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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §62 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/08/0170Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, in der Beschwerdesache der Vorarlberger Gebietskrankenkasse in Dornbirn gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 29. Mai 1990, Zl.IVb-69-30/1989, betreffend Beitragsnachverrechnung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und die - gegen den oben genannten Bescheid erhobene - Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus dem vorliegenden Schriftsatz der Beschwerdeführerin (beinhaltend einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und eine Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde), dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten angefochtenen Bescheid und dem hg. Beschwerdeakt
Zlen. 90/08/0136, AW 90/08/0021, ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin stellte mit Bescheid vom 14. Juni 1989 zu Spruchpunkt I. fest, daß die in diesem Bescheid genannten Personen in den dort ausgewiesenen Zeiträumen aufgrund ihrer Beschäftigung in einem die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden sind. Der vom Dienstgeber gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 1990 abgewiesen. Dieser Bescheid der belangten Behörde erwuchs in Rechtskraft.
Mit Spruchpunkt II und III des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 14. Juni 1989 wurden der mitbeteiligten Partei für diese Dienstnehmer und Beitragszeiträume Beiträge und Verzugszinsen nachverrechnet. Auch gegen diesen Teil des Bescheides der Beschwerdeführerin hat der Dienstgeber Einspruch erhoben. Nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides betreffend die Versicherungspflicht vom 25. April 1990 entschied die belangte Behörde über den gegen die Beitragsnachverrechnung erhobenen Einspruch mit Bescheid vom 29. Mai 1990 (dem hier angefochtenen Bescheid) wie folgt:
"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 wird dem Einspruch Folge gegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Punkte II. und III. behoben."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, daß die Feststellung einer Beitragsverpflichtung die Feststellung des Bestehens der Versicherungspflicht der vom Dienstgeber beschäftigten Arbeitnehmer zur Voraussetzung habe; dann heißt es in dieser Begründung wörtlich:
"Der Bescheid ... hinsichtlich der Feststellung der
Versicherungspflicht der in diesem Bescheid angeführten
Personen in den dort ausgewiesenen Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1
Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG ... wurde mit Bescheid des
Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 25. April 1990 ...
behoben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mangels
Vorliegen einer Versicherungspflicht der darin angeführten
Personen aufgrund ihrer Tätigkeit ... war daher spruchgemäß zu
entscheiden."
Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nach ihrem Beschwerdevorbringen am 6. Juni 1990 (nach dem auf der vorgelegten Ablichtung der Bescheidausfertigung aufscheinenden Eingangsstampiglie erst am 7. Juni 1990) zugestellt. Innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist, nämlich am 20. Juni 1990, wurde der Beschwerdeführerin der Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 1990 zugestellt. Dieser Bescheid enthielt folgenden Spruch:
"Gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 wird der Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 29. Mai 1990 ... dahingehend berichtigt, daß gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dem Einspruch keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Punkte II. und III. bestätigt wird."
In der Begründung dieses Bescheides führt die belangte Behörde aus, der Bescheid vom 29. Mai 1990 (mit welchem der Beitragsbescheid der Beschwerdeführerin mangels Versicherungspflicht der Dienstnehmer aufgehoben worden ist) sei irrtümlich ergangen: Im Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 1990 sei die Versicherungspflicht der Dienstnehmer bejaht (und nicht verneint) und der Inhalt dieses Bescheides im Bescheid vom 29. Mai 1990 (über die Beitragspflicht) daher unrichtig wiedergegeben worden. Es handle sich um eine offenkundige Unrichtigkeit, die von den Personen, für die der Bescheid bestimmt gewesen sei, habe erkannt werden können (woraus die belangte Behörde die Anwendbarkeit des § 62 Abs. 4 AVG 1950 ableitet).
Gegen diesen (in der Folge Berichtigungs-)Bescheid erhob der Dienstgeber die zu hg. Zl. 90/08/0136 protokollierte Beschwerde, über welche der Verwaltungsgerichtshof mit Berichterverfügung vom 6. September 1990 das Vorverfahren eingeleitet hat. Diese Berichterverfügung samt einer Beschwerdeausfertigung wurde der Beschwerdeführerin am 20. September 1990 zugestellt.
Mit dem vorliegenden (am 4. Oktober 1990 - also innerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG - zur Post gegebenen) Schriftsatz beantragt die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29. Mai 1990. Die Beschwerdeführerin habe (ursprünglich) keinen Anlaß zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid der belangten Behörde gehabt, weil noch innerhalb offener Beschwerdefrist der Berichtigungsbescheid vom 12. Juni 1990 erlassen worden sei. Sollte der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der von der mitbeteiligten Partei gegen diesen Berichtigungsbescheid eingebrachten Beschwerde jedoch nunmehr zur Auffassung gelangen, daß der Berichtigungsbescheid vom 12. Juni 1990 zu Unrecht ergangen sei, so hätte die Beschwerdeführerin (und zu Zl. 90/08/0136 mitbeteiligte Partei) die Beschwerdefrist gegen den (berichtigten) Bescheid der belangten Behörde vom 29. Mai 1990 durch ein unvorhersehbares bzw. unabwendbares Ereignis versäumt.
Mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbunden, erhebt die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Bescheid ferner Beschwerde, in der sie im Hinblick auf den die Versicherungspficht bejahenden Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 1990 Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht.
Der von der Beschwerdeführerin gestellte Wiedereinsetzungsantrag und die damit verbundene Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29. Mai 1990 erweisen sich aus nachstehenden Gründen als unzulässig:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt ein berichtigender Bescheid - soweit sein Inhalt reicht - an die Stelle des berichtigten Bescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1983, Slg. 11172/A). Die Berichtigung eines Bescheides gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 ist (ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit) jederzeit möglich (vgl. das Erkenntnis vom 22. Mai 1985, Zl. 85/03/0082 = Slg. 11775/A). Erfolgt die Berichtigung während des hinsichtlich des berichtigten Bescheides laufenden Beschwerdeverfahrens, so hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid in der BERICHTIGTEN FORM dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1986, Slg. 12329/A).
Fallbezogen wurde jener Bescheid der belangten Behörde, hinsichtlich dessen die Beschwerdeführerin den Wiedereinsetzungsantrag stellt und eine Beschwerde erhebt, durch den der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen zugestellten Berichtigungsbescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 1990 aus dem Rechtsbestand beseitigt und zwar - wie sich aus Spruch und Begründung des Berichtigungsbescheides zweifelsfrei ergibt - zur Gänze. Dieser Berichtigungsbescheid ist - ungeachtet seiner Anfechtung beim Verwaltungsgerichtshof - zufolge Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges rechtskräftig. Da der berichtigende Bescheid vorliegendenfalls somit zur Gänze an die Stelle des berichtigten Bescheides getreten ist, kommt der berichtigte Bescheid derzeit als tauglicher Beschwerdegegenstand nicht in Betracht. Sowohl der Wiedereinsetzungsantrag als auch die Beschwerde sind daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß sich eine andere Sachlage dann ergeben könnte, sollte der Verwaltungsgerichtshof in Stattgebung der zu Zl. 90/08/0136 vom Dienstgeber erhobenen Beschwerde den Berichtigungsbescheid vom 12. Juni 1990 aufheben; in einem solchen Fall könnte aber die Wiedereinsetzungsfrist frühestens mit dem Tag der Zustellung eines derartigen aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an die Beschwerdeführerin zu laufen beginnen.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990080169.X00Im RIS seit
03.04.2001