TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/14 86/13/0059

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Veröffentlicht am 14.11.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
BAO §303 Abs1 litb;
EStG 1972 §15 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1992, 752;

Betreff

K & Co KG gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 4. Februar 1986, Zl. 6/1-1821/2/83, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (Umsatzsteuer und einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1972 bis 1977), Umsatzsteuer für die Jahre 1972 bis 1982 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1972 bis 1981, zu

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden KG sind Dkfm. K. als Komplementär zu 80 Prozent und seine Ehefrau NK. als Kommanditistin zu 20 Prozent beteiligt. Unternehmensgegenstand ist der unentgeltliche Verleih von Informationsfilmen z.B. an Schulen und Vereine. Die Filme werden der Beschwerdeführerin von diversen Institutionen, die an der Verbreitung interessiert sind (Industrieunternehmungen, Ministerien, Pressedienste, ausländische Botschaften etc.) zur Verfügung gestellt. Diese Institutionen bezahlen der Beschwerdeführerin Entgelte dafür, daß sie den Filmverleih organisiert.

Im Zuge einer im Jahr 1983 durchgeführten, die Jahre 1972 bis 1982 betreffenden Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, daß in den Jahren 1972 bis 1982 von zwei Sparkassenkonten lautend auf Dkfm. K. Gutschriften im Ausmaß von insgesamt ca. 5,8 Mio Schilling verbucht worden waren, die in der Buchhaltung der Beschwerdeführerin keinen Niederschlag gefunden hatten. Die Gutschriften betrugen in den einzelnen Jahren:

         1972          S  74.875,--

         1973          S 163.470,93

         1974          S 643.218,41

         1975          S 388.195,32

         1976          S 399.306,--

         1977          S 589.315,--

         1978          S 621.252,--

         1979          S 736.881,--

         1980          S 837.012,--

         1981          S 656.351,--

         1982          S 696.855,16.

Der Prüfer erblickte im Großteil der Gutschriften bisher

nicht erklärte Umsätze, erhöhte diese um 20 v.H.

(Sicherheitszuschläge) und gelangte so zu entsprechenden Umsatz- und Gewinnhinzurechnungen.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide (für die Jahre bis einschließlich 1981 im wiederaufgenommenen Verfahren).

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Eine Wiederaufnahme der Verfahren sei erst ab dem Jahr 1978 zulässig. Für die Jahre 1972 bis 1977 fehle es an Wiederaufnahmsgründen, weil die Beurteilung der Gutschriften auf den Sparkassenkonten als (zusätzliche) Umsätze auf unbewiesenen Hypothesen beruhe. Darüber hinaus sei für das Jahr 1972 bereits Verjährung eingetreten. Die erheblichen Geldeingänge auf den privaten Sparkassenkonten seien durch nichtbetriebliche Vorgänge erklärbar. Durch Malversationen des ehemaligen Buchhalters habe die Beschwerdeführerin in den Jahren 1973 bis 1975 einen Schaden von rund S 1,4 Millionen erlitten. Damit im Zusammenhang sei ein Konkursverfahren über das Vermögen des Dkfm. K. eröffnet worden. Der Konkurs sei schließlich mit Hilfe privater Geldgeber abgewendet worden. So habe K. von seiner Mutter ein Darlehen von S 120.000,--, von seinem Bruder ein solches in Höhe von S 235.000,--, von seiner Schwägerin kanadische Dollar 12.000,--, von der Firma W. & Co S 140.000,-- und von B. ein Darlehen von S 100.000,-- erhalten. Weitere Geldeingänge in Höhe von S 144.000,-- stellten Funktionsgebühren seitens der Kammer der gewerblichen Wirtschaft dar, die als sonstige Einkünfte erfaßt worden seien. Dkfm. K. habe auch Vorauszahlungen auf Lebensversicherungen erhalten und zwar S 76.700,-- von der "Austria" und S 225.736,-- von der "Generali". Schließlich sei auch eine Stornobuchung mitberücksichtigt worden.

Für die Jahre ab 1978 werde das Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen und die Schätzungsberechtigung nicht bestritten. Die Schätzungsmethode, wonach zusätzliche Umsätze durch Aufaddieren der Konto-Gutschriften ermittelt worden seien, führe aber zu einem dem wahren Sachverhalt nicht entsprechenden Ergebnis, weil auf den beiden Konten auch sämtliche die private Sphäre betreffenden Geldeingänge verbucht worden seien. Es widerspreche den Gepflogenheiten ausländischer Vertretungsbehörden, Barzahlungen zu leisten. Die Gutschriften auf Grund von Bareinzahlungen seien daher der Privatsphäre des Dkfm. K. zuzurechnen. Es werde beantragt, die privaten Geldeingänge auf den Konten im Schätzungsweg zu ermitteln und von den geschätzten Besteuerungsgrundlagen abzuziehen. Am 23. April 1980 sei auf einem der Konten eine Gutschrift von S 200.000,-- verbucht worden. Diesen Betrag habe Dkfm. K. von der bulgarischen Botschaft mit dem Auftrag erhalten, ihn an eine dritte Person weiterzuleiten.

Die Vornahme eines Sicherheitszuschlages sei unberechtigt, weil ohnedies alle in die Buchhaltung nicht aufgenommenen Geschäftsvorfälle durch Erfassung der Gutschriften auf den beiden Konten berücksichtigt worden seien.

In der Folge legte die Beschwerdeführerin eine Zusammenstellung von einzelnen Gutschriften des Jahres 1982 vor (insgesamt S 22.357,16), die nicht als Umsätze anzusehen seien.

Mit Vorhalt vom 18. Juni 1984 richtete die belangte Behörde unter anderem folgende Fragen an die Beschwerdeführerin:

1. Der durch Malversationen des Buchhalters entstandene Schaden sei vom Betriebsprüfer mit S 566.716,82 festgestellt und als Aufwand berücksichtigt worden; die Differenz auf den nunmehr behaupteten Betrag von S 1,4 Millionen sei aufzuklären.

2. Die behaupteten Privatdarlehen seien nachzuweisen und den einzelnen Gutschriften zuzuordnen. Name und Adresse der Darlehensgeber seien bekannt zu geben.

3. Belege über die Funktionsgebühren und über die Vorauszahlungen auf Lebensversicherungen seien vorzulegen. Die Beträge seien ebenfalls den einzelnen Gutschriften zuzuordnen.

4. Die Weiterleitung der Gutschrift von S 200.000,-- seitens der bulgarischen Botschaft an eine dritte Person sei nachzuweisen.

Schließlich wurde in dem Vorhalt noch darauf hingewiesen, daß das Berufungsvorbringen insoweit unglaubwürdig erscheine, als die Gutschriften auf den Sparkassenkonten im Jahr 1978, ab welchem Jahr die Abgabenhinterziehungen nicht mehr bestritten würden, sich nur unwesentlich von jenen des Jahres 1977 unterschieden.

Der Vorhalt wurde wie folgt beantwortet:

Der durch den Buchhalter verursachte Schaden habe nicht nur die Beschwerdeführerin, sondern auch die Firma des Dkfm. K. betroffen und habe insgesamt unter Einbeziehung der durch die Konkurseröffnung entgangenen Gewinne ca. S 1,4 Millionen betragen. Für die Funktionsgebühren lägen keine Überweisungsbelege vor; die Beträge seien aber monatlich in gleicher Höhe gebucht worden. Sofern erforderlich, würden Belegkopien von der Kammer angefordert werden.

Die Vorauszahlungen auf Lebensversicherungen (insgesamt ca. S 300.000,--) wies die Beschwerdeführerin durch Vorlage von Bestätigungen der Versicherungsunternehmungen nach. Eine Zuordnung zu den Gutschriften auf den beiden Sparkassenkonten sei nicht möglich, "da diese Vorauszahlungen nicht in ihrer jeweiligen Höhe auf das Bankkonto einbezahlt wurden". Zum Teil seien die Vorauszahlungen auch dazu verwendet worden, früher empfangene Darlehen zurückzuzahlen. Es erscheine "plausibel, daß private Geldbewegungen in einer Höhe von rund S 300.000,-- das private Bankkonto berührt haben".

Schriftliche Urkunden über die diversen Darlehensgewährungen seien nicht errichtet worden. Die Hingabe und Rückzahlung der Darlehen könnten jedoch von den Darlehensgebern bezeugt werden. Bezüglich der Darlehensrückzahlung an Dr. K (S 235.000,--) und an die Firma W (S 140.000,--) werde auf schriftliche Bestätigungen verwiesen. Eine Zuordnung der Darlehen zu den Gutschriften sei nicht möglich, "da die Darlehen in Teilbeträgen in Form von Überweisungen, Scheckgutschriften und Bareinlagen auf dem Bankkonto eingingen".

Bei der Gutschrift seitens der bulgarischen Botschaft von S 200.000,-- ergebe sich "aus der Natur des Sachverhaltes", daß ein belegmäßiger Nachweis nicht vorhanden sei. Der Name der dritten Person, an die dieser Betrag weitergegeben worden sei, habe L oder Le oder so ähnlich klingend gelautet.

Die belangte Behörde vernahm B. und Dr. K. als Zeugen für die Gewährung von Darlehen an Dkfm. K.

B. sagte aus, daß er das Darlehen in fünf bis sechs Teilbeträgen gewährt habe und zwar in der Weise, daß fällige Rechnungen der Firma K. direkt bezahlt worden seien. Lediglich die Differenz auf runde Beträge sei auf ein Konto des Dkfm. K. überwiesen worden. Es handle sich dabei um Beträge in Höhe von jeweils S 5.000,-- bis S 6.000,--. Außer diesen kleinen Beträgen habe er weder Überweisungen auf das Konto des Dkfm. K getätigt, noch habe er diesem Bargeld gegeben. Das Darlehen sei mittlerweile zurückgezahlt worden.

Dr. K. (= Bruder des Dkfm. K.) gab an, er habe seinem Bruder "ungefähr im Jahr 1975" in verschiedenen Teilbeträgen Darlehen von insgesamt S 230.000,-- bis S 240.000,-- gewährt. Ein Teil der Beträge sei bar bezahlt worden; teilweise seien aber auch fällige Rechnungen unmittelbar beglichen worden. Im September 1978 sei das Darlehen in voller Höhe zurückgezahlt worden. Der Betrag sei auf eines seiner Sparbücher überwiesen worden. Belege könnten nicht mehr vorgelegt werden. Das Sparbuch sei, soweit erinnerlich, zwischenzeitig aufgelöst worden. Die Mutter habe ihm öfters erzählt, daß sie seinem Bruder größere Summen geliehen habe. Mehr könne er dazu nicht sagen.

Die belangte Behörde ließ sich bei den beiden Sparkassen eine Vielzahl von Belegen vorlegen, die so ausgesucht waren, daß sie einen repräsentativen Überblick über die Kontenbewegungen verschaffen sollten. Dabei wurde festgestellt, daß mit wenigen Ausnahmen sämtliche Gutschriften, zu denen die Belege vorgelegt wurden, von ausländischen Botschaften stammten. Weiters wurde der Geldfluß bei sechs Behebungen überprüft:

1. Am 23. Jänner 1979 wurde ein Betrag von S 100.000,-- behoben und gelangte durch unmittelbare Bareinzahlung auf ein anonymes Sparbuch mit dem Losungswort "X";

2. am 10. August 1979 wurde wiederum ein Betrag von

S 100.000,-- behoben und gelangte durch unmittelbare Bareinzahlung auf ein anonymes Sparbuch mit dem Losungswort "Y";

3. am 28. Mai 1980 wurde ein Betrag von S 300.000,-- behoben und gelangte durch unmittelbare Bareinzahlung auf drei verschiedene anonyme Sparbücher mit dem Losungswort "Y";

4. am 14. November 1979 gelangte in derselben Weise ein Betrag von S 100.000,-- auf ein Wertpapierkassenkonto. Mit gleichem Datum wurde ein anonymes Konto mit dem Losungswort "Y" eröffnet, auf dem künftige Zinsen und Tilgungserlöse des Wertpapierkassenkontos gutgebracht werden sollten;

5. am 21. August 1981 erfolgte ein den Punkten 2. und 3. analoger Vorgang, bei dem S 200.000,-- behoben wurden und mit je S 100.000,-- auf zwei Sparbücher gelangten. Das Losungswort war ebenfalls Y. Als Auftraggeber schien N. K. auf;

6. schließlich wurden zwei Überweisungsaufträge festgestellt, auf Grund derer seit Februar 1977 Geldbeträge auf zwei Prämiensparbücher lautend auf Dkfm. K. und seine Gattin N. K. gelangt waren.

Im Zuge einer Einvernahme wurden Dkfm. K. die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorgehalten. Dkfm. K. gab zu, daß ein Teil der Einnahmen nicht verbucht worden sei. Der Verleih von Informationsfilmen sei von verschiedenen Firmen betrieben worden. Die Beschwerdeführerin habe den Raum Österreich bearbeitet. In der BRD sei die Firma X (GmbH) tätig gewesen und in der Schweiz wiederum ein anderes Unternehmen. An der X sei er (Dkfm. K.) sowie seine Familienangehörigen mehrheitlich beteiligt. Die Filmverleih-Tätigkeit werde seit 1969 ausgeübt. 1978 habe sich das Auftragsvolumen erhöht. Seither seien manche Erträge nicht mehr ordnungsgemäß verbucht worden.

Zu dem Vorhalt, daß die Gebarung auf den beiden Sparkassenkonten 1977 und 1978 vergleichbar seien und daß in beiden Jahren eine Vielzahl von Gutschriften in der Höhe zwischen S 800,-- und S 34.050,-- aufschienen, sodaß angenommen werden müsse, daß auch im Jahr 1977 (für das seitens der Kreditinstitute keine Belege mehr vorgelegt werden konnten) gleichartige (nicht verbuchte) Einzahlungen von ausländischen Botschaften erfolgt seien, nahm Dkfm. K. wie folgt Stellung:

Es sei zwar zuzugeben, "daß die Kontoauszüge 1977 und 1978 gewisse Strukturähnlichkeiten aufweisen"; es werde aber nochmals betont, "daß nicht sämtliche dieser Gutschriften aus den Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Botschaften herrühren, sondern auch eine Reihe privater Einzahlungen darin enthalten sind". Für das Jahr 1977 sei er nach wie vor der Meinung, daß in den Einzahlungen keine Gutschriften einer ausländischen Botschaft enthalten seien.

Zu der Geldüberweisung von S 200.000,-- seitens der bulgarischen Botschaft (23. April 1980) und deren angeblichen Weitergabe an eine dritte Person befragt, gab Dkfm. K. an, es könne sein, daß er den Betrag zunächst (28.5.1980) auf ein Sparbuch oder einen Sparbrief gelegt habe, den er dann später an die dritte Person weitergegeben habe. Fast alle seine Sparbücher hätten das gleiche Losungswort (laut Aktenlage offensichtlich "Y") gehabt.

Die belangte Behörde wies Dkfm. K. darauf hin, daß die drei Sparbücher, auf die am 28. Mai 1980 je S 100.000,-- eingezahlt worden waren, nach wie vor vorhanden seien. Dkfm. K. brachte daraufhin vor, er habe alle drei Sparbücher weitergegeben. Zwei an die von der bulgarischen Botschaft genannte Person, deren Namen er nicht mehr wisse, und eines an einen Gläubiger, dessen Namen er nicht sagen könne, weil er dies zugesichert habe.

Zu dem anonymen Wertpapierkassenkonto befragt, antwortete Dkfm. K., er "habe diesen Vorgang nicht vor Augen", nehme aber an, daß es sich dabei um "einen privaten Kapitalvorgang" seiner Gattin N. K. gehandelt habe.

Zu den Aussagen der Zeugen B. und Dr. K., daß die Darlehensbeträge (weitestgehend) nicht bar übergeben, sondern unmittelbar zur Bezahlung fälliger Rechnungen verwendet worden seien, nahm Dkfm. K. dahingehend Stellung, daß es zwar stimme, daß er den beiden Herren Rechnungen gegeben habe. Zum Großteil seien die Darlehen jedoch in beiden Fällen auf die Sparkassenkonten eingezahlt worden. Die gegenteiligen Aussagen könne er sich nicht erklären. Möglicherweise liege eine Verwechslung mit anderen Zahlungen vor. Die Vorauszahlungen für Lebensversicherungen seien bar ausbezahlt und anschließend auf die Konten einbezahlt worden. Ein Nachweis dafür könne nicht erbracht werden.

In der mündlichen Berufungsverhandlung betonte Dkfm. K. nochmals, er habe sich der Methode, Zahlungen ausländischer Botschaften auf sein Privatkonto überweisen zu lassen und steuerlich nicht zu erklären, deswegen bedient, um den sonst drohenden Konkurs abzuwenden und "wieder auf die Beine zu kommen". Diese Methode sei aber erst seit 1978 gewählt worden.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise statt, indem sie die auf den beiden Sparkassenkonten aufscheinenden Stornobuchungen, verbuchte Funktionsgebühren, das von der Firma W. gewährte Darlehen, nachgewiesene Buchungen privater Natur sowie weitere pauschal mit 20 Prozent der verbleibenden Gutschriften geschätzten Privateingänge aus den vom Betriebsprüfer hinzugerechneten Beträgen wiederum ausschied. Außerdem wurden diverse vom Betriebsprüfer irrtümlich doppelt erfaßte Privatanteile berichtigt und die Sicherheitszuschläge auf 5 Prozent herabgesetzt. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. WIEDERAUFNAHME DES VERFAHRENS FÜR DIE JAHRE 1972 BIS 1977:

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 1972 bis 1977. Für diese Jahre habe die belangte Behörde keinen Nachweis dafür erbracht, daß auf den beiden Sparkassenkonten des Dkfm. K. tatsächlich Betriebseinnahmen der Beschwerdeführerin verbucht worden seien, die in die Buchhaltung der Beschwerdeführerin keine Aufnahme gefunden hätten. Das Vorliegen solcher Tatsachen werde von der belangten Behörde nur für wahrscheinlich gehalten. "Von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen getragene Vermutungen" stellten jedoch keinen Wiederaufnahmsgrund dar.

Die Beschwerdeführerin verkennt, daß § 303 Abs. 1 lit. b BAO an das Erwiesensein von Tatsachen, die als Wiederaufnahmsgründe in Betracht kommen, keine höheren Anforderungen stellt, als an andere Tatsachen, die der Besteuerung zu Grunde zu legen sind. Kann somit eine Tatsache in freier Beweiswürdigung als erwiesen angenommen werden - das ist bereits der Fall, wenn sie von allen in Betracht kommenden Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat - dann stellt sie einen Wiederaufnahmsgrund dar, vorausgesetzt, daß sie für die Abgabenbehörde neu hervorgekommen ist und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Zu den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung gehört es, aus bereits bekannten Umständen denkfolgerichtige Schlüsse auf das Vorliegen weiterer Tatsachen zu ziehen. Dies hat die belangte Behörde getan. Die Beschwerdeführerin bzw. deren Komplementär Dkfm. K. haben zugegeben, daß ab 1978 Betriebseinnahmen nicht in die Bücher aufgenommen wurden, sondern mit der Absicht, Abgaben zu verkürzen, auf zwei private Sparkassenkonten des Dkfm. K. geflossen sind. Die belangte Behörde hat festgestellt, daß auch in den Vorjahren eine Vielzahl ähnlicher Gutschriften auf den Sparkassenkonten vorgenommen worden waren (zwischen S 800,-- und S 34.050,--). Belege zu diesen Gutschriften waren bei den beiden Kreditunternehmungen nicht mehr greifbar, sodaß eine zweifelsfreie Beweisführung für das Vorliegen gleichartiger Abgabenverkürzungen nicht möglich war. Das hinderte die belangte Behörde aber nicht, ihre diesbezüglichen Vermutungen, wie im folgenden dargestellt, durch Verwertung aller ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsergebnisse und durch das Ziehen denkfolgerichtiger Schlußfolgerungen zu abgabenrechtlich relevanten Tatsachen zu erhärten:

Die Beschwerdeführerin bzw. ihr Komplementär Dkfm. K. haben die zahlreichen, ziffernmäßig mit 1978 und den Folgejahren vergleichbaren Überweisungen der Vorjahre mit diversen, in den Jahren 1975 und 1976 gewährten Darlehen zu erklären versucht. Der Bruder des Dkfm. K. bestätigte zwar die Darlehensgewährung, betonte aber, daß dies entweder unmittelbar durch Bezahlung fälliger Rechnungen oder durch Barzahlungen geschehen sei. B. bestätigte ebenfalls die Gewährung von Darlehen durch unmittelbare Bezahlung fälliger Rechnungen und schloß Überweisungen auf die Konten des Dkfm. K, mit Ausnahme kleiner Beträge (Differenz auf runde Beträge), dezidiert aus. Da aber die weitaus meisten Gutschriften auf Überweisungen und nicht etwa auf (gesondert gekennzeichneten) Eigenerlägen beruhten, konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß die gewährten Darlehen nicht geeignet waren, die Gutschriften auf den beiden Sparkassenkonten zu erklären. Aus gleichartigen Überlegungen konnte die belangte Behörde dies auch bei den behaupteten Darlehen seitens der Mutter und der Schwägerin des Dkfm. K. annehmen. Das einzige Darlehen, das möglicherweise zu einer Gutschrift auf den Konten des Dkfm. K geführt hatte, nämlich jenes von der Firma W. & Co, wurde von der belangten Behörde als solche anerkannt, wodurch sich Umsatz und Gewinn der Beschwerdeführerin entsprechend minderten.

Schließlich fällt auf, daß dem Dkfm. K. die Darlehen in den Jahren 1975 bis 1976 gewährt wurden, während die höchsten ungeklärten, den Zeitraum vor 1978 betreffenden Gutschriften (nämlich S 643.218,41) im Jahr 1974 erfolgt waren und daher auch aus diesem Grund, zumindest für das genannte Jahr, nicht mit Darlehensgewährungen erklärt werden konnten.

Ähnliches gilt für die von Dkfm. K. erhaltenen Vorauszahlungen auf Lebensversicherungen. Auch sie erfolgten im Jahr 1975 und konnten daher schon aus diesem Grund die Gutschriften früherer Jahre nicht erklären. Abgesehen davon fanden diese Beträge auf den Sparkassenkonten des Dkfm. K. keinen erkennbaren Niederschlag. Die Begründung, die Versicherungsunternehmungen hätten die Beträge bar ausbezahlt und diese seien dann allmählich in kleinen Teilbeträgen von Dkfm. K. auf seine Sparkassenkonten eingezahlt worden, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern auch deswegen nicht geeignet, die Gutschriften zu erklären, weil diese, wie bereits erwähnt, auf Überweisungen und nicht auf Eigenerläge zurückzuführen waren.

Da Dkfm. K. die Vielzahl der Gutschriften auf seinen beiden Sparkassenkonten nicht aufgeklärt hat und selber zugeben mußte, daß die Kontoauszüge der Jahre 1977 und 1978 "gewisse Strukturähnlichkeiten aufweisen", konnte die belangte Behörde unbedenklich zu dem Schluß gelangen, daß es sich bei den vor 1978 gutgeschriebenen Beträgen um Zahlungen gehandelt hat, die den ab 1978 verbuchten Gutschriften gleichartig waren. Daß die einzelnen Beträge der Höhe nach nicht ident waren, stand der getroffenen Schlußfolgerung nicht entgegen. Die belangte Behörde hat daher in freier Beweiswürdigung Tatsachen festgestellt, die sie zur Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 1972 bis 1977 berechtigten.

2. SCHÄTZUNG DER BESTEUERUNGSGRUNDLAGEN:

Die Beschwerdeführerin rügt unter diesem Beschwerdepunkt, daß die belangte Behörde die Darlehensgewährungen und die Vorauszahlungen auf Lebensversicherungen nicht als Erklärung für die Gutschriften anerkannt und daß sie den von der bulgarischen Botschaft überwiesenen Betrag von S 200.000,-- als Betriebseinnahme gewertet hat.

Was die Darlehensgewährungen und die Vorauszahlungen auf Lebensversicherungen anlangt, so wurde bereits unter Punkt 1. aufgezeigt, daß der belangten Behörde bei ihrer diesbezüglichen Beweiswürdigung kein Verstoß gegen Denkgesetze vorzuwerfen ist.

Zur Zahlung der bulgarischen Botschaft in Höhe von S 200.000,-- ist folgendes zu sagen:

Dkfm. K. hat vorgebracht, diesen Betrag zwecks Weitergabe an eine dritte Person empfangen zu haben. Der Name dieser Person war ihm nicht genau erinnerlich. Die belangte Behörde hat festgestellt, daß der Betrag zusammen mit weiteren S 100.000,-- abgehoben worden war und mit größter Wahrscheinlichkeit auf drei Sparguthaben des Beschwerdeführers (je S 100.000,--) mit dem Losungswort "Y" gelangt war. Auf entsprechenden Vorhalt hat der Beschwerdeführer dies für möglich erklärt und die Weitergabe der Sparbücher an eine ihm namentlich nicht bekannte Person sowie an eine Person behauptet, der er zugesagt habe, ihren Namen nicht bekannt zu geben. Die belangte Behörde hat diesem Vorbringen keinen Glauben geschenkt, zumal sie weiters festgestellt hat, daß alle drei Sparbücher von dem betreffenden Kreditinstitut nach wie vor (also fast durch sechs Jahre hindurch) unter dem ursprünglichen Losungswort geführt würden. Es sei wirklichkeitsfremd anzunehmen, daß ein Empfänger von Sparbüchern, deren Losungswort einer dritten Person bekannt sei, die Sparbücher jahrelang aufrecht erhalte, obwohl er diese dritte Person nicht genau kenne. Außerdem hat sich die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 162 BAO berufen, wonach Absetzungen nicht anzuerkennen sind, wenn der Abgabepflichtige sich weigert, den Empfänger der abgesetzten Beträge genau zu bezeichnen.

Der Gerichtshof kann nicht finden, daß die solcherart begründete Zurechnung des Betrages von S 200.000,-- an die Beschwerdeführerin rechtswidrig wäre. Ob der Betrag Entgelt für die Filmverleihtätigkeit der Beschwerdeführerin war, oder ob, wie in der Berufung dargelegt, als Ursache ein "auferlegter Hilfsdienst auf Grund der bestehenden Geschäftsbeziehungen" in Betracht kam, war unerheblich, weil Geldbeträge, die im Rahmen einer betrieblichen Sphäre auf Grund einer Geschäftsbeziehung zufließen, beim Empfänger auch dann steuerlich als Entgelt erfassbar sind, wenn der Rechtsgrund für die Zahlung im Dunkeln bleibt, es sei denn, daß gewichtige Gründe gegen eine derartige Beurteilung sprechen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1986130059.X00

Im RIS seit

14.11.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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