TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/7 90/01/0114

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Veröffentlicht am 07.11.1990
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Index

L70706 Theater Veranstaltung Steiermark;
L70716 Spielapparate Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

MRK Art7 Abs1;
VeranstaltungsG Stmk 1969 §35 Abs6;
VeranstaltungsG Stmk 1969 §37 Abs1;
VStG §1 Abs1;
VStG §9 Abs3 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. Mai 1990, Zl. 2-398/I M 17-88/10, betreffend Bestrafung nach dem Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund der Anzeige gegen den Beschuldigten S vom 26. September 1988 leitete die Bundespolizeidirektion Graz zunächst ein Verfahren gegen diesen Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz ein, da am 31. August 1988 festgestellt worden war, daß im Buffet der Mobil-Tankstelle u.a. der Geldspielapparat der Marke "Admiral MK XI", Serie nn/nn, ohne die erforderliche Bewilligung aufgestellt war. Auf dem genannten Spielapparat befand sich die Bewilligungsplakette des genehmigten Gerätes "Money Maker/NBN Elektronik", Nr. nn. Nach den Angaben der Gastwirtin, in deren Lokal die Spielapparate aufgestellt waren, war der Beschuldigte S für das Gerät verantwortlich und verantwortete sich telefonisch wie folgt:

"Es ist richtig, daß" (gemeint wohl: ich) "für das Anbringen der Plakette auf dem falschen Spielapparat verantwortlich bin. Ich wollte auch um den Austausch der Geldspielapparate beim Magistrat Graz ansuchen. Um diese Zeit, in der das Gerät eigentlich noch nicht aufgestellt werden darf, zu überbrücken, gab ich den Auftrag, die Plakette anzubringen ....."

Bei der am 27. November 1988 erfolgten Vernehmung des S, gab dieser zu seiner Rechtfertigung an, für den Spielautomatenbereich in Graz und Umgebung sei sein Geschäftsführer N, der nunmehrige Beschwerdeführer, zuständig. Hierauf wurde der Beschwerdeführer zu einer mündlichen Verhandlung für den 16. Jänner 1989 geladen.

In seiner schriftlichen Stellungnahme zu dem gegenständlichen Tatvorwurf vom 28. März 1989 gab der Beschwerdeführer zu, er sei bei S, der die gegenständlichen Automaten betreibe, angestellt und für den Spielautomatenbereich Graz und Graz-Umgebung zuständig. Insbesondere auch für die An- und Abmeldung der Automaten sowie allfällige Ummeldungen. Zu dem Tatvorwurf, es sei auf dem näher bezeichneten Gerät eine Bewilligungsplakette angebracht gewesen, die nicht der Type des Gerätes entsprochen habe, verantwortete er sich damit, daß ein Irrtum eines Angestellten vorliege, der ein falsches Gerät aufgestellt habe. Der Beschwerdeführer selbst könne nicht bei jeder Automatenaufstellung anwesend sein, sondern nur entsprechende Anweisungen treffen und die Geräteaufstellung immer wieder kontrollieren. Ihn treffe daher kein Verschulden an diesem Irrtum.

Mit Straferkenntnis vom 11. Oktober 1989 sprach die Bundespolizeidirektion Graz gegen den Beschwerdeführer aus:

"Sie haben am 31.8.1988 um 15.10 Uhr in Graz, Mobil-Tankstelle, als Verantwortlicher

1.) 1 Geldspielapparat der Marke Admiral MK XI, Serie Nr. nn/nn, ohne Bewilligung aufgestellt und betrieben,

2.) bei den von Ihnen betriebenen Geldspielgeräten Marke Admiral Super Fruit Pot und Admiral MK XI konnte der Spieleinsatz nicht nur durch Einwurf getätigt werden, sondern konnte auch mittels Schlüsselschalter (Fernaufzählung) getätigt werden,

3.) indem bei Spielapparat Admiral MK XI die Bewilligungsplakette des genehmigten Gerätes Money Maker/NBN Elektronik, Nr. nn, angebracht war, an dem Spielapparat Admiral MK XI keine Plakette angebracht gehabt."

Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

"1.) § 5 lit. a Abs. 1 Steiermärkisches Veranstaltungsgesetz i. d.F. 1986, 2.) § 19 Abs. 1 i.V.m. § 6 lit. a Abs. 3 Steiermärkisches Veranstaltungsgesetz i.d.F. 1986, 3.) § 35 Abs. 6 Steiermärkisches Veranstaltungsgesetz i.d.F. 1986".

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer folgende Strafen verhängt: zu 1.) S 2.000,--

(Ersatzarreststrafe von drei Tagen), zu 2.) S 1.500,--

(Ersatzarreststrafe von drei Tagen) und zu 3.) S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe von zwei Tagen). Die Strafen wurden gemäß § 37 Abs. 1 des genannten Gesetzes verhängt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Behörde sei auf seine Verantwortung nicht eingegangen. Für den gegenständlichen Standort seien zwei Bewilligungen für Geldspielapparate vorhanden gewesen. An der unrichtigen Anbringung einer Plakette treffe ihn kein Verschulden. Der Spruch im Punkt 3 sei unklar und in sich widersprüchlich. Die kumulative Bestrafung laut Punkt 1) und 3) des Straferkenntnisses sei unzulässig.

Im Berufungsverfahren teilte S der belangten Behörde mit, der Beschwerdeführer sei bei ihm als Geschäftsführer beschäftigt. Es bestehe hierüber keine schriftliche Vereinbarung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 teilweise Folge und hob das erstinstanzliche Straferkenntnis hinsichtlich der Z. 2 des Spruches auf; der letzte Halbsatz der Z. 3 des Spruches "an dem Spielapparat Admiral MK XI keine Plakette angebracht gehabt", habe zu entfallen. Im übrigen wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

Begründend wurde im wesentlichen festgestellt, dem S seien am genannten Standort zur Tatzeit gemäß § 5a Abs. 1 Steiermärkisches Veranstaltungsgesetz Bewilligungen zur Aufstellung und zum Betrieb zweier näher bezeichneter Geldspielapparate rechtskräftigt erteilt gewesen. Unbestritten geblieben sei, daß der Beschwerdeführer "für den Spielautomatenbereich in Graz und Graz-Umgebung zuständig" sei, "insbesondere auch für die An- und Abmeldung der Automaten sowie allfällige Ummeldungen". Eine schriftliche Vereinbarung bestehe nicht. Der Beschwerdeführer vermöge "demnach mit dem Hinweis, ein verwaltungsstrafrechtliches subjektives Verschulden seinerseits sei nicht gegeben, im Hinblick auf § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG der Verantwortlichkeit nicht zu entgehen". Unbestritten sei, daß der Geldspielapparat der Marke Admiral MK XI, Serie Nr. nn/nn, mit einer Plakette, ausgestellt für den Spielapparat Money Maker/NBN-Elektronik Nr. nn, zur Tatzeit am Tatort aufgestellt und betrieben worden sei. Für das genannte Geräte habe keine Bewilligung des Magistrates Graz bestanden. Um der Widersprüchlichkeit der Fomulierung der Z. 3 des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu begegnen, sei die Streichung des letzten Halbsatzes erfolgt. Das übrige Berufungsvorbringen zu diesem Punkt sei unbegründet, da im Tatvorwurf klar zum Ausdruck gebracht worden sei, daß die Plakette entgegen § 35 Abs. 6 erster Satz leg. cit. nicht an dem von der Bewilligung erfaßten Spielapparat angebracht gewesen sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers stelle keinen Entlastungsbeweis nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 dar, weil darin nicht einmal die Behauptung aufgestellt werde, der Beschwerdeführer sei der ihm nach eigenen Angaben zugewiesenen Aufgabe nachgekommen. Die durch mehrfache Änderungen der Spielapparate häufiger gewordenen Um- und Abmeldungen habe der Beschwerdeführer selbst zu vertreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Nach § 5a des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192, in der Fassung der Spielapparatenovelle LGBl. Nr. 29/1986, dürfen Spielapparate (Geldspielapparate und Unterhaltungsspielapparate) nur auf Grund einer Bewilligung aufgestellt und betrieben werden, die von der Bezirksverwaltungsbehörde nach Maßgabe der §§ 6, 6a, 9 Abs. 4 und 35 nur für ortsfeste Betriebsstätten (§ 22a) zu erteilen ist.

§ 35 Abs. 6 leg. cit. hat folgenden Wortlaut:

"Wird eine Bewilligung zur Aufstellung und zum Betrieb von Spielapparaten erteilt, so hat der Veranstalter an jedem von der Bewilligung erfaßten Spielapparat eine von der Bewilligungsbehörde ausgestellte Plakette deutlich sichtbar anzubringen, die eine eindeutige Zuordnung zum betreffenden Spielapparat zuläßt, den Spielapparat entsprechend seiner Art kennzeichnet und seinen Standort, den Namen und den Wohnort (Sitz) des Bewilligungsinhabers, die Bewilligungsbehörde, das Geschäftszeichen und das Datum des Bewilligungsbescheides sowie das Ende der Bewilligungsdauer angibt. ....."

Die besondere Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die Tat des Aufstellers und Betreibers der Spielapparate kann ihre Grundlage im § 9 Abs. 3 VStG 1950, welche Vorschrift die Behörden des Verwaltungsverfahrens jedoch in den Bescheiden nicht zitiert haben, finden. Danach kann eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

Nach Abs. 4 dieser Norm kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Abs. 5 dieser Vorschrift ordnet an, daß der verantwortliche Beauftragte dann nicht verantwortlich ist, wenn er auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift verletzt und glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten wirkt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der bestellten Person nachgewiesen wird (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1984, Zl. 84/10/0115).

Die Behörde hat demnach eine Nominierung, die nicht dem Gesetz entspricht, bescheidmäßig abzuweisen (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechtes, Rz 775, Z 3, und die dort genannte Literatur).

Geht man von dieser Rechtslage aus, so erweist sich der angefochtene Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weil die Behörden des Verwaltungsverfahrens die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers im Sinn des zitierten § 9 VStG 1950 für die ihm vorgeworfenen Tathandlungen weder im Spruch noch in den Entscheidungsgründen festgestellt haben. Nach den Angaben des Aufstellers und Betreibers der Automaten und der Verantwortung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren steht keineswegs fest, daß der Beschwerdeführer für bestimmte räumlich oder sachlich klar abgegrenzte Bereiche des Unternehmens zur Tatzeit im Sinne des § 9 Abs. 3 leg. cit. bestellt war. Für die erforderliche Zustimmung des Beschwerdeführers vor dem Zeitpunkt der ihm angelasteten Tathandlungen enthalten die Akten keinerlei Anhaltspunkte.

Überdies ist die kumulative Verurteilung des Beschwerdeführers laut Punkt 1) und 3) des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides, der in diesem Umfang von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt wurde, auch deshalb rechtswidrig, weil nach § 35 Abs. 6 Steiermärkisches Spielapparategesetz nur die Verpflichtung des Veranstalters festgelegt wird, an jedem von der Bewilligung erfaßten Spielapparat eine von der Bewilligungsbehörde ausgestellte Plakette deutlich sichtbar anzubringen. Aus dieser Verpflichtung kann aber nicht die Strafbarkeit des dem Beschwerdeführer angelasteten Verhaltens, nämlich die Anbringung einer unrichtigen Plakette auf einem ohne Bewilligung zur Aufstellung und zum Betrieb tatsächlich aufgestellten und betriebenen Spielapparat, abgeleitet werden. Eine solche Tathandlung wird vom klaren Gesetzeswortlaut nicht erfaßt. Eine ausdehnende Auslegung der Vorschrift ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine Strafnorm handelt.

Hinzu kommt noch, daß auch nach Berichtigung des diesbezüglichen Abspruches erster Instanz durch den angefochtenen Bescheid der Spruch unklar, ja sogar unverständlich ist. Er lautet nämlich wie folgt:

"3.) Er hat, indem beim Spielapparat Admiral MK XI die Bewilligungsplakette des genehmigten Spielapparates Money Maker/NBN Elektronik Nr. nn angebracht war, (§ 35 Abs. 6 i.V.m. § 37 Abs. 1 leg. cit.), Geldstrafe 1.000,-- S, Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage."

Es handelt sich somit dem Wortlaut nach weder um einen vollständigen Satz, noch viel weniger aber um einen den Erfordernissen des § 44a VStG 1950 genügenden Spruch eines Straferkenntnisses.

Der angefochtene Bescheid mußte daher, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010114.X00

Im RIS seit

26.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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