TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/7 90/01/0119

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Veröffentlicht am 07.11.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/03 Personenstandsrecht;

Norm

AVG §8;
NÄG 1938 §1 Abs1;
NÄG 1938 §3;
NÄG 1988 §1 Abs1;
NÄG 1988 §2 Abs1 Z6;
NÄG 1988 §3;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):90/01/0120

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerden des BN gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 27. März 1990, Zlen. MA 61/II-W 147/87 und MA 61/II-W 148/87, betreffend Namensänderung der beiden mitbeteiligten Parteien mj. Michael M und mj. Martin M, beide vertreten durch ihre eheliche Mutter Silvia M, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 5.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den beiden angefochtenen Bescheiden bewilligte die belangte Behörde gemäß §§ 1 und 6 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. Jänner 1938, DRGBl. I, 9, GBlfdLÖ 144/1939 (im folgenden kurz: NÄG, welches gemäß § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 NÄG 1988, BGBl. Nr. 195, auf die vorliegenden Fälle noch anzuwenden ist, weil die Einleitung des Verwaltungsverfahrens jeweils vor dem 1. Juli 1988 erfolgte), über Ansuchen der Silvia M als Mutter und alleiniger Vertreterin der beiden minderjährigen Mitbeteiligten (Michael M und Martin M) sowie des Alfred M als Stiefvater der beiden Mitbeteiligten die Änderung des Familiennamens von N in M.

Diesem Bescheid liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Ehe der Mutter der beiden minderjährigen Mitbeteiligten mit dem Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 5. Juni 1981 geschieden. Der Mutter der beiden minderjährigen Mitbeteiligten wurde auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12. August 1981 die alleinige gesetzliche Vertretung der Minderjährigen zugesprochen. Sie führt auf Grund ihrer am 3. Mai 1985 vor dem Standesamt Wien-Innere Stadt mit Alfred M geschlossenen Ehe den Familiennamen M. Die beiden minderjährigen Mitbeteiligten leben seit Eingehung der zweiten Ehe ihrer Mutter im gemeinsamen Haushalt mit dieser und Alfred M; ferner lebt in diesem Haushalt auch der aus der neuen Ehe der Kindesmutter stammende Halbbruder der Mitbeteiligten Manfred M. Der am 30. Oktober 1987 gestellte Antrag auf Namensänderung der Mitbeteiligten wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Namensdiskrepanz einen nicht unbeachtlichen Störfaktor in der Psyche der Kinder darstelle. Der Beschwerdeführer sprach sich in seinem Schreiben vom 28. Jänner 1988 gegen eine Namensänderung aus und führte im wesentlichen aus, er glaube, daß jeder anständige Vater wünsche, sein Sohn solle seinen Namen tragen; auch er bilde hier keine Ausnahme. Auch komme er seiner Unterhaltspflicht pünktlich nach. Er sehe ebensowenig einen Vorteil den Namen M wie einen Nachteil den Namen N zu tragen. Die Mitbeteiligten gaben bei einer Befragung am 26. Juli 1989 an, daß sie in der Schule immer wieder Probleme hätten, da sie dort - auf Grund des Namens - an ihren leiblichen Vater erinnert würden, was sie nicht wollten und was bei ihnen Angstgefühle hervorrufe. Sie wünschten sich daher die beantragte Namensänderung. Ferner holte die belangte Behörde ein Gutachten des Stadtschulrates für Wien-Schulpsychologie ein, das zu dem Ergebnis kam, daß auf Grund der Testergebnisse und Aussagen der Kinder sowie der Tatsache, daß seit 9 Jahren kein Kontakt mit dem Kindesvater stattgefunden habe, aus psychologischer Sicht eine Änderung des Familiennamens entsprechend dem Wunsch der Kinder zu befürworten sei. Dieser Befürwortung des Antrages schloß sich auch das Bezirksjugendamt für den 1., 8. und 9. Bezirk in einer Stellungnahme vom 22. November 1989 an. Die beiden zuletzt genannten Beweiserhebungen wurden dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht. Die belangte Behörde führte schließlich zur Begründung des angefochtenen Bescheides aus, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die beantragte Namensänderung eindeutig dem Wohl der Mitbeteiligten diene. Da sohin einerseits der vom Gesetz geforderte wichtige Grund für die Bewilligung der Namensänderung gegeben sei, andererseits die Interessen der Mitbeteiligten bei einer vorzunehmenden Interessenabwägung zu bevorzugen seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers hätten keine Berücksichtigung finden können, da die vorgebrachten Argumente nicht geeignet seien, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage die Bewilligung der Namensänderung zu versagen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, daß seine beiden ehelichen Kinder denselben Namen führen wie er.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die beiden, wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Gemäß § 1 NÄG kann der Familienname eines österreichischen Staatsangehörigen oder eines Staatenlosen, der seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat, auf Antrag geändert werden. Gemäß § 3 leg. cit. darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Beschwerdeführer als ehelichen Vater der beiden minderjährigen Mitbeteiligten sowohl im Verwaltungsverfahren Parteistellung gemäß § 8 AVG 1950 als auch Beschwerdelegitimation gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1988, Zl. 86/01/0238 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Beschwerden sind somit zulässig, jedoch aus folgenden Gründen nicht berechtigt:

Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide wird vom Beschwerdeführer lediglich bestritten, daß ein "wichtiger Grund" zur Änderung des Familiennamens vorgelegen habe. Der Antrag auf Namensänderung sei vielmehr im überwiegenden Interesse seiner geschiedenen Gattin und des Stiefvaters gelegen. Die Entfremdung der minderjährigen Mitbeteiligten sei nicht vom Beschwerdeführer, sondern durch die Beeinflussung der Mutter und des Stiefvaters verschuldet worden.

Bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "wichtiger Grund" ist die belangte Behörde nach der zwar knappen, aber dennoch hinreichenden Begründung der angefochtenen Bescheide davon ausgegangen, daß das öffentliche Interesse an der Beständigkeit der Namensführung sowie der Kennzeichnung der Abstammung dem Privatinteresse der Kinder gegenüberzustellen und dagegen abzuwägen sei. Sie hat dabei dem Wohl der Kinder den Vorzug gegenüber den anderen Grundsätzen der Namensführung eingeräumt, wobei sie vom unbestrittenen Sachverhalt ausgegangen ist, daß die Mitbeteiligten seit der Scheidung ihrer Eltern von ihrer Mutter betreut und erzogen und seit der neuerlichen Verehelichung der Mutter im gemeinsamen Haushalt mit dem jetzigen Ehemann der Mutter und einem Halbbruder leben. Der belangten Behörde ist darin zuzustimmen, daß die Angleichung an den Namen der Familie, in der die Kinder aufwachsen, eine bessere Möglichkeit zur Integration in den neuen Familienverband gibt, und nach den Umständen des konkreten Falles die Namensgleichheit mit der Familie, in der die Kinder aufwachsen, im Interesse der Kinder gelegen ist.

In dieser von der belangten Behörde im Interesse der minderjährigen Mitbeteiligten durchgeführten Interessenabwägung liegt keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde den unbestimmten Gesetzesausdruck "wichtiger Grund" weder unrichtig noch unvernünftig ausgelegt hat (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1963, Zl. 1595/61, vom 11. April 1984, Zl. 84/01/0062 und andere mehr). Der Beschwerdeführer verkennt, daß die Behörde als "wichtigen Grund" im Sinne des Gesetzes nicht die Eingehung der zweiten Ehe durch die Mutter der Kinder, sondern das Kindeswohl erblickt hat. Die Entfremdung der minderjährigen Mitbeteiligten vom Vater - aus welchen Gründen sie entstanden ist, ist rechtlich unerheblich - ist ein Indiz dafür, daß die Namensänderung im Wohl der Kinder gelegen ist.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, daß der fehlende Kontakt zwischen ihm und den minderjährigen Mitbeteiligten in den letzten neun Jahren unbegründet geblieben sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß ihm diese Tatsache im Verfahren durch die Übermittlung des Gutachtens vom 5. Oktober 1989 bekannt gegeben worden ist und er in seiner dazu abgegebenen Stellungnahme vom 14. Februar 1990 diese nicht bestritten hat. Die belangte Behörde konnte dieses Sachverhaltselement unbedenklich den angefochtenen Bescheiden zu Grunde legen. Der belangten Behörde ist auch kein wesentlicher Verfahrensmangel dadurch unterlaufen, daß sie den Beschwerdeführer nicht auch persönlich einvernommen hat, hat sie doch dem Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme im Verwaltungsverfahren gegeben.

Da sich die Beschwerden sohin als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010119.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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