Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde des Bistums Gurk, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 24. Februar 1989, Zl. 8WEn-192/I/1/89, betreffend Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes und Anordnung von Vorkehrungen gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 (mitbeteiligte Partei: PG), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Spruchpunktes II. und des Spruchpunktes III. - hinsichtlich des letzteren, soweit sich dieser auf die beschwerdeführende Partei bezieht - wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Zur Vorgeschichte des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1984,
Zlen. 83/07/0371, 84/07/0271, verwiesen. Mit diesem hatte der Gerichtshof den damals angefochten gewesenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (vom 18. Oktober 1983) teils wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, teils wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (letzteres, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen worden war, der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben war und die Begründung des Bescheides wesentliche Mängel aufgewiesen hatte) aufgehoben.
2.1. In dem vom Landeshauptmann von Kärnten fortgesetzten Verfahren behob dieser zunächst mit Bescheid vom 15. April 1985 gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit a.d. Glan (BH) vom 22. Juni 1982 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz.
2.2. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erließ die BH unter dem Datum 18. Oktober 1985 gemäß den §§ 50 und 98 WRG 1959 einen neuen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"1. .......
2. Die drei Wasserberechtigten, Bistum Gurk, GH und KR, werden zur ungeteilten Hand verpflichtet, am südöstlichen Ufer des Grundstückes Parz. 380/2 der KG F von der Ablaßschütze bis zur M das Grundstück bis auf Niveau anzuschütten und durch einen in das Bett des Ablaßgerinnes eingebundenen Steinwurf abzusichern.
3. Gemäß § 50 Abs. 3 des Wasserrechtsgesetzes 1959 wird bestimmt, daß
a).....
b) die Kosten der unter Punkt 2) angeführten Maßnahmen Herr GH, Herr KR und das Bistum Gurk zu je einem Drittel tragen.
4. Für die Ausführung der unter Punkt .... 2) genannten Maßnahmen wird eine Frist von 6 Monaten, ab Rechtskraft dieses Bescheides, gesetzt.
5. Die Einwendungen der Wasserberechtigten - Bistum Gurk, GH und KR -, der Mühlbach sei als natürliches Gewässer anzusehen, weshalb die Ufereigentümer ihn instandzuhalten hätten und von den Instandhaltungsaufträgen an die Wasserberechtigten Abstand zu nehmen sei, werden als unbegründet abgewiesen."
2.3. Aufgrund der dagegen u.a. von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung behob der Landeshauptmann von Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 24. Februar 1989 den Bescheid der BH vom 18. Oktober 1985 und entschied gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 iVm § 59 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. sowie den §§ 27 Abs. 1 lit. g, 29 Abs. 1 und 50 Abs. 1 WRG 1959 wie folgt:
"I.
........
II.
Nach Feststellung des Erlöschens seines Wasserbenutzungsrechtes wird das Bistum Gurk verpflichtet, im Anlagenbereich die im Interesse der Anrainer erforderlichen notwendigen Vorkehrungen auf seine Kosten durchzuführen.
III.
Die nach den Spruch-Punkten .... II. zu treffenden
konkreten Maßnahmen .... wird einer gesonderten Entscheidung
vorbehalten."
Begründend führte die belangte Behörde - soweit für die Erledigung der vorliegenden Beschwerde von Belang - folgendes aus: In ihrer Berufung habe die beschwerdeführende Partei vorgebracht, daß ihre Anlage schon seit dem Jahr 1979 nicht mehr betrieben und insgesamt völlig verfallen sei; wegen der dabei gegebenen, mehr als dreijährigen Unterbrechung der Wasserbenutzung sei das Wasserbenutzungsrecht daher ex lege erloschen. Es sei demnach - das diesbezügliche Berufungsvorbringen stehe in Übereinstimmung mit der vom Amtssachverständigen am 10. August 1989 erstatteten Stellungnahme - in konsequenter Anwendung des unter Spruch-Punkt III. vertretenen Rechtsstandpunktes unter Punkt II. des Spruches gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 anzuordnen gewesen, daß nach Feststellung des Erlöschens des ehemaligen Wasserbenutzungsrechtes der beschwerdeführenden Partei von dieser die im Interesse der Anrainer allenfalls erforderlichen notwendigen Vorkehrungen zu treffen sein würden. Aus Gründen der Verfahrensökonomie (§ 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG 1950) würden allerdings die konkreten Verfügungen einem weiteren Verfahren vorbehalten.
3. Die Behandlung der dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde von diesem Gerichtshof mit Beschluß vom 21. Juni 1989, B 502/89, abgelehnt und die Beschwerde u.e. dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
4. In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten sich nur gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde vom 24. Februar 1989 wendenden Beschwerde begehrt die beschwerdeführende Partei die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides im bezeichneten Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat keine Gegenschrift erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Wie aus der Sachverhaltsdarstellung (oben I.2.2.) zu ersehen ist, waren Gegenstand des - in einem zweiten Rechtsgang durchgeführten - erstinstanzlichen Verfahrens die Fragen der Verpflichtung zur Instandhaltung gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 und der Aufteilung der dafür aufzuwendenden Kosten gemäß § 50 Abs. 3 leg. cit. "Sache" des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde waren eben diese - und nur diese - Fragen, da nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "Sache" i.S. des § 66 Abs. 4 AVG 1950 nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat, im Fall einer eingeschränkten Berufung - was hier nicht zutrifft - der vom Rechtsmittel erfaßte Teil des Bescheides, wenn dieser vom übrigen Bescheidinhalt trennbar ist (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 28. November 1983, Zl. 82/11/0270, und vom 19. März 1984, Zl. 82/08/0111). Der belangten Behörde war es demnach verwehrt, in Fragen, die nicht Gegenstand der Entscheidung der BH vom 18. Oktober 1985 waren, abzusprechen. Diese Grenze indes hat die belangte Behörde mit dem sich ausschließlich auf die beschwerdeführende Partei beziehenden Spruchpunkt II. und dem Spruchpunkt III., (soweit er sich auf die beschwerdeführende Partei erstreckt), ihres Bescheides vom 24. Februar 1989 überschritten.
Spruchpunkt II. trifft, woran die dazu im Spruch wie auch in der Begründung des genannten Bescheides erfolgte Zitierung des § 29 Abs. 1 WRG 1959 keinen Zweifel läßt, keine Entscheidung über eine der beschwerdeführenden Partei i.S. des § 50 Abs. 1 leg. cit. obliegende Instandhaltungspflicht (und dafür, gemeinsam mit anderen Wassernutzungsberechtigten, zu tragende Kosten), sondern stellt das gemäß § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 (auch diese Vorschrift ist im Spruch als Rechtsgrundlage der Entscheidung zitiert) ex lege eingetretene Erlöschen fest und verpflichtet die beschwerdeführende Partei gleichzeitig, die "im Interesse der Anrainer erforderlichen notwendigen Vorkehrungen" auf ihre Kosten durchzuführen.
Damit hat die belangte Behörde in Ansehung der beschwerdeführenden Partei über eine Frage abgesprochen, die gar nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides vom 18. Oktober 1985 war. Die solcherart vorgenommene Auswechslung des Spruchinhaltes bedeutet die Inanspruchnahme einer Zuständigkeit, die der belangten Behörde nicht zukam, durfte sie doch nicht erstmals über eine Angelegenheit entscheiden, über welche die in erster Instanz zuständige Wasserrechtsbehörde - dies ist nach den übereinstimmenden Ausführungen in der Beschwerde und in der Gegenschrift der belangten Behörde die BH St. Veit a.d. Glan - noch nicht abgesprochen hatte.
1.2. Der sich daraus ergebenden Konsequenz der Unzuständigkeit der belangten Behörde vermag diese auch nicht mit dem in der Gegenschrift enthaltenen Hinweis darauf zu entgehen, daß der besagte Spruchpunkt II. lediglich einen Abspruch "dem Grunde nach" enthalte, während die konkreten Maßnahmen (Vorkehrungen) zu Lasten der beschwerdeführenden Partei erst in einem gesonderten Verfahren von der "zuständigen Behörde (hier Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan)" vorgeschrieben würden.
Abgesehen davon, daß diese geteilte Vorgangsweise mit dem Gesetz nicht in Einklang steht - § 29 Abs. 1 WRG 1959 verlangt, daß "hiebei", also in einem Zug (uno actu) mit der Feststellung des Erlöschens, über notwendig werdende Vorkehrungen abzusprechen ist, eine gesetzliche Anordnung, der § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG 1950 nicht mit Erfolg entgegengehalten werden kann -, übersieht die belangte Behörde, daß die beschwerdeführende Partei mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides jedenfalls zu "im Interesse der Anrainer erforderlichen notwendigen Vorkehrungen" verpflichtet worden ist, somit für das in Aussicht gestellte gesonderte Verfahren bindend darüber abgesprochen worden ist, daß irgendwelche letztmalige Vorkehrungen i.S. des § 29 Abs. 1 WRG 1959 von der beschwerdeführenden Partei auf alle Fälle zu treffen sind. Daraus folgt, daß über die objektive Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise hinaus, die beschwerdeführende Partei schon durch Spruchpunkt II. - ohne daß es der Konkretisierung i.S. des Spruchpunktes III. noch bedürfte - in ihren Rechten verletzt worden sein kann und sie daher insoweit beschwerdelegitimiert ist.
2. Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde mit Spruchpunkt II. und Spruchpunkt III. - mit letzterem, soweit er sich auf die beschwerdeführende Partei bezieht - die Grenzen ihrer (funktionellen) Zuständigkeit nicht beachtet, weshalb ihr Bescheid vom 24. Februar 1989 insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben war (§ 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG), ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.
3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere deren Art. III Abs. 2, wobei zu berücksichtigen war, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 630,-- (Eingabengebühr S 480,--, Beilagengebühr S 150,--) zu entrichten waren.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch den Berufungsantrag Umfang der Anfechtung Teilrechtskraft Teilbarkeit der vorinstanzlichen Entscheidung Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989070152.X00Im RIS seit
12.11.2001