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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Aufhebung des §8 Abs1 lita als gleichheitswidrig unter Hinweis auf VfSlg. 5995/1969 - Gewerbesteuermeßbetrag ausschließliche Bemessungsgrundlage für den Fremdenverkehrsförderungsbetrag; keine Beschränkung auf im Land Salzburg getätigte UmsätzeSpruch
§8 Abs1 lita des Gesetzes vom 28. Dezember 1960 über den Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfonds (Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetz 1960), LGBl. Nr. 11/1961, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 18. September 1985 hat die Finanzlandesdirektion für Salzburg der bf. Gesellschaft - sie betreibt ausschließlich den Versandhandel - aufgrund des von der Finanzbehörde ermittelten Gewerbesteuermeßbetrages für das Jahr 1982 einen Fremdenverkehrsförderungsbeitrag in der Höhe von 12 Prozent des Gewerbesteuermeßbetrages vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde im Anlaßfall, in welcher sich die bf. Gesellschaft in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (des Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetzes 1960) verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
2. Der VfGH hat aus Anlaß dieser zu B841/85 protokollierten Beschwerde am 11. Oktober 1986 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit des §8 Abs1 lita des Gesetzes vom 28. Dezember 1960 über den Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfonds (Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetz 1960), LGBl. 11/1961, von Amts wegen zu prüfen.
3. Im Gesetzesprüfungsverfahren wurde eine für die Salzburger Landesregierung vom Landesamtsdirektor unterfertigte Äußerung erstattet. Der VfGH forderte daraufhin die Landesregierung auf mitzuteilen, ob dieser Äußerung ein Beschluß der Landesregierung zugrunde liegt.
Das Amt der Salzburger Landesregierung (wieder unterfertigt vom Landesamtsdirektor) teilte hierauf mit, daß dem seinerzeitigen Schriftsatz der Landesregierung kein Beschluß der Landesregierung zugrunde liege (und begründete sodann, warum nach Auffassung des Amtes der Landesregierung eine kollegiale Beschlußfassung der Landesregierung bei Abgabe einer Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren nach Art140 B-VG nicht erforderlich sei). Bei der vom Landesamtsdirektor "Für die Landesregierung" gefertigten Äußerung handelt es sich um keine im Verfahren nach Art140 B-VG vor dem VfGH zu beachtende rechtliche Enuntiation (s. VfSlg. 10690/1985 und VfGH 30.9.1987, G104-107/87 u.a. Zlen.). Gleiches gilt für den weiteren wieder nicht von der Landesregierung, also nicht von einer Prozeßpartei erstatteten Schriftsatz des Amtes der Salzburger Landesregierung. Auf beide Schriftsätze ist daher nicht einzugehen.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Die in Prüfung gezogene Bestimmung lautet (samt dem Einleitungssatz des Abs1):
"Der Pflichtbeitrag ist für jedes Kalenderjahr (Beitragsjahr) zu entrichten,
a) wenn der Erwerbstätigkeit des Beitragspflichtigen ein der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb (§1 des Gewerbesteuergesetzes 1953 in der geltenden Fassung) zugrundeliegt, in der Höhe eines Hundertsatzes des für das Beitragsjahr festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages bzw. des auf eine im Lande Salzburg gelegene Betriebsstätte entfallenden Zerlegungsanteiles;"
Der VfGH hat in seinem genannten Beschluß vom 11. Oktober 1986 vorläufig angenommen, daß die Bestimmung des §8 Abs1 lita Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetz 1960 in der Fassung vor der Nov. LGBl. 88/1982 (in der Stammfassung des Gesetzes) präjudiziell sei. Das Gesetzesprüfungsverfahren hat nichts ergeben, was gegen die Richtigkeit dieser Annahme spräche.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Der VfGH hat seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Bestimmung im Beschluß vom 11. Oktober 1986 wie folgt formuliert:
"Der VfGH hat mit Erkenntnis VfSlg. 5995/1969 u.a. den Abs1 des §3 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes, LGBl. 52/1967 als verfassungswidrig aufgehoben, weil die in dieser Bestimmung vorgesehene Bemessung der Fremdenverkehrsabgabe nach dem einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag dazu führte, daß Abgabepflichtige mit gleichem aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen nicht gleich besteuert wurden.
Der VfGH ging in diesem Erkenntnis davon aus, daß der aus dem Fremdenverkehr gezogene Nutzen in keiner solchen Beziehung zu den objektiven Ertrags- und Kapitalverhältnissen eines Gewerbebetriebes stehe, daß er durch Anwendung von Hundert- und Tausendsätzen auf den Gewerbeertrag und das Gewerbekapital steuerlich erfaßt werden könnte. Die Bemessung der Fremdenverkehrsabgabe nach dem einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag führe dazu, daß Abgabepflichtige mit gleichem aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen nicht gleich besteuert würden. Dies sei die Folge davon, daß eine für die Gewerbesteuer als Realsteuer normierte Besteuerungsgrundlage auf die gänzlich anders geartete Fremdenverkehrsabgabe übernommen worden sei.
Der VfGH ist in dem angeführten Erkenntnis auch darauf eingegangen, daß nach den Bestimmungen des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1967 nicht unterschieden werde zwischen Umsätzen, die im Bundesland Kärnten, und Umsätzen, die in anderen Bundesländern ausgeführt werden. Umsätze, die von einer im Bundesland Kärnten gelegenen Betriebsstätte in andere Bundesländer ausgeführt würden, seien somit in die Bemessungsgrundlage der Abgabe einbezogen. Die Einbeziehung eines auch in anderen Bundesländern getätigten Umsatzes in die Bemessungsgrundlage der Abgabe sei sachlich nicht gerechtfertigt, denn diese Umsätze stünden nicht in einem sachgerechten Verhältnis zu dem aus dem Fremdenverkehr in Kärnten gezogenen Nutzen (Hinweis auf VfSlg. 5811/1968 betreffend die Beiträge zu den Fremdenverkehrsverbänden und dem Fremdenverkehrsförderungsfonds im Land Tirol).
Aufgrund dieser Erwägungen qualifizierte der VfGH die in §3 Abs1 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1967 getroffene Regelung als gleichheitswidrig, weil sie den Erfordernissen einer sachgerechten Differenzierung nicht Rechnung trug.
Es scheint, daß diese - auf dem Sachlichkeitsgebot beruhenden - Erwägungen auch auf die hier in Prüfung gezogene Regelung zutreffen, obwohl den Pflichtbeiträgen nach dem Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetz 1960 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Nov. LGBl. 88/1982 nur teilweise Abgabencharakter zukam (s. hiezu VfSlg. 9335/1982). Der Zusammenhang mit dem aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen ist offenbar nicht nur bei Abgaben, sondern auch bei Beiträgen nicht hinreichend gegeben, wenn als Anknüpfungspunkt der Gewerbeertrag herangezogen wird. Die Bestimmung des §8 Abs1 lita Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetz 1960 zieht nämlich als Bemessungsgrundlage ausschließlich den Gewerbesteuermeßbetrag heran, wobei auch keine Staffelung nach Beitragsgruppen (siehe hiezu VfSlg. 8528/1979, S 243) vorgenommen wird. Das Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetz 1960 enthält - so wie das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1967, anders aber als etwa das Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1979, LGBl. 39 - keine Beschränkung der Beitragspflicht auf im Land Salzburg getätigte Umsätze.
Der VfGH geht aufgrund dessen vorläufig davon aus, daß gegen §8 Abs1 lita Salzburger
Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetz 1960 (der am Gewerbesteuermeßbetrag anknüpft und keine Beschränkung auf im Land Salzburg getätigte Umsätze vornimmt) dieselben Bedenken bestehen, die im Fall des Erkenntnisses VfSlg. 5995/1969 zur Aufhebung des ersten Absatzes im §3 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1967 geführt haben. Daran scheint das in der Gegenschrift der Finanzlandesdirektion für Salzburg vorgebrachte Argument, ein Pflichtbeitrag, der sich nur am Umsatz im Bundesland Salzburg orientiere, würde dazu führen, daß der größte Teil der Umsätze von Unternehmungen wie etwa jenes der bf. Gesellschaft mangels einer Betriebsstätte in anderen Bundesländern überhaupt keiner Beitragspflicht unterliege, nichts ändern zu können. Denn der aus dem Fremdenverkehr in anderen Bundesländern gezogene Nutzen kann wohl nicht zur Bemessung eines Beitrages zum Fremdenverkehrsförderungsfonds im Land Salzburg herangezogen werden."
3. Im Gesetzesprüfungsverfahren ist nichts hervorgekommen, was diese Bedenken entkräftet hätte.
Es ist daher auszusprechen, daß §8 Abs1 lita des Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetzes 1960 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufgehoben wird.
Zu bemerken bleibt, daß nach der Übergangsregelung des §62 Abs2 des Salzburger Fremdenverkehrsgesetzes 1985, LGBl. 94, die Bestimmungen des Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfondsgesetzes 1960 auf Leistungen, die den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Salzburger Fremdenverkehrsgesetzes 1985 betreffen, weiter anzuwenden sind. Es ist deshalb mit der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung und nicht mit einem Ausspruch gemäß Art140 Abs4 B-VG vorzugehen.
4. Die übrigen Aussprüche stützen sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Fremdenverkehr / AbgabenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G51.1987Dokumentnummer
JFT_10119691_87G00051_00