pkw durchgeführt habe. Der Pkw sei von 7.15 Uhr bis gegen 17.30 uhr auf dem Firmengelände abgestellt gewesen. Die belangte Behörde stellte in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich die zuletzt genannte Aussage den Angaben des Meldungslegers gegenüber und führte aus, aus welchen Gründen sie den Angaben des Meldungslegers höheren Beweiswert zubilligt. Mit den übrigen im Verwaltungsstrafverfahren durchgeführten Einvernahmen von Zeugen und den dabei gemachten Aussagen setzte sie sich nicht auseinander. Darin liegt ein Verfahrensmangel. Dieser kann aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, weil er nicht wesentlich ist. Die weiteren Zeugenaussagen sind nämlich nicht geeignet, die Angaben des Meldungslegers zu widerlegen und die Aussage des Zeugen V zu bestätigen. Sie stimmen in wesentlichen Punkten, insbesondere in der Frage, wer dem Zeugen V bei den in Rede stehenden Arbeiten geholfen habe, mit dessen Aussage sowie auch untereinander nicht überein. So hat der vom Zeugen V als Arbeitspartner bezeichnete Arbeitnehmer, der Zeuge H, ausgeführt, die Arbeiten an einem Freitag im November 1987, daher möglicherweise am 6. November, zusammen mit einem dritten Kollegen durchgeführt zu haben. Dieser dritte Arbeitnehmer, der Zeuge P, konnte nicht mehr angeben, ob und wann er die gegenständlichen Arbeiten durchgeführt habe. Ein vierter Arbeitnehmer, der Zeuge Majdic, hielt es für möglich, am 6. November 1987 - aber nach Dienstschluß - an dem Pkw gearbeitet zu haben. Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten weisen die Aussagen - soweit sie substantiell sind - auch insoferne auf, als der Zeuge V den die Aufsicht führenden Meister von den ohne Reparaturauftrag durchgeführten Arbeiten verständigt haben will (der von ihm als Arbeitspartner angegebene Zeuge H jedoch nicht), und auf der anderen Seite der betreffende Meister nach seiner Zeugenaussage über die in Rede stehenden Arbeiten nicht informiert worden ist. Ein wesentlicher Widerspruch ist auch darin gelegen, daß nach Angaben des Beschwerdeführers die Arbeiten aus Gefälligkeit seiner ehemaligen Arbeitskollegen durchgeführt worden seien, weswegen auch in der Buchhaltung des betreffenden Unternehmens kein Reparaturauftrag aufscheine, der Zulassungsbesitzer jedoch davon sprach, daß er den Pkw am Nachmittag des 6. November 1987 bei seiner Wohnung vorfand und dem Beschwerdeführer in der Folge die von dem betreffenden Unternehmen ausgestellte Rechnung "für Öl, Kerzen, etc." bezahlt habe. Der Beschwerdeführer und der Zeuge V haben demgegenüber angegeben, daß das Öl und die Zündkerzen vom Beschwerdeführer mitgebracht worden seien.
Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie in freier Beweiswürdigung die Richtigkeit der in sich widerspruchsfreien Angaben des Meldungslegers annahm. Eine Unschlüssigkeit kann ihr in diesem Zusammenhang keinesfalls vorgeworfen werden.
Die vom Beschwerdeführer vermißte Beischaffung des Dienstplanes des Meldungslegers für die fragliche Zeit zur Feststellung, an welchem Ort er damals Außendienst versehen habe, konnte unterbleiben, da der Meldungsleger in eindeutiger Weise ausgesagt hat, zur Tatzeit am Tatort Dienst versehen zu haben, und es sich daher mangels konkreter Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Aussage um einen reinen Erkundungsbeweis gehandelt hätte.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990020106.X00Im RIS seit
12.06.2001