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L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AgrVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 11. Dzemeber 1989, Zl. Agrar 11-717/4/89, betreffend Abänderung einer Waldordung (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft "X", vertreten durch den Obmann), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewisen.
Begründung
Die nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligte Agrargemeinschaft (mP) ist körperschaftlich eingerichtet und somit gemäß § 48 Abs. 2 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 64/1979 (FLG), rechtsfähig. Sie besteht aus der Gesamtheit der Personen, denen Anteilsrechte an dem gemeinschaftlichen, fortwirtschaftlich genutzen Waldgrundstück im Ausmaß von 20,11 ha zustehen. Mit Bescheid vom 8. Februar 1973 änderte die Agrarbezirksbehörde Villach (ABB) den für die mP bestehenden Waldnutzungsplan dahin ab, daß die dem Dezennalhiebsatz entsprechende Holzmenge von der mP gemeinsam geschlägert und verkauft sowie der Erlös anteilsmäßig aufgeteilt werden sollte. Als Ausgleich für den Minderbezug einiger Mitglieder vor dieser Neuregelung wurde diesen ein einmaliger Holzbezug im Ausmaß von insgesamt 320 fm zugesprochen. Gleichzeitig wurde verfügt, daß diese Holzmenge spätestens bis zum Ablauf des geltenden Waldwirtschaftsplanes (1973 bis 1982) zu beziehen und auf den Dezennalhiebsatz anzurechnen sei (P. 3. dieses Bescheides). Bei Nichtbezug der Holzmenge wurde deren Verfall zugunsten der mP festgelegt.
Mit Bescheid vom 3. Mai 1989 änderte die ABB die mit ihrem Bescheid vom 8. Februar 1973 erlassene Waldordnung dahin ab, daß sechs näher bezeichneten Mitgliedern der mP zugestanden wurde, die ihnen im Jahre 1973 zugesprochenen Holzbezüge (Minderholzbezüge) im Rahmen des in diesem Zeitpunkt geltenden Waldwirtschaftsplanes, d. i. bis längstens 31. Dezember 1992 zu tätigen. Zur Begründung wurde ausgeführt, von den im Jahre 1973 zugestandenen Minderholzbezügen im Gesamtausmaß von 320 fm hätten infolge schlechter Bringungsmöglichkeiten erst 160 fm geschlägert werden können. Ein bereits bestandener, für die Holzbringung erforderlicher Weg sei erst 1986 mit dem Traktor befahrbar gemacht worden. Einem von der ABB eingeholten Gutachten ihres Amtssachverständigen zufolge stehe einer Verlängerung des Termines für die Ausnutzung der Minderbezüge nichts entgegen, weil diese Bezüge im Rahmen des geltenden Waldwirtschaftsplanes Deckung fänden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, das von den Minderholzbezugsberechtigten bis Ende 1982 nicht bezogene Holz sei gemäß Punkt 7 des Bescheides der ABB vom 8. Februar 1973 zugunsten der mP verfallen. Das Zugeständnis einer Ausübung des Bezugsrechtes auch nach diesem Zeitpunkt entziehe das bezogene Holz der mP, sodaß durch den um dieses Ausmaß verringerten Erlös aus der Holznutzung durch die mP deren Mitglieder und damit auch die Beschwerdeführerin, die sechs Anteile besitze, geschädigt würden. Entgegen der Auffassung der Behörde sei ein Holzbezug auch bereits von dem Ausbau des Holzbringungsweges im Jahre 1986 möglich gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Dezember 1989 wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf ein von ihr eingeholtes Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen aus, mit der Bestimmung, daß die Minderholzbezüge bis zum Ablauf des seinerzeit geltenden Waldwirtschaftsplanes hätten getätigt werden müssen, sei bezweckt worden, eine ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung im Sinne des Waldwirtschaftsplanes ehestmöglich zu erreichen. Schutzobjekt sei die im geltenden Waldwirtschaftsplan aufgestellte Waldordnung, sodaß dem einzelnen Mitglied der mP kein Rechtsanspruch auf Geltendmachung des Verfalls zustehe. Aus dem von der belangten Behörde durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren gehe hervor, daß die Schlägerung des nun den einzelnen Mitgliedern der mP zugestandenen Holzes nur infolge unzureichender Bringungsverhältnissen unterblieben, deren Behebung aber nicht im Einflußbereich der einzelnen Bezugsberechtigten gelegen gewesen sei. Die Verlängerung der Frist für die Durchführung der Minderholzbezüge sei umso eher statthaft gewesen, als die zu schlägernden Holzmengen im derzeitigen Dezennalhiebsatz gedeckt seien und von der Durchführung dieser Schlägerungen eine Gefährdung der Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung des agrargemeinschaftlichen Waldgebietes nicht zu erwarten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten auf ihr zustehende Anteile am Erlös von durch die mP geschlägertem Holz und auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mP eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 95 Abs. 2 FLG steht gegen den Bescheid, womit ein Antrag auf Abänderung eines Regelungsplanes einer nicht körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft genehmigt wird, den Anteilsberechtigten, die den Antrag nicht gestellt haben, die Berufung offen. Den Mitgliedern einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft steht gegen die Genehmigung einer vom Vorstand beantragten Änderung kein Berufungsrecht zu. Gegen den Bescheid, womit ein Plan von Amts wegen abgeändert wird, kann die Berufung von jedem Anteilsberechtigten und, wenn die Agrargemeinschaft körperschaftlich eingerichtet ist, auch von dieser erhoben werden.
Nach Ausweis der Verwaltungsakten haben wohl mehrere Mitglieder der mP ohne Bezugnahme auf einen satzungsgemäß zustandegekommenen diesbezüglichen Beschluß der mP an die ABB einen Antrag auf "Bewilligung ihres Minderholzbezuges bis zum Jahre 1992" gestellt. Die ABB hat aber im Spruch des die Waldordnung der mP abändernden Bescheid vom 3. Mai 1989 auf diesen Antrag nicht Bezug genommen, sodaß die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, die ABB habe über diesen Antrag nicht entschieden, sondern ihn lediglich zum Anlaß für die amtswegige Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides genommen. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin als Anteilsberechtigte gemäß § 95 Abs. 2 letzter Satz FLG berechtigt war, den die Waldordnung der mP abändernden Bescheid zu bekämpfen. Bei Ausübung der angeführten Minderholzbezugsrechte würde sich die Holzmenge, die gemäß der geltenden Waldordnung von der mP gemeinsam geschlägert und verkauft werden könnte, um die von den Minderholzbezugsberechtigten geschlägerte Menge verringern, sodaß aus dem Verkauf des gemeinsam geschlägerten Holzes nur ein geringerer Erlös erzielt werden könnte, was mit einer Schmälerung des auf die Beschwerdeführerin entfallenden Anteiles verbunden wäre. Daraus folgt, daß die von der belangten Behörde im Instanzenzug bestätigte "Erstreckung der Frist" zur Ausübung der angeführten Holzbezugsrechte auch in Rechte der Beschwerdeführerin eingreift. Die im Bescheid der ABB vom 8. Februar 1973 enthaltene Befristung der Minderholzbezugsrechte mit Ablauf des damals geltenden Waldwirtschaftsplanes, d. h. bis Ende 1982, hatte zur Folge, daß mit diesem Zeitpunkt die bis dahin nicht bezogenen Holzmengen zugunsten der mP verfallen und die Holzbezugsrechte selbst erloschen waren. Nach dem Wortlaut des angefochtenen Bescheides sollte mit diesem die Frist zur Ausübung der bereits 1973 eingeräumten Berechtigungen erstreckt werden. Eine Frist kann aber nur dann erstreckt werden, wenn ein hiezu Berechtigter vor Ablauf der Frist darum ansucht, weil eine Frist nach ihrem Ablauf schon rein begrifflich nicht mehr verlängert werden kann (vgl. hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1982, Zlen. 82/07/0138, 0139, vom 3. Juli 1984, Zlen. 84/07/0169, 0170, und vom 26. November 1987,
Zlen. 87/07/0153). Eine derartige Fristerstreckung, die als Abänderung der Waldordnung der mP anzusehen wäre, hat aber der gemäß § 95 Abs. 1 FLG hiezu bei Vorliegen eines den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschlusses allein berechtigte Vorstand der mP nach Ausweis der Verwaltungsakten weder vor noch nach Ablauf der angeführten Frist beantragt. Demgemäß war die belangte Behörde nicht berechtigt, die Frist für die Ausübung der einzelnen Mitgliedern der mP eingeräumten und bereits verfallen gewesenen Holzbezugsrechte nachträglich zu erstrecken. Die "Fristerstreckung" läuft sohin auf die Einräumung NEUER Bezugsrechte hinaus. Ein derartiger neuerlicher Zuspruch von Holzbezugsrechten an einzelne Mitglieder der mP findet aber weder im Ergebnis des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens noch in der Begründung des aufgefochtenen Bescheides Deckung.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung führen mußte.
Da bereits eine Entscheidung über die Beschwerde vorliegt, erübrigte sich ein Anspruch über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits berücksichtigt ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990070032.X00Im RIS seit
11.07.2001