TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/7 90/01/0088

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Veröffentlicht am 07.11.1990
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Index

L46109 Tierhaltung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4;
TierschutzG Wr 1987 §13 Abs1;
TierschutzG Wr 1987 §28 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. Februar 1990, Zl. MA 58-T 5/89/Str, betreffend Bestrafung nach dem Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 das Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 13./14. Bezirk in Wien vom 20. Juli 1989 mit der Maßgabe, daß der Spruch zu lauten hat:

"Die Beschuldigte, Frau N, hat am 15. November 1988 um

9.45 Uhr auf dem Gehsteig vor dem Haus, Wien 13, Elisabethallee 81, somit an einem öffentlichen Ort, drei Kleinhunde (Yorkshire-Terrier) weder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb versehen noch so an der Leine geführt, daß eine jederzeitige Beherrschung der Tiere gewährleistet war und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 2 Z. 3 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 39/1987, begangen.

Gemäß § 28 Abs. 2 letzter Satzteil leg. cit. wird gegen die Beschuldigte eine Geldstrafe in Höhe von 300 S verhängt. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Stunden. ...."

In der Bescheidbegründung wird im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 13./14. Bezirk vom 20. Juli 1989 zur Last gelegt worden, den im Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz vorgeschriebenen Leinen- oder Maulkorbzwang dadurch verletzt zu haben, daß sie am 15. November 1988 um

9.45 Uhr in Wien 13, Elisabethallee 81, ihre drei Hunde weder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb versehen noch an der Leine geführt habe. In der deswegen erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin behauptet, der erstinstanzliche Bescheid sei mangelhaft begründet. Nach den Angaben des Anzeigelegers sei die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verwaltungsübertretung weder "gegeben", noch "schlüssig nachvollziehbar". Überdies sei Verjährung eingetreten. Bei den von der Beschwerdeführerin verwahrten Hunden handle es sich um Yorkshire-Terrier, für welche das Anlegen von Beißkörben beim Überqueren der Fahrbahn als übertriebene Vorsichtsmaßnahme gewertet werden müßte. Die kleinen Hunde hätten nur für kurze Zeit am Tatort verweilt.

Dagegen führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, das Straferkenntnis erster Instanz sei begründet. Die von der Strafbehörde erster Instanz innerhalb der Verjährungsfrist gesetzten Verfolgungshandlungen enthielten alle für die Erfüllung des strafbaren Tatbestandes wesentlichen Elemente und seien daher ausreichend. Nach den Angaben des Meldungslegers sei von ihm am 15. November 1988 um 9.45 Uhr beobachtet worden, wie drei Kleinhunde am Gehsteg vor dem Haus Wien 13, Elisabethallee 81, ohne Maulkorb und ohne Leine umhergelaufen seien. Die Beschwerdeführerin sei aus einem Geschäft gekommen und sei wegen der Verletzung des Maulkorb- oder Leinenzwangs beanstandet worden. Diese Angaben seien vom Meldungsleger bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Strafbehörde erster Instanz bestätigt worden. Die Beschwerdeführerin habe auch im Verfahren nie bestritten, daß es sich beim Tatort um einen öffentlichen Ort handle, sie damals Verwahrerin der Hunde gewesen sei und die Hunde von ihr weder an der Leine geführt noch mit einem Beißkorb versehen worden seien. Die Verwaltungsübertretung sei daher in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

Was die subjektive Tatseite anlange, so lasse § 13 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes keinerlei Unterschiede nach der Größe, Rasse oder Wesensart der Tiere zu und enthalte keine Sonderregelung für den Fall eines nur kurzfristigen Aufenthaltes an einem öffentlichen Ort. Die Beschwerdeführerin habe sich auch nie auf Unkenntnis des Gesetzes berufen. Zu ihrer Entschuldigung habe die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren lediglich ausgeführt, daß Yorkshire-Terrieren Beißkörbe nicht angelegt werden könnten, da so kleine Beißkörbe am Markt für Hundewarenartikel nicht vorhanden seien. Auch das Anbringen einer Leine sei bei diesen Hunden wegen ihrer Körpermaße "unangebracht" und nicht durchführbar. Zu diesem Vorbringen sei vom veterinärmedizinischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom 12. Oktober 1989 ausgeführt worden, daß Yorkshire-Terrier zwar einen kleinen Fang hätten, diesen Hunden aber auf Grund ihrer Nasenform ein Maulkorb angelegt werden könne. Maulkörbe seien für solche Hunde im Großhandel für Tierbedarfsartikel erhältlich und lagernd. Schließlich wäre auch eine "individuelle Maßanfertigung" möglich. Auch würden Leinen mit Halsband oder Brustgeschirr für Yorkshire-Terrier angeboten und angewendet. Zu diesem Gutachten habe die Beschwerdeführerin nur angeführt, daß das Anlegen von Maulkorb und Leine bei "derartigen" Hunden weder geboten noch zweckmäßig sei. Die Beschwerdeführerin sei, zumal eine Unkenntnis der "Hundehaltebestimmungen" nie behauptet worden sei, verpflichtet gewesen, alle Erkundigungen einzuholen und notwendigen Maßnahmen zu setzen, um diese Vorschriften einzuhalten. Es wäre ihr nach den Ausführungen des Amtssachverständigen zumutbar und leicht möglich gewesen für die Kleinhunde Beißkörbe zu erwerben, um die Tiere im Fall des Zurücklassens vor einem Geschäft damit zu versehen. Die Beschwerdeführerin habe keine tauglichen Entschuldigungsgründe vorgebracht und auch die Berufungsbehörde könne keine entlastenden Umstände feststellen, sodaß der Berufung in der Schuldfrage ein Erfolg versagt bleiben habe müssen.

Bei der Bemessung der Strafe sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin als mildernd gewertet worden. Erschwerend habe gewirkt, daß die Beschwerdeführerin drei Hunde maulkorb- und leinenlos umherlaufen habe lassen. Bei der Festsetzung der Strafe sei zu berücksichtigen gewesen, daß die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung Angaben über ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse unterlassen habe. Die Berufungsbehörde sei auf Grund der Angaben der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Geschäftsfrau von mittleren wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung sei auf Grund der Gefährdung der durch die Strafdrohung geschützten Interessen nicht als unbedeutend anzusehen. Nach der Aktenlage habe sich kein Anhaltspunkt dafür ergeben, daß der Beschwerdeführerin die Einhaltung der von ihr übertretenen Norm nur überaus schwer möglich gewesen wäre und kein bloß geringfügiges Verschulden vorliege. Auf Grund der dargelegten Strafzumessungsgründe sei die in erster Instanz verhängte Strafe auf das im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Ausmaß herabzusetzen gewesen. Eine weitere Milderung habe nicht erfolgen können, weil die nunmehrige Strafe sowohl dem Ausmaß an objektivem Unrecht als auch an jenem an subjektiver Schuld entspreche und damit als angemessen zu bezeichnen sei. Die Beschwerdeführerin werde in ihrem Fortkommen dadurch kaum übermäßig beeinträchtigt. Außerdem solle die ausgesprochene Strafe die Beschwerdeführerin von der Begehung zukünftiger gleichartiger Delikte abhalten.

Die Abänderung des Spruches des bekämpften Straferkenntnisses sei erfolgt, um die "Tatanlastung" und die Strafsanktionsnorm zu präzisieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und dessen Aufhebung beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, LGBl. Nr. 39/1987 bestimmt:

"An öffentlichen Orten, wie etwa Straßen, Plätzen, land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen sowie frei zugänglichen Teilen von Häusern, Höfen, Lokalen und Kleingartenanlagen, müssen Hunde entweder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb (Abs. 4) versehen sein oder so an der Leine geführt werden, daß eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist."

Gemäß § 28 Abs. 2 Z. 3 des zitierten Gesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- (Ü) zu bestrafen, wer den Bestimmungen des III. Abschnittes über die Tierhaltung und den darauf gegründeten Verordnungen und Bescheiden und zwar § 13 Abs. 1 bis 3 und 6 (Haltung von Hunden), zuwiderhandelt.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht die Beschwerdeführerin geltend, die Strafverfügung und das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz habe den Spruch enthalten, die Beschwerdeführerin habe ".... Ihre drei Hunde (Kleinhunde, vermutlich Terrier) auf der Straße geführt". Innerhalb der für eine Verfolgung notwendigen Frist ab der Tatzeit sei der Beschwerdeführerin damit keine eindeutig unterscheidbare Verwaltungsübertretung zur Last gelegt worden. Bereits am 15. November 1988 sei nämlich eindeutig festgestanden, um welche Hunde es sich damals gehandelt habe.

Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die Behörde habe das Tatbild unrichtig und in nicht unterscheidungsfähiger Weise bezeichnet, trifft ebensowenig zu, wie die Behauptung, Verjährung sei bereits eingetreten. Durch die Präzisierung des Spruches mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde im Inhalt des Klammerausdruckes (Kleinhunde, vermutlich Terrier - nunmehr Yorkshire-Terrier -) ist nämlich weder der Spruch in einem wesentlichen Punkt abgeändert worden, noch kann der weniger genauen Bezeichnung der Kleinhunde in den Aussprüchen der Behörde erster Instanz wesentliche Bedeutung zukommen. Die Verfolgungshandlungen der Behörde erster Instanz bezogen sich eindeutig auf denselben Tatbestand und sind jedenfalls innerhalb der Verjährungsfrist gesetzt worden (Zeitpunkt der Tat 15. November 1988, Strafverfügung vom 24. November 1988, zugestellt am 14. Dezember 1988).

Ferner macht die Beschwerdeführerin geltend, der Spruch des angefochtenen Bescheides enthalte die Aussage, für die Beschwerdeführerin sei eine jederzeitige Beherrschung der Tiere nicht gewährleistet gewesen. Dafür fehle jedes Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens.

Auch damit vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Nach dem Wortlaut der zitierten Vorschrift über die Hundehaltung müssen Hunde entweder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb versehen sein oder so an der Leine geführt werden, daß eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist. Danach ist aber die jederzeitige Beherrschung des Tieres kein gesondertes Tatbestandsmerkmal, sondern ein zusätzliches Erfordernis für den Fall, daß das Tier an der Leine geführt wird. Werden wie vorliegendenfalls Hunde überhaupt nicht an der Leine geführt, so ergibt sich bereits aus dieser Tatsache, daß eine jederzeitige Beherrschung des Tieres nicht gewährleistet ist. Besonderer Tatsachenfeststellungen oder Ermittlungen bedurfte es hiefür nicht. Die Aufnahme des diesbezüglichen Erfordernisses in den Spruch des angefochtenen Bescheides entspricht daher dem Gesetz.

Die Beschwerde ist auch insoweit nicht berechtigt, als eine Verletzung von Verfahrensvorschriften daraus abgeleitet wird, die belangte Behörde habe nicht begründet, warum sie von § 21 VStG 1950 nicht Gebrauch gemacht habe. Vielmehr läßt sich aus den Ausführungen im angefochtenen Bescheid zur Strafbemessung eindeutig erkennen, aus welchen Gründen die belangte Behörde sich nicht veranlaßt gesehen hat, von der Strafe abzusehen. Sie hat auch ausreichend begründet, warum sie das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht als geringfügig im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG 1950 gewertet hat. Eine Rechtswidrigkeit ist ihr bei diesen Darlegungen nicht unterlaufen.

Was schließlich den Einwand der Beschwerdeführerin betrifft, bei der angefochtenen Erledigung handle es sich nicht um keinen Bescheid, weil die ihr zugestellte Ausfertigung weder die Unterschrift des Genehmigenden noch eine Beglaubigung durch die Kanzlei enthalte, so übersieht die Beschwerdeführerin, daß gemäß § 18 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 bei vervielfältigten Ausfertigungen des Bescheides die Beisetzung des Namens des Genehmigenden genügt; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Der behauptete Mangel, der im übrigen zur kostenpflichtigen Zurückweisung der Beschwerde hätte führen müssen, liegt demnach nicht vor, weil es sich bei der der Beschwerdeführerin zugestellten Ausfertigung offenkundig um eine Vervielfältigung handelt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Vervielfältigung von Ausfertigungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010088.X00

Im RIS seit

07.11.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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