TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/13 90/07/0052

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Veröffentlicht am 13.11.1990
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Index

L69304 Wasserversorgung Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

B-VG Art144 Abs3 idF 1984/296;
GdwasserversorgungsG OÖ 1956 §1 Abs1 idF 1971/025;
VwGG §48 Abs1 Z1;
WRG 1959 §121 Abs1;
WRG 1959 §36 Abs1;

Betreff

22 Beschwerdeführer gegen Bescheide des LH von OÖ vom 22. Juni 1989, Zlen. Gem-7044/3-1989-Keh, Gem-7046/4-1989-Keh, und Gem-7047/4-1989-Keh, vom 28. Juni 1989, Zl. Gem-7045/4-1989-Keh, vom 29. Juni 1989,

Zlen. Gem-7042/4-1989-Keh, und Gem-7043/4-1989-Keh, vom 30. Juni 1989, Zl. Gem-7050/4-1989-Keh, vom 4. Juli 1989, Zlen. Gem-7051/4-1989-Keh, und Gem-7052/4-1989-Keh, vom 5. Juli 1989, Zl. Gem-7053/4-1989-Keh, und vom 7. Juli 1989, Zlen. Gem-7036/4-1989-Keh, Gem-7037/4-1989-Keh und Gem-7041/4-1989-Keh, betreffend Anschlußpflicht an eine öffentliche Wasserversorgungsanlage (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde N)

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Erst- und Zweitbeschwerdeführern, den Viert- und Fünftbeschwerdeführern, den Siebent- und Achtbeschwerdeführern, den Zehnt- und Elftbeschwerdeführern, den Zwölft- und Dreizehntbeschwerdeführern, den Vierzehnt- und Fünfzehntbeschwerdeführern, den Sechzehnt- und Siebzehntbeschwerdeführern, den Achtzehnt- und Neunzehntbeschwerdeführern und den Zwanzigst- und Einundzwanzigstbeschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je insgesamt S 9.270,-- und den Dritt-, Sechst-, Neunt- und Zweiundzwanzigstbeschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 9.270,-- insgesamt somit S 120.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 7. Juni 1988 stellte der Bürgermeister der Marktgemeinde N gemäß § 5 des oberösterreichischen Gemeindewasserversorgungsgesetzes, LGBl. Nr. 38/1956 (GemWVG), hinsichtlich der Liegenschaften der Beschwerdeführer fest, daß diese dem in § 1 GemWVG normierten Anschlußzwang an die Ortswasserversorgungsanlage N unterlägen. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß der Anschlußzwang die Verpflichtung zur Deckung des Bedarfes an Trink- und Nutzwasser ausschließlich aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bewirke. Der Anschluß an die Wasserversorgungsanlage sei unmittelbar nach Fertigstellung der Versorgungs- und Abzweigleitung zu veranlassen. Innenleitungen seien normgerecht herzustellen, dürften mit anderen Wasserversorgungsanlagen nicht verbunden sein und müßten dem statischen Druck im Netz der Versorgungsleitung entsprechen. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, die Objekte der Beschwerdeführer seien unmittelbar an einer öffentlichen Straße gelegen und es führe die Trasse der Wasserleitung direkt an ihren Liegenschaften vorbei. Die Herstellungskosten für die Errichtung der Abzweigleitungen einschließlich der Einbaugarnituren für den Wasserzähler würden zur Gänze von der Marktgemeinde N getragen. Der Wasserbedarf für die Objekte der Beschwerdeführer könne von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage voll befriedigt werden und es entstünden durch die Vornahme des Anschlusses für die Beschwerdeführer keine unverhältnismäßig hohen Kosten, weil die Beschwerdeführer lediglich die Verbindung ihrer Innenleitungen mit der Abzweigleitung herstellen müßten.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer in weitgehend übereinstimmenden Eingaben Berufung. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein von den betroffenen Liegenschaftseigentümern erhobener schriftlicher Antrag auf Befreiung vom Anschlußzwang sei bisher nicht erledigt worden. Die Wasserversorgung der einzelnen Objekte sei quantitativ und qualitativ ausreichend. Von Gemeindevertretern sei zugesagt worden, daß hinsichtlich der tatsächlichen Wasserabnahme aus der öffentlichen Leitung kein Druck ausgeübt werden würde. Im Hinblick darauf, daß die öffentliche Wasserversorgungsanlage ebenso wie die Hauswasserversorgungsanlagen aus dem Grundwasser des Gemeindegebietes Naarn gespeist würde, könne im Fall einer Verschlechterung der Qualität des in den Hauswasserversorgungsanlagen erschroteten Wassers nicht damit gerechnet werden, daß die öffentliche Wasserversorgungsanlage Wasser höherer Qualität liefern könne. Dies umso weniger, als sich der Brunnen für die öffentliche Wasserversorgungsanlage in einem landwirtschaftlich intensiv genutzten Bereich befinde. So wie dies bei einem nahegelegenen Gemüsekonservenbetrieb der Fall sei, müsse auch den Beschwerdeführern zugestanden werden, ihr eigenes Grundwasser für ihre Haushalte weiter verwenden zu dürfen.

Mit Bescheiden vom 12. Juli 1988 wies der Gemeinderat der Marktgemeinde N die Berufungen der Beschwerdeführer als unbegründet ab und bestätigte die erstinstanzlichen Bescheide vollinhaltlich. Zur Begründung wurde auf die Begründung der erstinstanzlichen Bescheide verwiesen.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer in im wesentlichen übereinstimmenden Eingaben Vorstellung an die belangte Behörde. Darin führten die Beschwerdeführer aus, die Berufungsbehörde habe sich mit ihrem Berufungsvorbringen in keiner Weise auseinandergesetzt. Das Berufungsvorbringen wie auch das Ansuchen im Befreiung vom Anschlußzwang, welches noch nicht erledigt worden sei, werde vollinhaltlich aufrecht erhalten. Die dem erstinstanzlichen Bescheid beigelegte Mitteilung, daß über die Befreiung vom Anschlußzwang erst nach Rechtskraft des Feststellungsbescheides über die Anschlußpflicht entschieden werden könne, werde als unrichtig betrachtet. Der Ausbau der öffentlichen Waserversorgung, mit welchem erst ca. fünf Monate nach dem Ansuchen (um Befreiung vom Anschlußzwang) begonnen worden sei, sei nicht notwendig gewesen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde gemäß § 1 des GemWVG in Verbindung mit § 7 Abs. 5 des Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetzes die Vorstellungen als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die für das Bestehen des Anschlußzwanges in § 1 Abs. 1 des GemWVG festgelegten Tatbestandsmerkmale seien in den Beschwerdefällen gegeben. So sei die öffentliche Wasserversorgungsanlage N zufolge einem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten, welches dem Parteiengehör unterzogen worden sei, in der Lage, den gesamten Wasserbedarf für sämtliche Liegenschaften im Versorgungsbereich zu decken. Die Kosten für den Anschluß würden von der Marktgemeinde N getragen. Das Bestehen des Anschlußzwanges sei daher zu Recht festgestellt worden. Informativ wurde hinzugefügt, daß im gegenständlichen Verfahren lediglich über die Frage des Vorliegens der Anschlußpflicht, nicht aber über eine allfällige Ausnahme vom Anschlußzwang zu entscheiden gewesen sei. Die Frage der Gewährung einer Ausnahme von der Anschlußpflicht könne sich erst nach rechtskräftigem Feststehen der Anschlußpflicht stellen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 27. Februar 1990, B 922-934/89-8, B 997/89-8 und B 1285/89-10, die Behandlung der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der Beschwerdeführer ab und trat die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der für den Fall der Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof formulierten Beschwerde machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit der Bescheidinhalte und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachten sich in ihren Rechten auf fehlerfreie Handhabung des Wasserrechtsgesetzes sowie des GemWVG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 GemWVG besteht im Versorgungsbereich einer gemeindeeigenen gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsanlage nach Maßgabe dieses Gesetzes für Gebäude, Betriebe, Anlagen und sonstige Objekte, in denen Wasser verbraucht wird, Anschlußzwang.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen zählt zum Versorgungsbereich jedes Objekt, dessen Wasserbedarf von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage voll befriedigt werden kann, soweit nicht der Anschluß nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten, die zu tragen dem Eigentümer (§ 2 Abs. 2) nicht zumutbar ist, hergestellt werden kann.

Gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes hat der Anschlußzwang die Wirkung, daß der Bedarf an Trink- und Nutzwasser in den Objekten ausschließlich aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage gedeckt werden muß.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen hat, soweit nicht der Eigentümer eines dem Anschlußzwang unterliegenden Objektes und die Gemeinde privatrechtliche etwas anderes vereinbaren, der Eigentümer die zum Anschluß erforderlichen Einrichtungen innerhalb seines Objektes herzustellen und die Kosten für den Anschluß an die Versorgungsleitung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob er auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften oder privatrechtlicher Vereinbarungen die Lasten dieser Verpflichtung auf Dritte überwälzen kann.

Gemäß § 5 des Gesetzes in der Fassung der Novelle LGBl. 25/1971 hat die Gemeinde im Zweifelsfalle festzustellen, ob und inwieweit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verpflichtungen und Verbote nach diesem Gesetz, insbesondere gemäß § 1 und § 2 Abs. 1, 3 und 5 gegeben sind.

Die Beschwerdeführer haben die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide insbesondere darin erblickt, daß mit diesen der Anschlußzwang ausgesprochen worden sei, obwohl für die gegenständliche öffentliche Wasserversorgungsanlage noch kein wasserrechtlicher Überprüfungsbescheid vorgelegen sei.

Von einer Wasserversorgungsanlage im Sinne des § 1 des GemWVG, welches in Ausführung des § 36 Abs. 1 WRG 1959 ergangen ist, kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur und erst dann gesprochen werden, wenn die konsensgemäße Herstellung einer solchen Anlage bereits durch einen gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 ergangenen Überprüfungsbescheid dargetan wurde (vergleiche hg. Erkenntnis vom 17. November 1981, Zl. 81/07/0133, Slg. N.F. 10593/A). Im Beschwerdefall wurde in den angefochtenen Bescheiden lediglich im Rahmen der Wiedergabe eines von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens darauf Bezug genommen, daß die gegenständliche Ortswasserversorgungsanlage wasserrechtlich bewilligt sei. Ein Hinweis auf eine wasserrechtliche Kollaudierung ist in den angefochtenen Bescheiden nicht enthalten. Wohl wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Dezember 1984, Zl. Wa - 3328/3-1984/Spe/Hz, die wasserrechtliche Überprüfung des Bauabschnittes 01 der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage ausgesprochen, doch enthält dieser Bescheid, auf den sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift berufen hat, darüber hinaus lediglich die wasserrechtliche Bewilligung für die Ausführung des Bauabschnittes 02, in dessen Bereich die Liegenschaften der Beschwerdeführer gelegen sind. Daraus folgt, daß der für die Anschlußpflicht der Beschwerdeführer maßgebliche Abschnitt der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide noch nicht gemäß § 121 WRG 1959 wasserrechtlich überprüft war. Demgemäß wurde mit den angefochtenen Bescheiden mangels Vorliegens eines maßgeblichen Sachverhaltselementes zu Unrecht die gesetzwidrig ausgesprochene Verpflichtugn der Beschwerdeführer zum Anschluß ihrer Liegenschaften an die öffentliche Wasserversorgung der Marktgemeinde N aufrecht erhalten.

Die sohin mit Rechtswidridrigkeit des Inhaltes belasteten angefochtenen Bescheide mußten daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff und hier insbesonders auf § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Fall der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 (jetzt Abs. 3) B-VG dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren gebührt, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte (vergleiche hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 1972, Zl. 1086 ff/71 - verstärkter Senat -, vom 9. Oktober 1974, Zl. 1715/73, und vom 14. November 1978, Zl. 2751/76 - verstärkter Senat -).

Schlagworte

Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990070052.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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