TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/6 90/05/0130

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Veröffentlicht am 06.11.1990
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Index

L80402 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Kärnten;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
OrtsbildpflegeG Krnt 1979 §10 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Domittner und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der P-GmbH gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. Mai 1990, Zl. Ro-212/4/1990, betreffend ein Vollstreckungsverfahren in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Feldkirchen in Kärnten vom 18. August 1988 war der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 10 Abs. 1 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes, LGBl. Nr. 81/1979, die Beseitigung der an der westlichen Außenwand des Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. n1 des Grundbuches über die Kat.Gemeinde Feldkirchen angebrachten "Werbeanlage/Ankündigungsanlage" und Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheides aufgetragen worden.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5. September 1989 als unbegründet abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1990, Zl. 89/05/0200, abgewiesen.

Nachdem der Beschwerdeführerin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen vom 3. November 1989 wegen Nichtbeseitigung der in Rede stehenden Werbeanlage die Ersatzvornahme angedroht worden war und die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung in der Folge nicht nachgekommen ist, wurde mit dem an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom 21. Dezember 1989 die Ersatzvornahme angeordnet und gleichzeitig die Zahlung der voraussichtlichen Kosten dieser Maßnahme in der Höhe von S 3.000,-- vorgeschrieben.

Der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. Mai 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 "im Hinblick auf § 4 VVG 1950 keine Folge gegeben".

In der Begründung ihres Bescheides ging die Berufungsbehörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin der Verpflichtung zur Entfernung der in Rede stehenden Werbeanlage nicht nachgekommen sei, weshalb nach vorheriger Androhung die Ersatzvornahme angeordnet und gleichzeitig die Vorauszahlung der Kosten für diese Maßnahme aufgetragen worden sei. Dieser Bescheid sei vollstreckbar. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf einen nachträglich eingebrachten Bewilligungsantrag und ihre Ansicht, daß auf Grund dessen eine Vollstreckung nunmehr unzulässig sei, gingen ins Leere. Bereits im Rahmen des Parteiengehörs habe die Berufungsbehörde darauf hingewiesen, daß ein erst im Laufe des Vollstreckungsverfahrens eingebrachter Bewilligungsantrag auf die Zulässigkeit der Vollstreckung keinen Einfluß haben könne. Ein Nachweis, daß bereits vor Eintritt ins Vollstreckungsverfahren ein Bewilligungsantrag anhängig gewesen sei, liege nicht vor. Am Rande werde bemerkt, daß die vorgelegte Kopie als Bauansuchen und nicht als Ansuchen nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz betitelt sei und ihr nicht entnommen werden könne, ob sie überhaupt bei der zuständigen Behörde eingebracht worden sei.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zu der von der Beschwerdeführerin einleitend bemängelten Unbestimmtheit des Titelbescheides ist zu bemerken, daß ihr mit dem Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Feldkirchen vom 18. August 1988, wie schon in der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, aufgetragen worden ist, die konsenslos errichtete "Werbeanlage/Ankündigungsanlage, welche an der westlichen Außenwand des Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. n1 der KG Feldkirchen angebracht wurde", zu beseitigen. Der Gerichtshof kann nicht erkennen, und es wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht aufgezeigt, inwiefern dieser Beseitigungsauftrag unbestimmt sein soll, zumal die Beschwerdeführerin auch in der Berufung gegen den dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden erstinstanzlichen Bescheid keine Zweifel darüber geäußert hat, welche Werbeanlage Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist. Dieser Rüge kommt daher keine Berechtigung zu.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung nicht vollstreckt werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Zl. 81/05/0092, BauSlg. Nr. 401, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Nach der Aktenlage hat die Beschwerdeführerin mit dem spätestens am 16. Februar 1990 beim Stadtgemeindeamt Feldkirchen eingelangten "Ansuchen um Baubewilligung" den Antrag auf Erteilung der - nachträglichen - Bewilligung von "8 Duplexplatten (8 cm stark) an Holzstaffeln (5 x 8 cm)

angeschraubt bzw. an der Mauerseite montiert ... zum Anschlag

von Plakaten" auf der in Rede stehenden Liegenschaft gestellt. Die Einbringung dieses Bauansuchens erfolgte offensichtlich deshalb, weil die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. Jänner 1990 mitgeteilt hatte, sie nehme an, daß "ein Bewilligungsverfahren über die gegenständliche Anlage nicht anhängig ist" und "ein nunmehr nachträglich eingebrachter Bewilligungsantrag auf die Vollstreckung der Beseitigungsverfügung keinerlei Einfluß haben kann".

Mit Schreiben des Stadtgemeindeamtes Feldkirchen vom 20. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführerin daraufhin unter Hinweis auf § 13 AVG 1950 der Auftrag erteilt, näher umschriebene "Unterlagen für die Beurteilung des Vorhabens" innerhalb von zwei Monaten vorzulegen, andernfalls der Bauantrag nicht weiter bearbeitet werde. Nach den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde wurde "dieser Aufforderung noch keine Folge geleistet" und es "liegt eine Zurückweisung des Bauansuchens seitens des Bürgermeisters der Stadt Feldkirchen nicht vor".

Es ist daher davon auszugehen, daß die belangte Behörde durch Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides die Ersatzvornahme angeordnet und die diesbezüglichen

- voraussichtlichen - Kosten dieser Maßnahme vorgeschrieben hat, obwohl zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch ein - wenn auch erst nach Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides eingebrachtes - Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Bewilligung der in Rede stehenden Anlage anhängig war. Auf dieses Ansuchen hätte aber die belangte Berufungsbehörde Bedacht zu nehmen gehabt, weil sie zufolge § 66 Abs. 4 AVG 1950 Änderungen der Sachlage zu berücksichtigen hat, welche erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten sind (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Aufl., 1987, auf S. 447, wiedergegebene hg. Judikatur). An der Notwendigkeit der Bedachtnahme auf dieses Ansuchen der Beschwerdeführerin vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Titelbescheid auf § 10 Abs. 1 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes gestützt worden ist, weil es für den Fall, daß die - für die Vollziehung des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes sowie der Kärntner Bauordnung gleichermaßen zuständige - Behörde erster Instanz ungeachtet der aktenkundigen Anordnung der Ersatzvornahme hinsichtlich des nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz erteilten Beseitigungsauftrages diesbezügliche Zweifel gehabt haben sollte, ihre Aufgabe gewesen wäre, in dem bereits erwähnten Verbesserungsauftrag von der Beschwerdeführerin eine diesbezügliche Klarstellung zu verlangen. Das Unterbleiben eines solchen behördlichen Auftrages kann daher nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin gewertet werden.

Ebenso ist von Bedeutung, daß die Beschwerdeführerin dem erwähnten Verbesserungsauftrag innerhalb der gesetzten Frist nicht entsprochen hat, weil dies die Behörde zwar gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 berechtigt, das Ansuchen nicht mehr zu berücksichtigen, aber nichts daran ändert, daß es zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht rechtskräftig zurückgewiesen und daher anhängig war. Sollte nämlich die Beschwerdeführerin diesem Verbesserungsauftrag in der Folge doch noch entsprechen, so wäre die Behörde zufolge des dann ordnungsgemäß belegten Antrages nicht mehr zu dessen Zurückweisung berechtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1986, Zlen. 83/05/0204, 0209, BauSlg. Nr. 673).

Die belangte Behörde hätte daher den erstinstanzlichen Bescheid, mit welchem die Ersatzvornahme angeordnet worden ist, nicht nur hinsichtlich dieser Vollstreckungsverfügung, sondern auch hinsichtlich des gleichzeitig erteilten Auftrages zur Leistung einer Vorauszahlung für diese Ersatzvornahme aufheben müssen, weil die Rechtmäßigkeit des Kostenvorauszahlungsauftrages die Rechtmäßigkeit der angeordneten Ersatzvornahme voraussetzt.

Durch die Abweisung der Berufung ist die Beschwerdeführerin daher in ihren Rechten verletzt worden, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, weil in dem in der zitierten Verordnung genannten Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist, für die lediglich in zweifacher Ausfertigung vorzulegende Beschwerde nur S 240,-- und für die vorzulegende Ausfertigung des angefochtenen Bescheides nur S 30,-- an Stempelgebühren zu entrichten waren.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im BerufungsverfahrenMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseVerbesserungsauftrag Nichtentsprechung ZurückweisungBaubewilligung BauRallg6Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990050130.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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