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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der N-GmbH gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom 14. März 1989, Zl. 6/2-2170/85-10, betreffend Umsatzsteuer 1980 bis 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Folgender Sachverhalt ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig:
Die Beschwerdeführerin liefert ihre Produkte im Inland an diverse Händler, die ihrerseits die Waren teils an andere Händler und teils direkt an Letztverbraucher verkaufen. Den Waren der Beschwerdeführerin liegen Gutscheine in Form von an den Packungen angebrachten "Treuemarken" bei, die dann vom Letztverbraucher auf einer Karte aufzukleben sind (vgl. Blatt 68 der Verwaltungsakten). Für eine vollgeklebte Karte erhält der Letztverbraucher entweder von der Beschwerdeführerin selbst oder von einer zwischengeschalteten Auszahlungsstelle (nicht jedoch von dem Händler, bei dem der Letztverbraucher gekauft hat) den auf dem Gutschein aufgedruckten Betrag bar ausbezahlt.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist in diesem Zusammenhang allein die Rechtsfrage strittig, ob der solcherart an die Letztverbraucher ausbezahlte Betrag bei der Beschwerdeführerin entgeltsmindernd im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1972 ist oder nicht.
Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes für die Jahre 1980 bis 1983 als unbegründet ab und vertrat dazu nach Wiedergabe des § 16 Abs. 1 sowie des § 4 Abs. 1 und 2 UStG 1972 im wesentlichen folgende Rechtsmeinung:
Schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 2 Z. 1 und 2 UStG 1972 ergebe sich, daß an Dritte gewährte Rabatte, Skonti etc. nur dann beim leistenden Unternehmer als Entgeltminderung angesehen werden könnten, wenn der Dritte Beträge geleistet habe, die in der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer für einen steuerpflichtigen Umsatz Berücksichtigung gefunden hätten. Unter Hinweis auf § 17 dUStG und deutsche Literatur (Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Lose-Blatt-Ausgabe Berlin 1967) vertrat die belangte Behörde die Auffassung, Entgeltsminderungen könnten nur zwischen dem leistenden Unternehmer und seinem Leistungsempfänger anerkannt werden. Beträge, die der Unternehmer an Dritte entrichte, die ihm kein Entgelt bezahlt hätten, könnten nicht als Entgeltsminderung anerkannt werden, da diese Dritten nicht zu jenen gehören, die ein Entgelt bezahlt hätten. Die Gewährung von Treuerabatten durch die Beschwerdeführerin an die Letztverbraucher stelle für die Beschwerdeführerin keine Entgeltsminderung dar, weil ihr die Letztverbraucher kein Entgelt geleistet hätten; es handle sich hiebei um steuerlich unbeachtliche Entgeltverwendungen (Kolacny-Scheiner, Fallbeispiele zur Mehrwertsteuer § 16/02). Es widerspräche die Behandlung der Treueprämie als Entgeltsminderung auch dem System der Mehrwertsteuer, wenn die Beschwerdeführerin die Umsatzsteuer für Lieferungen an die Zwischenhändler um die auf die Treuprämie entfallende Umsatzsteuer reduziere, ohne daß die Zwischenhändler ihre Vorsteuer hinsichtlich der an die Beschwerdeführerin gezahlten Umsatzsteuer entsprechend berichtigen könnten. Die Identität der von der Beschwerdeführerin an die Zwischenhändler und von diesen an die Letztverbraucher gelieferten Ware stelle kein stichhaltiges Argument dar. Auch im Reihengeschäft bestünde Identität der Ware. Selbst wenn man, der Beschwerdeführerin folgend, den Rechtsanspruch des Letztverbrauchers auf die Treueprämie bereits mit dem Verkauf der Ware an den Zwischenhändler als entstanden ansähe und seitens der Beschwerdeführerin Unwiderruflichkeit annähme, stünde zum Zeitpunkt des Verkaufes der Ware an den Letztverbraucher noch nicht fest, ob dieser die Treueprämie tatsächlich in Anspruch nehmen werde. Von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ins Treffen geführte wettbewerbsrechtliche Motive hielt die belangte Behörde für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung für unmaßgeblich. Der Hinweis der Beschwerdeführerin in der Berufung auf Zuschüsse von dritter Seite sei unbeachtlich, weil diese Zuschüsse in § 4 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 ausdrücklich angeführt seien, der Fall einer "Entgeltsminderung an Dritte" finde sich hingegen im Gesetz nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf gesetzmäßige Vorschreibung der Umsatzsteuer und Unterlassung einer Vorschreibung, die in diesem Gesetz nicht gedeckt sei" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 16 Abs. 1 UStG 1972 lautet:
"(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. ..."
§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. lauten:
"(1) Der Umsatz wird im Falle des § 1 Abs. 1 Z. 1 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme); dazu gehören insbesondere auch Gebühren für Rechtsgeschäfte und andere mit der Errichtung von Verträgen über Lieferungen und sonstige Leistungen verbunde Kosten, die der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung dem Unternehmer zu ersetzen hat.
(2) Zum Entgelt gehört auch,
1. was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung freiwillig aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten,
2. was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt. Dies gilt nicht für bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse, die dem Zuschußberechtigten aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln bundesgesetzlich errichteter Fonds gewährt werden."
Die Beschwerdeausführungen zielen im Ergebnis darauf, daß eine Entgeltskorrektur beim Hersteller einer Ware auch dann zulässig sein müsse, wenn der Letztverbraucher von ihm und nicht von den zwischengeschalteten Händlern eine Treuevergütung in Form der Gutscheineinlösung in Geld erhalte, weil der Letztverbraucher kein Außenstehender, sondern das letzte Glied in der Kette sei und solcherart auch ein Konnex zwischen dem Hersteller und dem gutscheineinlösenden Letztverbraucher bestünde.
Dem ist unter Hinweis auf die Gesetzeslage folgendes zu entgegnen:
§ 16 Abs. 1 UStG 1972 spricht von einer Änderung der Bemessungsgrundlage. Bemessungsgrundlage wiederum ist gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. das Entgelt. Unter diesem wird nach der letztzitierten Gesetzesstelle alles verstanden, was der Empfänger aufzuwenden hat, um die Lieferung (oder sonstige Leistung) erhalten. Auch in bezug auf die in § 4 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. behandelten Aufwendungen anderer Personen, die vom Empfänger der Lieferung oder sonstigen Leistung verschieden sind, stellt das Gesetz klar, daß es sich dabei um Entgelt handelt, welches für die Lieferung oder sonstige Leistung vom Dritten an den Unternehmer gewährt wird. Das Entgelt, das sohin die Bemessungsgrundlage darstellt und in bezug worauf gemäß § 16 Abs. 1 UStG 1972 der Eintritt einer Änderung untersucht werden muß, ist somit jener Wert, welcher nach der diesbezüglich klaren Aussage des Gesetzes in einer Zweckbindung zur Erlangung der Lieferung (oder sonstigen Leistung) durch den Empfänger derselben vom Unternehmer steht (arg: "um ... zu erhalten" bzw. "für die Lieferung oder sonstige Leistung"). Dieser Zusammenhang zwischen dem Entgelt, welches die Bemessungsgrundlage darstellt, und der Lieferung (oder sonstigen Leistung) wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom 30. Mai 1988, Zl. 86/15/0119, wo es um die Frage einer Entgeltsminderung im Zuge der Rücknahme von Leergut (sog. Warenumschließungen) ging, in den Mittelpunkt der Problematik gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof betonte in dem zitierten Erkenntnis, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ua, daß ein Pfandbetrag nur von demjenigen entgeltmindernd (und damit einer Berichtigung zugänglich) zurückgegeben werden kann, der ihn zuvor vereinnahmt hat. Nur jenes gegen Rückerstattung des Pfandgeldes zurückgenommene Leergut darf bei einem Unternehmer eine Entgeltsminderung auslösen, für welches vorher gerade von diesem Unternehmer ein "Pfand" eingehoben wurde. Wenn dagegen von einem Unternehmer vom Kunden Warenumschließungen entgegengenommen werden, die seitens dieses Kunden nicht bei diesem Unternehmer erworben wurden, so steht dies in keinerlei Zusammenhang mehr mit dem seinerzeit von einem anderen Kunden hingegebenen Entgelt (Pfandgeld), für welches dieser andere Kunde seinerzeit eine Lieferung (oder sonstige Leistung) erhalten hat.
Dieser an der dem Gesetz entnehmbaren engen Zweckbeziehung zwischen Entgelt einerseits und Lieferung (oder sonstiger Leistung) andererseits orientierte Gedanke des "Flaschenpfanderkenntnisses" muß auch für die Lösung der vorliegenden Frage herangezogen werden. Wie die Rückzahlung von Pfandgeldern nur dann entgeltmindernd ist, wenn sie zwischen den Partnern erfolgt, zwischen denen ursprünglich der Entgelt-Leistungskonnex begründet worden ist, ebenso wirkt sich die Bezahlung einer Treueprämie durch einen Unternehmer an den Leistungsempfänger für den Unternehmer nur dann entgeltmindernd aus, wenn die Prämie jener Person gewährt wird, die vorher das (um die jetzt bezahlte Prämie noch nicht geminderte) Entgelt an den Unternehmer geleistet hat. Daß es für die Frage der Entgeltsminderung gerade um den konkreten Konnex zwischen dem Umstand, aus dem eine Entgeltminderung abgeleitet wird, mit dem Entgelt, das seinerzeit bezahlt wurde (werden sollte), um die Lieferung (oder sonstige Leistung) zu erhalten, geht, wird auch aus dem von Dorazil-Frühwald-Hock-Mayer-Paukowitsch (Kommentar zum Umsatzsteuergesetz Seite 176 Abs. 2 - 10. Lieferung) gebrachten Beispiel deutlich: Werden Gutscheine zwar zwischen den ursprünglichen Partnern realisiert, aber nicht in bar eingelöst, sondern nur bei künftigen, neuen Rechtsgeschäften zwischen denselben Partnern berücksichtigt, so ist keine Entgeltsminderung vorzunehmen.
Sohin befindet sich die Rechtsansicht der belangten Behörde voll im Einklang einerseits mit dem Grundgedanken des zitierten "Flachenpfanderkenntnisses" und andererseits mit der österreichischen und deutschen Fachliteratur (vgl. z.B. Kolacny-Scheiner, Fallbeispiele zur Mehrwertsteuer Seite 308, § 16/02; Plückebaum-Malitzky, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz10 Rz. 167 zu § 10 dUStG mit zahlreichen weiteren Belegstellen). Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß die Heranziehung deutscher Judikatur und Literatur in jenen Bereichen, wo in Österreich und Deutschland die gleiche Rechtslage gegeben ist (vgl. für den vorliegenden Fall die §§ 4 Abs. 1 und 2 sowie 16 Abs. 1 UStG 1972 sowie die §§ 10 Abs. 1 und 17 Abs. 1 dUStG 1980) anders als es die Beschwerdeführerin sieht, durchaus zulässig und zweckmäßig ist.
Da es sich bei den von der Beschwerdeführerin an diverse Letztverbraucher im Wege der Einlösung der ihren Waren beiliegenden Gutscheine in Geld wirtschaftlich betrachtet (vgl. Blatt 68 der Verwaltungsakten) um eine plakative Werbeaktion handelt, die nach den Erfahrungen des täglichen Lebens von den Kunden auch als solche verstanden wird, fallen die der Beschwerdeführerin dadurch zweifellos erwachsenden finanziellen Aufwendungen in den Bereich der von Kolacny-Scheiner (a.a.O.) genannten Kosten, die nur hinsichtlich der Kalkulation der Beschwerdeführerin auf die Entgelte von Einfluß sind, sich aber nicht auf das einzelne, vom unmittelbaren Warenabnehmer an die Beschwerdeführerin entrichtete (oder zu entrichtende) Entgelt mindernd im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1972 auswirken (vgl. zu den Geschäftsunkosten z.B. auch Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 16 zu § 4 UStG 1972).
Bereits aus diesem Grund haftet die von der Beschwerdeführerin behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht an. Es brauchte daher auch auf die übrigen Argumente der Beschwerdeführerin nicht eingegangen zu werden, weil diese unberücksichtigt lassen, daß es im gegenständlichen Fall (ebenso wie im Pfandflaschenfall) an der Grundvoraussetzung für eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage fehlt, nämlich an der nachträglichen Veränderung des seitens des Unternehmers von ihrem unmittelbaren Warenabnehmer vereinnahmten Entgelts.
Den von der Beschwerdeführerin aufrecht erhaltenen verfassungsrechtlichen Argumenten braucht, weil der Verfassungsgerichtshof mit der Angelegenheit bereits befaßt war und die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat, nicht näher getreten zu werden.
Was die im Beschwerdeantrag geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften anlangt, so hat einerseits die Beschwerdeführerin mit keinem Wort näher ausgeführt, worin diese Rechtsverletzung gelegen sein sollte und ist eine solche den vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht zu entnehmen.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990150014.X00Im RIS seit
12.11.1990