TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/9 90/18/0192

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Veröffentlicht am 09.11.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
StVO 1960 §22 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juli 1990, Zl. VerkR-13.546/1-1990-II/Fra, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs. 2 StVO 1960 bestraft, weil er am 28. Jänner 1989 um 9,08 Uhr in Linz, Kantstraße gegenüber dem Haus Nr. 20, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws "Schallzeichen gegeben hat, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erforderte".

Die Berufungsbehörde führte in der Begründung ihres Bescheides aus, der Beschwerdeführer habe am 6. Februar 1989 niederschriftlich angegeben, daß er (zur Tatzeit) auf der Suche nach einem Parkplatz gewesen sei und dabei bemerkt habe, daß der Lenker eines anderen Pkws "unsicher war und zwar insofern, als er mehrfach vor- und zurückfuhr", sodaß der Beschwerdeführer aus diesem Verhalten nicht genau habe entnehmen können, was dieser Pkw-Lenker nun tatsächlich wolle bzw. ob der Beschwerdeführer gefahrlos vorbeifahren könne. Er habe daher ein kurzes akustisches Warnzeichen abgegeben. In seinem Einspruch gegen die dem Straferkenntnis vorausgegangene Strafverfügung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß die Abgabe des Schallzeichens erforderlich gewesen sei, da es die Verkehrssicherheit erfordert habe. Selbst wenn man der erwähnten Argumentation des Beschwerdeführers folge, könne davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzungen zur Abgabe von Schallzeichen im Sinne des § 22 StVO 1960 nicht vorgelegen seien. Wie der Beschwerdeführer selbst ausgeführt habe, habe er in die Parklücke, aus der der von ihm angesprochene Pkw-Lenker herausgefahren sei, eingeparkt. Eine Gefahr für Personen oder Sachen sei durch das (allfällige) umständliche oder ungeschickte Ausparkmanöver des besagten Pkw-Lenkers nicht gegeben gewesen. Derartige Umstände seien dem Akt nicht zu entnehmen. Im übrigen könne aus der Aktenlage auch nicht entnommen werden, daß sich der ausparkende Pkw-Lenker verkehrswidrig verhalten habe. Sonstige Umstände, welche die Abgabe von Schallzeichen erforderlich gemacht hätten, seien ebenfalls nicht ersichtlich. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß der Meldungsleger am 7. April 1989 anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge angegeben habe, damals auf den Pkw des Beschwerdeführers aufmerksam geworden zu sein, weil dieser ein ca. 2 Sekunden dauerndes Hupzeichen abgegeben habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer mit seinem Pkw in zweiter Spur gestanden und habe offensichtlich auf das Einparken gewartet. Vor ihm sei gerade ein Pkw-Lenker im Begriffe gewesen, auszuparken. Bei diesem Lenker handle es sich um einen älteren Herrn, weshalb das Ausparkmanöver etwas länger gedauert habe. Die Berufungsbehörde habe keine Veranlassung, diese unter Wahrheitspflicht stehende Aussage in Zweifel zu ziehen, weshalb ihr auch Glauben geschenkt werde. Diese Aussage stehe zur Anzeige hinsichtlich des in Rede stehenden Sachverhaltes nicht im Widerspruch. Zusammenfassend sei daher auch die Berufungsbehörde in Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Übertretung zu verantworten habe. Es folgen noch Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Den der Frage der Befangenheit sämtlicher Organe der Bundespolizeidirektion Linz gewidmeten einleitenden Beschwerdeausführungen ist zu entgegnen, daß die Mitwirkung eines befangenen Organes bei der Entscheidung der Behörde erster Instanz durch eine unbefangene Berufungsentscheidung gegenstandslos wird, und die im § 7 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) verankerte Regelung über die Befangenheit von Verwaltungsorganen die Frage der Behördenzuständigkeit unberührt läßt (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Aufl., 1987, auf den S. 85 und 86 wiedergegebene hg. Judikatur). Mit den diesbezüglichen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Gemäß § 22 Abs. 2 StVO 1960 ist die Abgabe von Schallzeichen unbeschadet der Bestimmungen über das Hupverbot (§ 43 Abs. 2) verboten, wenn es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß mit einem Ausparkmanöver ein mehrmaliges Vor- und Zurückschieben des Pkws verbunden sei und daß er subjektiv eine auffallende Unsicherheit des Pkw-Fahrers wahrgenommen habe, weshalb zu befürchten gewesen sei, daß dieser beim Zurückstoßen seines Pkws womöglich auf das Fahrzeug des Beschwerdeführers auffahren und dieses beschädigen würde. Er habe es daher subjektiv für erforderlich gehalten, den Pkw-Lenker auf sich aufmerksam zu machen, wofür ein Hupzeichen als einzige Möglichkeit offen geblieben sei.

Nach der vom Meldungsleger anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge am 7. April 1989 gegebenen - vom Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht bestrittenen - Sachverhaltsdarstellung "stand" der Beschwerdeführer zur Tatzeit "mit seinem Pkw in

2. Spur und wartete offensichtlich auf das Einparken. Vor ihm war gerade ein Pkw-Lenker im Begriffe auszuparken".

Der Gerichtshof vermag nicht zu erkennen, inwiefern unter diesen Umständen die Abgabe eines Schallzeichens für den Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der "Sicherheit des Verkehrs" im Sinne der zitierten straßenpolizeilichen Regelung "erforderlich" war, wenn mangels diesbezüglicher Anhaltspunkte davon auszugehen ist, daß sich das Fahrzeug des Beschwerdeführers nicht auf gleicher Höhe mit dem gerade ausparkenden Fahrzeug befunden hat und dessen Lenker den Parkplatz nicht im Rückwärtsgang verlassen wollte, sondern offensichtlich mehrmals in der Parklücke vor- und zurückgefahren ist, um diesen Parkplatz vorwärts fahrend verlassen zu können. Die vom Beschwerdeführer geäußerte Befürchtung, der Pkw könnte "beim Zurückstoßen" auf sein - in zweiter Spur, also weder vor noch hinter dem anderen Pkw stehendes - Fahrzeug "auffahren", ist daher nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer hat auch nichts vorgebracht, was dafür sprechen würde, daß die Abgabe von Schallzeichen deshalb erforderlich war, weil es ihm unter den gegebenen Umständen unmöglich war, mit seinem Fahrzeug etwas zurückzufahren, um solcherart einer potentiellen Gefahrensituation vorzubeugen. Der Gerichtshof hält das inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers entgegen seiner Behauptung daher insofern für nicht gerechtfertigt, als es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert hat.

Die Bestrafung des Beschwerdeführers ist daher zu Recht erfolgt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Materien und Normen AVG Zuständigkeitfreie BeweiswürdigungSachverhalt VerfahrensmängelVerfahrensbestimmungenHeilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im BerufungsverfahrenEinfluß auf die Sachentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180192.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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