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21/01 Handelsrecht;Norm
EStG 1972 §2 Abs3 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des Dkfm. P gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. März 1990, Zl. 6/5-1592/2/90-04, betreffend Rückerstattung von Kapitalertragsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war bis zum 31. Dezember 1980 an einem Handelsgewerbe als (echter) stiller Gesellschafter beteiligt. Punkt III.4 des Gesellschaftsvertrages aus dem Jahre 1978 sah vor, daß der Beschwerdeführer bei Kündigung oder Auflösung der stillen Gesellschaft Anspruch auf jene Beträge habe, welche durch Inanspruchnahme von steuerlichen Sonderbewertungsvorschriften (z.B. VORZEITIGE ABSCHREIBUNG, Investitionsfreibetrag) den handelsrechtlichen Gewinn geschmälert haben.
In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 1981 wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß ihm der Inhaber des Handelsgeschäfts anläßlich der Auflösung der stillen Gesellschaft die gesamte vorzeitige Abschreibung in Höhe von S 1,207.916,-- zur Verfügung gestellt und die Kapitalertragsteuer (S 241.583,20) abgeführt habe.
Im Jahre 1986 begehrte der Beschwerdeführer gemäß § 240 Abs. 3 BAO die Rückerstattung der Kapitalertragsteuer. Die Kapitalertragsteuer entfiel nach dem Rückzahlungsantrag auf den MEHRBETRAG, den der Beschwerdeführer anläßlich der Beendigung der stillen Gesellschaft zum 31. Dezember 1980 über die von ihm geleistete Einlage hinaus mit S 1,207.916,-- erhalten habe. Der fragliche Abschichtungsbetrag falle jedoch nicht unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen und sei daher auch nicht kapitalertragsteuerpflichtig. Bis 1984 sei die Rechtslage nicht völlig eindeutig gewesen. Das Abgabenänderungsgesetz 1984, BGBl. Nr. 531 (AbgÄG 1984), habe jedoch eine Klarstellung gebracht, da nunmehr nach § 27 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 Mehrerträge aus einer Beteiligung als stiller Gesellschafter dann steuerpflichtig seien, wenn die stille Gesellschaft nach dem 31. Dezember 1984 geschlossen worden sei. Dies bedeute jedoch, daß Veräußerungsgewinne bei stillen Gesellschaften, die vor diesem Zeitpunkt bestanden hätten, nicht steuerpflichtig sein könnten.
Nach einer Antragstellung gemäß § 311 Abs. 2 BAO wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Rückerstattung der Kapitalertragsteuer ab. Die belangte Behörde zeigte die unterschiedlichen Auffassungen auf, die im Schrifttum zur Abschichtung des stillen Gesellschafters über den Einlagenstand hinaus vertreten werden. Für den Beschwerdefall bejahte die belangte Behörde die Kapitalertragsteuerpflicht des strittigen Abschichtungsbetrages, weil er sich ausschließlich aus akkumulierten vorzeitigen Abschreibungen zusammensetze. Damit seien aber bloß während des Bestehens der stillen Gesellschaft den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters schmälernde Beträge rückgängig gemacht worden. Die Abgeltung solcher im Falle des Ausscheidens des Gesellschafters wirksam werdenden "Berichtigungen" führe zu einer Erhöhung des Gewinnanteiles für das letzte Geschäftsjahr, der gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 von der Einkommmensteuer erfaßt werde und gemäß § 93 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 dem Kapitalertragsteuerabzug unterliege.
Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich für beschwert, weil die belangte Behörde zu Unrecht von der Kapitalertragsteuerpflicht des an ihn ausbezahlten MEHRBETRAGES von S 1,207.916,-- ausgegangen sei. Auch die übrigen Beschwerdeausführungen machen deutlich, daß es nur um die Kapitalertragsteuerpflicht des MEHRBETRAGES geht, den der Beschwerdeführer bei seinem Ausscheiden aus der stillen Gesellschaft über die seinerzeit geleistete Einlage hinaus erhielt. Die Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß dieser Mehrbetrag sich aus rückgängig gemachter (akkumulierter) vorzeitiger Abschreibung zusammensetzt, blieb unbestritten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der belangten Behörde ist beizupflichten, daß in dem (von ihr zitierten) österreichischen Schrifttum über die Einkommensteuer-(und Kapitalertragsteuer-)Pflicht von Abschichtungsbeträgen, die der stille Gesellschafter anläßlich der Beendigung der stillen Gesellschaft vom Inhaber des Handelsgeschäfts über seine Einlage hinaus erhält, unterschiedliche Auffassungen bestehen.
Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 27 Tz 31, § 93 Tz 8 sowie Anhang III Seite 1083, Schögl-Wiesner-Nolz-Kohler, EStG9, Seite 262, und Quantschnigg, AbgÄG 1984, ÖStZ Nr. 2/1985, Seite 18, bejahen ebenso wie die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des AbgÄG 1984 betreffend Abschnitt I Art. I Z. 17, 420 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP, die Steuerpflicht uneingeschränkt, Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 27 EStG 1972, Tz 31a, verneinen sie, soweit es sich dabei um eine Abgeltung der Wertsteigerung der Beteiligung handelt. Nach Schubert-Pokorny-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 27 Anm. 10 H, und Neuner, Stille Gesellschaft im Abgabenrecht3, Seite 91 ff, ist zu prüfen, warum der Mehrbetrag gewährt wurde, wobei dem Beschwerdeführer zuzubilligen ist, daß die Ausführungen von Schubert-Pokorny-Schuch, die allerdings, wie oben aufgezeigt, in der 2. Auflage nicht mehr aufrecht erhalten wurden, für seinen Standpunkt sprechen.
Der Gerichtshof hält Mehrbeträge, mit denen der Inhaber des Handelsgeschäfts dem stillen Gesellschafter ausschließlich bisher angesammelte vorzeitige Abschreibungen vereinbarungsgemäß zur Auszahlung bringt, aus folgenden Gründen für der Kapitalertragsteuer unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen:
Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 sind Einkünfte aus Kapitalvermögen Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter. Die Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter fallen in ihrer typischen Ausprägung in Form einer Beteiligung am Gewinn aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers des Handelsgeschäfts an (siehe § 336 Abs. 2 HGB, Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts4, Seiten 137 und 143, Urteil des Bundesfinanzhofes vom 11. Februar 1981, I R 98/76, BStBl II Seite 465). Kürzt der Inhaber des Handelsgeschäfts den Gewinn aus dem Geschäftsbetrieb um bloße steuerliche Sonderabschreibungen und macht er in weiterer Folge lediglich diese Gewinnkürzungen gegenüber dem stillen Gesellschafter wieder rückgängig, so bedeutet dies nichts anderes, als daß der Inhaber des Handelsgeschäfts den stillen Gesellschafter in weiterem Maße als bisher an den von ihm aus dem Geschäftsbetrieb erzielten Gewinnen teilnehmen läßt. Auch damit erzielt aber der stille Gesellschafter, wie dies die belangte Behörde richtig erkannte, Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 14. Februar 1984, VIII R 126/82, BStBl II Seite 580, und Neuner, aaO, Tz C 16 und 17).
Aus der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Regelung des § 27 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 in der Fassung des AbgÄG 1984, wonach zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch gehören "bei der Veräußerung einer Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös, höchstens den seinerzeitigen Anschaffungskosten, und dem durch steuerlich wirksame Verluste herabgeminderten Einlagenstand", ist für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Erfaßt doch diese Regelung gar nicht über die Einlage hinausgehende Mehrbeträge, sondern es werden nur die in den Vorjahren steuerlich berücksichtigten Verluste am Vermögensstamm, soweit diese im Veräußerungserlös Deckung finden, durch die nunmehrige Besteuerung wieder kompensiert (Hofstätter-Reichel, aaO). Es kann auch nicht daraus, daß bei der Veräußerung "Wertsteigerungen" der Einlage nicht erfaßt werden, der Schluß gezogen werden, daß ein über die Einlage hinausgehender Mehrbetrag bei der Abschichtung nicht nach § 27 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 steuerpflichtig sein könnte. Ist doch in Rechnung zu stellen, daß in dem in § 27 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 (neuer Fassung) geregelten Fall ein Dritter für die Beteiligung (= Einkunftsquelle) auf Grund ihrer Veräußerung, die bei den Kapitaleinkünften an sich keinen steuerpflichtigen Vorgang auslöst (siehe nochmals z.B. Hofstätter-Reichel, aaO), einen "Kaufpreis" bezahlt, während bei Nachzahlung der vorzeitigen Abschreibungen der Inhaber des Handelsgeschäfts auf Grund der die Einkunftsquelle bildenden stillen Beteiligung Leistungen erbringt, die sich als Früchte dieser Einkunftsquelle darstellen (siehe nochmals die zuletzt zitierte Belegstelle bei Neuner, a.a.O.).
Der Rechtsrüge des Beschwerdeführers kommt somit keine Berechtigung zu. Wodurch die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt haben sollte, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen und für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990130110.X00Im RIS seit
14.11.1990